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Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 08:48
von sinsa
Wollt ihr dringend mißverstehen?
Der Mann reitet so, dass DAS PFERD keine Fragen stellen wird.
Das machen einige guten Reiter! Schaut man sich Videos von O. an, dann reitet er häufiger interessante Mannöver in einer Kleinsthalle. Würde ein Pferd dabei Fragen stellen, dann wäre Holland in Not. Das muss also so sein.
Kurz formuliert: Ich sehe da kein "wir machen etwas zusammen" - also keine Harmonie- und damit fehlt mir persönlich das Hauptkriterium für einen Augenschmausritt.
Es geht hier um Augenschmaus Ritte und da entscheidet nunmal jeder für sich, was er schön findet oder nicht?
Das nächste mal schreibe ich einfach, dass mir das nicht gefällt und begründe da nichts mehr

Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 08:56
von Jen
Guten Morgen allseits
Auch wenn beide Piaffen gut sind, mir gefällt jetzt die Sequenz von Oliveira auch besser als das Video von Rapunzel. Ich habe beide Videos nun mehrmals angeschaut, bevor ich mir ein "Urteil" darüber gemacht habe.
Was mich an Rapunzels Video massiv stört ist der Reiter, der keinen guten Sitz hat und vieles über die Hand kompensiert. Das zeigt auch, dass er seinem Gefühl im Hintern nicht traut und ständig sein spiegelbild anschaut. Das verdreht seinen ganzen Sitz. Das Pferd ist zwar recht gut vor dem Bein, aber hinter der Hand. während das Oliveira Pferd vor dem Bein und an der Hand ist. Das ist dieser Vorwärtsgedanke, der hier nun mehrmals zur Sprache gekommen ist. Und das sieht man zb. auch daran, dass Igor (oder wie er heisst) sein Gleichgewicht immer mal wieder verliert und das Gesäss aus dem Sattel hebt, steif im Becken ist und deshalb gerne die Knie hochzieht und dann mit den Absätzen auf das Pferd einwirkt, statt mit der Wade. während Oliveira eine sehr weiche Mittelpositur hat und in das Pferd hineinsinkt ohne hineinzubohren, die Beine lang hat und mit der Wade einwirkt, er hat ein atmendes Bein (wie esge das so schön formulierte). Er hat das Pferd perfekt am Sitz. das ist das, was ich als Ideal anstrebe.
Keines der videos ist perfekt. Aber darum geht es ja auch nicht.
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 08:58
von Jen
Sinsa, sorry, das kann ich jetzt nicht verstehen. ich sehe kein geknechtetes Pferd. Ich sehe ein Pferd das widerstandsfrei geht. Widerstandsfrei im Sinne, dass es ganz weich ist, dass es weder gegen Bein noch hand drückt, dass es nachgiebig ist, dass es keine Muskulären Verspannungen hat, die der Hilfengebung entgegenstehen. Das ist das, was man in der Dressurreiterei anstrebt. Dazu gehört natürlich auch Gehorsam, aber ich sehe kein "willenloses, gebrochenes" Pferd. Ich denke, das ist halt auch sehr subjektiv...
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 09:13
von esge
Sinsa, so leid es mir tut aber: ein wirklich gut gerittenes Dressurpferd stellt keine Fragen mehr! Denn nur dann ist es perfekt durchlässig. Es gibt sich dem Reiter völlig hin. Die gesamte Arbeit an einem Dressurpferd zielt genau darauf hin: Bedingungslose Hingabe des Pferdes an den Reiter. Die raren Momente, wo das Pferd allein zu arbeiten scheint (jetzt nichts auf Oliveira-Video bezogen) sind die, wo es es sich dem Reiter völlig hingegeben hat. Das ist mit Durchlässigkeit (Ziel der 6 Punkte der Ausbildungsskala!) gemeint.
Es sei dir aber natürlich unbenommen, das nicht zu mögen. Du musst aber bitte nicht beleidigt sein, wenn andere das anders sehen.
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 09:15
von sinsa
@Jen Das hat nichts mit geknechtet oder mit grob zu tun!
Ich empfinde es schlicht nicht als harmonisch.
Das ist nichts, was man wirklich diskutieren kann. Es ist mein Eindruck.
Das hat auch nichts damit zu tun, ob der Herr reiten kann oder nicht. Es gefällt mir einfach nicht unter dem Gesichtspunkt "harmonisch".
Ich hätte auch schreiben können, dass schon die "Aufgabenstellung", nämlich die minutenlange Ausführung einer Piaffe, für mich am Thema des threads vorbei geht.
Das kann man mit den Beispielmöblierungen in einem Möbelhaus vergleichen. Die dekorieren da immer richtig schick ihre Sachen. So wohnen, wollte ich aber nicht, weil es mir da an Lebendigkeit und Persönlichkeit fehlt, wenn man in so eine eher sterile Umgebung kommt.
Jetzt klarer?
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 09:27
von ottilie
Ich hab jetzt extra nochmal geguckt - die Sequenz von O. ist 55 Sek. lang, es dauert aber schon 10 Sekunden, bis er in die Piaffe kommt...
Der Spiegel-Mensch hat am Anfang auch knapp 10 Sekunden verbraucht und hört bei 1.12 auf. Von minutenlang kann hier also - zumindest nicht gefilmt - die Rede sein. Was nachher noch passiert, wissen wir alle nicht.
Den Spiegel-Menschen finde ich indiskutabel, diese Dauer-Guckerei, was sich selbstverständlich in seinem Sitz bemerkbar macht... wie soll das Pferd da noch ausbalanciert piaffierne. Wenn er das nicht im Hintern hat, finde ich das einfach nur schade.
Mir gefällt jedoch das Pferd einen Ticken besser als das von O., für mich hat es eine Spur mehr Gummi/Elastizität, da finde ich die Bewegungen bei O. leider eine Spur zu unrund/abgehackt/wenig durchschwingend. Dafür ist das Pferd von O. "ruhiger" in der Ausführung der Piaffe, "gesetzter" aber nicht im Sinne der Hankenbeugung, das Spiegelpferd ist mir schon zu nervig und zu wenig in sich ruhend.
Interessant wäre O. auf dem Spiegelpferd, das wäre dann glaube ich mein Favorit.
Und ja - O. wirkt grade nach der Wendung schon deutlich mit der rechten Hand ein. Dafür sind die Sekunden danach einfach nur ruhig, und er kann einfach nur sitzen und geniessen. Schön!
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 09:28
von sinsa
@esge Natürlich darf das jeder anders sehen! Ich aber darf das auch und kann erwarten, das man mir daraus nicht einen Strick dreht.
Ich mag da auch gar nicht drum diskutieren und deshalb schrieb ich: über Geschmack kann man nicht streiten.
Was mich allerdings dazu bewegt hier doch immer nochmal was zu schreiben ist, wenn mir Dinge in den Mund gelegt werden, die ich nicht geschrieben habe und ganz nebenbei, hat mich der Beitrag von Biggi auf die Palme gebracht. Und zum Schluß: es gibt einen gewaltigen Unterschied zwischen ein Pferd "kompromisslos" an den Hilfen haben und grober Einwirkung. Wie sich die beiden unterscheiden kann gerne in einem anderen Thread geklärt werden, aber ich hätte gedacht, dass der hier bekannt ist.
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 09:36
von ottilie
@sinsa - es steht Dir offen, gerne einen neuen Fred zum Thema Einwirkung zu eröffnen. Wenn Du jedoch für Dich in Anspruch nimmst, eine eigene Meinung haben zu dürfen, dann gilt das auch für alle anderen hier, schließlich wurde nicht nur Dein Beitrag hier diskutiert. Wir haben noch sehr wenige Ritte gefunden, bei denen Übereinstimmung herrschte, das weißt Du so gut wie ich. Ich wundere mich daher, warum Du so empfindlich reagierst, da bislang alles in normalem Ton geschrieben wurde?
Wenn Du Dich persönlich angegriffen fühlst, kläre das bitte per PN.
Vielen Dank und nun zurück zum Thema "Augenschmausritte".
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 10:24
von Tossi
Ich muss Ottilie Recht geben: was mich an der Schaufenster-Piaffe stört, ist das selbstverliebte Auftreten des Reiters. Für mich hat es den Anschein, als ob er die Piaffe nur aus eitler "Gockelei" und "Machogehabe" zeigt, er überprüft nicht das Pferd im Spiegel, sondern bewundert SICH. Das sind Szenen (hier zugegeben sehr vollendet ausgeführt), wie man sie in Andalusien ständig auf den Straßen zu sehen bekommt: reine Schaureiterei, die die Pferde erdulden müssen.
Da hier nun schon eine Diskussion über N.O. entbrannt ist, hätte ich da noch ein Video, das ich mir gestern Abend 2x angesehen habe:
http://www.youtube.com/watch?v=TfiTTyi2 ... re=related
Ich bin ehrlich gesagt hin- und hergerissen. Einerseits fasziniert das reiterliche Können des jungen N.O. und die exzellente Ausbildung des Pferdes (Rückwärtsgalopp!), andererseits bin ich fast schockiert von dem, was der Reiter hier in einer winzigen Halle an Lektionen, Wendungen und Übergängen von seinem Tier verlangt. Der Schweiß läuft nach wenigen Minuten in Strömen...
Zudem hat mich gleich am Anfang der Ausdruck und die Unruhe des Pferdes beim Aufsteigen des "Meisters" verunsichert, das Pferd weiß anscheinend genau, was ihm in den folgenden Minuten bevorsteht. Ich nehme mal an, dass der Helfer das Pferd vorher entsprechend aufgewärmt hat.
@ Admin: hoffe, dass das Video nicht schon mal diskutiert wurde.
LG und ein schönes WE (bei uns kommt bei -10°C gerade seit Tagen zum ersten Mal die Sonne raus)
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 10:45
von esge
Nun, das ist auch mir "too much". Mir gehts da wie Tossi.
Ich kann das nur noch vor dem Hintergrund sehen, dass hier kein Dressurpferd sondern ein Stierkampfpferd gearbeitet wird. Es geht um absolute Manövrierbarkeit auf engstem Raum. Als gymnastische Arbeit finde ich es überzogen und in der dauerhaften Aneinanderreihung der Lektionen nicht sinnvoll. Aber wenn dieses Pferd Stierkampf gehen soll, muss es diese Leistung bringen.
Sei noch die Überlegung gestattet, dass ein junger N.O. vermutlich doch noch eher der Versuchung erlegen ist, alles zu reiten was geht. Und da er sehr viel "gehend" machen kann, war das sicher für die Pferde nicht immer ein Vergnügen.
Einen Augenschmaus finde ich das nicht mehr.
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 12:01
von Jen
kann mich esge anschliessen. Auch für mich ist das kein Augenschmaus. Auch ich habe den Eindruck, dass es sich hier nicht um ein "Dressurpferd" sondern um ein "Stierkampf"-Pferd anhand der Manöver handelt und vor dessen Hintergrund auch ganz andere Prioritäten gesetzt werden. Da ich andere Prioritäten habe, wäre dies auch kein anzustrebendes Ideal für mich. Trotzdem beeindrucken mich gewisse Aspekte an diesem Video, wie zb. die Effektivität und Ruhe seines Sitzes. das ist für mich schon sehr meisterhaft. Man sieht sehr sehr sehr selten so einen Sitz.
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 12:19
von Rapunzel
hm, ich finde nicht, dass man oliveira und den spanischen hobbyreiter vergleichen kann/sollte. das ist unfair. dafür, dass der spanier vor dem schaufenster allem anschein nach ein stinknormaler 0815-freizi ist, finde ich die piaffe sehr, sehr schön. wenn auch nicht perfekt, das ist die von o. aber auch nicht - die winkelung der HH/kruppe ist seltsam und nicht wirklich unter den schwerpunkt geholt usw. - aber es geht doch auch gar nicht um perfektion, sondern um etwas, das das auge erfreut. und das tut die schaufenster-piaffe bei mir, weil da kein geknechtetes pferd hektisch eine lektion ausführt, sondern pferd und reiter konzentriert und mit freude etwas gemeinsam erarbeiten und das ergebnis sehr passabel aussieht.
übrigens: gebt mal "piaffe" als suchbegriff bei youtube ein, da komen die abenteuerlichsten sachen - u.a. ein 9 monate altes fohlen (!!!!) beim "Piaffetraining", da wird´s einem übel ...
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 12:27
von Tossi
An Stierkampfreiterei musste ich bei dem letzten Video auch gleich denken. Der Sitz, die Balance und die Einwirkung des Reiters ist wirklich phänomenal. Außerdem ist die Elastizität und Kraft des Pferdes schier unglaublich. Bin nicht so der Oliveira-Experte. Weiß hier jemand, ob N.O. tatsächlich eine Affinität zum Stierkampf hatte, oder solche Pferde trainiert hat?
Bei dieser Demonstration habe ich echt den Eindruck, dass N.O. das Pferd zwischen den extremen Galoppreprisen zur Erholung in die Piaffe entlässt und gleichzeitig neue Energie für die nächsten Lektionen "tankt".
Trotzdem für mich viel zu extrem und in diesem Fall auch kein Vorbild .
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 12:36
von Janina
Ich unterschreibe mal bei allen "esge-und-horsmän-Beiträgen"
Noch was zur Maultätigkeit: Für mich ist das auch kein "Knatschen" und zeugt auch nicht von negativem Stress. Manche Pferde fangen gerade bei der Piaffe aus lauter Motivation und Eifer heraus an deutlicher zu kauen. Das ist in meinen Augen aber keinesfalls negativ besetzt und wenn man solche Pferde kennt, dann kennt man auch den Unterschied zu einem wirklichen "Stresskauen".
Es ist beim Menschen übrigens erwiesen, dass Kaubewegungen die Leistungsfähigkeit des Gehirns erhöhen. Man könnte also die Hypothese aufstellen, dass Selbiges bei Pferden ähnlich funktioniert und sie das Kauen in Momenten größter Konzentration automatisch einsetzen, um eben das zu erzielen (unbewusst natürlich)... (okay, jetzt nur, um mal ein bisschen "herumzuspinnen" bzw. um diese negativen Empfindungen ob der Kaubewegungen etwas abzumildern

)
Verfasst: Sa, 13. Feb 2010 13:06
von Alkasar
Wenn man letzte O. Video vor dem Hintergrund der Gebrauchsreiterei betrachtet empfinde ich es schon als Augenschmaus. Für heutige Vorstellungen sicher ein bisschen überzogen aber: der Sitz ist einfach phantastisch. O. versinkt förmlich im Pferd und stört es nicht. Das Pferd trägt seinen Schweif ruhig und locker, die Ohren wirken aufmerksam aber entspannt. Ich sehe keine Zeichen von Stress oder Unzufriedenheit. Es scheint nicht überfordert mit den hohen Anforderungen. Ja, es schwitzt, die Arbeit ist sicher sehr anstrengend und wer weiss, wie warm es war. Es scheint eben Gebrauchsreiterei und nicht Hobby.