Immer nur "lieb, lieb"

Rund um die klassische Reitkunst

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marquisa
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Re: Demut

Beitrag von marquisa »

Phanja hat geschrieben: Ich fände es großartig, wenn mehr Leute reflektieren würden, welches Bild sie ihrem Pferd gerade malen ...
Genau an diesem Punkt hat sich meiner Meinung nach in den letzten Jahren enorm viel getan,allein wenn ich mir die Gedanken um Haltungsbedingungen und eben evt. alternative Reitweisen anschaue.
Diese Gedanken sind ja mehr oder weniger vollständig aus dem Wunsch und der Verantwortung gewachsen,dem Partner Pferd ein schönes Leben zu bieten.Naja,zumindest stelle ich mir das so vor.

Ich für meinen Teil versuche anderen,die nicht unseren Weg beschreiten,offen gegenüber zu treten.
Phanja

Beitrag von Phanja »

Es geht aber eben nicht "nur" um Haltungsbedingungen und Reitweise. Es geht um die gesamte Einstellung zum Pferd und darum, wie sich der Bezug zum Menschen - den ja nun jedes domestizierte Pferd mehr oder weniger hat - aus Sicht des Pferdes darstellt.
So habe ich MyBest zumindest verstanden ...
cajujo
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Beitrag von cajujo »

Ich bin ein eher praktischer und wenig feinsinniger Mensch, aus dieser etwas plumpen Weltsicht heraus denke ich, meine Grundeinstellung ist meinem Pferd ziemlich wumpe und sch..egal. Jedenfalls trinken wir selten Tee und philosophieren über das große Ganze.

Für mich sind die Haltungsbedingungen das aller-aller Entscheidenste was zum Wohlbefinden und Lebensqualität meines Pferdes beiträgt. Denn sind wir doch mal ehrlich, so wichtig sind wir für unsere Pferde nicht, auch bei einer wunderschönen harmonischen Beziehung, die auf gegenseitigem Respekt und Anstand beruht.
Es ist doch einfach so, dass wir dem Pferd Dinge beibringen möchten, die für das Pferd an sich nicht kriegsentscheidend und wesentlich sind. Ob ich dabei im übertragenen immer nur Toller,Toller, Toller sage oder auch mal Du, Du, Du, spielt, glaub, keine so riesen Rolle. Wichtiger ist doch, dass man das individuelle Pferd ernst und wahr nimmt.
Jedenfalls bin ich der Überzeugung, das man ganz schön lange ziemlich bescheiden Reiten und mit dem Pferd umgehen kann bis man ihm das Leben so gründlich versaut hat wie unter antiquierten Haltungsbedingungen. Jedenfalls so lange der Style nicht aggressiv und mißachtend ist.

Lustig, die Beschreibungen, sanft, gutmütig und freundlich wären die letzten Attribute die mir einfallen würden wenn ich mein Pferd beschreiben sollte.
Bei wunderbar bin ich wieder dabei. :D
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jannie
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Beitrag von jannie »

Wichtiger ist doch, dass man das individuelle Pferd ernst und wahr nimmt.


ja - eben. Die Grundeinstellung ;) 8)




@MyBest 4 :love:
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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Meinem Pferd ist es nicht wumpe, ob ich "Toll, Toller am Tollsten" sage oder meckere 8) Er zeigt mir inzwischen sehr deutlich, wann er sich bebauchpinselt fühlt und wann ihm der Druck unangenehm wird (Gesichtsausdruck, Bauch anspannen, Schlauchgeräusch etc.)...

Er wird für hiesige Rahmenbedingungen sehr artgerecht gehalten (gr. Aussen-Laufstall mit Kollegen) und krankheitsbedingt haben wir auch das maximum an Zugeständnissen (Er darf nicht ungehindert auf Grün, geht aber mit MK auf Koppel in der Gruppe). Er freut sich, wenn er mich oder RB oder einen anderen bekannten Menschen sieht. Er wirkt wach und interessiert, wenn es an etwas Neues geht. Das war zu Beginn unserer "Partnerschaft" nicht so. Er braucht große Lobgesten, genauso wie ernste Ansprache. Was er davon bervorzugt ist klar.

Nochmal der Vergleich zum Kind. Dem ist auch null wumpe, ob es gelobt oder angeranzt wird. Egal wie schön sein Zimmer ist und wie oft es mit anderen Kinder spielen darf.

Entscheidend ist das, was das Pferd in der gemeinsamen Zeit mit uns erlebt. Klar sollte es 23 Stunden am Tag so glücklich wie möglich sein, aber wenn es dann in der 1 Stunde Arbeit mit dem Menschen auch noch Spaß hat - perfekt :-) Und natürlich sollte man dabei ein Pferd individuell betrachten, aber leider tun das die Wenigsten. Merke ich immer an Aussagen wie, "Ach, sowas mag meiner nicht, würde er nicht machen". Naja, zwei Minuten später ist das Gegenteil bewiesen :D Es kennen also viele ihre Pferde gar nicht so gut bzw. haben sie kein Bild von dem Charakter ihres Tieres. Schade. Nicht hier, dass glaube ich nicht, aber in der echten Welt da draussen kommt das vor.

Mein Pferd ist kommunikativ, meist freundlich und sich seiner Ausstrahlung/Stärke bewußt. Er wirkt nach aussen hart wie Granit, ist aber im Inneren ein Hase. Leider unterschätzen ihn die Menschen gerne, genauso wie die Pferde, weil er eben lieber wegschiebt oder es "aussitzt", wenn es einen Problem gibt. Er möchte aber gefallen - wie die meisten Pferde. Er besteht auf Fairplay, sonst wird er auch ungemütlich.
Es grüßt Nadine

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cajujo
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Beitrag von cajujo »

Kosmo, da will ich dir in ganz vielen Dingen auch gar nicht wiedersprechen und klar kann ein Pferd bei Anerkennung seiner Leistungen innerlich wachsen und stolzer, stärker und schöner werden.
Aber ich sage dem Pferd auch wenn es sich daneben benimmt und warte nicht bis es wieder etwas tut, das ich bestärken kann. Ich finde das auch wichtig sowohl vom Sattel aus wie vom Boden und ich empfinde das als einen Umgang auf Augenhöhe. Genausowenig wie ich möchte, das mein Pferd mir gegenüber Demut empfindet, möchte ich dem Wesen Pferd von der Grundeinstellung her demütig gegenüber treten.
Das Pferd tut das was wir mit ihm erleben nicht freiwillig, vllt täte es das bei einer Wahlmöglichkeit aber die hat es nicht. Deshalb ist es auch nicht unbedingt gutmütig, sanft und nett. Was manche sicher auch sind. Aber ich finde es eine etwas vermessene Aussage zu behaupten, wenn manche Individuen das nicht mitbringen, hätte man ihnen ein falsches Bild der Menschheit und Zusammenarbeit gezeichnet.
Dieser Logik folgend müsste man es ja geradezu zum Ziel haben ein durchsetzungsfähiges, souveränes, begeistertes, stolzes und eigenständiges Tier diesem Ideal charackterlich anzupassen. Manch einen Zeitgenossen müsste man ganz schön einlullen und runternudeln.
Motte
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Beitrag von Motte »

Naja, der Vergleich zum Kind hinkt etwas.

Immerhin: ich LEBE nicht mit meinem Pferd. Das lebt mit seinen Kumpels auf der Weide/im Stall.
Von daher habe ich persönlich nicht das Bestreben, für mein Pferd der Dreh- und Angelpunkt der Welt zu sein :wink:
Ich bin halt "auch" da.
Meine Welt geht nicht unter, wenn Frau Pferd mir mal signalisiert: och...eigentlich tät ich jetzt lieber mit den Kumpels weiter fressen.
Dann sage ich Frau Pferd halt: nö, jetzt nicht, du kannst ruhig mal 1 Stunde NICHT fressen.
Da geht dann aber auch ihre Welt nicht von zu Grunde
:wink:
esge
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Beitrag von esge »

Heute Morgen:

1. Pferd, junger Halbblutwallach. ich bin die verkehrte Person, ich komme zur falschen Zeit (Koppelzeit) und ich mache das falsche mit ihm (Bodenarbeit und Longe). ich sehe schon am Auge, dass er über Unheil nachdenkt. Und richtig, sehr bald kommt die erste Attacke. Explosion, gepaart mit heftigem Wegreißen nach außen an der Longe. ich kenne das schon von ihm. Das ist kein Erschrecken, das ist kein Nicht-Verstehen, das ist bei diesem Pferd tatsächlich geplantes und vorbereitetes zum Ausdruck bringen von "Alles sch***, Dein Pferd!" Bei der handarbeit wieder: Erst brav, brav, dann plötzliche Attacke nach vorn, um mich über den Haufen zu rennen. Wer sich hier nicht blitzartig mit allem was er hat wehrt, ist platt. Ein FESTER Schlag mit der Gerte vor die Brust ist hier einfach angsagt. Großer Ärger beim Pferd, jetzt gilt es, die Arbeit wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Arbeit anweisen, darauf bestehen, jedoch dabei mehr Luft lassen als bei der Handarbeit, die zum Ausbruch führte. nach 10 min davon erneut in die Handarbeit, jetzt geht's.

2. Pferd, junger PRE. Kämpft momentan mit Ekzem, Ödemen, generellen Stoffwechselproblemen. zudem durch Unfall der Besitzerin völlig aus seiner Routine gerissen und in innerliche Lethargie verfallen. Stumpf, stur, stoffelig im Umgang und in der Arbeit. Auch dieses Pferd hat versucht, mich umzurennen. Aber sein Beweggrund ist ein völlig anderer - er nimmt momentan seine Umwelt kaum wahr, vermenschlichend würde ich sagen, er ist stark depressiv. Wenn man ihm einen Keks ins Maul steckt, vergisst er, ihn zu kauen, so abwesend ist er. Wenn der versucht, mich umzurennen, gehe ich zur Seite und baue neu auf, versuche, sein Interesse zu wecken und seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Sobald ich es schaffe, ihn aus seiner Lethargie zu bringen, IST er freundlich, aufmerksam und auch fein.

Also einmal Strafe - und zwar direkt und feste! und einmal keine Strafe und das für den streng genommen selben Tatbestand. Tja.

Streng genommen haben hier zwei Pferde dasselbe getan: Versucht, mich über den Haufen zu rennen.
Loslassen hilft
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

cajujo hat geschrieben: Deshalb ist es auch nicht unbedingt gutmütig, sanft und nett. Was manche sicher auch sind. Aber ich finde es eine etwas vermessene Aussage zu behaupten, wenn manche Individuen das nicht mitbringen, hätte man ihnen ein falsches Bild der Menschheit und Zusammenarbeit gezeichnet.
Dieser Logik folgend müsste man es ja geradezu zum Ziel haben ein durchsetzungsfähiges, souveränes, begeistertes, stolzes und eigenständiges Tier diesem Ideal charackterlich anzupassen. Manch einen Zeitgenossen müsste man ganz schön einlullen und runternudeln.

Uff, danke dafür!
Liebe Leute: Mein brauner PRE ist im Umgang extrem selbstbewusst, clever, bisweilen rockerig und aufmüpfig bis hin zu frech :wink: . Bei der Arbeit ist er kooperativ, mit Freude dabei, leicht zu reiten und auch leicht von anderen nachzureiten. Der weiße PRE ist im Umgang sanft, gutmütig und freundlich. Beim Reiten ist er eigensinnig, temperamentvoll, nicht immer leicht zu reiten und vor allem: nicht leicht von anderen nachzureiten. Beide Pferde sind seit Jahren bei mir/uns, haben exakt den gleichen Umgang, die gleichen Haltungsbedingungen etc. etc.
Und: es ist GUT so, dass die beiden so verschieden sind! Womit ich wieder bei meiner These wäre: es gilt, die Individualität des Pferdes zu beachten, in die Arbeit mit einzubeziehen und sie vor allem zu respektieren. Aus einem Wolf macht man ja auch kein Schaf. :P
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Mmh, ich sage meinen Pferd auch wenn es sich daneben benimmt und klar wohne ich nicht mit ihm zusammen und wenn ich nicht da bin, denkt er bestimmt nicht an mich *g* (ich bin ihm da also total egal, hauptsache er hat was zu kauen)...es ging ja um die Zusammenarbeit.

Tolle Beispiele, auch für das Individuelle! Wie gesagt. Etliche Leute verkennen die Tiere leider völlig. :-( Habe ich ja mit meinem Pferd zu Beginn auch gemacht, passiert, ist Realität, aber dennoch schade.
Es grüßt Nadine

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sinsa
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Beitrag von sinsa »

Hat sich eigentlich mal jemand gefragt, wie sein Pferd es am liebsten hätte?
Ist da wirklich bei so vielen rausgekommen das es für sie das allertollste ist, wenn sie immer gefragt werden, was sie wollen und finden die es tatsächlich immer so inspirierend, wenn alles nur kleinschrittigst erklärt und gelobt wird?
Immer fein, fein und nie mal Spannung oder etwas deutlicher?
Liegt wirklich bei allen darauf die Prioriät?

Wenn ich meinen so beobachte, dann ist der irgendwie anders.
Neben dem, dass er gerne eine prima Herde hätte in der er sich wohl fühlt, möchte er Wasser und Futter in ordentlicher Qualität und Quantität sowie jede Menge Bewegungsfläche haben.
Was aber das Miteinander mit mir betrifft ist er wohl etwas merkwürdig.
Es fängt damit an, dass ich täglich mindestens einmal erscheinen dürfte, um was mit ihm zu machen. Wenn ich komme, werden die anderen weggeschickt, weil ich sein persönlicher Leckerlispender bin. Er findet es aber sehr gut, wenn ich mich um ein Pferd in seiner Herde kümmere, dem es gerade schlecht geht. Dann läßt er mich alleine und beobachtet das von weitem. Er ist unzufrieden, wenn ich keinen Plan habe, was ich eigentlich heute genau mit ihm erarbeiten will und wie. Er ist sehr zufrieden, wenn ich einen Plan habe und den auch mal etwas deutlicher "durchziehe". Er nimmt nur sehr, sehr ungern ein Leckerli, wenn er etwas nicht wirklich richtig gemacht hat sondern nur so halbherzig. Umgekehrt schnaubt er allen ernstes zufrieden ab, wenn ich auch mal die Gerte sprechen lasse, weil ich rausgefunden habe, dass ihn mitnichten etwas zwickt, sondern er nur gerade frecherweise schludert obwohl er weiß, was gerade verlangt war.
Er findt Arbeit unnütz, wenn ich alle 5 Meter wieder irgendwas lobe und einen Keks gebe. Er möchte hin und wieder auch mal am Stück laufen und Arbeiten.
Tausend Wiederholungen und immer wieder beim Urschleim anfangen und etwas neu ansetzen findet er blöd. Stattdessen findet er etwas vermeindlich schwierigeres, statt oder um das eigentlich gewollte zu erreichen findet er prima. GrundsätzlichJe anspruchsvoller es wird und je genauer ich auf richtige Ausführung achte, desto besser.
Richtig gut fühlt er sich immer dann, wenn er in irgendeiner Form ein Pferd mit einem Job ist. Auch dann, wenn das bedeutet, dass er z.B. als Reitpferd für ein Handpferd dabei ist und die Hilfen u.U. nicht gerade immer auf allerfeinstem Niveau sein werden, weil das Handpferd noch nicht 100%ig funktioniert. Er schätzt es, wenn ich auf der Straßenseite gehe obwohl er Verkehrssicher ist.
Er haßt es sinnlos irgendwie rumzustehen, weil ich mit jemandem quatsche. Wenn ich etwas mit ihm machen will, dann soll all meine Aufmerksamkeit bei ihm sein. Er mag es nicht, wenn ich mir Sorgen mache, das verunsichert ihn.
Blöd ist auch, wenn ich sauer bin und so tue als ob ich es nicht sei und ümgekehrt oder wenn ich traurig bin und so tue, als ob ich es nicht sei.
Lügen funktioniert bei ihm einfach nicht. Druck findet er so gut wie immer sch***. Maßregeln hingegen kommt eher sehr gut bei ihm an. Allerdings natürlich immer nur, wenn es gerechtfertigt ist. Dann am liebsten sofort und deutlich. Nicht erst lange warten oder halbherzig und dann später irgendwann mal sauer reagieren. Wenn ich unsicher bin und deshalb alles nur immer fein, fein mache, findet er es doof. Wenn ich mir aber sicher bin, dass er etwas jetzt trotzdem machen soll, auch wenn ich womöglich mehr als einen Fliegenhusten als Hilfen einsetzen muss, kann er sich gut damit abfinden. Oftmals bin ich ihm einfach zu unsicher/nachsichtig/planlos. Bin ich mir hingegen sicher, findet er es besser. Selbst dann noch, wenn ich gerade mit hervorragender Selbstsicherheit glorios auf dem Holzweg befinde. Egal - so lange ich mir nur sicher bin, läßt er sich auf jeden Mist ein.
Wenn er etwas wirklich richtig gut gemacht hat, dann ist das größte Lob kein Leckerli sondern wenn er es selber zeigen darf in dem er den Kopf hoch und runternimmt als ob er nicken wollte und die Flosse zum Spanischen Gruß hebt. Allergrößte Strafe ist nicht etwa eine "körperliche Verwarnung" sondern wenn ich ihn wahlweise ignoriere oder ihn verbal zusammenstauche.


Ich könnte noch eine Weile so weiter machen. Fakt ist:
Mein Pferd mag es gar nicht immer nur lieb, lieb und er mag es auch nicht, immer nur "Spaßkram" zu machen und er steht nichtmal drauf, überwiegend nur auf der Weide rumzuhängen. Die richtige Mischung macht es für ihn.
Trotzdem ist jedes Mal aufs Neue mein wirklich gut gefüllter Leckerlibeutel hinterher deutlich leerer. Leckerlis gibt es für einige Dinge grundsätzlich. Diverse Leckerli zockt er mir für sein Leben gerne einfach so zwischendurch ab und einige gehen natürlich auch als "Kleines/normales Lob" weg.
Wenn ich Leckerlies aber inflationär in ihn reinschiebe, findet er es öde und mag sie irgendwann nur noch ziemlich ungerne nehmen.
Er wird gerne gelobt aber er hat ein sehr gut erkennbares Selbstwertgefühl und will sich das Lob auch wirklich verdient haben.
Er unterscheidet selber zwischen gut und schlecht gemacht und er ist mächtig stolz, wenn er etwas richtig toll hinbekommen hat.
Aber unter dem Strich sind da so viel mehr Dinge, die ihm wichtiger zu sein scheinen als nur die Frage, ob ich immer nur lieb, lieb oder immer Haudrauf mache. Allen voran sind fünf andere Dinge: Verläßlichkeit, Selbstsicherheit, Authenzität, Gerechtigkeit, und Beschützen/Heilen/kümmern/Anteilnehmen (da fällt mir gerade kein Schlagwort ein, was alles beinhaltet was darunter fällt, sorry).

Ich vermute mal, man könnte das noch genauer aufdröseln und in viel mehr Bereichen Dinge finden, die wichtig sind. Jedenfalls fallen mir noch einige ander Dinge ein, die er doch ganz nützlich an mir findet. Genau wie ich noch andere Dinge habe, die er doof findet - und alle die vielen Kleinigkeiten, machen am Ende die Mischung.
Wie die Mischung genau für jedes einzelne Pferd/Menschenpaar ausfällt kann sehr unterschiedlich sein, ohne völlig falsch zu sein. Man kann einfach nicht davon ausgehen, das der jeweilige eigenen Weg auch wirklich der bessere/richtigere ist. Nur allzuoft würde sich das selbe Pferd mit einem anderen Menschen ziemlich anders darstellen. Dazu bietet die Kommunikation mit Tieren einfach zu viel Deutungs- und Interpretationsschwund.
Motte
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Beitrag von Motte »

Sinsa👍👍👍
Zuletzt geändert von Motte am Do, 07. Aug 2014 23:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Alkasar
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Beitrag von Alkasar »

Sinsa, klasse geschrieben :D
„Wer nur zu seiner Freude reitet, aus Freude am Leben, aus Freude an Flur und Wald, aus Freude am Pferd, der ist ein König und ein Weiser.“ (aus: Vollendete Reitkunst, Udo Bürger, 1959)
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jannie
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Beitrag von jannie »

Cubano hat geschrieben: . Aus einem Wolf macht man ja auch kein Schaf. :P
das ist schon richtig, aber bei aller Individualität jedes einzelnen Schafes wird auch auch keinem einzigen Schaf der Herde ein Wolf.
Ich finde schon, wenn ich mich so umgucke, dass Pferde an und für sich und im Grossen und Ganzen fruchtbar nett und geduldig mit uns sind. Und nicht sehr nachtragend, glücklicherweise.
Natürlich bestätigen Ausnahmen die Regeln 8)
Das heisst ja auch nicht, dass ein Pferd nicht gleichzeitig auch noch souverän, begeistert und stolz sein kann. Oder selbstbewusst, clever und frech.





@Sinsa ich stimme dir in weiten Teilen zu - meine Kleine liebt anstrengende Sachen und mal so richtig gefordert werden. Jobs mag sie auch furchtbar gern, Reitpferd wenn ein Handpferd dabei ist, reicht da auch schon, damit sie wie auf Schienen durch den Wald läuft.


Aber das hier:
Wenn ich unsicher bin und deshalb alles nur immer fein, fein mache, findet er es doof
deckt sich nicht mit meinem Verständnis von feiner Kommunikation - Voraussetzung dafür ist für mich Präzision - je sicherer und damit präziser ich bin, desto feiner wird's.
für mich ist die Frage also nicht ob ich lieber unsicher vor mich hin nuschle oder deutlichere Hilfen gebe, sondern nur wie ich so sicher und präzise werde, dass die deutliche, klare Hilfengebung immer feiner wird mit der Zeit.
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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Wo wurde eigentlich geschrieben, dass man die Tiere in ihrem Wesen ändern will oder sie nicht fordert oder für sie der Nabel der Welt sein will? 8)

Interessant welche persönlichen Vorstellungen - danke für die Beiträge - für jeden hinter dem Gedanken "Lieb. lieb" bzw. "Fokus auf positive Verstärkung" steht. :-)
Es grüßt Nadine

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