Der gefürchtete Tag X

Ratschläge rund ums Thema Gesundheit - die allerdings keinen Tierarzt ersetzen!

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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

Danke sab und minou.

Ja, ich habe auch schon mal ein relativ junges Pferd töten lassen müssen. Er war erst 9 Jahre alt. Ich hatte ihn 1,5 Jahre vorher übernommen - angeblich mit ausgeheiltem Sehnenschaden. Er ging permanent lahm. Ergebnis: Zysten im Strahlbein, Spat, Schale an beiden Vorderbeinen, Veränderungen an der Hufrolle. Dazu kam die beidseitig beschädigte Sehne, verklebte Tränen-Nasen-Kanäle, die nicht zu lösen waren, massive Zahnprobleme, Magenprobleme etc.

Viele Dinge habe ich in Griff bekommen, wie die Zahnprobleme (10 Tage Klink...) und die Magenprobleme. Aber die Dauerlahmheit hätte ich nicht beheben können. Er hätte nie ohne Schmerzmittel vernünftig laufen können. Ich habe mich für die Tötung entschieden. Einmal aus der Gewissheit der Schmerzen für das Pferd - andererseits aber auch aus finanziellen Gründen. Und da steh ich auch zu!

Mein jetziger Oldenburger-Vollblüter stand durch seine beidseitige Periodische Augenentzündung auch auf der Kippe. Wir haben beiden Augen operieren lassen (Kostenpunkt 3.500 EUR). Danach bekam er eine schwere Lungenentzündung, schwere Stoffwechselprobleme, wechselseitige Lahmheiten etc. Es hat mich an den Rand der Verzweifelung und an den Rand des Ruins gebracht. Der Tierarzt hat mir mehrfach geraten, ihn einschläfern zu lassen. Ich habe immer abgelehnt - aber so manche Nacht deswegen wach gelegen. Wenn mein Mann nicht gewesen wäre, hätte ich ihn töten müssen - auch hier aus finanziellen Gründen. Die Gesamtkosten für den Tierarzt beliefen sich dort innerhalb von 1,5 Jahren auf knappe 8.000 EUR. Und es war nie sicher, ob er jemals wieder gesund wird.

Wir haben es geschafft, er läuft wieder. Aber wenn ich geahnt hätte, was damals auf mich zukam. Ich hätte dem ein Ende gesetzt.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

sab hat geschrieben:.

Mir wird hier manchmal die sache zu rosarot gesehen. Pferde kosten Geld, viel Geld manchmal. Und das Geld muss man haben. Meistens reiten ja Frauen, und die haben traditionell auch eher weniger Geld. Den Aspekt geld bei der Pferdehaltung verdrängen zu wollen, das finde ich naiv.
Die Entscheidung sehr viel Geld auszugeben, muss ja jeder für sich treffen. Für mich gibt es die Entscheidung nicht, rein aus finanziellen Gründen über den Tod nachzudenken, aber auch, weil ich bisher in der glücklichen Situation war, immer mit diversen Nebenjobs meins und der Tiere Leben selber finanzieren zu können.

Abhängig vom Mann macht man sich - dann muss man eben bewußt zB diese Entscheidung treffen.

Und ich sehe einen Unterschied ob man aus finanziellen Gründen ein vielleicht aufgrund Krankheit unerwartet sehr teures Pferd je nach Lebenssituation nicht mehr halten kann, oder sich wegen des fehlenden "Nutzens" gegen teure Haltung zB im Alter entscheidet.

Vertreten muss das jeder für sich selber, klar .
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Anchy
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Beitrag von Anchy »

Natürlich gibt es auch moralisch für mich einweindfreie Gründe zur Tötung ohne Notfall, nämlich dann, wenn die Lebensqualität nicht mehr gewährleistet werden kann oder die Kosten unhaltbar werden. Da hat jeder seine persönliche Belastbarkeitsgrenze, um seinem Pferd einen würdigen Alltag gestalten zu können.

Leichtfertig gehen nur wirklich sehr wenige mit dieser Entscheidung um, habe ich allerdings auch schon merhfach erleben müssen.
Wenn Du es festhalten mußt, hast Du es schon verloren
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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

ich glaub, Abhängig ist relativ :wink:

Ich arbeite Vollzeit, hab einen wirklich guten Job, verdiene nicht übel. Aber irgendwann sind die finanziellen Grenzen erreicht. Und da wäre ohne die Hilfe meines Mannes schlicht Ende gewesen.

Keine Ahnung, wer von Euch "mal eben" 8 - 10.000 EUR auf dem Konto liegen hat, für eventuell auftretende Krankheiten des Pferdes. Ich habe meine beiden Pferde mittlerweile OP-Versichern lassen. Sicher ist sicher.
minou
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Beitrag von minou »

@ Finchen:

Man hat als Mutter oft nicht die Möglichkeit ganztags zu arbeiten. Ich arbeite auf Minijob-Basis. Das reicht für die Stallmiete, Schmied und vielleicht mal Reitunterricht. Aber alles was extra kommt, zahlt mein Mann. GsD ist der sehr großzügig.
******
Indem uns das Pferd sein Vertrauen schenkt, fordert es uns zu einer disziplinierten Reitweise auf. Charles de Kunffy
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

aaah, Text weg.

Aber erneut kurz:
klar, jeder muss für sich seine eigene finanzielle Situation überdenken und entscheiden, ob Tierhaltung und mit welchen Grenzen dann möglich ist.

Und ebenso klar, kein Mensch kann bei noch so guter Planung sicher absehen, ob nicht doch mal eine finanziell ganz enge Situation auftritt, die die beste Planung über den Haufen wird - ich hoffe sehr, dass mir sowas nicht passiert. :?
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Anchy
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Beitrag von Anchy »

Meine Pferde sind für den Notfall OP versichert, Anchy hat noch zusätzlich eine Krankenersicherung, die würde 60 % des finanziellen Schadens abmildern.
Den Rest ich tragen ich und vor allem mein Mann mit Fassung, ruinieren würde uns da nicht wirklich was. Und das war mich auch immer wichtig, ich will nicht diese Angst, vor so einer Entscheidung stehen zu müssen und wünsche das auch niemanden.

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horido
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Beitrag von horido »

Hallo Lilith,

ein normaler Stall in diesem Zusammenhang ist für mich die Haltungsform, in dem das Pferd die Jahre davor zurechtkam, im Optimalfall glücklich war. Ich finde es schlimm ein Pferd, dass jahrelang einzeln (Box, Einzelweide) gehalten wurde mit 20 anderen Pferden auf eine Weide zu stellen, wenn es bereits gesundheitliche Probleme hat und in den Bewegungen eingeschränkt ist. Genauso schlimm finde ich aber ein Pferd, das Gruppenhaltung gewohnt ist, plötzlich zu separieren. Das ist für ein Pferd wahrscheinlich noch schwerer zu verkraften, da es nicht seiner Natur entspricht. Die Änderung der Haltungsform bei einem gesunden Pferd sehe ich natürlich anders.

Interessant finde ich auch, dass sich doch noch Reiter gemeldet haben, die gerrudy verstehen können.
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

das sind schwierige fragen und grenzbereiche.

allerdings: wenn man nicht einige tausend euro als reserve verfügbar hat, sollte man echt über pferdehaltung nachdenken, die summe ist schnell erreicht bei OPs, bei Haltungsproblemen oder z.B. bei chronischem Husten oder Magenproblemen, die ja leider häufig sind.
mir geht es auch so, dass mein gewissen eine tötung nicht verkraften würde, wenn man mit geld für ein leben hätte sorgen können.
ein anderes entscheidungskriterium ist sicher, ob das pferd eine gute situation hat mit den gesundheitlichen einschränkungen, die es hat
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Anchy
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Beitrag von Anchy »

Horrido, seperieren oder dem altergereechte Artgenossen zu bieten sind schon ein Unterschied.
Kenne nur zu gut diese SPrüch ala "..habe dem versprochen nie wieder umzustellen..."
Damit macht man es sich selbst doch nur bequem ( womit hier Gerrudy explizit nicht gemeint ist).
Denn natürlich ist es nicht einfach , für ein älteres Pferd eine passende Gruppe zu finden, nur bevor ich ihm das einzige Leben nehme was er hat ( und das ohne wirklichen Leidensdruck), sorry, da muß ich dann doch noch mal dadurch.

Die "bequemen" Lösungen können einen sonst u:U. das Leben unschön begleiten und man wird sich immer eine Frage stellen müssen.

Ein Versuch ist sowas für mich immer wert und wer den Stress des Schlachters dann den der Umstellung vorzieht, da bin ich dann mal ganz intollerant, verbohrt -selbst bei Androhung einer Verwarnung- finde ich das echt beschissen.

Anchy
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gerrudy
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Beitrag von gerrudy »

Nachdem ich hier vor ein paar Wochen für eine heftige Diskussion gesorgt habe, möchte ich eich doch wenistens über den aktuellen Stand der Dinge berichten....
Die "Regenzeit" ist vorbei, die Herde ist zum Glück wieder komplett auf der Weide - und der Stress ist vorbei....

Wenn ich mein Stuti sehe, das zufrieden in der Herde steht und munter und freundlich zu mir kommt, wenn ich an der Weide auftauche, dann dreht sich mir der Mgen um --- schlechtem Gewissen, dass ich sie beinahe in einer Kurzschlussreaktion "um die Ecke gebracht hätte"..... :?
Ich konnte ihr Leid, ihr "gejagd werden" in den "schlechten Tagen nicht ertragen - und wollte lieber einen Tag zu früh Schluss machen, als ihr einen Tag mehr Leid zuzumuten.

Zum Glück hatte mein TA den deutlich weiteren Blick und hat mich ausgebremst. Und worüber ich erst erbost war, erfüllt mich nun mit echter Dankbarkeit....
Denn mein Stuti lebt! Ist zwar tendenziell immer noch etwas dünn (Rippen je nach Blickwinkel deutlich zu sehen), hat weiterhin Fellprobleme (schuppige Haut, immer noch nicht alles Winterfell los geworden) und auch die Augenentzündung haben wir noch nicht 100% im Griff (Maske kann sie nicht tragen, da sie dann praktisch blind ist und wie orientierungslos wirkt).
Aber - ich denke, so ist es trotzdem noch ein gutes Leben möglich.
Ich hoffe sehr, dass im Winter im Paddockbereich der Stress nicht wieder los geht - aber das lasse ich erst einmal auf mich zu kommen.
Jetzt hoffen Stuti und ich auf einen guten Sommer!

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gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

schööööön!!!
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Anchy
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Beitrag von Anchy »

Das freut mich wirklich für Euch!
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