Tossi hat geschrieben:Gerade intelligente/nervige Pferde müssen eben auch mit Abwechslung und geistigem Anspruch gearbeitet werden, sonst hat man leicht den gegenteiligen Effekt aller Mühen.
Volltreffer!

Dieses Phänomen habe ich auch feststellen können...
Ich habe mein Pferd mit einer "Macke" erworben, die er sich bei seiner Vorbesitzerin (oder noch davor?) angewöhnt hat und mit der er und ich nun leben müssen: Er "knautscht", wenn ihm etwas nicht passt - dann kräuselt er die Nüstern bzw. zieht sie hoch, verschiebt seinen Unterkiefer deutlich zur Seite, verwirft sich im Genick und kaut in der Luft herum.
(TA, Ostheo, ZA haben draufgeschaut: dieses Verhaltensmuster sei immerhin besser als Koppen, da nicht so gesundheitsschädlich

)
Dieses Verhalten zeigt er ebenso bei Über- wie auch (fast noch häufiger) bei Unterforderung bzw. Langeweile.
Von daher war und ist es permanent ein Drahtseilakt, mit ihm zu arbeiten, ohne dass er sich verspannt und knautscht!
Der Schlüssel ist Motivation, ich muss immer nach einem Weg suchen, mit viiiiel Lob, Freude, Leckerlies, den er möglichst "fehlerfrei" gehen kann, der Weg darf dabei nicht zu einfach sein und muss ein Happy End haben
Jede Pferd-Mensch-Kombi ist ja anders: Für mein Pferdi und mich sind einige Zirkuslektionen, insb. das Liegen, Entspannung pur - wobei mein Arab auch sämtliche Lektionen frei, ohne Halfter, Beinlonge o.ä., sondern ausschließlich über Belohnung gelernt hat. Das betone ich deshalb, weil das WIE bei ZL (und nicht nur dort) entscheidend sind, insb. in Bezug auf physische/psychische Entspannung...
Beim Liegen in der Reithalle ist mir mein Arab de facto schon auf meinem Schoß eingeschlafen, für ca. 15 Minuten - einfach so! Er lag schon aufrecht, hat es sich dann anders überlegt und sich flach auf meinen Schoß gelegt - und ist dabei eingeschlafen...das sind sehr bewegende Momente, die mit nichts auf der Welt zu bezahlen sind und mir unglaublich viel bedeuten.
Liegen/Flachliegen sind aber auch Lektionen, die in der Natur nur unter kompletter Entspannung vorkommen. Wenn ich aber an Lektionen arbeite, deren Ursprung im Imponiergehabe liegen - wie Spanischer Schritt, Pi, Pa, Steigen... dann kann die Lektion eigentlich auch nicht komplett entspannt ablaufen, weder physisch noch psychisch...denn beides beeinflusst sich ja gegenseitig und die Grundstimmung für Imponiergehabe ist definitiv eine gewisse (An)Spannung. Die Entspannung danach ist dafür dann um so größer
Meine Aufgabe sehe ich also darin, die größtmögliche mentale bzw. physische Losgelassenheit auch in diesen Lektionen zu erreichen.
Und das ist eine echte Herausforderung!
Natürlich könnte ich auch auf diese Imponier-Lektionen im Prinzip verzichten - aber es ist nicht nur so, dass ich sie eindrucksvoll und als ästhetisch ansprechend empfinde, sondern auch so, dass sie meinem Arab, der sehr rangniedrig ist, einfach für sein Selbstbewusstsein gut tun!
So konnte ich z.B. beobachten, dass er, seit wir an der Pa arbeiten, diese auch auf der Weide häufig zeigt und mutiger wird

und auch insgesamt immer mehr an Ausstrahlung gewinnt.
Also bleibe ich dran - mit noch mehr Focus darauf, ihn - wenn er dabei zu angespannt wird - lieber aus der Lektion rauszunehmen und über passende "Nebenlektionen", die vielleicht entspannter sind bzw. die auch speziell die entsprechenden Muskelgruppen trainieren, langsam wieder heranzuführen.
diabola hat geschrieben: Man muss das Pferd stetig motivieren, viel loben, bei den kleinsten Anzeichen von Verspannung "einen Gang runter schalten", sich zurücknehmen, wenn das Pferd was anbietet, wofür es noch nicht bereit ist (Überforderung), selbst eine gute innere Balance entwickeln, ohne Frust, Druck, zu grosse Erwartungen, Zorn etc mit dem Pferd arbeiten .. wir wissen alle, wie schwierig das ist! ... ein grosse Anspruch an sich selbst (Lebensschulung)
Das Ziel beim Reiten/Arbeiten mit dem Pferd "Einklang zwischen Körper und Seele des Pferde herzustellen", dies dauert wohl ein ganzes Reiterleben lang...
