Faules Pferd

Rund um die klassische Reitkunst

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Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Poetin hat geschrieben:Wie auch schon erwähnt, habe ich in den letzten Tagen meine Anforderungen zurück geschraubt.
Finde ich gut! :D
So reite ich ihn immer wieder konsequent in vernünftiger V/A Dehnung, was er, wie ich ja auch schon schrieb, sehr gut annimmt und auch immer wieder sucht. Bitte glaubt nicht, dass ich ihn dauerhaft auf der Stelle strampeln lasse, wenn ich ihn reite. Es ist immer wieder ein Wechselspiel zwischen v/a und zurücknehmen. Meine Erfahrungen zeigen im Übrigen auch, dass durch ständiges vorwärts reiten, nicht automatisch Versammlungsbereitschaft entsteht, wenn man dies nicht fordert. Es bringt meines Erachtens überhaupt nichts, wenn ich nur v/a reite. Das habe ich natürlich anfangs nur getan, damit er überhaupt Schwung entwickelt, aber als das gefestigt war, bin ich eben irgendwann dazu übergegangen, ihn auch zurück zu nehmen.
Aber es gibt doch noch was zwischen V/A und Versammlung? Arbeitstempo, Gebrauchshaltung, Arbeitshaltung oder wie auch immer Du das nennen magst.
Versammlungsbereitschaft entsteht in der Tat nicht durch "Vorwärtsschrubben", aber auch nicht dadurch, dass nur langsam geritten wird - Bilder, die man leider in Youtube-Videos von BB-Kursen nur zu häufig sieht.

Die beste Möglichkeit - auch zur Kräftigung der Hinterhand - ist ein ständiges Wechselspiel zwischen Arbeitstempo, einige Tritte Versammlung und ein Antreten lassen in die Verstärkung und wieder ein Zurücknehmen - in allen möglichen Variationen. Nur so erreicht man Kadenz. Und das alles bitte fast ausschließlich über den Sitz geritten. Die Hand darf nur assistieren. Das frische Vorwärts darf niemals fehlen und sollte diese Übung auch stets beenden.

Und da auch ich Dein Post bezüglich der Laien, die kein SH reiten können, etwas in den falschen Hals bekommen habe, kann ich mir das jetzt echt nicht verkneifen :twisted: : ich habe meine Pferde in allen Seitengängen ausgebildet und lege genau deshalb so viel Wert auf korrekte Basisarbeit. Denn wenn die stimmt, bekommt man den Rest (fast) geschenkt.
Viele Grüße
Sabine
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Poetin
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Beitrag von Poetin »

Max: Vielleicht müssen wir mal ganz kurz Begrifflichkeiten klären. Was meinst du denn mit Arbeitshaltung oder Gebrauchshaltung?
Wenn ich von Versammlung spreche, meine ich ja nicht nur Piaffe, sondern auch SH im versammelten Tempo oder irgendwas anderes. Wenn ich ihn im Arbeitstempo reite, reite ich ihn eigentlich immer V/A bis auf einige Ausnahmen, weil ich möchte, dass er so oft wie möglich immer wieder eine Dehnung der Oberlinie bekommt und nicht in Pseudoaufrichtung verfällt (wie das ja bei Friesen leider häufig gesehen wird)

Liebe Grüße
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

@Poetin:

"V/A" ist für mich ein Arbeiten am längeren Zügel zum Lösen oder "Entspannen" bei gleichzeitig aktivem Hinterbein (das typische Zügel-aus-der-Hand-kauen-lassen zum Abschluss der Arbeit). Wichtig ist dabei, dass das Pferd nicht auf die Vorhand kippt, das geht aber nur mit einem Pferd, das in der Ausbildung weiter fortgeschritten ist. Es ist eigentlich die typische junge Remontenhaltung. Die meisten Pferde verlagern in dieser Haltung ihr Gewicht stärker auf die Vorhand, daher sollte meiner Meinung nach nicht zu lange in dieser Haltung gearbeitet werden. Der Reiter sitzt entlastend.

"Arbeits- oder Gebrauchstempo" nenne ich das Tempo, in dem eine Arbeit ohne Versammlung am im Vergleich zum V/A kurzen Zügel stattfindet. Das, was man eben in einer A-Dressur als Grundtempo fordert (ein frisches Vorwärts, das sich meiner Meinung nach im individuellen Grundtempo des Pferdes widerspiegeln sollte). Der Reiter sitzt in der Mittelpositur. In dieser Haltung und Grundtempo kann ein Pferd schadlos über Jahre geritten werden (sofern man dies möchte).

"Versammlung" ist dann je nach Grad der Ausprägung kadenzierter, vom Hinterbein noch aktiver und verstärkt unter den Schwerpunkt tretend und dadurch im Schulter-Hals-Bereich aufgerichteter (oder umgekehrt, wenn man nach PK und JCR geht - naja, ein bisschen so wie die Henne und das Ei, oder? :lol:). Der Reiter sitzt im Belastungssitz.

Und um mal die Klassiker zu bemühen, ich liebe diese Passage von Herrn Baucher: "Wenn das Pferd auf die Hilfengebungen des Reiters im Kiefer, im Hals und in der Hinterhand weich und nachgiebig reagiert, wenn es sich in seinem ganzen Körper so stellen lässt, wie wir es ihm durch unsere Signale vermitteln, wenn es sich unseren treibenden Hilfen entsprechend aktiviert, wenn das Spiel seiner Gliedmaßen fließend und regelmäßig ist, dann wird sein Körper in Gänze in all den verschiedenen Gangarten vollkommen harmonisch funktionieren. Das sind die Kriterien, die unerlässlichen Eigenschaften einer gut durchgeführten Ausbildung."
Viele Grüße
Sabine
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Bei Max vollumfänglich unterschreibt…

Arbeithaltung ist die Haltung, in der ein Pferd den Großteil der Reiteinheit absolviert und liegt vereinfacht gesagt zwischen der lösenden Dehnungshaltung und der Versammlung.

Ups, mit Max' 2. Beitrag überschnitten…
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Cubano hat geschrieben:Arbeithaltung ist die Haltung, in der ein Pferd den Großteil der Reiteinheit absolviert
Genau, das hatte ich vergessen - danke Cubano! :trink1:
Viele Grüße
Sabine
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heike61
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Beitrag von heike61 »

:?: :?: :?: herbstferien :shock: :shock: :shock:

die sogenannten schweren können genau so fein reagieren wie die hoch-im-blut-stehenden pferde.....

zu der art und weise ein rohes pferd innerhalb eines jahres so zubearbeiten fehlen mir leider online-taugliche worte...... und hoffe inständig für das tier, dass es sich um einen fake handeln möge!
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Max1404
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Beitrag von Max1404 »

heike61 hat geschrieben: die sogenannten schweren können genau so fein reagieren wie die hoch-im-blut-stehenden pferde.....
Hä? :kopfkratz:

Ich hab nur gesagt, dass mein Großer (1/4-Blüter, Dressurabstammung, über 1,80 m groß) nach etwa 2 Jahren wirklich gezielter Arbeit mittlerweile so fein ist wie mein 3/4 Blüter (der von Haus aus schon immer so sensibel war) ...

Selbstverständlich reagiert jedes Pferd im Rahmen seiner Möglichkeiten. Man kann aber darauf hinarbeiten, einen gewissen Zustand zu verbessern.
Viele Grüße
Sabine
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heike61
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Beitrag von heike61 »

hallo sabine,

diese erkenntnis/tatsache war mit sicherheit nicht an dich gerichtet!
sorry für das mißverständnis

die sogenannten "schweren" und die vorurteile daraus habe ich diesem satz entnommen:
Ich meine ein Pferd, welches an sich recht lange braucht, bis es reagiert und recht schwerfällig ist und nicht so schnell zündet wie es z.B. meine Araberstute tut.
Jetzt verstanden? Es gibt da wohl durchaus Unterschiede, oder will das jemand bestreiten?
sicherlich gibt es unterschiedliche "reaktionszeiten" --- dies liegt jedoch nie am pferd ,der unterschied ist in dessen ausbildung zu suchen -punkt-

gruß
heike
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Max1404
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Beitrag von Max1404 »

@heike: Nein, da muss ich Dir widersprechen. Es gibt durchaus Unterschiede, die rassebedingt und charakterbedingt sind. Das soll nicht heißen, dass manche Pferde unrittig sind, aber es gibt einfach solche, die sich für ein bestimmtes Einsatzgebiet und einen bestimmten Typ Reiter besser eignen als andere.
So manches Pferd hat den Charakter, dass es kleinere Reiterfehler verzeiht, und es gibt welche, die es nicht tun.
Außerdem ist jedes Reiterempfinden subjektiv: ich mag's gerne, wenn meine Pferde etwas spritziger sind, manch ein anderer hat aber lieber ein Pferd, bei dem er/sie etwas mehr zupacken kann, ohne dass das liebe Tier gleich einen Nervenzusammenbruch bekommt oder in die Luft geht. :wink:
Viele Grüße
Sabine
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

Heike, ich muss Dir leider auch widersprechen.

Es gibt solche und solche Pferde und man kann sie weder nach Schema F reiten noch behandeln. Das eine Pferd 1,72m-Pferd fällt bei einer Sedierung für 350 kg um und das nächste 1,65m Pferd braucht die Dosis für den mittleren Elefanten. Auch unser Tierarzt flucht immer, weil gerade die Friesenhaut leider viel dicker ist, als die eines anderen Warmbluts. Das merkt er dann, wenn er einen Ultraschall machen will oder eine lange Spritze ins KDG setzen muss. Die haben also im wahrsten Sinnes des Wortes ein "dickeres Fell" und wenn dann noch ein gewisser Phlegmatismus dazu kommt, dann verhungert man dadrauf.

Soviel zur wissenschaftlichen Seite. Ich hätte auch gerne zündigere Friesen, aber daran muss ich sie jedes Mal zu Beginn einer Reiteinheit "erinnern". Einmal im Quartal reicht leider nicht, wie das immer so schön und nachvollziehbar in jedem Buch beschrieben wird.
Talent bedeutet Energie und Ausdauer. Weiter nichts. (Heinrich Schliemann, Entdecker Trojas)
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Beitrag von heike61 »

sicherlich gibt es die unterschiedlichsten pferde, was rittigkeit,sensibilität usw. betrifft.

für eine solide basis, brauchts einen soliden grundstein.
eine solide basis läßt sich mit jedem pferd erarbeiten, egal ob schwerer typ oder nicht...... da gibts dann keine verzögerten reaktionszeiten :wink: :wink:


schema F wollte ich mit sicherheit nicht andeuten, da ich davon überzeugt bin, dass das pferd das "tempo" der ausbildung mitbestimmt.

zum verständnis:
ausgangspunkt meiner gedanken am rande, waren immer die beiträge von Poetin.



gruß
heike
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Max1404
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Beitrag von Max1404 »

heike61 hat geschrieben: für eine solide basis, brauchts einen soliden grundstein.
eine solide basis läßt sich mit jedem pferd erarbeiten, egal ob schwerer typ oder nicht...... da gibts dann keine verzögerten reaktionszeiten
Hallo Heike,
prinzipiell ja, aber ich kenne Pferde, die z. B. den Wechsel mit Verzögerung springen. Das heißt, man gibt die Hilfe, sie springen aber nicht in genau diesem Moment um, sondern erst beim nächsten Galoppsprung (was mich bei den Serienwechseln, ganz besonders bei den 3ern, dann regelmäßig aus dem Konzept gebracht hat - bis 3 zählen ist schwer :oops: :lol: ). Mein Rommi hat das auch gemacht, aber den konnte ich zum Glück für den einzelnen Wechsel noch "umstellen", das gelingt vermutlich aber auch nicht mit jedem Pferd.

Und was alles andere betrifft: klar, wenn die Grundausbildung stimmt, sollten Pferde auf die Hilfen direkt reagieren. Aber die Intensität mit der man die Hilfen geben muss, ist durchaus unterschiedlich, und manchmal muss man auch beim gut ausgebildeten Pferd die Hilfen ein zweites Mal geben, damit es sich dann mal zu einer Reaktion bequemt ... :wink:
Viele Grüße
Sabine
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

…dazu kommt, dass unterschiedliche Reaktionszeiten auch eine Sache der Zucht sind. Ein Stierkampflusi muss einfach eine kürzere Lunte haben, als z.B. ein Schweres WB…
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Ielke
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Beitrag von Ielke »

Meiner Meinung nach gilt hier "sowohl als auch"...

Klar, dass verschiedene Rassen aufgrund ihres Hintergrundes unterschiedliche "Reaktionstempi" mitbringen.

Zusätzlich gibt es aber auch innerhalb der Rassen verschiedene Typen - ich habe mal versucht, Hindernisfahren mit einem Friesengespann seeeehr unterschiedlichen Temperaments zu machen, das ging nicht wirklich gut. Während man für den einen nur denken musste, dass man gleich nach links abwenden will, musste man den anderen schon 100m vorher deutlich darauf hinweisen.

Zusätzlich ist es auch trainierbar, bei Ielke war ganz klar eine Veränderung zu erkennen zwischen seinem früheren trägen Verhalten und dem Eifer, den er inzwischen an den Tag legt.
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Ielke
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Beitrag von Ielke »

@Poetin:

Was sagen deine Ausbilder zu dem Problem? Wie meint diese, dass du den Friesen in Schwung bringen sollst?
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