Abschwitzdecke? Nasses Fell im Winte

Ratschläge rund ums Thema Gesundheit - die allerdings keinen Tierarzt ersetzen!

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Gast

Re: Abschwitzdecke? Nasses Fell im Winte

Beitrag von Gast »

Maria Orange hat geschrieben:
Sheitana hat geschrieben: Oder hat jemand schon mal gesehen, wie einem Wildpferd nach einer Hetzjagt eine Decke angelegt wird? …


Sorry, der Vergleich hinkt.

Moin :)
Er hinkt nicht nur, er liegt mit gebrochenen Beinen am Boden. Selbst wenn man den Vergleich ausschließlich auf Offenstall-Pferde anwendet.
Natürlich, Offenstall-Pferde leben die meiste Zeit im Freien, das war es dann aber auch schon, mit den Parallelen zum Wildpferd. Diese verfügen in der Regel nicht über mehr oder weniger komfortable Unterstände, wie ihre Artgenossen im Offenstall. Und sie tragen auch nicht so oft Sättel samt Reiter, können sich also, sollten sie mal in die Verlegenheit kommen, durch Schwitzen nass zu werden, der perfekten Ableitfunktion ihres Fells bedienen, ohne dass dieses irgendwo klebt.
Wird das Winterfell tragende Offenstallpferd jedoch geritten, verkleben in der Regel zumindest die Haare in der Sattellage. Der Schweiß kann also - selbst wenn das Fell nach dem Trockenreiten mit Strohwischen gerubbelt wird - nicht so schnell an das Haarende abgeleitet werden. Dadurch entsteht Verdunstungskälte in Hautnähe oder sogar direkt auf der Haut.
Praxistip: winterbefellten Pferden nach dem Reiten den Sattel herunternehmen, Sattellage mit Strohwischen antrocknen und dann TROCKENFÜHREN.
Oder eben dem Pferd in der Zeit, in der ich dem Sattelzeug die notwendige Pflege zukommen lasse und es versorge, eine Abschwitzdecke drauflegen.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

@sabrell:
was ist bei Trockenführen anders als beim "Sich-Trocken-Bewegen" im Freilauf?

Für mich ist es nicht erwähnenswert, dass ich verschwitztes und (unter Sattel oder Gurt) verklebtes Fell nach dem Reiten mit einer Bürste "aufbürste".
Zuletzt geändert von Finchen am Mi, 23. Nov 2011 06:24, insgesamt 1-mal geändert.
Sheitana
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Beitrag von Sheitana »

Wenn der OS nicht zugfrei ist, dann ziehe ich auch eine Decke an ;-)
Unser Stall ist aber so konzipiert, dass die Windseite mit den Hütten zugestellt ist. :wink:
LG
Sheitana
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Colloid hat geschrieben:Also ich muss bei den Temperaturen aufpassen, nicht zu sehr zu schwitzen, sonst wird mir kalt.
:
Du hast aber auch kein Fell, oder? :wink:

Sehe es wie Sheitana - und ersetze mal "Wildpferd" durch Weidepferd. Nicht selten kommen OS-Pferde mit entsprechend angepaßtem dicken Fell tagsüber bei sonnigem Wetter nach wenigen Aktivitäten ins Schwitzen. Und dann bleiben sie sehr wohl ohne Abschwitzdecke gesund.

Zum Thema "genug Wärme nachproduzieren" - ja, schon, klar, drum trocknet das Fell ja von unten nach oben, an der Haut zuerst. Aber "genug Wärme" bedeutet nicht Schwitzen, sondern nur ausreichend, um das Fell zu trocknen. Das funktioniert sogar bei feuchtem Nebelwetter.

Was natürlich klar ist: es kostet mehr Energie, als wenn man eindeckt. Drum entscheide ich das unterschiedlich je nach Pferd.
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Beitrag von Sheitana »

Finchen hat geschrieben: Was natürlich klar ist: es kostet mehr Energie, als wenn man eindeckt. Drum entscheide ich das unterschiedlich je nach Pferd.
Natürlich.

Wenn ich ein Pferd habe, was so schon Probleme hat im Winter zu heizen und ich es mit mehr Futter nicht hinkriege (bzw. nicht die Möglichkeit dazu habe), dann muss eben eine Decke her.

Ich denke es schadet auch nicht, wenn man mal eine Abschwitzdecke drauf macht. Nur braucht man meiner Meinung eben nicht stundenlang und 3 Abschwitzdecken lang zu warten bis das Pferd rappeltrocken ist.
LG
Sheitana
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Phanja

Beitrag von Phanja »

Ich verstehe irgendwie nicht, warum man das so schwarz-weiss sehen muss. Es gibt eben Pferde, die kriegt man im Offenstall unter der Abschwitzdecke bei Temperaturen knapp über null nicht in ner halben
Stunde trocken. Ich benutze durchaus die Abschwitzdecke, aber wenn die Haut und das Unterfell trocken ist, nehm ich sie runter. mir ist ein wenig schleierhaft, wie man bei "Eisbärenfellpferden" warten soll, bis das Pferd trocken ist. Man kann ja schwerlich das Pferd mit Abschwitzdecke bis zum nächsten Tag in den Offenstall stellen. Und für die Regendecke mit Fleece ist es momentan einfach noch zu warm. Ich finde, man sollte es vom Wetter und vom Pferd abhängig machen
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-Tanja-
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Beitrag von -Tanja- »

*Phanjazustimm* Nur DIE Lösung gibt's nicht. Da brauche ich nur an meine beiden Exemplare zu denken: Amor ist total schnell trocken, Laika schwitzt gerne nach. Sie hat auch ganz anderes Fell als Amor.

Ich schaue grundsätzlich, daß ich mein Pferd nach anstrengender Arbeit trockenreite oder -führe. Das vergessen nämlich auch viele gern. :wink: Dann stellt sich das Problem doch gar nicht. Ansonsten kommt auch bei mir die Abschwitzdecke drauf und gut. Wechseln mußte ich eine klamme Decke gegen eine trockene noch nie.
Phanja hat geschrieben:Man kann ja schwerlich das Pferd mit Abschwitzdecke bis zum nächsten Tag in den Offenstall stellen.
Wenn's mal gar nicht anders ging, habe ich aber auch schon das gemacht. Das waren allerdings sehr seltene Ausnahmen.
lg, Tanja

Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
Aus: "Vollendete Reitkunst", Dr. Udo Bürger, 1959
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Beitrag von Jolly »

Eine Patentlösung gibt es meiner Meinung nach nicht. Teilweise gehen die Pferde bei mir nach dem Reiten auch noch feucht wieder zurück in den Offenstall, aber nur dann, wenn das Wetter nicht kalt und windig ist, die Sattellage nicht durchgeschwitzt ist und sie sich im Brustbereich schon wieder kühl anfühlen. Bei sehr kaltem Wind bekommen sie eine dünne atmungsaktive Regendecke drauf.
Die Pferde, die ich im Winter sehr regelmäßig reite, werden an der Brust und teilweise auch einen Streifen seitlich des Bauches bis zur Flanke geschoren, so können sie ohne Decke auskommen, schwitzen beim Reiten aber deutlich weniger.
Wenn die Pferde so stark geschwitzt haben, dass die Sattellage auch nass ist, dann werden sie auf jeden Fall eingedeckt, allerdings bei mir immer mit Regendecke, die bleibt dann die Nacht über und teilweise auch den nächsten Tag drauf (weil eine nasse Sattellage bei meinen Pferden nur dann auftritt, wenn sie wirklich hart gearbeitet haben (Ausnahme ist extrem warmes Wetter)) da ich dann möchte, dass die Muskulatur schön warm bleibt und gut durchblutet wird. das kommt im Winter aber nicht sehr häufig vor.
Die Varianten klappen bei mir sehr gut, bei 4 Pferden und 20 Wintern hatte ich zweimal einen Husten, der aber jeweils das erste Mal nach einem Reithallenbesuch auftrat, in dem Stall gerade ein Infekt umging.
Ansonsten nix, auch wenn die Pferde öfter feucht zurück in den Offenstall gehen.
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Firli
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Beitrag von Firli »

Ich habe den Eindruck, dass schon gerne stark vermenschlicht wird bei dem Thema und dass die Deckenindustrie sehr viel Einfluss hat.

Wenn ein Pferd gesund ist, selber wählen kann, ob es sich bewegen möchte oder im geschützten Stall stehen möchte, dann stelle ich es ohne Abschwitzdecke einfach raus, auch wenn es noch deutlich feucht ist.
Wichtig: Es muss bereits abgekühlt sein, so dass der Puls und die Atmung ganz normal sind. Bis das so weit ist, führe ich, und wenn ich mal länger stehen muss aus irgend einem Grund, dann werfe ich eine Decke rüber.

Bei uns machen das alle so mit den verschiedensten Pferden. Alle Pferde schwitzen bei uns im Winter öfters stark, weil es ziemlich den Berg raufgeht und wir nicht nur Schritt reiten. Schlechte Erfahrungen hat damit noch niemand gemacht.

Bei einer Boxe hätte ich aber wirklich etwas Bedenken, ein feuchtes Pferd reinzustellen. Und es mag hie und da besonders empfindliche Pferde geben. Ich kann aber nicht glauben, dass das so oft der Fall ist, wie in vielen Foren beschrieben. Oder aber ich begegne einfach anderen Pferden.

Mir fällt halt schon auf, welche "Deckenmanie" sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Das finde ich schon etwas fragwürdig, zumal ein Pferdefell doch eine recht praktische und durchdachte Ausrüstung für ein Pferd ist.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Firli, ich mache es mir da ganz einfach: Braucht ein Pferd eine Decke, bekommt es eine, braucht es keine - dann eben nicht.
Was unsere Iberer angeht: Die brauchen definitiv eine. Zum einen, weil sie auch im zweiten Herbst in Deutschland kein vernünftig dickes Winterfell entwickeln (wozu sicher auch die Tatsache beiträgt, dass die Jungs beide Spätkastrierte sind und als solche eher ihr Hengst-Winterfell beibehalten), zum anderen, weil die Kombi aus Kälte und Regen sofort auf den Rücken geht. Das ist bei dem Jüngeren sogar noch extremer, als bei dem 15jährigen. Der läuft total klemmig und staksig, nach dem ersten Kälteeinbruch in diesem Jahr betrug die Aufwärmphase mal eben eine Stunde. Und? Warum soll ich das den Zossen und auch mir denn antun, wenn eine Decke das Problem erledigt. Daher ist es für mich auch eine Selbstverständlichkeit, dass nach dem Reiten eine Abschwitzdecke aufs nasse/feuchte Pferd kommt.
Ach ja: Beide Pferde sind übrigens sehr gesund, die kennen den TA nur vom Impfen…
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Beitrag von gimlinchen »

danke, cubano
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Firli
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Beitrag von Firli »

Oh, ich habe an sich nichts gegen Abschwitzdecken. Von mir aus kann eindecken wer möchte.
Ich werde einfach den Eindruck nicht los, dass es vor allem ein menschliches Bedürfnis ist, das Pferd so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte. Mich stört das vor allem dann, wenn eben nicht mehr aufs einzelne Pferd eingegangen wird, sondern vermenschlicht gedacht wird. Und es stört mich auch, wenn das Nichtverwenden einer Abschwitzdecke fast schon vorwurfsvoll kommentiert wird. Genauso wie ich nicht verstehe, weshalb das Schwitzen des Pferdes als Problem angesehen wird. Aber vielleicht hatte ich bisher auch einfach immer Glück und sehr robuste Pferde.
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Firli hat geschrieben:Aber vielleicht hatte ich bisher auch einfach immer Glück und sehr robuste Pferde.
Warte bis sie älter werden - dann ändern sich diverse Einstellungen von selber :roll:

Man muß aufs Pferd schauen und gut.
Ist bei den Menschnen ja auch nicht anders - wo der eine noch hemdsärmlig rennt hat der andere schon Rollkragenpulli und Anorak an :lol:
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
Pünktchen

Beitrag von Pünktchen »

Noch benutze ich keine Abschwitzdecke, weil es bei uns noch nicht so kalt ist. Mein Freund hat aber mal die Vermutung geäußert, dass das bei einem sonst uneingedeckten Pferd vielleicht auch besser ist, weil die Abschwitzdecke das Fell plattdrücken und so die natürliche Funktion beeinträchtigen würde. Hm.

Eigentlich versuche ich mein Pferd gar nicht so nass zu reiten, weil ich gelesen habe, dass dann die Unterwolle verklebt. Das klappt allerdings dank der dichten Unterwolle nicht so gut :wink:

Ich versuche möglichst lang in der Halle oder am Putzplatz rumzustehen, weil das eben geschlossene Räume bei uns sind.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Phanja, Cubano, Ottilie ... und vielleicht noch jemand :wink: sagen es doch treffend: es gibt kein Richtig und Falsch bzw nur in Bezug auf "richtig ist, was individuell erforderlich ist". Und auch definitiv richtig: da eine Decke nutzen, wo es nicht sein MUSS, schadet aber auch niemandem, ist also definitiv auch nicht falsch! :lol:

Ausgangsfrage ist somit recht einfach zu beantworten: ist eine Abschwitzdecke unbedingt erforderlich? Nein, nicht bei allen Pferden. Bei manchen aber sehr wohl.
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