Korrekte Stellung

Rund um die klassische Reitkunst

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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

padruga hat geschrieben: Nur mal so gaaanz rein hypothetisch und theoretisch: was würde der Reiterwelt bzw der deutschen Reiterwelt verloren gehen, würde das Konzept der reinen Stellung im Genick (also nicht 1. oder 2. Stellung mit Biegung) einfach aufgegeben werden? Würden die Lektionen Schenkelweichen und Vorhandwendung keinerlei Nutzen mehr haben für das Pferd, wenn man dabei die minimale, natürliche Biegung mit zulassen würde?
Kämpfe mich gerade durch diese Diskussion :wink:
Diesen Einwurf fand ich sehr interessant.
Padruga, der Reiterwelt würde eine klare Definition verloren gehen. Eine Definition erleichtert es, Zustände zu unterscheiden. Aus gymnastizierender Sicht, das Pferd betreffend, wirkt es sich jeweils anders anders aus, ob ein Pferd gestellt oder gebogen ist.
Aus reiterlicher Sicht sind es zwei unterschiedliche Zielsetzungen, die zwei unterschiedliche reiterliche Fähigkeiten voraussetzen.

Die reiterliche Fähigkeit des Reiters, "gerade- gestellt" oder "gebogen" differenziert anweisen zu können, ist Voraussetzungen dafür, ein Pferd geraderichten zu können.
Nur wer im Kopf diese beiden Zustände unterscheiden kann, kann sie bewußt herbeiführen (lernen) und nutzen. Definitionen dienen also auch der Bewußtmachung.
Daher ist es wichtig, zu unterscheiden und auch so zu benennen. Sonst wird es alles ein difuser Wirrwarrund und alle reden noch mehr aneinander vorbei, als sie es ohnehin schon tun. :?

Und zur Frage des Herantretens an den Außenzügel :
Ja, Stellung bedingt ein Herantreten an diesen und in dem Moment, in dem der Außenzügel führt, ist das Pferd gestellt. Daher ist die Wechsellinie u.U. schon gestellt, dann nämlich, wenn ich ein "Umstellen" am Wechselpunkt oder bei "X" anstrebe.

Reitet man hingegen die Strecke zwischen den Wechselpunkten als "handlose Gerade" reiten, dann ist das Pferd auf diesem Weg nicht gestellt und zieht im Idealfall gleichmäßig an beide Zügel heran.
Die Stellung wird dann gezielt am Wechselpunkt angewiesen, in dem Moment nämlich, wenn es wieder einen Außenzügel gibt und das Pferd an diesen herantritt.
Gruß s&p
Zuletzt geändert von saltandpepper am Di, 17. Apr 2012 08:16, insgesamt 1-mal geändert.
Coni
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Beitrag von Coni »

Ich habe jetzt aus Zeitmangel das ganze nur überflogen, vieleicht ist mein Gedanke ja schon doppelt. Ich kenne die Theorie für die Stellung wie folgt:
ein unausgebildetes Pferd klebt an der Bande und da die Vorderbeine schmäler sind ist das Pferd nicht gerade. Durch die (Genick)Stellung wird das mittige Ausrichten der Vorderbeine auf die Hinterbeine erreicht. Also braucht man zum Geradereiten die Innenstellung.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Ja das auch Coni und man braucht eben hierfür den Außenzügel, der damit die Stellung mitproduziert.
padruga
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Beitrag von padruga »

S&P: Schöne Erklärung, danke! Das mit der Sinnhaftigkeit einer Unterscheidung der Begrifflichkeiten zur Bewusstmachung leuchtet mir schon ein. Bestehen bleibt jedoch dennoch die Schattenseite, soche exakt definierten Begriffe losgelöst ihrer Sinnhaftigkeit, rein um die "Korrektheit der Lehre" (isoliert) anzuwenden. Da endet dann oft die Absicht des Stellens damit, dass sich das Pferd lediglich im Genick verwirft, oder die Absicht des Biegens, die in ein völlig übertriebenes Überbiegen des Halses endet.
Zuletzt geändert von padruga am Fr, 20. Apr 2012 01:44, insgesamt 1-mal geändert.
horsman
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Beitrag von horsman »

ähm, um die Schultern auf die Hinterhand auszurichten muss ich in erster Linie mal die Schultern des Pferdes bewegen und placieren und nicht den Kopf des Pferdes irgendwo hin stellen. Insofern brauche ich dafür nicht unbedingt Innenstellung. Das kann in manchen Fällen sogar kontraproduktiv sein, sprich das Ausrichten Schultern erschweren (siehe vorne im Beitrag zum Nutzen von Konterstellung).

Dass immer die Schultern an der Wand kleben wollen ist ja auch nicht richtig, denn je nach Ausprägung der Schiefe kann das auf auf der einen Hand so sein, auf der anderen Hand aber nicht, sonern dort in die Bahn drängen.

Das Thema "Stellung" wird insofern nicht unwesentlich im Zusammenhang mit der Schiefe zu sehen sein und mit deren Bearbeitung.

Dass im Idealfall ein gerades Pferd auf einer geraden Linie (zB Mittellinie)nicht nach links oder rechts gestellt ist, sehe ich aber schon korrekt an. Ihr nicht? Und dass ein gebogenes Pferd korrekterweise auch in dieselbe Richtung gestellt sein soll doch auch. Oder nicht?
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padruga
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Beitrag von padruga »

ähm, um die Schultern auf die Hinterhand auszurichten muss ich in erster Linie mal die Schultern des Pferdes bewegen und placieren und nicht den Kopf des Pferdes irgendwo hin stellen. Insofern brauche ich dafür nicht unbedingt Innenstellung. Das kann in manchen Fällen sogar kontraproduktiv sein
So sehe ich das eben auch.
Dass immer die Schultern an der Wand kleben wollen ist ja auch nicht richtig, denn je nach Ausprägung der Schiefe kann das auf auf der einen Hand so sein, auf der anderen Hand aber nicht, sonern dort in die Bahn drängen.
Oder es kann auch auf beiden Händen an der Bande kleben, die Korrektur ist aber wegen der Schiefe trotzdem je nach Seite und Ausbildungsstand des Pferdes unterschiedlich.
horsman
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Beitrag von horsman »

korrekt
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Motte
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Beitrag von Motte »

horsmän hat geschrieben:ähm, um die Schultern auf die Hinterhand auszurichten muss ich in erster Linie mal die Schultern des Pferdes bewegen und placieren und nicht den Kopf des Pferdes irgendwo hin stellen.
Moment: Stellung bedeutet ja eben nicht den Kopf rumziehen, also den Kopf irgendwo hin zu stellen.
Sondern das Pferd soll im Genick (!) gestellt sein.
horsmän hat geschrieben: Insofern brauche ich dafür nicht unbedingt Innenstellung. Das kann in manchen Fällen sogar kontraproduktiv sein, sprich das Ausrichten Schultern erschweren (siehe vorne im Beitrag zum Nutzen von Konterstellung).
Naja, aber irgend eine Art der Stellung brauchst du schon - oder wie bewegst du die Schultern des Pferdes OHNE Stellung?


horsmän hat geschrieben: Dass im Idealfall ein gerades Pferd auf einer geraden Linie (zB Mittellinie)nicht nach links oder rechts gestellt ist, sehe ich aber schon korrekt an. Ihr nicht? Und dass ein gebogenes Pferd korrekterweise auch in dieselbe Richtung gestellt sein soll doch auch. Oder nicht?
Jo, das sehe ich auch so.
horsman
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Beitrag von horsman »

@motte

naja zum "stellen" muss sich schon der Kopf in eine Richtung bewegen, sonst blieb er ja gerade. Dass das irgendeine Zieherei sein soll, hab ich nirgends geschrieben.

die Schultern bewege ich zur Seite indem ich die Hände leicht zur Seite bewege in die ich will (gekoppelt mit leichter Schulterdrehung des Reiters) (insbesondere die Hand der Schulter die ggü. der Seite liegt in die man die Schultern hin bewegen will) , egal ob und wohin der Kopf gestellt ist.

Ich sag ja nicht, dass es "Stellung", also das leichte Drehen des Kopfes nicht gibt - natürlich gibt es die, nur ob ich die unbedingt losgelöst von der weiteren Biegung und Geraderichtung betrachten und gross thematisieren muss ... hab ich mal in den Raum gestellt. Denn letztlich ist das Ziel ein geradegerichtetes Pferd. Das ist entweder ein völlig gerades Pferd (nicht gestellt und nicht gebogen) oder ein Pferd welches gleichmässig gestellt und gebogen ist (geradegerichtet gebogenes Pferd).

Übrigens gäb es da ja auch noch die blosse Halsbiegung (incl. Genickstellung versteht sich) (ohne weitere Absicht der Körperbiegung) als Korrekturübung zu bestimmten Dingen.
First a relaxed mind, then a relaxed horse.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Horsemän, ein Pferd in sich gerade zu halten und dabei zu stellen, kann, so es ganz korrekt angestrebt wird, schon sehr kniffelig sein.
Es bedingt perfekte Schulterkontrolle, eine saubere Anlehnung zum Außenzügel und ein korrektes Vorwärts im Pferd.

Gerade für den Reiter finde ich diese Aufgabenstellung als sehr lehrreich. Auch als Basis für ein korrektes SH, das sauber am Außenzügel geführt wird.
Die Stellung selbst ist eine Rotation der HWS im Bereich des Genicks, bei der nur einige, in ihrer Anzahl sehr überschaubare Muskelgruppen angesprochen werden.
Stellung ist sozusagen der erste Schritt in eine Biegung.

Ganz wichtig finde ich persönlich, daß der Reiter das "gerade Stellen" kann, um zu verhindern, daß er vor lauter ungenauem Herumbiegen nachher auf einem glitschigen, instabilen Aal sitzt und das Vorwärts verliert.

Unabdingbar für Travers und SH und auch für die Traversalverschiebungen. Für das Reiten eines korrekten Zirkels, einer Volte, einer Ecke !!!. Für eine präzise Schulterkontrolle.

Gerade wenn man das Biegen / Abbiegen/ Abbrechen des Halses als wichtiges gymnstizierendes Mittel nutzen möchte, ist die Abwesenheit von Biegung gezielt herbeiführbar, grundlegend wichtig !

Oder anders gesagt, wenn der Reiter "biegen" will, muß er "stellen" können .
Sonst produziert das Biegen , wie v.Neindorff so gerne mit einem einem verächtlichen Ton sagte :" wackelige Hälse" :wink:
und das Vorwärts geht verloren.
Manche Übungen dienen einfach auch nur dazu, den Reiter zu schulen....

Gruß S&P
Zuletzt geändert von saltandpepper am Mi, 18. Apr 2012 16:56, insgesamt 1-mal geändert.
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

@Saltandpepper: Danke für Dein letztes Post! :D
:trink1:
Viele Grüße
Sabine
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horsman
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Beitrag von horsman »

s&p
völlige Übereinstimmung in allen Punkten

ausser vielleicht:
"Oder anders gesagt, wenn der Reiter "biegen" will, muß er "stellen" können"

da sag ich mal
"wenn der Reiter "biegen" will muss er "biegen" können
First a relaxed mind, then a relaxed horse.
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Seufz, dasselbe habe ich schon auf Seite 2 dieses Threads geschrieben:
Max1404 hat geschrieben:Stellung bereitet die Biegung vor, und keine Biegung ohne Stellung.
Habe ich mich tatsächlich so unverständlich ausgedrückt oder ist das überlesen worden?
Viele Grüße
Sabine
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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Max :trink1:

horsemän dann nehme ich statt "wenn" ein "bevor".

Bevor der Reiter biegen will, sollte er "gerade stellen" können :wink:
( sonst kann er nämlich nicht biegen "g")
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