Frage zum Angaloppieren

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bea
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Frage zum Angaloppieren

Beitrag von bea »

Hallo zusammen

Es gab auf „écuyer“ schon mal einen Thread zum Angaloppieren, wo wir ja v.a. die Vor- und Nachteile vom Angaloppieren durch den inneren oder den äusseren Schenkel diskutiert hatten. Ihr könnt hier gerne nochmals auf diese Diskussion zurückkommen, meine explizite Frage richtet sich allerdings auf die Gewichtshilfen zum Angaloppieren. Ich habe eben in „Bea Borelles Pferdetraining“ gelesen, dass sie vorschlägt, zum Angaloppieren aussen zu belasten, damit die innere Seite des Pferdes frei ist, um weiter vorzugreifen. Nun ist es aber ja so, dass das Pferd mit dem äusseren Hinterbein in den Galopp einspringt – störe ich es da nicht gerade darin, wenn ich nun aussen belaste? Ich selber halte es so, dass ich zum Angaloppieren nicht explizit eine Gewichtshilfe gebe, sondern der Impuls ausschliesslich von meinem äusseren Schenkel kommt. Ich habe allerdings festgestellt, dass ich automatisch leicht innen belaste, indem ich den äusseren Schenkel zurück lege und auf meiner inneren Seite „wachse“. Die Belastung aussen als Option für das Angaloppieren kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Kann mir das jemand genauer erklären?

LG, Bea
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Colloid
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Beitrag von Colloid »

Ich habe inzwischen auf mehreren Pferden gesessen, die mit Gewichtshilfe außen angaloppiert wurden (sitzt man da innen, springen sie im Außengalopp an). Logik des Ganzen ist, daß (auch hier) das Pferd unter das Gewicht tritt. Die Gewichtsverlagerung ist im übrigen minimal, es wird nur geringfügig der äußere Sitzbeinknochen stärker belastet.
Da die Galopphilfe ja eine rein erlernte Hilfe ist, kann man sie ausführen , wie auch immer man möchte, solange man dabei bleibt...
Man kann beispielsweise 10 Westerntrainer fragen, wie sie angaloppieren und erhält mindestens 11 Antworten :D
LG
Colloid
Das Pferd lehnt sich an den Reiter an. Wenn die Abstimmung zwischen Pferd und Reiter ideal ist, wird das Mittel der Anlehnung, der Zügel, fast entbehrlich.
Richard Hinrichs
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pepe
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Beitrag von pepe »

Das hatte ich gefragt in Hinblick auf die Fliegenden...
Ich versuch das Angaloppieren ganz dezent durch Schieben von innen- hinten an den äußeren Zügel zu erreichen. Von außen unsichtbar...aber für den fliegenden Wechsel deutlich genug?
Frage: wird das Pferd imWesternbereich nicht auch nach außen gestellt um es innen anzugaloppieren?
"Reiten Sie Ihr Pferd teuer!" -Richard Hinrichs
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Colloid
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Beitrag von Colloid »

pepe hat geschrieben:Frage: wird das Pferd imWesternbereich nicht auch nach außen gestellt um es innen anzugaloppieren?
Wie gesagt, frag 10 westerntrainer und du bekommst 11 Antworten ;)
Die Westernleute haben ja keine Reitlehre, da gibt es unheimlich viele Stömungen...Es gibt auch Leute, die zum Abwenden außen sitzen...Deren Logik ist: das Pferd weicht dem Gewicht...
Mir erschließt sich diese Logik allerdings nicht...
LG
Colloid
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Janina
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Beitrag von Janina »

Ich denke auch, dass beides funktioniert, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich es meinem Pferd einfacher mache, wenn ich außen belaste :D
Es geht darum, dass man sein Gewicht immer dorthin bringt, wo auch das Pferd sein Gewicht hat. Beim Angaloppieren stützt das Pferd sich auf dem äußeren Hinterbein ab, also ist da auch das Reitergewicht.
Nach dem Angaloppieren sitzt man dann aber wieder so, wie es die jeweilige Bewegungsrichtung erfordert, also man "hängt" nicht während des gesamten Galopps nach außen (oder war das klar :roll: ).
Die Beinhilfe soll ja auch im Laufe der Zeit reduziert werden und idealerweise sollten die Serienwechsel dann fast nur noch über die Gewichtshilfe geritten werden können (ja, ja, jetzt sind wir wieder beim Ideal :lol: )
Nein, aber gerade bei den Serienwechseln merkt man bei einem Pferd, welchem das schwer fällt, welche Hilfe für das Pferd auch wirklich eine solche ist oder es im Gegensatz dazu eher behindert. Und da habe ich mit meinem Pferd eben die Erfahrung gemacht, dass die Belastung außen unterstützt. Ich streite aber nicht ab, dass das bei anderen Pferden nicht auch anders sein kann ;)
Liebe Grüße,
Janina
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DynaMitreiterin
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Beitrag von DynaMitreiterin »

Janina hat geschrieben:Ich denke auch, dass beides funktioniert, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich es meinem Pferd einfacher mache, wenn ich außen belaste :D
Es geht darum, dass man sein Gewicht immer dorthin bringt, wo auch das Pferd sein Gewicht hat. Beim Angaloppieren stützt das Pferd sich auf dem äußeren Hinterbein ab, also ist da auch das Reitergewicht.
Das leuchtet mir ein und scheint mir dem Ideal von einem harmonischen "Gleichschritt" mi dem Pferd kongruent. Dem würde ich mich erst mal anschliessen, vielen Dank.
Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und niemand ginge, um mal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.
(Kurt Marti)
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bea
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Beitrag von bea »

Danke, jetzt habe ich das WARUM von aussen belasten verstanden. :)

LG, Bea
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Francois
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Beitrag von Francois »

bea hat geschrieben:Danke, jetzt habe ich das WARUM von aussen belasten verstanden. :)

LG, Bea
Als eine der möglichen Erklärung für die Variante "Gewicht auf dem inneren Gesäßknochen" kann z.B. folgendes dienen:

Wenn man auf seinem Pferd im Galopp mit sehr bewusstem Gefühl für den Bewegungsablauf sitzt, wird man feststellen, dass das Pferd zwar mit dem äußeren Bein den Galopp beginnt, durch die nun folgende diagonale Beinphase des inneren Hinterbeins und äußeren Vorderbeins sich aber dann innen leicht senkt und damit den Reiter leicht nach innen setzt. Es entsteht eine in Nuancen schwankende Seitwärtsbewegung. Vermehrt der Reiter nun beim Angaloppieren den Druck auf den inneren Gesäßknochen, so kann er das Pferd zu dieser diagonalen Fußfolge animieren. Diese Gewichtsverlagerung hat also weniger mit einer Richtungsvorgabe zu tun, sondern eher damit, ein Pferd zu einer Fußfolge einzuladen, denn das ganze funktioniert auf geraden und gebogenen Linien. :wink:

Auch im Trab ist dieses leicht schwankende Becken zur Seite zu fühlen. Unterbricht der Reiter nun diesen Rhythmus, indem er z.B. auf der inneren Seite bewusst „zweimal“ sitzt, wird das Pferd in der Regel leicht angaloppieren. Susanne von Dietze demonstriert das bei Ihren Sitzschulungen, wie ich finde, immer sehr eindrucksvoll bei Reitern, die Probleme haben, ihr Pferd, was eigentlich galoppieren kann, aus dem Trab anzugaloppieren.

Wie man sieht, gibt es viele Wege... :wink:

Viele Grüße

Francois :wink:
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bea
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Beitrag von bea »

Danke Francois. Ich merke beim Angaloppieren dieses Nach-Innen-Setzen, habe mir das aber bisher v.a. aus meinen eigenen Bewegungen erklärt. Das klingt aber einleuchtend, was du über die Fussfolge schreibst. :)

LG, Bea
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Janina
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Beitrag von Janina »

...wobei das eine das andere nichst ausschließt.
Ich kann als Hilfe zum Angaloppieren das Gewicht nach außen verlagern, mich aber, sobald das Pferd mit der inneren HH u. der äußeren VH auffußt, wieder nach innen "setzen lassen". Deshalb meinte ich ja: Kein "nach-außen-Hängen" ;)
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Francois
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Beitrag von Francois »

Janina hat geschrieben:...wobei das eine das andere nichst ausschließt.

dann sitzt Du auf beiden Gesäßknochen gleichmäßig (wäre die 3. Variante). Es geht hier ja um die Hilfe zum Angaloppieren, nicht um das Danach :wink:

Ich hab übrigens ein vielleicht passendes Zitat von Kurt Albrecht, dem ehemaligen Leiter der Wiener Hofreitschule:
"Man kann sich überhaupt nicht oft genug selbst vorsagen, daß man mit den Reiterhilfen nicht etwa einem Pferd "helfen" kann, sondern dass man mit ihnen nur die Reiterwünsche signalisieren kann. Die Ausführung ist ausschließlich Sache des Pferdes"
Viele Grüße

Francois ;-)
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horsman
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Beitrag von horsman »

Interessanter Satz, da von Kurt Albrecht.
Aber stimmt das wirklich so uneingeschränkt?
Klaro, ausführen muss das Pferd letztlich selbst.
Aber man kann ihm die Arbeit dabei doch erschweren, oder eben nicht erschweren, insofern quasi helfen. Deshalb macht es m.E. schon Sinn, sich über die Wirkung seines Tuns auf dem Pferd klar darüber zu werden, ob man hilft oder erschwert, auch über den Aspekt der reinen Konditionierung (i.S. eine "Knopfes") hinaus.

Oder nicht?
Ich denke da z.B. an die Gewichts"hilfe".
Gg. die Bewegungsrichtung schleppt das Pferd den Reiter hinterher
In der B. folgt das Pferd dem Reiter.
Oder die Belastung der einen oder anderen Seite, bzw. der Hanken oder der Schultern usw.
Nicht dagegen denke ich an eine Dauerhilfengebung um etwa eine Bewegung oder Haltung in Gang zu halten!
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Francois
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Beitrag von Francois »

horsmän hat geschrieben:Interessanter Satz, da von Kurt Albrecht.
Aber stimmt das wirklich so uneingeschränkt?
Klaro, ausführen muss das Pferd letztlich selbst.
Aber man kann ihm die Arbeit dabei doch erschweren, oder eben nicht erschweren, insofern quasi helfen. Deshalb macht es m.E. schon Sinn, sich über die Wirkung seines Tuns auf dem Pferd klar darüber zu werden, ob man hilft oder erschwert, auch über den Aspekt der reinen Konditionierung (i.S. eine "Knopfes") hinaus.

Oder nicht?
Ich denke da z.B. an die Gewichts"hilfe".
Gg. die Bewegungsrichtung schleppt das Pferd den Reiter hinterher
In der B. folgt das Pferd dem Reiter.
Oder die Belastung der einen oder anderen Seite, bzw. der Hanken oder der Schultern usw.
Nicht dagegen denke ich an eine Dauerhilfengebung um etwa eine Bewegung oder Haltung in Gang zu halten!
Er bezieht diese Aussage auch auf den Umstand, dass eben viele Reiter übertriebene Hilfen geben oder zum falschen Zeitpunkt, die das Pferd mehr behindern als ihm helfen. Besonders deutlich wird das bei den Wechseln. Die Devise heisst weniger ist hier mehr. Wichtig ist, dass das Pferd die Hilfe versteht. Das bedeutet selbstverständlich, dass man sich über die Wirkung der Hilfe im Klaren ist. Dabei bleibt diese Hilfe immer nur eine Einladung, für das Pferd etwas zu tun. Und einladen kann man, wie man hier sieht, auf verschiedene Art und Weise. Es liegt am Reiter zu entscheiden, wie er seine Einladung verfasst :wink:

Viele Grüße

Francois :wink:
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horsman
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Beitrag von horsman »

OK.
In dem Sinne passt auch wunderschön der Satz von Oliveira:
"Das Geheimnis beim Reiten ist, weniges richtig zu tun"

:D
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Hallo,

ich galoppiere das Pferd eher über das verstärkte Sitzen aussen an, weil nach dem Einspringen ja die innere Körperhälfte einen größeren Bogen springen muss. Diese möchte ich gerade bei jungen Pferden nicht belasten, sondern ihnen das Einspringen über das Ranholen des äußeren Hinterbeins mit der Gesäßknochenanimation und das innen mit unverändertem Kontakt bleibend erleichtern. Senkt sich das diagonale Beinpaar ab, folge ich gewichtsmäßig fast gleich rechts und links.
Auch stelle ich gern nach aussen (wenn möglich nur "kurzer Ruckl am Aussenzügel" - im besten Wiener Schmäh von K.A.) und lass in die Ecke hinein anspringen, wenn ein Pferd Probleme mit dem Innengalopp hat.

Bea, wenn ich mein äußeres Bein zurücknehme, komm ich aussen mit dem Gesäßknochen mehr nach unten...

Ich denke, die meisten Reiter fühlen den inneren Gesäßknochen deutlicher, weil der Bogen der inneren Körperhälfte größer ist und damit das Pferd deutlicher spürbar unter den Gesäßknochen kommt. Und solange man noch nicht in der Lage ist, seine Gesäßknochen deutlich im richtigen Moment einzusetzen, wird man auch das von unten kommende deutlicher spüren?

Neulich allerdings bin ich eine Stute geritten, die Probleme mit dem Rechtsgalopp hat und ich muss sagen: ich hab es kaum geschafft, sie anzugaloppieren. Wie eine Schlange bog sie ihren Hals bei angenommenem Zügel weg, worüber ich kaum in der Lage war, aussen die Schulter leicht zurückzuhalten und sie war nur über den inneren Gesäßknochen in Verbindung mit deutlich innen angelegtem Bein in den richtigen Galopp zu bewegen...
Eine interessante Erfahrung...

Bei Kurt Albrecht mussten wir uns ausschließlich strecken im Rücken, so dass beinahe nur noch die Gesäßknochen am Sattel blieben und an Galopp denken, die Beine durften weder innen noch aussen sichtbar bewegt werden... Das ist auch schön, wenn Du nur unters Hallendach guckst und Dein Pferd galoppiert, aber ich muss zugeben, dass ich zu der Zeit auch noch nicht soooo arg auf meine Gesäßknochen geachtet habe.

Stephanie
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