Frage zum Angaloppieren

Rund um die klassische Reitkunst

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Janina
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Beitrag von Janina »

Francois hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:...wobei das eine das andere nichst ausschließt.

dann sitzt Du auf beiden Gesäßknochen gleichmäßig (wäre die 3. Variante). Es geht hier ja um die Hilfe zum Angaloppieren, nicht um das Danach :wink:
Kommt darauf an, bis wohin man es als "Angaloppieren" bezeichnet und ab wann als "Galoppieren". Wenn ich es als die Zeit definiere, bis das Pferd den ersten Galoppsprung ausgeführt hat, kann ich durchaus auch noch während des Angaloppierens erst außen (also auslösender Impuls für das äußere HB) und dann innen sitzen :wink:

Francois hat geschrieben:Ich hab übrigens ein vielleicht passendes Zitat von Kurt Albrecht, dem ehemaligen Leiter der Wiener Hofreitschule:
"Man kann sich überhaupt nicht oft genug selbst vorsagen, daß man mit den Reiterhilfen nicht etwa einem Pferd "helfen" kann, sondern dass man mit ihnen nur die Reiterwünsche signalisieren kann. Die Ausführung ist ausschließlich Sache des Pferdes"
Hm, sehe das eigentlich eher wie horsmän: Man kann das Pferd durch bestimmte Einwirkungen behindern, genauso kann man ihm aber auch (in gewissen Grenzen) helfen. Natürlich muss das Pferd dafür die Hilfen auch verstehen, aber wie will man denn definitiv festlegen, ob das Pferd jetzt "nur" den Sinn der Hilfe versteht oder ob sie ihm tatsächlich eine physische Unterstützung bietet? :roll:
Für´s Ergebnis ist es wohl letztlich auch egal, aber für mich als Reiter ist es schon wichtig, eine Erklärung zu haben, warum ich eine Hilfe eben so und nicht anders gebe.
Übrigens: Albrechts "Rupfen am äußeren Zügel" zum Angaloppieren hat mich damals nicht unbedingt überzeugt :D (ich habe auch immer heimlich außen getrieben, das Bein konnte er ja von innen nicht sehen, weil ich da ja noch etwas kleiner war :lol: )
Liebe Grüße,
Janina
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Francois
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Beitrag von Francois »

Stephanie hat geschrieben:Hallo,


Bea, wenn ich mein äußeres Bein zurücknehme, komm ich aussen mit dem Gesäßknochen mehr nach unten...
Wenn ein Reiter gerade auf dem Pferd sitzt und dabei beide Gesäßknochen belastet, wird beim Zurücknehmen eines Beines der dem zurückgenommenen Bein entgegengesetzte Sitzknochen mehr belastet. Das kann man sehr leicht prüfen, wenn man sich z.B. auf einen Hocker setzt, seine Hände unter die Sitzknochen legt und das Bein zurücknimmt. Besonder deutlich wird das bei jenen Reitern, die Das Bein bis zur Schabracke zurücknehmen. :wink: Nur wenn man wirklich aktiv das Gewicht zusätzlich nach außen legt, wird auch der äußere Knochen mehr belastet. Was aber zunehmend schwerer wird, je mehr er zurückgenommen wird. Kurt Albrecht war übrigens ein Verfechter des inneren Gesäßknochens:
Der Einsatz des äußeren Schenkels, noch dazu weit hinter dem Gurt, trifft, ganz egal aus welcher Gangart man das Pferd in den Galopp einspringen lassen möchte... auf ein aufgefußtes und damit "festgestelltes" äußeres Hinterbein. Damit ist die Wirkung dieses Schenkeleinsatzes gleich null.

Daß trotzdem aber diese allseits verlangte Schenkelhilfe Wirkung zeigt, kommt daher, daß durch das Zurücklegen dieses Schenkels automatisch ein vermehrter Druck auf den inneren Gesäßknochen ausgeübt wird, und dieses natürlich nur bescheidene zusätzliche Gewicht zwingt den inneren Hinterfuß zur Vorwärtsbewegung zum Zwecke des Abstützen des Gewichts. Wird in diesem Moment dieses Vorschwingens auch noch der innere Reiterschenkel am Gurt wirksam, wird das vorschwingende innere Hinterbein zu einem vermehrten Untersetzen bewogen und der Galopp wird runder und gesetzter bei gleichzeitiger Entlastung der Vorhand, wodurch ein besonders auffallender "Bergauf-Galopp" entsteht."

Viele Grüße

Francois :wink:
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susiesonja
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Beitrag von susiesonja »

Francois hat geschrieben: Kurt Albrecht war übrigens ein Verfechter des inneren Gesäßknochens:
...wird in diesem Moment dieses Vorschwingens auch noch der innere Reiterschenkel am Gurt wirksam, wird das vorschwingende innere Hinterbein zu einem vermehrten Untersetzen bewogen und der Galopp wird runder und gesetzter bei gleichzeitiger Entlastung der Vorhand, wodurch ein besonders auffallender "Bergauf-Galopp" entsteht."
Manchmal tue ich mich mit den Zusammenhängen etwas schwer. Ich bin bisher immer so angaloppiert, das ich mein Gewicht gar nicht bewußt verändert habe, sondern nur durch ein leichtes vorschieben der inneren Hüfte mit ein klitzekleines bißchen innerem Bein.
Dann habe ich angefangen zu experimentieren und habe mal das Gewicht bewußt etwas nach aussen genommen. "Gas" mit dem inneren Bein.
Mein Gefühl beim Angaloppieren war so wesentlich angenehmer, also runder und gesetzter.

Nun meine eigentliche Frage: Ich mache gerade Verrenkungen auf meinem Stuhl... Wenn ich sowieso die innere Hüfte zum Angaloppieren vorschiebe, kommt dann nicht automatisch das Gewicht etwas nach aussen? Mein äusserer Schenkel bleibt zum Angaloppieren eigentlich immer recht weit vorne. Eine Andeutung des verwahrenden Schenkels reicht bei meinem Pferd. Somit findet keine Gewichtsverlagerung nach innen statt und trotzdem fühlt es sich besser an, als wenn ich bewußt innen belaste.

Mensch... kann mir noch jemand folgen...? :roll: bzw. meinen Knoten lösen?
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Tut mir leid, ich sitz hier und probier auf meinem Stuhl rum...

Wenn ich mein linkes Bein zurücknehme, so, wie ich es beim Reiten mache, geht mein linkes Gesäß leicht mit zurück und kommt mehr an "im" Hocker... Links hebt es leicht ab, bzw. wird durch die Bewegung links ein wenig nach vorne geschoben - ohne den Kontakt zu verlieren...
Und genauso empfinde ich es auch beim Reiten.

Ich muss es nochmal im Sattel machen - bin probierwillig und melde mich!
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Francois
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Beitrag von Francois »

Stephanie hat geschrieben:Tut mir leid, ich sitz hier und probier auf meinem Stuhl rum...

Wenn ich mein linkes Bein zurücknehme, so, wie ich es beim Reiten mache, geht mein linkes Gesäß leicht mit zurück und kommt mehr an "im" Hocker... Links hebt es leicht ab, bzw. wird durch die Bewegung links ein wenig nach vorne geschoben - ohne den Kontakt zu verlieren...
Und genauso empfinde ich es auch beim Reiten.

Ich muss es nochmal im Sattel machen - bin probierwillig und melde mich!
Die Ausgangslage muss dabei ein gerader Sitz sein, der beide Gesäßknochen gleich belastet. Natürlich kann man beim Zurücklegen des äußeren Beines auch das Gewicht nach außen verlagern, allerdings wird man bei weitem Zurücklegen in der Regel seinen geraden Sitz aufgeben und in der Hüfte einknicken oder sich in anderer Art und Weise dezent verbiegen. Das vermehrte Gewicht auf dem gegenüberliegenden Sitzknochen ist dagegen die natürliche Reaktion eines Reiters. Nicht ohne Grund legen Die Wiener so viel Wert auf ausgedehnte Sitzschulung an der Longe :wink:

Viele Grüße

Francois :wink:
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Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Danke für die Hinweise :roll:
Ich kann mein Pferd 3 Tage nicht reiten. Aber dann wieder.
Zum Glück muss ich mich auf ihm nicht verbiegen, sondern kann einfach nur den äußeren Steigbügel austreten und mich im Sitz strecken...
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Medora
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Beitrag von Medora »

Passend zu diesem Thema ein ganz interessanter Hinweis, den ich bei Horst Becker gefunden habe: Dass es eigentlich als Galopphilfe ausreiche, ein leichtes Arret am äußeren Zügel zu geben und dass man keinesfalls immer auch Schenkel- und Gewichtshilfen einzusetzen braucht. Das kurze Zupfen am äußeren Zügel wirke ein bisschen so, als würde man dem Pferd "ein Bein stellen" (sein Wortlaut) und es würde anspringen.

Das war lustig für mich zu hören, weil genau das bei Aramis immer ausgereicht hat. Ich denke, auch hier machen wir oft viel zu viel.

Medora
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

@medora:

ich kenne diesen Arret am Aussenzügel von Kurt Albrecht, Wiener Hofreitschule. Er hat es erklärt, dass damit das äußere Vorderbein quasi zurückgehalten würde und das innere VB damit in den größeren Bogen einspringen könne (in Verbindung mit dem zu streckenden Oberkörper).
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Medora
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Beitrag von Medora »

Jep, Becker bezieht sich auch öfters auf die Hofreitschule. War für mich nur wieder so ein Fingerzeig, mit wie wenig wir doch oft ganz viel erreichen können :D

Medora
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bea
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Beitrag von bea »

Francois hat geschrieben:Wenn ein Reiter gerade auf dem Pferd sitzt und dabei beide Gesäßknochen belastet, wird beim Zurücknehmen eines Beines der dem zurückgenommenen Bein entgegengesetzte Sitzknochen mehr belastet.
Genau so habe ich es bisher bei mir auch beobachtet... :kopfkratz: Das meinte ich auch mit "innen wachsen".

LG, Bea
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Tornano
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Beitrag von Tornano »

Philippe Karl sagt zum Angaloppieren aus dem Trab, dass
das Angaloppieren immer durch eine Entkoppelung der Bewegung des inneren Diagonalen Beinpaares beginnt (das äußere diagonale Beinpaar fusst ja nach wie vor gleichzeitig).

Diese Entkoppelung könne auf zwei Arten geschehen:

1. das innere Vorderbein fusse verfrüht auf (begünstigt durch eine vermehrte Belastung des Sitzes nach innen).
2. verführtes Auffussen des äußeren Hinterbeins (begünstigt durch eine vermehrte Belastung des Sitzes nach außen).

Bei der ersten Variante galoppiere das Pferd aus dem Gleichtgewicht an (die Kruppe hebt sich).

Bei der zweiten Variante galoppiert das Pferd in das Gleichgewicht an (die Kruppe senkt sich).
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Celine
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Beitrag von Celine »

Sagt P.K. auch, was seiner Meinung nach zu bevorzugen ist? Ich hab das auch mal irgendwann gelesen, aber das Buch nicht zuhause zum Nachschlagen.

Ich bin bislang immer davon ausgegangen, dass die Galopphilfe eher ein Kommando ist. D.h., das Pferd hat gelernt, z.B. auf Zurücknehmen des äußeren Schenkels anzugaloppieren.
Daher ist die Galopphilfe dann gar keine "Hilfe". Ich kann genauso gut "Galopp" sagen.
Umso gespannter verfolge ich diese Diskussion.
Tornano
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Beitrag von Tornano »

Das Angaloppieren ins Gleichgewicht.

Du kannst durch die Vorbereitung, bedingt beeinflussen, wie Dein Pferd angaloppiert, genauso, wie Du bei Pferden, die ungern auf einer Hand angaloppieren (bedingt durch ihre natürliche Schiefe) doch erreichen kannst, dass sie auf dieser Seite richtig angaloppieren.
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Celine
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Beitrag von Celine »

Klar, ist ja logisch :oops: Hab ich ein Brett vorm Kopf gehabt
moreno
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Beitrag von moreno »

Hallo,

Angaloppieren läuft, wie jede Aktion auf dem Pferd, als konditionierter Reflex ab, was bedeutet, ich kann auch ein Pferd am rechten Ohr ziehen und es wird rechts angaloppieren oder zulegen (s. Rih in Karl Mays Werken).

Aber jeder konditionierte Reflex solle doch möglichst nahe am Geschehen liegen. Und dieses ist z.B. beim Linksgalopp: Das Pferd beschleunigt über 1/2 Tonne Masse mit einem Bein nach vorne und oben und zwar mit dem äußeren Hinterbein. Das äußere Hinterbein schiebt jedoch nur so lange, wie es auch auf dem Boden ist. Beide inneren Extremitäten sollten sich Anheben und nach vorne greifen.

Der Reiter sollte demnach also dafür sorge, daß

1. das äußere Hinterbein möglichst lange Bodenkontakt behält, um kräftig abfussen zu können, und daß

2. die inneren Extremitäten leicht werden, um weit vorgreifen zu können.

So! Da der Reiter auf dem Pferd nur sein eigenes Gewicht hat, um das System Pferd-Mensch (ev. noch über Hebelwirkungen) zu beeinflussen, kann man sich jetzt noch einmal fragen, wie man den Konditionierten Reflex das Angaloppierens möglichst nahe am physiologischen Geschehen kreieren sollte.

Schöne Grüße,

Dörr
Reiten sie ihr Pferd glücklich. (N. Oliveira)
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