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Verfasst: Sa, 13. Jan 2007 19:43
von Medora
Ich hatte gerade eben einen extra Beitrag eröffnet, aber eigentlich passt das, was ich zur Diskussion stellen wollte, ganz gut hier rein, denke ich:

Horst Becker geht auf seiner DVD u.a. auch auf die Dehnungshaltung ein und vertritt dort folgende Meinung: Er untersagt seinen Schülern bei manchen Pferden, die Pferde in die Entspannung bzw. Dehnungshaltung zu lassen - und zwar während des Reitens, aber auch am Ende der Stunde. :shock:

Sein Argument ist, dass man sich die ganze Zeit abgerackert hat, dem Pferd etwas von Versammlung zu vermitteln und dass man sich das zerstört, wenn man die Pferde dann "auseinanderfallen" lässt. Man solle sie also nicht in die Dehnungshaltung lassen, sondern "so in die Box stellen", weil sie die Sache dann dort nacharbeiten können. :roll:

Ich finde das, ehrlich gesagt, ziemlich abstrus! Ganz abgesehen davon, dass sich jedes Pferd in der Box erst einmal genüsslich abstrecken wird (mindestens um zu fressen), ist doch auch schon die Vorstellung seltsam, dass man eine Körperhaltung "festhalten" will, oder? Das wäre ja so, wie wenn Kunstturnerinnen nur im Spagat nach Hause gehen dürften, damit sie das "nacharbeiten" - ok, ein bisschen polemisch, aber ich denke halt, dass solche Aussagen schnell dazu führen, dass Reiter/innen ihren Pferden dann keine Entspannung mehr gönnen, damit nichts von der Arbeit "kaputt geht". Und ich glaube nicht, dass Lernen so funktioniert.

Wie seht Ihr das?
Medora

Verfasst: Sa, 13. Jan 2007 20:01
von Jen
Ha, am besten stellen wir ab sofort unsere Pferde nur noch mit verschnallten Hilfszügel in die Box und stellen die Futterkrippe höher ein, so dass sich das Pferd schon gar nicht mehr angewöhnt den Kopf zu senken. Das ist sowieso völlig unproduktiv und überflüssig! Bild Bild

Verfasst: Sa, 13. Jan 2007 20:37
von Medora
Jep, Jen,

in etwa das ist mir auch in den Sinn gekommen. Seltsam, weil Becker auch wirklich kluge Dinge von sich gibt - das steht da in einem echt krassen Gegensatz...

Medora

Verfasst: Sa, 13. Jan 2007 20:56
von knowi
Hmm...seltsam. Ich kenne es, dass man - v.a. bei sehr vorderlastigen Pferden - mal statt einer Pause am hingegebenen Zügel stattdessen stehenbleibt und im Stand die Zügel lang lässt. Gerade wenn man dabei ist vermehrt am Versammlungsgedanken zu arbeiten.

Aber sonst? Und ständig? Und ganz ohne dem Pferd die Möglichkeit zu geben sich zu strecken (bei o.g. darf es sich ja auch strecken, nur eben im Stand) finde ich ganz schön krass :shock: Poah.

Verfasst: Sa, 13. Jan 2007 21:01
von Medora
Ich verspreche, ich schau mir das noch mal an - manchmal bekommt man ja auch was in den falschen Hals. Aber er sprach an einer Stelle recht ausführlich darüber und eine Schülerin wurde auch richtig geschimpft, als sie ihrem Pferd die Zügel hingab.

Es war allerdings schon so, dass er immer wieder von "Nachgeben" sprach - das aber nur in einem sehr kleinem Spielraum. Manche Pferde liefen meinem Geschmack nach zu eng, wo er dann auch manchmal mit "Nachgeben!" korrigierte. Aber das wirkliche nach-vorne-strecken, sich-dehnen und entspannen war jedenfalls auf der DVD nicht einmal zu sehen.

:roll: Medora

Verfasst: So, 14. Jan 2007 11:11
von Josatianma
Ich habe die DVD auch und dies war etwas, was ich auch nicht so gut fand. Ich habe es vor allem im Zusammenhang mit einem Friesen im Kopf. Müsste aber auch nochmal genau nachschauen.

Ich entlasse meine Pferde nach einer gelungenen Übung immer in die Entspannung, wobei sich dies bei mir von der Dehnung unterscheidet. Bei der Entspannung lasse ich die Zügel lang. Auch mal im Stehen. Die Dehnung gehört für mich zum Teil meiner Arbeit mit dem Pferd.

Verfasst: So, 14. Jan 2007 12:20
von Medora
Gut, dann bin ich ja beruhigt, dass ich das nicht nur durch meinen Filter so wahrgenommen habe.

Medora

Verfasst: So, 14. Jan 2007 17:33
von Manfred
Hallo,

wer von euch schon mal in einem guten Fittnesstudio war, wird wissen, dass nach den jeweiligen Kontraktionsübungen immer auch die Dehnungen folgen. Würde dies entfallen, dann verkürzen sich die Muskeln nur und können sich auch nicht mehr gut weiterentwickeln.

Insofern gehört die Dehnung zum Muskelaufbau unbedingt dazu.

LG
Manfred

Verfasst: Mo, 15. Jan 2007 19:57
von bea
Also das Argument gegen die Dehnungshaltung kann ich auch überhaupt nicht nachvollziehen. :?
Josatianma hat geschrieben:Ich sage meinen Schülern mit jungen Pferden ganz klar, dass sie die Zügel nicht aufnehmen sollen, wenn sie antraben möchten, um genau den Effekt zu verhindern. [...] Die Pferde können in Dehnungshaltung antraben und -galoppieren.
Hm, also beim Kleinen klappt das definitiv nicht. Er läuft dann richtiggehend ins Leere. In die Dehnungshaltung schicken während dem Traben geht gut und auch die Übergänge nach unten am langen Zügel sind kein Problem, aber antraben - nein, das geht nicht. :oops:

LG, Bea

Verfasst: Di, 16. Jan 2007 08:00
von Preferida
Dehnung ist sehr wichtig, egal bei welchem Pferd.
Ich baue in meine Arbeitsphasen generell Stehpausen ein, ich pariere durch Timing zum Stehen umd vorab den UK zu lockern, steht das Pferd lege ich die Zügel auf den Hals. Das Pferd darf so nun wenn es möchte gerne eine Minute stehen und entspannen. Wenn ich vorher das gefühl hatte es war verspannt, lockere ich gezielt Uk und Genick im stehen.

Sehr wichtig diese Pause! Und besonders wertvoll wenn man sie gerade dann einsetzt wenn man merkt das Pferd verspannt. Dann sofort Halten, lösen und erst dann weiter machen. Das klappt super!

Verfasst: Di, 16. Jan 2007 08:36
von Josatianma
@bea: Dann fordere ihn kurz vor dem Übergang nochmal ganz konsequent zur Dehnungshaltung auf und trab dann an. Durch das Auffordern solltest du einen leichten Zug in den Zügeln nach unten verspüren. In dem Moment musst du mit der Hilfe zum Traben kommen.

Auch in der Dehnungshaltung solltest du ja Kontakt zum Maul haben, d.h. der Zügel hängt nicht durch. Heb die Hand nur ein klein wenig, um den Kontakt etwas zu verstärken.

Verfasst: Di, 16. Jan 2007 08:42
von bea
Zum Zügelkontakt in der Dehnungshaltung: Ich denke nicht, dass der definitionsgemäss gegeben sein muss. (Ansonsten wäre es ja gar nicht möglich, dass ein Pferd an der Longe ohne Hilfszügel in Dehnungshaltung laufen kann... :kopfkratz: ) Aber das mit dem leichten Kontakt werde ich mal versuchen. Im Prinzip ist es ja immer ein Abwägen: Wie viel Rahmen braucht das Pferd im Moment gerade, um sich entspannt und möglichst gut bewegen zu können?

LG, Bea

Verfasst: Di, 16. Jan 2007 09:01
von Manfred
Hallo zusammen,

für mich hat Entspannung auch etwas mit Pause zu tun. Insofern sehe ich das so wie Preferida.

Wenn ich mir noch einmal in Erinnerung rufe, wie ich mit den Pferden an der Hand durch den Wald gejoggt bin, dann sind wir nicht einfach nur so vor uns hin geschlendert. Es wurde fleißig Schritt und Trab gegangen. Mit Antares war sogar ein verhaltener Galopp möglich.

Nach längeren Trabpassagen brauchte auch ich eine Pause zur Entspannung. Wir sind locker ausgelaufen und haben dann eine kleine Pause gemacht. Die Pferde haben diese dann zum Grasen verwendet, wobei sie eine deutliche Dehnungshaltung eingenommen haben. Auch ich habe mich vorn übergebeugt und gedehnt, bevor wir weiter gelaufen sind.

Klar kann ich locker joggen oder auch angespannt. Aber ich muss einen Rythmus finden, bei dem ich länger durchhalte. Das ist zwar auch etwas entlastend aber nicht entspannend.

Insofern glaube ich, dass eine Entspannung nur in einer Pause möglich ist.

Liebe Grüße
Manfred

Verfasst: Di, 16. Jan 2007 09:08
von Josatianma
Um es nochmal ganz klar zu machen:

Dehnungshaltung ist nicht gleich Entspannung.

In der Entspannung steht mein Pferd mit auf den Hals gelegten Zügeln oder schlendert am langen Zügel durch die Gegend.

Es geht hier aber nicht um Entspannung, sondern um Dehnung. Die Dehnung erreiche ich bei Pico aktiv über die antrainierte Konditionierung auf die gehobene Hand.

Ich reite keine Seitengänge in der Entspannung. Ich reite sie in Dehnungshaltung. Entspannung heißt für mein Pferd Nichtstun, nicht anstrengen. Dehnungshaltung gehört zum "Arbeitsprogramm". Er muss in Dehnung etwas tun.

Und noch dazu geht es um Dehnung von Jungpferden. Hier ist es mir wichtig, dass die jungen Pferde lernen gedehnt an das Gebiss heranzutreten. Tun sie das, dürfen sie sich entspannen. Entweder durch Stehen oder durch laufen am langen Zügel.

Verfasst: Di, 16. Jan 2007 09:59
von Jen
Also das würde ich jetzt nicht unterschreiben. Entspannung muss auch nicht gleich abschlaffen bedeuten. Entspannung ist eine Lösung der Muskulatur und mein Ziel wäre es, dass sich mein Pferd auch in der höchsten Versammlung entspannen könnte. Ob ich das Ziel jemals erreichen werde steht in den Sternen geschrieben. Da kämpfe ich erstmals auch gegen eine Hypermobilität, die mit einem ziemlich hohen Muskeltonus kompensiert wird an. Aber in der Dehnungshaltung lässt sich viel einfacher auch eine Entspannung herbeiführen. Was nicht heisst, dass die Aktivität vollkommen flöten gehen soll. Fleiss ist immer wichtig.