Wie reite ich mein Pferd gesund? Diskussion...

Rund um die klassische Reitkunst

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Schroedi
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Beitrag von Schroedi »

Rapunzel hat geschrieben:Das Problem ist doch, dass das alles sehr relativ ist.

Unser erstes Pferd war ein Reitpony mit 75 % Araberanteil. Hatte mal eine gute Grundausbildung genossen, doch dann kam es zu uns - eine Familie von 4 Reitanfängern. Damals war er 8. Wir sind dann allesamt sage und schreibe 22 Jahre (!!!) auf diesem Pferd herumgefallen, er musste alle Anfängerfehler ausbaden von Wanderritten mit nicht passenden Sätteln über falsches oder gar kein Training und, und, und. Der ist in den 22 Jahren bei uns nie sinnvoll gymnastiziert worden. Trotzdem war er bis zum 30. Lebensjahr kerngesund und voll reitbar und musste erst mit 32 wegen totaler Abnutzung der Zähne und ein paar anderen Altersgebrechen getötet werden. Er hatte einen fetten Unterhals, aber einen schnurgeraden Rücken und war tipptopp auf den Beinen. Länger hätte der doch auch mit bester Gymnastizierung nicht gehalten!

Ebenso die Trakehnerstute unseres Nachbarn, die Zeit ihres Lebens mit einem katastrophalen Sattel und halbjährlichen Beschlagsperioden, einem unerkannten Kieferbruch und anderen Lappalien gelebt hat und ebenfalls mit über 30 noch gut reitbar war. Die war so stocksteif, dass sie beim ersten Versuch des Longierens, als ich sie mal in seinem Urlaub betreut habe, stumpf umgefallen ist, weil sie bis dahin nur geradeaus ins Gelände gegangen war (das aber täglich).

Natürlich sind das Einzelfälle, aber gerade hier gibt es ja massenweise Leute, die sich sehr viele Gedanken um sinnvolle Ausbildung ihrer Pferde machen und trotzdem sind die Dinger ständig kaputt - nicht kaputtgeritten, sondern halt einfach durch Unfälle, Veranlagung oder Pech mit irgendwelchen Zipperlein belastet. Weil es eben auch viel Glückssache ist, wie lange ein Pferd gesund bleibt.
Das glaube ich auch. Ich glaube, 90% ist Veranlagung und Glück. Vielleicht sogar noch mehr als 90%. Ich denke da an ein Pferd bei uns im Stall, das über 20 ist und läuft und läuft und läuft. Meistens heizt die Besitzerin durch´s Gelände. Aufwärmen? Ja klar, eine Runde Schritt in der Halle, dann wird angaloppiert. Geraderichten? Was ist das? Versammeln? Nie gehört.Das Umstellen auf die Weide geschieht in drei Tagen: heute vier Stunden, morgen acht, übermorgen den ganzen Tag. Hat das Pferd schon mal Kolik gehabt oder Rehe? Nööö!
Aber das Pferd ist gesünder als manches andere Pferd, das ich kenne.
Ich bin mittlerweile zynisch geworden. Es gibt Pferde, die gehen vermutlich auch bei Philippe Karl nach kurzer Zeit kaputt und andere halten alles aus. Man steckt seine Hand in eine Lostrommel und zieht etwas heraus, wenn man ein Pferd kauft.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Die Pferde hätten vielleicht nicht länger gehalten, aber die lebensqualität wäre aus Sicht der Pferde sicher anders gewesen, wenn sie besser geritten worden wären und passende Ausrüstung gehabt hätten. Für mich ist das kein Argument. Ich habe nur ein Pferd und dem möchte ich so gut wie möglich Sorge tragen, damit es so wenig wie möglich unter all den Fehlern leiden muss, die ich ihm unbewusst/ungewollt antue. egal ob er nun noch 2 jahre oder 15 jahre weiterlebt. Im nachhinein lässt sich das ja immer einfach sagen, aber im vornherein weiss man ja nie, was auf einen noch alles zukommt. ;)
Liebe Grüesslis, Jen
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Beitrag von sab »

Na ja, ehrlich egsagt, ich glaube nicht, dass es was mit Glück zu tun hat. Sondern viel eher mit Körperbau und Aufzucht. Moderne Reitpferdetypen sehen doch ganz anders aus als die sog. Wirtschaftspferd, die es bei den Hannoveranern noch vor 30 jahren gab. Meine erstes eigenes Pferd war so ein Typ; nicht besodners elegant, aber die ist ohne grössere Probleme 26 Jahre alt geworden. Von ihren Nachfolgern konnte man da sleide rnciht sagen, das waren stark ingezüchete Lipizzaner, die vermutlich auch - mindestens in einem Fall - eine schlechte Aufzucht hatten. Und bei den jetzt so modernen "schicken" Warmblütern kriege ich auch nur mit, dass sie Rückenprobleme und Lahmheiten haben....


LG

Sabine
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Lesley
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Beitrag von Lesley »

Max1404 hat geschrieben:Was ich bei dieser Gelegenheit noch erwähnen möchte ist, dass ich Laufband bei Pferden im Wachstum als ein No-Go betrachte.
Ich finde Laufband generell nur bedingt sinnvoll. Jedenfalls nicht als "Dauertrainingsmethode".
"Wissen, das nicht jeden Tag mehr wird, wird jeden Tag weniger!"
(Chin. Sprichwort)
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dshengis
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Beitrag von dshengis »

Schroedi hat geschrieben:Ich denke da an ein Pferd bei uns im Stall, das über 20 ist und läuft und läuft und läuft. Meistens heizt die Besitzerin durch´s Gelände. ( ) Hat das Pferd schon mal Kolik gehabt oder Rehe? Nööö!
Vielleicht auch genau deswegen: Weil es läuft!
Schließlich sind Pferde als Steppenbewohner Flucht- und Bewegungstiere und denen tut nix besser als Bewegung. Und die eine Stunde, die die meisten von uns üblicherweise reiten, erfüllen den Bedarf der Pferde an Bewegung bei weitem nicht. Abgesehen davon, dass diese eine Stunde dann auch nicht jeden Tag möglich ist...
„Hast Du nie auf einem Schimmel gesessen, hast Du nie ein gutes Pferd geritten.“ - Altpolnisches Sprichwort
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Beitrag von gimlinchen »

ich finde es generell erstaunlich, wie lange pferde fit sind mit reiten, was umstritten ist bezüglich der gymnastizierenden wirkung (erwähnte ich, dass ich an einem westernstall stehe?) bewegung an sich ist sicher ein schlüssel für ein langes leben für pferde...
Schroedi
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Beitrag von Schroedi »

Jen hat geschrieben:Die Pferde hätten vielleicht nicht länger gehalten, aber die lebensqualität wäre aus Sicht der Pferde sicher anders gewesen, wenn sie besser geritten worden wären und passende Ausrüstung gehabt hätten. Für mich ist das kein Argument. Ich habe nur ein Pferd und dem möchte ich so gut wie möglich Sorge tragen, damit es so wenig wie möglich unter all den Fehlern leiden muss, die ich ihm unbewusst/ungewollt antue. egal ob er nun noch 2 jahre oder 15 jahre weiterlebt. Im nachhinein lässt sich das ja immer einfach sagen, aber im vornherein weiss man ja nie, was auf einen noch alles zukommt. ;)
Da hast du natürlich absolut recht. So denke ich ja auch. Trotzdem finde ich es halt ungerecht von wem auch immer - von dem da oben, von der Lostrommel...- dass man die Mühe und Liebe, die man in das Tier hineinsteckt, oft nicht belohnt wird. Mein Pferd ist nicht unbedingt gesündern als der vernachlässigte Gaul nebenan. Unfair.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Naja, das muss nicht zwingend so sein, dass der andere gesünder ist. Wahrscheinlich werden seine Beschwerden einfach nicht gesehen und das Pferd einfach durchgeschleppt. Glaub mir, ich hab schon haarsträubendes gesehen. Pferde, die mit Kreuzbandriss immer noch aus Unwissenheit gesprungen wurden (O-Ton: "jaja, im Trab läuft sie immer ein bisschen komisch, aber Schritt und Galopp geht total gut und Springen liiiebt sie" *Augenlidrunterzieh*) oder uralte Pferde, die mit Kreuzverschlag als Handpferd rausgezerrt wurden ("der ist ja nur wegen dem Alter ein bisschen steif") argh. Und was diese Leute dann noch von den TA-Anweisungen mitnehmen bzw eben nicht ist nur noch... *aua*

Diese Leute glauben auch, dass ihre Pferde gesund waren, nur weil sie alt wurden. Diese Viecher sind einfach zäh und uuunglaublich duldsam! Ich glaube also längst nicht mehr alles.
Liebe Grüesslis, Jen
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gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

da ist leider viel wahres dran :cry:
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