Können Pferde vermissen?

Infos und Fragen rund ums Thema "wie Pferde denken"...

Moderatoren: Janina, dshengis

Sea Breeze
User
Beiträge: 50
Registriert: Mo, 19. Mai 2008 16:34
Wohnort: München

Können Pferde vermissen?

Beitrag von Sea Breeze »

Hallo zusammen,

ich habe zum Anfang des Monats mein Pferd in einen anderen Stall umgezogen. Ich habe mir die Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht und lange darüber nachgedacht und gegrübelt, ob ich das richtige und meinem Pferd damit einen Gefallen tue und ob ich zu egoistisch handeln würde. Mir war klar, dass ich zu allererst mein Pferd damit sehr stresse. Er war jahrelang in dem alten Stall zu Hause, hatte dort seine angestammte Herde, fühlte sich - soweit ich als Mensch das beurteilen kann - sehr wohl. Er ist dort sehr gut von der Stallbesitzerin betreut worden. Weiter ist er das Verladen und Transportieren nicht gewohnt. Er wird also aus seiner gewohnten Umgebung und Herde gerissen, muss den Stress mit dem Transport über sich ergehen lassen und sich dann auch noch in fremder Umgebung zurechtfinden, seine Außenbox mit einer Innenbox tauschen.

Durch den Umzug habe in erster Linie ich einige Vorteile. Der neue Stall ist näher, ich kann mich besser und häufiger um mein Pferd kümmern, es ist eine Reithalle vorhanden, der Platz ist vom Belag weniger tief (den alten fand ich zu tief), es gibt sogar ein weiteres Viereck mitten im Wald gelegen, das Gelände ist viel abwechslungsreicher... Also habe ich mich für den neuen Stall entschieden, obwohl er um einiges teurer ist. Nun das Verladen und der Transport hat den Kleinen mächtig aufgeregt, obwohl ich versucht habe, es ihm so leicht wie möglich zu machen. Habe mir einen Transporter geliehen, damit er noch etwas sicherer stand und mich während der Fahrt hören konnte, dennoch kam er klitschnaß auf dem neuen Hof an. Den ersten Tag musste er alleine auf einem Paddock verbringen, er hat den ganzen Tag lang gewiehert... Aber es wurde schnell besser, er durfte nach wenigen Tagen in die neue Herde und hat gleich von einer Stute eine geschossen bekommen, aber die verantwortliche Stute hat sich dann doch schnell in ihn "verliebt" und wurde rossig... :wink: Er macht auf mich den Eindruck, dass er sich recht schnell in seiner neuen Umgebung zurecht findet und sich wohl fühlt. Er frisst gut - das war aber auch noch nie ein Problem ;-), er wälzt sich in seiner Box, die ein gutes Stück größer ist als die alte, er geht gerne und interessiert ins Gelände, die Halle hat eine "gefährliche Ecke", aber er arbeitet dort sonst gut mit, er macht einen interessierten und entspannten Eindruck auf mich, dennoch sieht er mir lange hinterher, wenn ich den Stall verlasse, das hat er im alten Stall nicht so gemacht.

Kann ich wirklich sicher sein, dass er sich wohl fühlt? Vielleicht vermisst er insgeheim seine alte Herde, die alte gewohnte Umgebung?

Was meint ihr? Können Pferde trauern/vermissen? Ich wache sogar nachts manchmal auf und grübele darüber nach, ob es meinem Pferd wirklich gut geht. Bin ich eine naive Kuh, die ihr Pferd zu sehr vermenschlicht?
Benutzeravatar
osterbote1462
User
Beiträge: 110
Registriert: Di, 22. Apr 2008 17:01
Wohnort: Düsseldorf
Kontaktdaten:

Beitrag von osterbote1462 »

Klar können Pferde vermissen oder trauern. Sie sind ja Lebewesen.
Aber so wie du das beschreibst mit deinem Pferd glaub ich nicht das er sich unwohl fühlt.
Er ist da neu und muss sich erstma neu einfinden. Alles riecht anders und andere Pferde und andere Rhythmen.
Ich glaub er guckt dir so lang hinterher weil du diejenige bist der er momentan am meisten vertraut, er kennt doch nur dich ganz genau.
Also meine Alarmglocken schrillen nicht :)

Lg Janine
Benutzeravatar
mellison
User
Beiträge: 2274
Registriert: Mo, 25. Sep 2006 08:35
Wohnort: leipzig

Beitrag von mellison »

Ich denke auch, das es deinem Pfedchen gut geht. Zumindest so wie du es beschreibst ;-)
LG mellison

Reiten ist ganz einfach denn du brauchst fast nichts machen. Reiten ist aber auch ganz schwer denn du darfst auch fast nichts machen.
anettchen
User
Beiträge: 20
Registriert: So, 26. Okt 2008 16:26
Wohnort: Weinheim

Beitrag von anettchen »

Naja, wenn Du einen neuen Arbeitsplatz beziehen musst, weil Dein Chef Dich versetzen wollte, dann fühlst Du Dich doch auch nicht auf Anhieb wohl, must Deine Kollegen abchecken, Dich einfinden.
Klar wird Dein Pferd, die alte Herde und den Stall vermissen!!
Pferde sind von Ihrer Psychologie mit 4jährigen Kindern zu vergleichen. Auch ein Kind vermisst! Pferde vermisen einander, klar!!!
Aber gib ihm die Chance, sich einzugewöhnen und entspanne! Setz Dich dazu und versuche, Dich wohl zu fühlen. Vermittle ihm das Gefühl, daß es richtig und gut ist, was hier passiert! Damit wirst Du ihm helfen! Bist Du selbst verunsichert, hilfts dem Pferdi nicht.
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
(A.Saint-Exuperie)
Nora

Beitrag von Nora »

Hallo,

also DASS Pferde in der Lage sind, zu trauern und zu vermissen, davon bin ich absolut überzeugt. Meine Stute stand nach dem Umzug in einen anderen Stall die ersten Tage lang nur in der Ecke und glotzte und wieherte in Richtung des alten Stalles :shock:, bis sie sich dann im neuen eingelebt hatte.

Aber bei dem, was Du von Deinem Pferd schreibst, denke ich, er hat sich schon recht gut und schnell eingelebt und fühlt sich im neuen Stall schon wohl. Ich glaube sowieso, dass es immer das Wichtigste ist, dass die Pferde in ihren Gruppen Freunde finden, und das ist doch offensichtlich bei Deinem schon der Fall!!

LG, Iris
Sea Breeze
User
Beiträge: 50
Registriert: Mo, 19. Mai 2008 16:34
Wohnort: München

Beitrag von Sea Breeze »

Vielen Dank für eure Antworten. Ich muss gestehen, dass ich gestern abend beim Schreiben schon zwei Gläschen Rotwein intus hatte und etwas "weinseelig" war... :wink: Aber dieses Thema beschäftigt mich durchaus, obwohl ich recht sicher bin, dass mein Pferd es mit mir bisher ganz gut getroffen hat und es wohl wesentlich schlimmere Schicksale gibt... ;-)

@Anettchen: Du hast natürlich recht, wenn Menschen umziehen/einen neuen Job anfangen, müssen sie sich natürlich auch erst mal einleben. Aber als Mensch weiß man vorher, was in etwa auf einen zukommt und stellt sich entsprechend darauf ein. Und wenn es mit dem Einleben doch nicht so gut klappt, kann man selbst entscheiden, ob man "weiterzieht". Wir Menschen wägen eben die Vor- und Nachteile gegeneinander ab und dürfen (in den meisten Fällen) selbst entscheiden. Pferde können sich ihre Situation ja nicht aussuchen. Und ich frage mich, inwieweit ihnen dieses Ausgeliefertsein bewusst ist und sich dies auf ihr Wohlbefinden auswirkt. Deine Anmerkung, dass die Pferdepsyche in etwa der eines vierjährigen Kindes entspricht, finde ich sehr interessant. Woher hast du diese Information?

@Nora: Meine Befürchtung war z. B. das, was du beschieben hast, dass er deprimiert wäre und darüber hinaus auch keinen Anschluss in der neuen Herde finden würde. Er ist einer, der neugierig und freundlich auf andere Pferde zugeht, aber er ist in der Rangordnung schon immer eher weit unten gewesen. Dieses Bild vom abseitsstehenenden Pferd, fand ich furchtbar. Aber so schlimm ist es gott sei dank nicht gekommen. Ich frage mich nur, ob er auf der Weide denkt, es wäre ja viel schöner in der alten Herde...
LordFado

Beitrag von LordFado »

mal ganz blöd gefragt: und wenn? würdest du wirklich die Kompromisse, was Boden, Entfernung etc. angeht, wieder eingehen? Ich glaube, dass viel dabei einfach auch Gewöhnung ist - und Neues fällt ja nicht nur unseren Vierbeinenr schwer...
Benutzeravatar
Filzi
User
Beiträge: 2711
Registriert: So, 24. Feb 2008 21:24
Wohnort: Österreich

Beitrag von Filzi »

@lordfado ein bisschen Ego sind wir aber schon oder?

In erster Linie sollte es dem Pferd gut gehen, danach dem Reiter. Mir ist schon klar, dass ein tiefer Boden für Pferdebeine schlecht ist, genau so ein langer Anfahrtsweg wenn der Besitzer nicht oft zu seinem Pferd kann beziehungsweise pleite geht, weil einem die Spritkosten förmlich die Haare vom Kopf saugen.

Was heisst da also, na wenn?????

Ein Pferd misst mit anderen Massstäben als der Mensch. Ein Mensch hat das Bewusstsein sich darüber im Klaren zu sein, dass Veränderung mal notwendig sind. Aber unser Vierbeiner nicht. Dem ist es egal ob das Reiterchen jeden Comfort hat den er sich wünscht.

Für Pferde ist der Schutz der Herde, Fressen, Trinken und Fortpflanzung das Wichtigste.

Klar, die perfekte Welt existiert für Pferde genau so wenig wie für Menschen, das ist auch sicher einer der Gründe warum es so viele verhaltensgestörte Menschen wie Pferde gibt.


:evil:
"Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg." Mahatma Gandhi
Sea Breeze
User
Beiträge: 50
Registriert: Mo, 19. Mai 2008 16:34
Wohnort: München

Beitrag von Sea Breeze »

@LordFado: Berechtigte Frage. Ich würde ihn nur dann in den alten Stall zurückstellen, wenn sich herausstellen würde, dass es ihm im neuen Stall nachhaltig gesundheitlich schlechter geht oder ich den Eindruck habe, dass der Allgemeinzustand merkbar schlechter wird. So gesehen nehme ich also evtl. Eingewöhnungsschwierigkeiten in Kauf.

@Filzi: Ich glaube, das "und wenn?" von LordFado war gar nicht so abwertend gemeint, sondern sollte mehr die Überlegung nach der Alternative auslösen. Ich finde übrigens auch, dass es in erster Linie dem Pferd gut gehen sollte, aber wenn man ein Pferd hält, muss man zwangsläufig Kompromisse zwischen pferde- und menschengerecht eingehen. Ich habe lange überlegt, womit ich meinem Pferd und mir selbst den besseren Gefallen tue. Entweder lasse ich ihn seiner gewohnten Umgebung und kann mich dann höchstens einmal die Woche oder sogar weniger um ihn kümmern. Dann hat er zwar seine angestammten Pferdekollegen um sich und die gewohnte Umgebung, aber keine wirkliche Bezugsperson mehr und die Bewegung würde auch zu kurz kommen. Oder ich nehme ihm seine gewohnte Herde/Umgebung, kann mich dafür aber öfter und intensiver um ihn kümmern und zumindest mir taugt die neue Infrastruktur mehr. Vielleicht überträgt sich das ja auch ein wenig auf das Pferd, wenn es dem "Betreuer" besser geht und der Rest ist vielleicht wirklich "nur" Gewöhnung. Aber mit dieser Frage muss ich wohl leben...
LordFado

Beitrag von LordFado »

Filzi: von SeaBreeze wurde ich richtig verstanden... Ich meinte damit genau das, was du sagtest - nämlich dass es dem pferd ja was Boden etc. angeht besser geht im neuen Stall und dass es sich eben dran gewöhnen muss - in den ersten Wochen wird es sich immer unwohler fühlen als in gewohnter Umgebung, das gibt sich ja dann.
Benutzeravatar
Filzi
User
Beiträge: 2711
Registriert: So, 24. Feb 2008 21:24
Wohnort: Österreich

Beitrag von Filzi »

@lordfado, ahh ooouppsss :oops:

Yep, jetzt kapier ich auch was du meinst.

Ja die Filzi, kleines Hirn aber großes Mundwerk :oops:

Sorry
"Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg." Mahatma Gandhi
Benutzeravatar
ninischi
Moderator
Beiträge: 5406
Registriert: Di, 09. Jan 2007 01:03
Wohnort: Bad Zwischenahn

Beitrag von ninischi »

Klar können Pferde vermissen. Als die gute Freundin unserer alten Stute in einen neuen Stall geholt wurde, war unsere Dame so traurig, dass sie total abmagerte.

Aber Pferde lassen sich auch schnell ablenken. Wenn in der neuen Umgebung alles gut ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis da alles in Ordnung ist.
Bei dir klingt das sehr danach, dass das schon alles in Ordnung ist :)
"Reiten ist die Suche nach Schönheit, Geradlinigkeit und Wahrheit."
Nuno Oliveira
gimlinchen
User
Beiträge: 6669
Registriert: Mi, 24. Sep 2008 12:04
Wohnort: Kamp-Lintfort
Kontaktdaten:

Beitrag von gimlinchen »

ich denke auch, dass pferde vermissen können. meiner neigt zu intensiven freundschaften und wirkt immer geknickt, wenn ein freund / freundin umzieht

wünsche gutes eigewöhnen
fifill
User
Beiträge: 33
Registriert: Fr, 30. Mai 2008 18:42
Wohnort: Berlin

Beitrag von fifill »

Warum sollten sie nicht vermissen können?
Manchmal dauert es aber auch, bis sie im neuen Stall wirklich angekommen sind. Das kann auch schon mal ein paar Monate in Anspruch nehmen, auch wenn es nicht offensichtlich danach aussieht - mehr so´ne Kopfsache beim Pferd. Sie fallen in der Herde nicht groß aus und sind auch integriert, aber manchmal kommt da nachträglich/später nochmal sowas wie Entspannung ins Pferd. Schwierig, zu erklären.

Bisher hört sich das doch gut an. Gib ihm und auch dir noch ein bißchen Zeit.
white-feet

Beitrag von white-feet »

Ich bin im September ebenfalls wieder mit meinem Kurzen umgezogen und quäle mich jedes Mal auch mit diesen Gedanken ;-)

Ich denke auch, dass die Pferde einfach eine gewisse Zeit brauchen, bis sie sich eingewöhnt haben. Meiner fühlt sich inzwischen richtig heimisch und ist sehr glücklich im neuen Stall.

Deiner hört sich auch nicht gerade unzufrieden an, insofern Kopf hoch - in ein paar Wochen sieht die Welt schon ganz anders aus! Dann kennt er die anderen Pferde auch besser, da stimme ich den Anderen voll und ganz zu, solange bist du halt seine "Lieblingskumpeline" ;-)
Antworten