Hilfszügel bei bestimmten Pferden durchaus berechtigt?

Themen zur Ausrüstung von Pferd und Reiter

Moderator: ninischi

RioNegro
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Beitrag von RioNegro »

Ich weiß nicht, aber ob ein Hilfszügel zur Krücke verkommt oder sinnvoll eingesetzt wird - liegt doch letztendlich an der Person, die ihn einsetzt.

Vielleicht hilft der Hilfszügel manchmal auch einfach nur dem Reiter. Auch das ist doch legitim, oder nicht?
Bzw hilfts damit nicht automatisch auch indirekt dem Pferd? *grübel*

Eine Situation, in der ich mich bewußt für Dreiecker beim Reiten einer Schülerin von mir entschieden habe:
Das Mädchen war bis zu dem Zeitpunkt Ponyreiterin. Hatte sehr guten Sitz. Ritt ihr Pony sicher auf A-Niveau, beginnende L-Lektionen.
Bekam dann ihr erstes Großpferd. 5jährig. Ordentlich geritten. Leicht in der Hand. Ich habe das Pferd 1-2 x die Woche mitgeritten, nur um den Ausbildungsstand zu erhalten.
Sie hatte am Anfang unheimliche Schwierigkeiten mit der Umstellung auf ein Großpferd. Und hatte dementsprechend erstmal wirklich mit sich selbst zu tun.
Deshalb haben wir anfangs viel an der Longe gemacht, um ihr wieder zu einem von der Hand unabhängigen Sitz zu verhelfen.
Ohne Longe haben wir ihr vorübergehend recht lang geschnallte Dreiecker drauf gemacht. Einfach, um ihr und dem Pferd in dieser Übergangsphase bißchen zu helfen.

Zum Ende der Reitstunde haben wir ihr die Dreiecker dann raus geschnallt - und es hat auch ohne sehr gut geklappt.
Mit der Zeit konnten wir die Hilfszügel immer früher schon raus machen. Und bald haben wir sie nicht mehr gebraucht.

Nun meine Frage: wäre es nun besser gewesen, hier unbedingt und zwingend ohne Hilfszügel rum zu machen?
Oder wäre da mit der Zeit einfach nur Frust bei Pferd und Reiter entstanden?
Ist es in einem solchen Fall nicht intelligenter, einfach auch mal auf Hilfszügel zurück zu greifen. Auch, um diese Eingewöhnungszeit etwas zu erleichtern und vermutlich auch zu verkürzen.

Dem Pferd hat`s jedenfalls ganz sicher nicht geschadet. Er blieb weiterhin wirklich sehr sehr angenehm und fein im Maul.
Und das Mädchen konnte sich viel besser auf den eigenen Sitz, die eigene Einwirkung und vor allem die HH des Pferdes konzentrieren.

Nur weil Hilfszügel sehr häufig leichtfertig, unüberlegt und meist nicht passend verschnallt eingesetzt werden - macht das doch nicht den Hilfszügel per se "schlecht".
Sondern zeigt nur, dass der jeweilige Mensch mehr als genug Defizite hat.
Es liegt doch in der eigenen Verantwortung, wie man mit Hilfszügeln umgeht.

Blödes Beispiel: nur weil eine Säge auch Finger absägen kann, wird wohl kein Handwerker der Welt auf die Idee kommen, zu sagen, diese Säge ist "böse".
Sondern viel mehr: Sägen müssen mit Vernunft und mit Vorsicht eingesetzt werden. Ein gewisses Mass an Wissen und Können und an Vorsicht muss vorhanden sein - dann leistet die Säge gute Dienste.
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Filzi
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Beitrag von Filzi »

Da bin ich voll und ganz bei dir. Ich denke, dass man HZ weder verteufeln aber auch nicht verschönern soll.

Wie in deinem beschriebenen Fall hat es absolut seine Berechtigung. Und ich finde ebenfalls, dass es Pferd und Reiter auch helfen kann. Sofern der HZ eben wieder ausgeschlichen wird. Wie es bei dir ja der Fall war.

Dreieckszügel werden als Hilfe ja von einigen Ausbildern beschrieben. Heuschmann zum Beispiel, Bea Borelle (schreibt man das so?) und ihr Mann Phillipe Karl. Also bei richtigem Gebrauch und eben nur als kurze Hilfe sind sie nichts Schlimmes.

Ich persönlich habe aus persönlicher Sicht Höllenrespekt vor den Dingern.

Vor allem ist mir deren Wirkung noch nicht ganz klar.
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LordFado

Beitrag von LordFado »

Mach nen Kappzaum drauf, schnall die Dreieckszügel in den Kappzaum und reite wie gewohnt über ein Trensengebiss, dann brauchst Du keine Angst vor der Wirkung der HZ aufs Gebiss haben.
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-Tanja-
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Beitrag von -Tanja- »

LordFado hat geschrieben:Mach nen Kappzaum drauf, schnall die Dreieckszügel in den Kappzaum und reite wie gewohnt über ein Trensengebiss, dann brauchst Du keine Angst vor der Wirkung der HZ aufs Gebiss haben.
Ich hoffe doch, daß die meisten das so machen? Über's Gebiß finde ich sowas immer :brutal: .
lg, Tanja

Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
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Beitrag von KilKenny »

Was meint Ihr?: Pferd reißt beim angaloppieren IMMER den Kopf hoch. kein schöner Übergang möglich. Martingal ja oder nein?
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Susanne
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Beitrag von Susanne »

Kommt drauf an, warum der Kopf hochgerissen wird :wink: . Und dann ist zu überlegen, wenn Sattel, Reiter etc. pp. ausgeschlossen werden, wie man dagegen anarbeitet. Und mit welchem Hilfszügel, falls man einen verwenden möchte.
Liebe Grüße
Susanne
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Tossi
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Beitrag von Tossi »

@ Filzi

Hast Du evtl. ein Problem mit Deinem Pferd und könntest Dir vorstellen, dass der Einsatz eines Hilfszügels helfen könnte.....?

Grundsätzlich bin ich bei gewissen Problemstellungen absolut FÜR den überlegten Einsatz von Hilfszügeln beim Reiten.

Aber:
- es gibt schier unendlich viele Problemstellungen "Pferd" oder "Pferd/Reiter" mit ebenso vielen unterschiedlichen Ursachen
- und jede Menge verschiedener Hilfszügel die auch noch in x-verschiedenen Variationen und Längen verschnallt werden können....

Dazu ist IMMER Interieur und Exterieur des Pferdes zu berücksichtigen und ganz wichtig: es müssen gesundheitliche Ursachen für das Problem des Pferdes ausgeschlossen werden können.

Und natürlich der Reiter.....

Mir fallen ad hoc mindestens 50 Beispiele für den erfolgreichen zeitweisen Einsatz von Hilfszügeln ein - einmal haben wir dadurch sogar ein Pferd vor dem Verkauf zum Schlachtpreis an den Händler gerettet. Allerdings kenne ich auch ebenso viele Beispiele, wo es aus Unvermögen/Unverständnis nicht geklappt hat, bzw. das Problem schlimmer wurde oder sogar neue dazu kamen....

Also, es gibt kein Patentrezept.

@ KilKenny

Klingt nach "Araber-Syndrom". Ich würde das Problem zuerst an der Longe analysieren und versuchen es dort zu beheben.
Die Schönheit der Dinge lebt in der Seele dessen, der sie betrachtet. (David Hume)
RioNegro
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Beitrag von RioNegro »

KilKenny hat geschrieben:Was meint Ihr?: Pferd reißt beim angaloppieren IMMER den Kopf hoch. kein schöner Übergang möglich. Martingal ja oder nein?
Da würde ich mich erstmal fragen, warum das so ist.

Und reißt er ihn richtig hoch. Oder hebt er sich im Moment des Angaloppierens etwas heraus.
Wie galoppiert er dann weiter?

Wie alt ist das Pferd? Was wurde bisher mit ihm gemacht?
Was wurde bisher gemacht, um dieses Problem zu lösen?
etc .....

Und natürlich muss abgeklärt sein, ob Gesundheit und Sattel ok sind.

Lange Rede, kurzer Sinn: Pauschalantwort ist nicht möglich.
Aber jedenfalls würde ich da nicht sofort was einschnallen.
LordFado

Beitrag von LordFado »

zumal ein Martingal ja immer nur in Verbindung mit derm Zügel funktioniert und für so nen Fall sehr kurz geschnallt werden müsste - da würde ich eher über Schlaufzügel nachdenken, die dann zum Angaloppieren nachgefasst werden und ansonsten durchhängen - setzt aber voraus, dass der Reiter vierzügelig fit ist.
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Filzi
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Beitrag von Filzi »

Wobei hier gleich mal interessant wäre WIE ein Schlaufzügel eigentlich genau wirkt?
Meine Infos dazu: Flaschenzugwirkung, mit dem Schlaufzügel in Verbindung mit dem Zügel kann die doppelte Kraft auf das Pferd ausgeübt werden.

Eigentlich wie der Thiedemannzügel mit dem Unterschied, dass der Thiedemannzügel nicht in die Hand läuft.

Liege ich da richtig?

Mit welcher Begründung und welchem Erfolg wird der Zügel eingesetzt?
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LordFado

Beitrag von LordFado »

Also. Flaschenzug ist von Dir bestimmt so gemeint, dass irgendwo mehr Kraft ankommt als eingeleitet wird. Das ist nur dann der Fall, wenn mehr als eine Umlenkrolle benutzt wird, das ist ja beim Schlaufzügel nicht der Fall. Also:Mythos, stimmt nicht.

Im Prinzip ist ein Schlaufzügel genau dasselbe wie ein Dreiecks- oder Laufferzügel, nur dass man ihn wesentlich schneller in der Länge variieren kann. Die Kopfposition befindet sich jeweils an der Spitze eines gleichschenkligen Dreiecks.

Thema doppelte Kraft: es ist ja immer noch der Mensch, der am anderen Ende des Zügels hängt und diese aufbringen muss. Ich nehme an, du meinst mit Kraft den Zug am Zügel bzw. Den Druck auf die Laden oder beim Kappzaum auf die Nase des Pferdes? Der Zug muss ja woher kommen, also herrscht immer soviel Zug, wie der Mensch ausübt, er wird durch den Schlaufzügel nicht verdoppelt oder so. Guckst Du mal bei wiki nach Flaschenzug n=1.
Der Thiedemannzügel ist im Gegensatz zum Schlaufzügel nicht stufenlos und schnell variabel und wirkt außerdem immer bei einer normalen Zügelhilfe mit. In den Varianten, die mir bekannt sind, handelt es sich aber auch um eine einfache Umlenkrolle, die somit keine! Vervielfachung der Reiterhilfen bedeutet.

Zusammengefasst:
Dreieckszügel, Laufferzügel: fixierung des Kopfes an einer bestimmten Stelle, Durchhängen möglich, während dem Draufsitzen nicht Variabel

Thiedemannzügel: kopf wird bei einwirkender Zügelhilfe nach unten gezogen, somit keine feste Position, Durchhängen nie möglich, während dem Draufsitzen nicht variabel. Im prinzip ist das wie "nur"mit Schlaufis ohne einen normalen Zügel zu reiten.

Schlaufzügel: wenn angenommen, Dixierung des Kopfes an euner bestimmten Stelle, Durchhängen möglich, von Zügelführung unabhängig, erfordert jedoch, dass der Reiter das auch handeln hann (vierzüglig reiten kann ohne unbeabsichtigte Verkürzungen etc.)
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Der Thiedemannzügel ist im Gegensatz zum Schlaufzügel nicht stufenlos und schnell variabel und wirkt außerdem immer bei einer normalen Zügelhilfe mit.
Der Tiedemannzügel wirkt für mich schon anders als ein Schlaufzügel. Er wirkt auch nicht immer bei einer normalen Zügelhilfe mit. Die korrekte Länge des Tiedemannzügels wird über Befestigungen am normalen Zügel eingestellt. Kommt das Pferd mit dem Kopf zu hoch, sollte die Wirkung einsetzen. Geht das Pferd korrekt wird die Wirkung des Tiedemannzügels aufgehoben. Im Gegensatz zu einem Schlaufzügel kann der Schüler diesen nicht immer mehr nachgreifen und somit die Wirkung verstärken. Auch eine Dehnung nach V/A ist durchaus möglich.
Liebe Grüße, Sabine

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LordFado

Beitrag von LordFado »

Ich bin von den Bildern ausgegangen, die man über Google findet, da wirkt er quasi immer...

Z.b hier:
http://www.google.de/imgres?imgurl=http ... CDcQ9QEwAw

Selbst wenn der Zügel da noch länger gelassen wird- sobald der Zügel ansteht und nicht durchhängt, wirkt der Thiedemann ein!
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Ich gehe nicht von irgendwelchen Bildern für Kataloge aus, sondern vom realen Einsatz des Tiedemannzügels - und dort habe ich ihn so kennengelernt, wie ich es beschrieben habe. Wie bei allen Hilfszügeln ist es wichtig ihn korrekt zu verschnallen. Würde das Pferd auf dem Bild korrekt in Anlehnung sein (und das ist es auf dem Bild für mich nicht), würde der Tiedemannzügel durchhängen.
Liebe Grüße, Sabine

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Beitrag von LordFado »

kannst Du mal eins suchen, auf dem es korrekt aussieht? Diejenigen, die ich kenne, die die Dinger benutzen verschnallen Sie dann offensichtlich auch falsch.
So wie Du es beschreibst, müssten Die Zügel dann erst greifen, wenn das Pferd den Kopf weit hochnimmt - also ähnlich wie ein Martingal?
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