"Stirnlinie vor die Senkrechte" - um jeden Preis?

Rund um die klassische Reitkunst

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summer
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"Stirnlinie vor die Senkrechte" - um jeden Preis?

Beitrag von summer »

Hallo!

Ich bin zur Zeit in einer ziemlichen Zwickmühle gelandet :cry: :

Meine hafinette hat nicht gerade das, was einen Dressurreiter erfreut - einen eher kurzen und schweren Hals, tief angesetzt, kein leichtes Genick.
Er hat für einen Haflinger wirklich tolle, schwungvolle Gänge, und ich schaffe es immer besser ihn locker, schwungvoll und auch weich im Maul zu reiten - am wohlsten fühl er sich eher tief eingestellt (Nase etwas unter dem Buggelenk) - das spüre ich richtig, wie die Hinterhand arbeitet, das ganze Pferd beginnt zu schwingen, er ist leicht in der Hand, gut zu sitzen und tritt wirklich schön unter (kann ich im Spiegel kontrollieren) - er ist vor dem Bein. man merkt es bei ihm sofort, wenn er aus dem Gleichgewicht kommt - dann fällt er auf die Hand und jede Leichtigkeit geht verloren.
Nun das Problem - er ist mit der Stirnline etwas hinter der Senkrechten (nicht eingerollt, sondern leicht dahinter - leider hab ich kein Foto dazu) - zieht aber trotzdem gut ans Gebiss.

Ich akteptiere diese Haltung im Moment einfach so - und reite weiterhin Übergänge, Übergänge, Übergänge, Wendungen, Rahmenveränderungen.
Leider kann ich mir trotzdem immer wieder den Vorwurf anhören, dass mein Pferd "HINTER der Senkrechten" geht (ich böse Rollkurreiterin :twisted: ) - was ich doch etwas unfair finde, ich rolle ihn ja nicht aktiv ein.

Ich habe in einem alten Threat folgendes Zitat von Jen gefunden:
"Viel wichtiger als den Kopf/die Nase finde ich den Halsansatz und die gesamte oberlinie des Halses und das Genick. ist dieses schön frei, der Hals harmonisch gewölbt, aus dem Halsansatz heraus nach oben und nicht nur ca. ab der Mitte/ 2.,3. Halswirbel abgekippt, dann ist es völlig wurst, ob die Nase einen tic weiter vor oder an der Senkrechten ist, die Dehnung der Oberlinie ist gegeben. ein Pferd kann nämlich durchaus die Nase perfekt an der Senkrechten haben, aber den Widerrist und den Halsansatz runterdrücken und der Rücken schwingt nicht nach oben mit, sondern gar nicht oder nach unten. Dann nützt das nix. Dieses Schablonengucken hilft nicht viel."

was meint ihr dazu? Soll ichgegen die Leichtigkeit von meinem Kleinen "arbeiten", nur damit er die Nasenlinie vor der Senkrechten hat - aber damit in Kauf nehmen, dass er sich verspannt und "gegen" mich arbeitet? Geht "Nase vor der Senkrechten" immer vor allem? Oder ist das auch eine Idealhaltung, die man erarbeiten muss, die in bestimmten Ausbildungsphasen nicht möglich ist und manchmal auch (auf Grund von Exterieur) eben ein "nicht erreichbares Ideal" bleibt?
Sei deines Pferdes Gang unter dir wie die Bahn eines Sterns.
In deiner fühlenden Hand,deinem schwingenden Leib,deinem schwebenden Herzen liegt Kurve&pfeilgerader Weg,liegt Anfang&Ende,liegt die unermessliche Poesie der Bewegung,liegt die lebendige Kraft.
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summer
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Beitrag von summer »

Fällt denn niemandem von Euch etwas dazu ein? :cry:
Keine Erfahrungeberichte?
Ich bin doch nicht die Einzige mit diesem Problem, oder?
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Ich habe nichts geschrieben, weil ich mich nicht fachlich berufen fühle, hatte aber auch mit mehr Resonanz gerechnet, weil es immer mal irgendwo Thema schon gewesen ist.

ZB auch Cubano hat meine ich mal erwähnt, dass sie bei der Ausbildung von ihrem Frax das nicht immer optimal erreichen konnte, aber nun so gar nicht aktiv daran mitgewirkt hat, dass er hds kam. Vielleicht meldet sie sich ja noch (ist aktuell wohl nicht oder nur wenig aktiv da verreist).

Ich würde mich auch über mehrere Beiträge zum Thema freuen weil ich es doch immer wieder sehe, dass Pferde hds sind, aber gewiß nicht dahingehend geritten werden und die Reiter durchaus bewußt anderes anstreben. Socke rutscht mir auch mal kurz ab in "zu tief" und dann leicht hds. :?
lalala

Beitrag von lalala »

Ich denke, viele sind einfach zu "müde" das immer und immer wieder zu diskutieren :wink:
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Ich habe mich auch zurückgehalten, weil ich nicht weiß, wie es bei Euch aussieht. Hast Du Fotos oder Filme?
Und wer sind die Leute, die Dich kritisieren? Auf welchem Niveau reiten sie?
Was sagt Dein Reitlehrer/in?
Viele Grüße
Sabine
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summer
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Beitrag von summer »

hmmmm, hab mir eigentlich alle Threats in diesem Unterforum angeschaut - aber nicht wirklich was dazu gefunden - ich freue mich auch über entsprechende Links (Brett vor meinem Kopf ist nicht ausgeschlossen :wink: ).
Ich für meinen Teil würde es auch am liebsten so hinnehmen und schauen wies sich entwickelt - aber langsam nerven die Kommentare und abschätzenden Blicke - und die ewigen "Besserwisser" (wenn ich nicht so heikel auf mein Pferd wäre tät ich ja sagen "bitte schön, einmal aufsitzen und zeigen wies besser geht")
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Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Und auf welchem Niveau reiten die Nörgler jetzt?
Hast Du Reitunterricht? Ein Lehrer dürfte Dir eigentlich ganz schnell die Antwort geben können.
Viele Grüße
Sabine
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Oh ich glaube im Augenschmaus-Thread kam mal das Thema ... aber ich kann dir leider nicht mehr sagen wo es mal als Randthema kurz erörtert wurde, sorry. :oops:

Und ja, ich kann gut verstehen, dass dich allmählich nervt, dass immer wieder gemeckert wird...

Aber halte aus, es werden sicher noch ein paar Beiträge kommen... ich spekuliere noch auf den einen oder anderen, der das sicher gut kann. :wink:
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summer
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Beitrag von summer »

ds Niveau der Nörgler ist im Großen und Ganzen ungefähr dem Meinen entsprechend - was aber egal ist - dieses ewige "linealanlegen" und "hauptsache vor der Senkrechten" nervt - und ich hätte gerne ein paar Argumente dagegen - meine Bibliothek gibt leider nichts wirklich aussagekräftiges her :?
Ich habe Reitunterricht - meine Trainerin ist meiner Meinung - sie sieht ja auch, wie sehr er sich dagegenstemmt, wenn man ihn auch seiner "Wohlfühlzone" holen will. sie meint, dass er einfach auf Grund seines Exterieurs noch nicht "höher" und "weiter vor" kann.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

lalala hat geschrieben:Ich denke, viele sind einfach zu "müde" das immer und immer wieder zu diskutieren :wink:
Ich habe auch mit der Suche so meine Probleme und keinen gescheiten Fred auftun können, der was dazu hergibt - außer eben wie ich schon meinte stückweise gestreut mal hier und mal da.

Hast du einen Link oder eine Idee, wo schonmal ausführlich was dazu gepostet wurde?
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

@summer:

die Idee das Video oder zumindest Fotos zu zeigen finde ich sehr gut, dann können sich andere hier ein Bild von dem "Ausmaß" machen und direkt auch die körperlichen Belange deines Haffis miteinfließen lassen.

Andererseits, wenn du der RL vertraust, sie dich unterstützt, dann müsste sie dir doch auch genug Infos geben können, die du den anderen gegenüber argumentieren kannst!?
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chica
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Beitrag von chica »

Hier wurde das Thema beispielsweise ausgiebig diskutiert http://www.klassikreiten.de/viewtopic.p ... ht=rollkur
LG Ines
................................................
"Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart."
(Noël Pierce Coward)
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summer
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Beitrag von summer »

chica hat geschrieben:Hier wurde das Thema beispielsweise ausgiebig diskutiert http://www.klassikreiten.de/viewtopic.p ... ht=rollkur
DANKE.....werde ich mal durchackern :-)
Sei deines Pferdes Gang unter dir wie die Bahn eines Sterns.
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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Summer, ich schreibe was :wink: :

Wenn die Nase unterhalb des Buggelenkes ist und dabei die Stirnlinie hinter der Senkrechten, geht das Pferd mit falschem Knick - anders ist es anatomisch nicht möglich.

Es ist somit hinter dem Gebiß und nicht an dem selben, wenn es sich "leicht" anfühlt.

Wäre es am Gebiß, müßte sich das Genick proportional zum Absenken des Halses öffnen, sprich das Pferd hat eine latente Dehnungsbereitschaft nach VORWÄRTS (mit der Nase) - abwärts.

Der positive Zug in die Hand ist in einer korrekten Anlehnung nach vorne gerichtet. d. h. gibt man Zügel, so nimmt das Pferd diesen nach vorne.

In einer Halshaltung, die Nase unterhalb Buggelenkshöhe bedingt, muß somit die Nase deutlich vor der Senkrechten sein. Wenn die Anlehnung korrekt ist. Und auch hier muß das Genick der höchste Punkt im Bogen des Halses bilden.

Das Pferd spannt sozusagen den Zügel, indem es das Genick öffnet.

Geschieht dies nicht, , bleibt das Pferd also in einer beigezäumten Haltung ( und kommt damit hinter die Senkrechte) nimmt das Pferd den angebotenen Zügel mit dem Hals nach unten.

Wie weit die Hinterbeine dabei durchschwingen ist unerheblich, sondern, ob das sie dabei Last aufnehmen ist von Bedeutung. ( auch ein bockendes Pferd kann im "Handstand" die Hinterbeine nahezu bis zum Bauch durchschwingen, nimmt dabei aber keinerlei Last auf). Das Können sie aber in der von dir beschriebenen Haltung nicht, weil das auf diese Weise von vorne nach hinten gespannte Nackenband das Becken so fixiert, daß ein Absenken nicht möglich und damit ein Beugen der Hankengelenke ( was für eine Gewichtsaufnahme erforderlich wäre ) massiv behindert bis unmöglich macht.

Ein Pferd ist in dieser Haltung übermäßig auf der Vorhand ausbalanciert- früher nannte man es : "auf dem Kopf".

Daß ein Pferd mit dem von dir beschriebenen Gebäude sich lieber auf der Vorhand ausbalanciert, als hinten tatsächlich Last aufzunehmen ist nicht ungewöhnlich. Vor allem, wenn der Reiter sich den Hals in eine Position wünscht, die nichts anderes zulässt.

Ein Pferd kompaktes mit einem kurzen dicken Hals und einem schweren, strammen Genick, hat mit Vorlastigkeit auch kein großes Problem. Daher läßt sich in dieser Haltung unter Umständen sehr "harmonisch" reiten.

Um aber die Hinterhand wirklich anzusprechen, muß es mit Genick höchstem Punkt bleiben( weil nur dann das Nackenband das Absenken des Beckens und damit der Hanke ermöglicht) und damit aufrund des anatomisch begrenzt beugbarem Genicks, mit der nasenlinie vor der Senkrechten- warscheinlich sogar deutlich vor derselben sein.

Wenn du Jens zitierten Beitrag genau liest, schreibt sie das auch so : "Genick höchster Punkt" . Das ist das Kriterium, die Nasenlinie kann dann je nach Genick mal davor oder auch daran sein ( bei Pferden mit sehr leichtem Genick geschieht das schnell) . Aber auch hier : nicht dahinter, denn dann nimmt sich das Pferd zurück und "zieht" eben nicht mehr nach vorne.
Zuletzt geändert von saltandpepper am Mo, 09. Jan 2012 08:00, insgesamt 1-mal geändert.
Julia
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Beitrag von Julia »

@summer: Pferde haben ein Wohlfühltempo in dem sie gerne laufen. Aber es ist nicht immer das Tempo welches sie wirklich ans Gebiss treten lässt und das wirklich gute Tempo ist. Und natürlich spannen sie auch unter Umständen und wenn man darüber hinaus möchte um sie mit der Nase weiter vor und deutlicher ans Gebiss reiten möchte, einfach weil es anstrengender ist :wink:

Ohne Bilder ist es wirklich schwer, es soll auch nur ein Denkanstoss sein, denn ob Dein Kleiner sich im Wohlfühltempo verhält und es evtl. nicht ganz reel ist oder nicht, kann und mag ich ohne Euch zu sehen nicht sagen.

Ab davon, schön wieder von Euch zu hören! :D
Liebe Grüße, Julia
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