Verfasst: Do, 08. Mär 2018 10:48
So, gestern Nachmittag war ich also bei „The Square of Oliveira“ in Waal. Die Veranstaltung war angeblich mit 40 Besuchern ausverkauft, jedoch entpuppten sich einige Zuschauer/innen später als Reiter/innen in der Abteilungsstunde.
Vorweg schicken möchte ich, dass mein Fazit nach mehr als 4 Stunden Programm ohne Pause tatsächlich (überwiegend) positiv ausfällt – und glaubt mir, das überrascht mich selbst am allermeisten.
Frau S. stellte gleich bei der Begrüßung heraus, dass dies ein „normaler Arbeitstag“ in den Oliveira Stables sein soll und dass Herr Oliveira gerne auf alle Fragen aus dem Publikum eingehen wird. Dies hat er wirklich sehr gut gemacht, sein Englisch ist sehr gut verständlich, Frau S. hat zwar zwischendrin versucht, zu übersetzen, aber das war eher umständlich bzw. störend und MO hat ihr dann auch beherzt das Mikro abgenommen. Fr. S. hat sich sogar erfreulich zurückgenommen, das hatte ich schon ganz anders erlebt!
Was wir zu sehen bekamen:
- Einzelstunde einer aktiven Turnierreiterin auf S/Grand Prix-Niveau, die regelmäßig mit ihren großrahmigen Warmblütern zum Unterricht kommt.
Die Reiterin musste nach Ansage von MO alle möglichen Lektionen und Übergänge reiten, das gelang meistens ganz ordentlich, Korrektur erfolgte keine. Teilweise kam der Wallach in die absolute Aufrichtung mit deutlichem Unterhals. Im „Half Pass“ (sehr stark abgestelltes Travers entlang der langen Seite) im Galopp hatte das Pferd ziemliche Schwierigkeiten, seine Beine zu sortieren. Dann gab es Übergänge mit starkem Trab („Open the trot“) und da hat sich das Pferd sehr deutlich verspannt, hatte Schlauchgeräusche und genau da hat MO die Stunde beendet. Noch ein paar Piaffetritte an der Bande mit seiner Unterstützung und sofort absteigen…..
Zu dem „Half Pass“ kam dann auch eine Frage, hat er ausführlich erläutert.
- Arbeit mit dem jungen Pferd: 5-jähriger kleiner, sehr „mopsiger“ Lusitano-Hengst aus seiner Zucht mit einer Amateurbereiterin, ca. ein Jahr unter dem Sattel.
Hier ging es um seine wichtigsten Punkte „calm and mobilizing“, sehr langsames Übertreten an der Hand, Halten, usw. dasselbe dann unter der Reiterin. Dann sehr kurze Reprisen (wirklich nur wenige Tritte) Trab usw. Am Schluss Galopp auf dem Zirkel mit einer ganz passiv sitzenden Reiterin, die auch die Zügel praktisch nicht angefasst hat. Den Sinn hinter dieser Arbeit hat er sehr gut erklärt.
- Dann zwei unterschiedliche Pferde: sehr weit ausgebildeter Lusitano mit einem portugiesischen Bereiter (auf einem Dressursattel mit deutlich zu kleiner Sitzfläche) und ein deutscher Bereiter, der erst seit wenigen Tagen im Stall tätig ist und erst auf das „System MO“ umschult, auf dem Wallach „Risky“ aus dem „Warmblut-Projekt“. Auch dieser Wallach ist weit ausgebildet, hat aber noch sehr große Probleme, schlägt mit dem Kopf, knirscht sehr stark mit den Zähnen. Vor allem musste er immer hinter dem (langsamen) Lusi bleiben, der Reiter sollte aber möglichst die Hand weg lassen.
- Danach ritt MO selbst zuerst einen weiteren Warmblüter „Rapallo“ und dann einen Lusi-Hengst in der/dem „Square“, einem Viereck 12,5 x 12,5 Meter. Den großen Warmblüter hat er erst wenige Male geritten und noch nie auf dem Miniviereck. Es war erstaunlich, wie er das Pferd am Sitz hatte und fast alle schweren Lektionen vorführen konnte. Er ist unbestritten ein großartiger Reiter! Allerdings hat auch dieses Pferd sehr deutlich mit den Zähnen geknirscht. Dies wurde auf dessen Vorgeschichte geschoben und darauf verwiesen, dass Knirschen nicht verhindert wird („das Pferd darf sich äußern“), sondern sich mit der weiteren Arbeit verbessern bzw. ganz verschwinden soll.
- Den Lusi-Hengst hatte er nach glaubhafter Versicherung seit Jahren nicht mehr unter dem Sattel. Er konnte vom Moment des Aufsitzens an buchstäblich alles reiten, was man sich vorstellen kann. MO hat dann aus purer Lust Elemente gezeigt, die meines Erachtens aus der Arbeit mit dem Stier kamen, bis hin zu Pirouetten im Außengalopp, alles innerhalb 12,5 x 12,5 oder um die Pylone, war eine wirklich beeindruckende Vorstellung.
- Zu guter Letzt gab es eine Abteilungsstunde: 12 Schulhengste und –wallache mit Schülern. Die Tete übernahm die schon ziemlich schwangere Tochter von Fr. S. Das war dann für mich die „Entdeckung der Langsamkeit“. Über Sinn und Unsinn einer solchen Unterrichtsstunde lässt sich streiten. MO hat nur die Bahnfiguren angesagt und die Reiter hatten dafür zu sorgen, dass ihr Pferd auf Position blieb. Die Pferde und die Reiter waren vom Niveau sehr breit gestreut. Eine Reiterin war mit ihrem Pferd im Abteilungstrab und -galopp deutlich überfordert und wurde dann von der Tetenreiterin regelrecht angeschrien, von Seiten MOs erfolgte praktisch keine Korrektur.
Alles in Allem muss ich sagen, dass ich trotz meiner Vorbehalte einen sehr intensiven Nachmittag erlebt habe und einige Anregungen mitnehmen konnte. MO war von der ersten bis zur letzten Minute 100%ig präsent, äußerst sympathisch und hat sehr gut erklärt. Zu guter Letzt hat er sogar noch geduldig Bücher signiert, wir sind aber gleich aufgebrochen, denn meine Füße waren vom langen Sitzen ziemlich eingefroren – selber schuld.
Was mir nicht gefallen hat, war, dass die Pferde oft in absoluter Aufrichtung mit Unterhals und hängendem Rücken geritten wurden. Im Schritt wurde praktisch ausschließlich dieser stark verlangsamte „Quasi-Schulschritt“ geritten. Ich sah eigentlich kein einziges Mal ein Pferd, das raumgreifend „geschritten“ wäre.
Sehr positiv fand ich, dass er den Pferden immer wieder Pausen am hingegebenen Zügel gegeben hat und das „calm and mobilizing“ war ihm äußerst wichtig. Diese Ruhe und Entspannung im Halten und trotzdem die Bereitschaft, daraus jederzeit aktiv zu reagieren, hat er sehr eindrücklich demonstriert. Die Pferde waren trotz der vermeintlichen Langsamkeit in vielen Lektionen immer hellwach und hochkonzentriert.
Interessant fand ich auch, dass in der Reitbahn einige sehr antiquiert anmutende Regeln zu beachten sind, z.B. ist genau festgelegt, wie die Bahn betreten wird und auf welcher Linie das Pferd wieder zurück in den Stall geführt wird.
Und insgesamt waren 6 oder 7 Pferde aus der Zucht von MO vertreten, deutlich zu erkennen an dem Brandzeichen. Bin absolut kein Kenner der Rasse, aber vom „1,50m-Mops“ bis zum „1,70m-Lulatsch“ war alles vertreten. Auch vom Typ her waren diese Pferde sehr unterschiedlich. Habe da meine Zweifel, ob diese Pferde das Ergebnis einer konsolidierten Zucht darstellen können….
So, nun hoffe ich, dass ihr eine Vorstellung bekommen habt und der Beitrag nicht zu lang geraten ist.
Liebe Grüße aus dem Allgäu
Vorweg schicken möchte ich, dass mein Fazit nach mehr als 4 Stunden Programm ohne Pause tatsächlich (überwiegend) positiv ausfällt – und glaubt mir, das überrascht mich selbst am allermeisten.
Frau S. stellte gleich bei der Begrüßung heraus, dass dies ein „normaler Arbeitstag“ in den Oliveira Stables sein soll und dass Herr Oliveira gerne auf alle Fragen aus dem Publikum eingehen wird. Dies hat er wirklich sehr gut gemacht, sein Englisch ist sehr gut verständlich, Frau S. hat zwar zwischendrin versucht, zu übersetzen, aber das war eher umständlich bzw. störend und MO hat ihr dann auch beherzt das Mikro abgenommen. Fr. S. hat sich sogar erfreulich zurückgenommen, das hatte ich schon ganz anders erlebt!
Was wir zu sehen bekamen:
- Einzelstunde einer aktiven Turnierreiterin auf S/Grand Prix-Niveau, die regelmäßig mit ihren großrahmigen Warmblütern zum Unterricht kommt.
Die Reiterin musste nach Ansage von MO alle möglichen Lektionen und Übergänge reiten, das gelang meistens ganz ordentlich, Korrektur erfolgte keine. Teilweise kam der Wallach in die absolute Aufrichtung mit deutlichem Unterhals. Im „Half Pass“ (sehr stark abgestelltes Travers entlang der langen Seite) im Galopp hatte das Pferd ziemliche Schwierigkeiten, seine Beine zu sortieren. Dann gab es Übergänge mit starkem Trab („Open the trot“) und da hat sich das Pferd sehr deutlich verspannt, hatte Schlauchgeräusche und genau da hat MO die Stunde beendet. Noch ein paar Piaffetritte an der Bande mit seiner Unterstützung und sofort absteigen…..
Zu dem „Half Pass“ kam dann auch eine Frage, hat er ausführlich erläutert.
- Arbeit mit dem jungen Pferd: 5-jähriger kleiner, sehr „mopsiger“ Lusitano-Hengst aus seiner Zucht mit einer Amateurbereiterin, ca. ein Jahr unter dem Sattel.
Hier ging es um seine wichtigsten Punkte „calm and mobilizing“, sehr langsames Übertreten an der Hand, Halten, usw. dasselbe dann unter der Reiterin. Dann sehr kurze Reprisen (wirklich nur wenige Tritte) Trab usw. Am Schluss Galopp auf dem Zirkel mit einer ganz passiv sitzenden Reiterin, die auch die Zügel praktisch nicht angefasst hat. Den Sinn hinter dieser Arbeit hat er sehr gut erklärt.
- Dann zwei unterschiedliche Pferde: sehr weit ausgebildeter Lusitano mit einem portugiesischen Bereiter (auf einem Dressursattel mit deutlich zu kleiner Sitzfläche) und ein deutscher Bereiter, der erst seit wenigen Tagen im Stall tätig ist und erst auf das „System MO“ umschult, auf dem Wallach „Risky“ aus dem „Warmblut-Projekt“. Auch dieser Wallach ist weit ausgebildet, hat aber noch sehr große Probleme, schlägt mit dem Kopf, knirscht sehr stark mit den Zähnen. Vor allem musste er immer hinter dem (langsamen) Lusi bleiben, der Reiter sollte aber möglichst die Hand weg lassen.
- Danach ritt MO selbst zuerst einen weiteren Warmblüter „Rapallo“ und dann einen Lusi-Hengst in der/dem „Square“, einem Viereck 12,5 x 12,5 Meter. Den großen Warmblüter hat er erst wenige Male geritten und noch nie auf dem Miniviereck. Es war erstaunlich, wie er das Pferd am Sitz hatte und fast alle schweren Lektionen vorführen konnte. Er ist unbestritten ein großartiger Reiter! Allerdings hat auch dieses Pferd sehr deutlich mit den Zähnen geknirscht. Dies wurde auf dessen Vorgeschichte geschoben und darauf verwiesen, dass Knirschen nicht verhindert wird („das Pferd darf sich äußern“), sondern sich mit der weiteren Arbeit verbessern bzw. ganz verschwinden soll.
- Den Lusi-Hengst hatte er nach glaubhafter Versicherung seit Jahren nicht mehr unter dem Sattel. Er konnte vom Moment des Aufsitzens an buchstäblich alles reiten, was man sich vorstellen kann. MO hat dann aus purer Lust Elemente gezeigt, die meines Erachtens aus der Arbeit mit dem Stier kamen, bis hin zu Pirouetten im Außengalopp, alles innerhalb 12,5 x 12,5 oder um die Pylone, war eine wirklich beeindruckende Vorstellung.
- Zu guter Letzt gab es eine Abteilungsstunde: 12 Schulhengste und –wallache mit Schülern. Die Tete übernahm die schon ziemlich schwangere Tochter von Fr. S. Das war dann für mich die „Entdeckung der Langsamkeit“. Über Sinn und Unsinn einer solchen Unterrichtsstunde lässt sich streiten. MO hat nur die Bahnfiguren angesagt und die Reiter hatten dafür zu sorgen, dass ihr Pferd auf Position blieb. Die Pferde und die Reiter waren vom Niveau sehr breit gestreut. Eine Reiterin war mit ihrem Pferd im Abteilungstrab und -galopp deutlich überfordert und wurde dann von der Tetenreiterin regelrecht angeschrien, von Seiten MOs erfolgte praktisch keine Korrektur.
Alles in Allem muss ich sagen, dass ich trotz meiner Vorbehalte einen sehr intensiven Nachmittag erlebt habe und einige Anregungen mitnehmen konnte. MO war von der ersten bis zur letzten Minute 100%ig präsent, äußerst sympathisch und hat sehr gut erklärt. Zu guter Letzt hat er sogar noch geduldig Bücher signiert, wir sind aber gleich aufgebrochen, denn meine Füße waren vom langen Sitzen ziemlich eingefroren – selber schuld.
Was mir nicht gefallen hat, war, dass die Pferde oft in absoluter Aufrichtung mit Unterhals und hängendem Rücken geritten wurden. Im Schritt wurde praktisch ausschließlich dieser stark verlangsamte „Quasi-Schulschritt“ geritten. Ich sah eigentlich kein einziges Mal ein Pferd, das raumgreifend „geschritten“ wäre.
Sehr positiv fand ich, dass er den Pferden immer wieder Pausen am hingegebenen Zügel gegeben hat und das „calm and mobilizing“ war ihm äußerst wichtig. Diese Ruhe und Entspannung im Halten und trotzdem die Bereitschaft, daraus jederzeit aktiv zu reagieren, hat er sehr eindrücklich demonstriert. Die Pferde waren trotz der vermeintlichen Langsamkeit in vielen Lektionen immer hellwach und hochkonzentriert.
Interessant fand ich auch, dass in der Reitbahn einige sehr antiquiert anmutende Regeln zu beachten sind, z.B. ist genau festgelegt, wie die Bahn betreten wird und auf welcher Linie das Pferd wieder zurück in den Stall geführt wird.
Und insgesamt waren 6 oder 7 Pferde aus der Zucht von MO vertreten, deutlich zu erkennen an dem Brandzeichen. Bin absolut kein Kenner der Rasse, aber vom „1,50m-Mops“ bis zum „1,70m-Lulatsch“ war alles vertreten. Auch vom Typ her waren diese Pferde sehr unterschiedlich. Habe da meine Zweifel, ob diese Pferde das Ergebnis einer konsolidierten Zucht darstellen können….
So, nun hoffe ich, dass ihr eine Vorstellung bekommen habt und der Beitrag nicht zu lang geraten ist.
Liebe Grüße aus dem Allgäu