Schwingen des Rückens

Rund um die klassische Reitkunst

Moderatoren: Julia, ninischi, Janina

Ulrike
User
Beiträge: 2573
Registriert: Di, 14. Jan 2014 13:38
Wohnort: bei Lüneburg

Schwingen des Rückens

Beitrag von Ulrike »

Guten Morgen,


ich versuche mal einen vagen Gedanken in eine Frage umzuformulieren, Ihr dürft mir dann beim Präzisieren helfen. :oops:

Eine Remonte, die versucht, ihr Gleichgewicht zu finden und zu halten, die ist im Aufbau der Muskulatur begriffen.

WIR GEHEN JETZT MAL VOM IDEALBILD DES REITERS AUS!!!!!!!

Der Rücken arbeitet, er schwingt, weil das Pferd elastisch ist, Talent hat und gut geritten ist.

Losgelassenheit ist vorhanden.

Nun, im weiteren Verlauf der Arbeit, werden die Anforderungen gesteigert, WIR REDEN HIER VON DEN NÄCHSTEN JAHREN, ALLE HABEN AUSREICHEND ZEIT!!!!!!

Die Muskulatur wird immer kräftiger und kann Pferd und Reiter immer besser tragen und die Lektionen werden mit dem Pferd immer schöner.

NUN; in meinen Augen können die Schwingungen, die Elastizität des Pferdes doch nur dahingehend eine Veränderung erfahren, das der Schwung sich mehr in Haltedynamik verändert, die Losgelassenheit sich immer weiter in Richtung Pause Zügel aus der Hand kauen lassen, verlegt.

Ein fortgeschritten gearbeitetes Pferd hat nicht mehr die Elastizität des Rückens wie die Remonte oder das in der weiteren Ausbildung befindliche Pferd, weil die Rückenmuskulatur, die wir ja gerne betrachten, nicht mehr im Vorwärts sondern unter der Berücksichtigung des Vorwärts eher im "Halten" oder tragen gekräftigt wurde.


Will fragen; sehen wir falsch, wenn wir für das ältere durchgymnastizierte Pferd, einen schwingenden Rücken "fordern"?

Ich finde, ein Pferd mit einer starken Rückenmuskulatur kann die Forderung nicht erfüllen, wir sehen aber einen "festgehaltenen" Rücken und fordern dann mehr Lockerheit.



LG Ulrike
Max1404
User
Beiträge: 2259
Registriert: So, 13. Jun 2010 13:54
Wohnort: Hessen

Beitrag von Max1404 »

Verständnisfrage: Du willst sagen, ein Muskel, der trainiert ist, blockiert, weil er zu fest ist?
Viele Grüße
Sabine
Bild
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Ulrike, da sind nun etliche Denkfehler/ falsche Vorstellungen drin- ohne das jetzt böse zu meinen, gelle?!
Der Spannungsbogen ist nichts Statisches. Die Rückenmuskeln machen nicht den Spannungsbogen. Rückenmuskeln leisten auch keine Haltearbeit.
Losgelassenheit kann von der Remonte nicht "mitgebracht werden" , sondern ist Ausbildungsgegenstand der sich erst einstellt . Losgelassenheit ist nicht das Gleiche wie "entspannt sein", oder "locker".
Ein statisch aufgespannter Rücken ist der Feind der Bewegung und somit zu keiner Zeit anzustreben- weder in der Remonten-, noch in der höchsten Ausbildungsstufe.
Den Satz mit dem "Zügel aus der Hand kauen lassen" und "Verlegen der Losgelassenheit" hat mich ein wenig verwirrt. Willst du damit sagen, daß beim weit ausgebildeten Pferd, Losgelassenheit nur noch in den Pausen stattfindet ? Wenn dem so ist, nein, definiv nein !
Ulrike
User
Beiträge: 2573
Registriert: Di, 14. Jan 2014 13:38
Wohnort: bei Lüneburg

Beitrag von Ulrike »

Max,

ich will sagen, ein Muskel, der trainiert ist, ist kräftiger als ein Muskel, der nicht trainiert ist, und zeigt eine andere Bewegungsdynamik.

s&p,

ich glaube, es sind weniger Denkfehler als Formulierungsfehler drin. Meine Frage bezieht sich auf das Bild eines gut ausgebildeten Pferdes.

Der Rücken ist fester, weil die beteiligten Muskeln kräftiger sind und somit eine andere Bewegungsdynamik entfalten.

Und, das Zeigen, wie losgelassen ein Pferd in der Lektion ist, das "verlegt" sich mehr und mehr in die Pause, wenn das Pferd den Züge aus der Hand kauen darf.

Laut Knopfhart.

Das klingt für mich sehr glaubhaft.



LG Ulrike
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Ah, Knopfhart meinst du ?! Das ZadHkL zeigt, ob latente Dehnungsbereitschaft vorhanden ist, ob die Anlehnung stimmt und ob das Pferd keine Spanntritte, sondern Schwung gezeigt hatte, als es aufgenommen war.
Wenn man es nicht sehen kann, ob Schwung, oder aber Spanntritte- die den verkürzten Rücken erfordern, wie du es hier vermutest- gegeben sind, kann die Reaktion beim ZadHkL eine Möglichkeit- ein Indiz dafür -sein, ob Schwung - also Losgelassenheit, oder Spanntritt gegeben WAR. Ja.
Aber diese Aussage widerspricht im Grunde genau den Schlüssen, die du draus gezogen hast. Es geht Knopfhart nur um die Möglichkeit der Überprüfung, wenn man es nicht sieht.
Ulrike
User
Beiträge: 2573
Registriert: Di, 14. Jan 2014 13:38
Wohnort: bei Lüneburg

Beitrag von Ulrike »

s&p,


mir geht es eher um die Frage, ob ein kräftiges Pferd uns den Eindruck "vermitteln" kann, einen festen Rücken zu haben, obwohl es das nicht hat.


LG Ulrike
C.Dingens
User
Beiträge: 284
Registriert: Mi, 15. Jan 2014 15:38
Wohnort: Auf dem Ponyhof

Beitrag von C.Dingens »

Ulrike hat geschrieben:s&p,


mir geht es eher um die Frage, ob ein kräftiges Pferd uns den Eindruck "vermitteln" kann, einen festen Rücken zu haben, obwohl es das nicht hat.


LG Ulrike
NEIN, ;-)
im Gegenteil. Ein trockenes, gut bemuskeltes Pferd macht es optisch nur noch besser sichtbar was muskulär wirklich los ist.
Denk mal an eine Tänzerin.
Ich vermute du hast ein falsches inneres Bild von Losgelassenheit.
Egal was du sportlich machst, ob Bodybuilding oder Tanzen oder rythmische Sportgymnastik du musst es losgelassen tun. Sonst wird das nichts oder sorgt für Verspannungen und Fehlhaltung.
Ein Muskelmann muss seine Muskulatur genau so los lassen wie eine Ballerina.
Ganz einfach gesprochen, Loslassen ist das Ergebnis von harmonisch unverkrampften zusammen arbeitenden Muskeln. Beuge- und Streckmuskulatur arbeiten optimal im Gleichgewicht miteinander.
Das was Knopfhard vielleicht meint (ich weiß nicht welche Textstelle du ansprichst) ist, daß du gut ausgebildete Pferde quasi Grundlocker aus dem Stall holst. Da reicht etwas aufwärmende Arbeit und dann los. Du musst nicht mehr wie bei einer Remonte "ewig" darauf verwenden die Zwanglosigkeit zu erhalten in dem du dem Pferd immer wieder gestattest, sich aus zu ruhen in dem du z.B es ins VA entlässt oder eine Rahmenerweiterung zu lässt.
Bist du dir unsicher überprüfst du es wie S&P es oben beschrieben hat. Im Zweifel fühlt das aber dein Hintern.
"Lockerungsreiten" gibt es beim "fertigen" Pferd immer mal in Reprisen. Immer dann wenn etwas gut war oder das Pferd sich während der Einheit verspannt.
Natürlich gibt es beim Pferd auch Muskelmänner mit einem niedrigen eher festen Muskeltonus. Die sind möglicherweise etwas schwerer zu lösen, haben es leichter den Rücken weg zu drücken und fest zu halten aber sie sind dennoch locker reitbar und auch die bekommt man zum schwingen und los lassen.
Zuletzt geändert von C.Dingens am Di, 28. Jan 2014 13:14, insgesamt 1-mal geändert.
padruga
User
Beiträge: 687
Registriert: Fr, 03. Aug 2007 20:37
Wohnort: Bayern

Beitrag von padruga »

Ein statisch aufgespannter Rücken ist der Feind der Bewegung...
Das stimmt so nicht. Zu sehen bei manchen Distanzpferden, vornehmlich "Steppentypen". Die können auf dem Platz in der Dressur einen wunderschönen schwingenden Rücken zeigen, und im Gelände umschalten derart, dass der Rücken komplett unbeweglich ist und die Beine dadurch aber viel weiter ausholen. Der Boden wird fast nicht berührt, sie schweben dann fast. So können die unendliche Strecken laufen, sind dabei butterweich zu sitzen und haben nach dem Ritt beileibe keinen brettharten Rücken.
Liebe Biomechaniker, was passiert da?
C.Dingens
User
Beiträge: 284
Registriert: Mi, 15. Jan 2014 15:38
Wohnort: Auf dem Ponyhof

Beitrag von C.Dingens »

padruga hat geschrieben:
Ein statisch aufgespannter Rücken ist der Feind der Bewegung...
Das stimmt so nicht. Zu sehen bei manchen Distanzpferden, vornehmlich "Steppentypen". Die können auf dem Platz in der Dressur einen wunderschönen schwingenden Rücken zeigen, und im Gelände umschalten derart, dass der Rücken komplett unbeweglich ist und die Beine dadurch aber viel weiter ausholen. Der Boden wird fast nicht berührt, sie schweben dann fast. So können die unendliche Strecken laufen, sind dabei butterweich zu sitzen und haben nach dem Ritt beileibe keinen brettharten Rücken.
Liebe Biomechaniker, was passiert da?
Hast du vielleicht bewegte Bilder? Ich kann mir darunter gerade nichts vor stellen.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

padruga hat geschrieben:
Ein statisch aufgespannter Rücken ist der Feind der Bewegung...
Das stimmt so nicht. Zu sehen bei manchen Distanzpferden, vornehmlich "Steppentypen". Die können auf dem Platz in der Dressur einen wunderschönen schwingenden Rücken zeigen, und im Gelände umschalten derart, dass der Rücken komplett unbeweglich ist und die Beine dadurch aber viel weiter ausholen. Der Boden wird fast nicht berührt, sie schweben dann fast. So können die unendliche Strecken laufen, sind dabei butterweich zu sitzen und haben nach dem Ritt beileibe keinen brettharten Rücken.
Liebe Biomechaniker, was passiert da?
Das nennt man dann den sogenannten oder auch "losen Rücken", einen Rücken ohne Schwungübertragung- diese Pferd sind dann Schenkelgänger. Allerdings ohne Spanntritte zu absolvieren.
So gehen alle Arbeitspferde in langer täglicher Arbeit.

Der Rücken ist nicht aufgespannt, weder statisch- was wie ich ja schrieb der Bewegung abträglich ist, noch dynamisch, wie man es sich für ein Dressurpferd wünscht, wenn man Bewegungen über den Schwung ausformen und akzentuieren möchte, sondern schlicht nicht. Das Gleichgewicht ist passend zum Tempo vorlastig, der Rücken arbeitet lose ausgewogen , die Pferde gegen sozusagen "in ihrer Mitte". Zwanglos.
Kiruna Karmina
User
Beiträge: 740
Registriert: Mi, 04. Apr 2012 13:50
Wohnort: Niedersachsen

Beitrag von Kiruna Karmina »

Interessant!
padruga
User
Beiträge: 687
Registriert: Fr, 03. Aug 2007 20:37
Wohnort: Bayern

Beitrag von padruga »

Und welche Folgen hat das? Beispiel: dieses Distanzpferd das ich meine ist auch dressurmäßig ausgebildet, läuft aber in der Distanz trotzdem in der "alten Weise", Kilöometer über Kilometer. Kann man sich dann brutal gesagt als Distanzler die Gymnastizierung gleich sparen (bzw. halt auf die Geraderichtung des Pferdes reduzieren) , wenn das Pferd im Ritt dann doch so läuft wie immer ?

Vorderlastig finde ich das jetzt nicht.
So auf die Schnelle nix Anderes gefunden: So Bewegungen wie die in diesem Video in der Halle meine ich, abzüglich der dort gezeigten Aufregung natürlich
http://www.youtube.com/watch?v=30DRt-uAXxg
Benutzeravatar
marquisa
User
Beiträge: 903
Registriert: Di, 01. Dez 2009 14:07
Wohnort: Issum

Beitrag von marquisa »

Der lange Rückenmuskel ist ein reiner Bewegungsmuskel,der (sofern Losgelassenheit vorliegt) maßgeblich am freien Durchschwingen der hinteren Gliedmaße beteiligt ist.Er stabilisiert nicht vorrangig die Wirbelsäule,dafür sind die zahlreichen kleinen tieferliegenden quergestreiften Muskeln zuständig,die (unter anderem) durch das physiologische An-und Abspannen die Schwingung im Rücken gewährleisten.Die ventrale Muskelkette ist indirekt ebenso beteiligt,aber zur Vereinfachung lass ich das hier mal außen vor.
Die Dynamik,die für die reelle Schwungentfaltung von hinten nach vorne vonnöten ist,entsteht vielmehr aus der Muskulatur von Hanke und Kruppe.

Der lange Rückenmuskel darf somit nie am freien Durchschwung gehindert werden,da gibt es keine "Statik" im eigentlichen Sinne.
Benutzeravatar
marquisa
User
Beiträge: 903
Registriert: Di, 01. Dez 2009 14:07
Wohnort: Issum

Beitrag von marquisa »

mein Avatar ist übrigens auch ein Distanzpferd ohne Spannungsbogen,aber sehr sitzbequem! :wink: :wink:
padruga
User
Beiträge: 687
Registriert: Fr, 03. Aug 2007 20:37
Wohnort: Bayern

Beitrag von padruga »

Marquisa, das in der Theorie mit dem Rückenmuskel weiß ich wohl. Dennoch sitzen wir da drauf und über weite Distanzstrecken wird keiner sein Pferd in Dressurhaltung reiten. Reitest du Distanzen? Wie handhabst du das?
Antworten