"Stirnlinie vor die Senkrechte" - um jeden Preis?

Rund um die klassische Reitkunst

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Phanja

Beitrag von Phanja »

Ich kann die Argumentation von Herrn Riegler nicht nachvollziehen. Man muss das Pferd nicht aufrichten, damit die Nase vorn ist und für mich ist es nach wie vor ein Zeichen, dass etwas an der Basis nicht stimmt, wenn das Pferd dauerhaft hdS läuft. Ergo würde ich in so einem Fall durchaus erstmal die Ursache dafür suchen und entsprechend an der Basis arbeiten.
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Blumee82
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Beitrag von Blumee82 »

Ob vor oder dahinter ist für mich aktuell noch ein zweites Thema... was mir etwas Angst macht ist, dass es einfach so verkürzt stehen gelassen wird ohne eine genauere Erklärung.
Das bietet Boden für die LDR-Befürworter bzw. diejenigen, die gerne HdS reiten und zwar nicht als Zwischenschritt oder kurze Phase in der Ausbildung sondern einfach, weil sie genau dieses Bild im Kopf haben.
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Sascha
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Beitrag von Sascha »

Das "genervt" spricht mir aus der Seele, aber ich verstehe den Zusammenhang zwischen Aufrichtung und Nase vor nicht. Nase hinter der Senkrechten ist für mich immer ein Fehler, aber man muss dabei immer das Gesamtbild betrachten und da kann es aus verschiedenen Gründen manchmal passieren, dass ein Pferd in einer Ausbildungsphase einmal hinter die Senkrechte kommt und ich kann damit leben, auch wenn ich es nicht für optimal halte. Tatsächlich nerven mich dann Kommentare mit angelegtem Geodreieck, die sich nur auf die falsche Stirnlinie beziehen, ungemein.
"Wir wollen dafür Sorge tragen, dass wir das junge Pferd nicht verdrießen und ihm seine freundliche Anmut nicht verleiden. Denn diese gleicht dem Blütenduft, welcher niemals wiederkehrt, wenn er einmal verflogen ist."
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horsman
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Beitrag von horsman »

Ja, der Artikel selber, so wie er da steht, ist wegen fehlender Erläuterungen wirklich schlecht, was aber wohl weniger an Herrn R. liegt als an der Presse.

Doch: es besteht ein Zusammenhang zw. der Höhe der Halseinstellung und er Stirnlinien, den man sich zB an einem kleinen Playmobil-Pferdchen verdeutlichen kann:
Bei gleichbleibendem Genicköffungswinkel ist die Stirnlinie je nach Höhe der Halseinstellung mal vor und mal hinter der Senkrechten. Daraus folgt, dass je tiefer der Hals eingestellt wird, der Genickwinkel sich öffnen muss, damit die Stirnlinie an der S. bleibt, bzw. umgekehrt, je höher der Hals eingestellt wird, die Stirninie ev. sogar bei sehr engem Genick noch vdS ist.

Deshalb sollte man mE beim Blick auf die Stirnlinie immer auch die Höhe der Halseinstellung, besser noch die Öffnung des Genickwinkels selber betrachten.

Ein eng gezogenes Genick bei hohem Hals, wo die Stirninie vor der S. liegt ist mE deutlich kritischer zu sehen, als ein leichtes und sich stets dehnend öffnendes Genick bei tiefer getragenem Hals, wo die Stirnlinie leicht hdS ist.

Man kann also die Stirnlinie allein dadurch "vor" bekommen, dass man den Hals höher einstellt. Belibt das Genick dennoch eng ist hierdurch jedoch nichts gewonnen, ausser vielleiocht der optische Eindruck für denjenigen, der sonst nichts erkennt. Vielleicht meint Herr R. das.?
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Sascha
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Beitrag von Sascha »

Wenn ich schon ein junges Pferd unnatürlich aufrichte, nur damit ich dem Verlangen ‚Nase vor’ gerecht werde,
Das verstehe ich nicht, warum sollte ich ein Pferd aufrichten müssen, um dem Verlangen "Nase vor" gerecht zu werden? Auch wenn ich ein Pferd "tief" reite, bleibt die Nase doch im Idealfall vor der Senkrechten.
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horsman
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Beitrag von horsman »

siehe oben
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Sascha
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Beitrag von Sascha »

horsmän hat geschrieben:siehe oben
Ja, erklärt aber nicht die Aussage von Herrn Riegler, denn wie du sehr schön erklärt hast, lässt sich dem Verlangen "Nase vor" auch völlig problemlos mit tiefer Halseinstellung entsprechen.
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Beitrag von horsman »

nee, völlig problemlos ist das nicht:
die Nase vor der Senkrechten zu behalten, ist bei hoher Halseinstellung wesentlich leichter hin zu bekommen als bei tiefer Halseinstellung. Denn bei tiefer Halseinstellung ist dies nur mit einer dehnenden Öffnung des Genicks zu erhalten, bei der aber die Kontakt zur Reiterhand nicht verloren gehen darf und das Genick trotz offenerem Genickwinkel dennoch losgelassen bleiben muss. Das ist deutlich schwerer zu erreichen, zumal noch dazu kommt, dass bei tieferem Hals die Balance schnell mal zu Lasten der Vorhand verloren gehen kann und das Pferd damit auf die Hand kommt.

Wobei ja auch die Abstufung zw. tiefer und hoher Halseinstellung einen breiten Spielraum ein nehmen kann und man hier immer sehen muss, von welcher Halshöhe man nun konkret redet.
Zuletzt geändert von horsman am Mo, 16. Sep 2013 16:20, insgesamt 1-mal geändert.
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Das Problem entsteht immer dann,wenn dieser Aspekt isoliert gesehen und aus dem Zusammenhang gerissen wird.

Über-und überall wird postuliert: Nase vor!

...was mitunter eine ganze Armada unreflektierter Nachplapperer auf den Plan ruft,die nix verstanden haben und meinen,sobald die Stirnlinie vor der Senkrechten sei,sei automatisch alles in Ordnung und der Rest zu vernachlässigen.

Geht mir auch gehörig auf den Senkel.

Das Zitat hätte wohl differenzierter erklärt werden müssen.
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Beitrag von horsman »

Weshalb mE auch ein Blick auf die Ganasche deutlich aussagekräftiger ist:
sieht das hier zusammengequetscht aus (egal bei welcher Stirnlinie) spielt die Hand ein schlechte Rolle, sieht das hier leicht und locker aus, ist es nicht schlecht.

Aber auch hier muss man sich zunächst einen Blick über die natürliche Ganaschenbeschaffenheit des Pferdes einholen.
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Genau: Ganasche,oder eingestauchter Hals,hängender Widerrist,weggedrückter Rücken,langer Bretthals mit durchgedrücktem Genick oderoderoder.

Das Problem besteht mitunter auch darin,dass ein hdS von jedem zu erkennen ist und zbsp. ein Hängerücken oder ein VH latschendes Pferd noch lange nicht.
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Sascha
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Beitrag von Sascha »

@horsmän
Was ist beim Reiten schon völlig problemlos. :D Tatsache ist, Nase vor ist nicht nur in der Aufrichtung möglich und erwünscht.
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Antoine De La Pluvinel
Phanja

Beitrag von Phanja »

@horsmän
Natürlich ist es nicht einfach, das zu erreiten. Aber genau deshalb erarbeitet man ja auch z.B. in der Basis ein korrektes Vorwärts-Abwärts. Und da gehört für mich dazu, dass das Pferd lernt, im Genick offen zu bleiben.

Ich würde nicht sagen, dass hdS automatisch schlecht bedeutet und vdS automatisch gut. Aber wenn man ein Bild oder Video betrachtet und das Pferd geht hdS, sollte man doch auch sagen dürfen, dass das nicht optimal ist und wie man persönlich versuchen würde, das zu ändern. Genauso wie bei einem Pferd das vdS geht, nicht automatisch alles richtig ist und man hier vielleicht an anderen Stellen Kritik übt.
Motte
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Beitrag von Motte »

Kennt ihr die "Just Paul" Reihe von Ingrid Klimke, was via Facebook vom pferdia Verlag veröffentlicht wird?
Schaut euch die ersten paar Videos an - und die Kommentare dazu!
Ich schätze, genau das ist der Punkt, der nervt.
Nicole
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Beitrag von Nicole »

Genau an die "Just Paul" Reihe habe ich auch direkt gedacht als ich den Kommentar von Riegler gelesen habe. Die Kommentare unter den Videos waren teilweise unter aller Kanone :roll:. Das waren nämlich genau diese Ahnungslosen, die sofort Rollkur schreien wenn die Nase mal nicht vor der Senkrechten ist.
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