"Leichtrittigkeit" - angeboren? erlernbar?

Rund um die klassische Reitkunst

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esge
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Beitrag von esge »

Bei einem zweitpferd fällt es allerdings leichter, diese Entscheidung zu treffen, als wenn es das einzige Pferd ist. :cry:
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Jolly
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Beitrag von Jolly »

Ich kann nur zustimmen, dass schon vieles vom Grundcharakter des Pferdes abhängt... ich habe auch so ein Modell, dass sich nur dann (aber wirklich nur dann) anstrengt, wenn er einen Sinn darin sieht ... auf dem Platz ist ihm dieser Sinn nur sehr schwer zu vermitteln, dass er dazu noch körperliche Baustellen hatte, hat das nicht einfacher gemacht. Aber auch im Gelände haben schon einige Gastreiter sehr erstaunt festgestellt, dass man auch auf einem Araber die Langsamkeit entdecken kann :roll: :lol:
Ehrlich und von sich aus strengt er sich auf Distanzritten oder in fremder Umgebung an, da will er gucken, was hinter der nächsten Ecke ist.
Auf dem Platz findet er freispringen toll, da braucht er den Menschen nur, damit er die Stangen höher legt. Die Motivation wechsele bei ihm in Sekunden von "lass mich rennen" zu "ich geh keinen Schritt" mehr.
"Ernsthafte" Arbeit sehr mühsam, er kann vor dem antraben so laut seufzen, dass die Zuschauer schon anfangen zu lachen.
Dieser Grundcharakter zeigt sich aber auch in der Herde, entweder er treibt alle in den Wahnsinn, weil er spielen will, oder er lässt die anderen mit Spielaufforderung völlig abblitzen. Wenn er zu aufdringlich ist, dann muss er oft heftig Dresche einstecken, so nach dem Motto "das ist der Preis, den man halt für ein bisschen Spaß zahlen muss".
Ich versuche es immer als Herausforderung zu sehen, aber es ist mühsam und ich bin froh, dass ich noch ein feines, motiviertes, zu hektik-neigendes Alternativ-Pferd habe :oops:
Schroedi
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Re: "Leichtrittigkeit" - angeboren? erlernbar?

Beitrag von Schroedi »

summer hat geschrieben: Ist es angeboren, wie leichtrittig ein Pferd ist? (?
Na ja, irgendwie schon. Ich habe mal meine RL gefragt - als sie mein Pferd beritt - wodurch sich ein >100.000 Europferd von einem 3000Europferd unterscheide.
Sie sagte, dass diese Pferde Bewegungskünstler seien, von Natur aus viel gerader als andere Pferde, einen angeborenen TAkt haben und schnell in Losgelassenheit zu bringen seien. Man könne mit ihnen die Skala der Ausbildung viel schneller erarbeiten als mit einem weniger begabten Pferd.
Ob sie aber leichtrittig sind -im Sinne von leicht zu reiten,,weiß ich nicht. Vermutlich verzeihen sie Fehler auch viel weniger als andere Pferde und sind daher für nicht so gute Reiter wiederum alles andere als leichtrittig. Ich glaube, ich käme mit Totilas eher nicht zurecht.. Fürchte ich.
Aber innerhalb seiner Fähigkeiten kann man natürlich jedes Pferd "leichtrittig" machen, also dass es leicht an den Hilfen steht, elektrisch am Bein ist etc...

Auch meine Stute kann in allen Gangarten Traversalen gehen. Korrekte Traversalen! Reell gerittene Traversalen. Einen Blumentopf auf einem Turnier würde sie aber trotzdem nie gewinnen. Weil ihr die Gänge dazu fehlen.
esge
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Beitrag von esge »

Leichtrittigkeit und Gangvermögen sind aber zwei Paar Stiefel. Es gibt Pferde mit eher kleinen Gängen, die trotzdem super leichtrittig sind und umgekehrt wohl auch.

Leichtrittigkeit dürfte sich zusammensetzen aus einer Grundbegabung für alle Punkte der Ausbildungsskala - vor allem natürlicher Takt, ein guter Grundschwung und kaum bis keine Schiefe - sowie einem willigen, freundlichen Charakter mit einem mittleren Temperament.
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summer
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Beitrag von summer »

Also ich hab mir in den letzten Wochen auch viele Gedanken darüber gemacht und mich und meinen Kleinen beobachtet:
- Leichtrittig ist er sicher nicht - damit meine ich:
1. dass er mir als Reiter technisch und psychisch einiges abverlangt
2. sein Gebäude (auch wenn er für einen Haflinger wirklich gut gebaut ist und wirklich tolle Gänge und einen super angeborenen Takt hat und kaum schief ist) - erst durch wirklich korrektes Arbeiten ändert sich eine Bemuskelung sehr zum positiven - aber sein doch eher schweres Genick, und der relativ kurze Hals und Rücken machen die Sache doch schwieriger als bei einem Pferd mit "idealerem Reitpferdegebäude".

ABER:
- er ist meistens sehr motiviert und WILL mitarbeiten und alles richtig machen
- und wenn man es schafft ihn RICHTIG zu Arbeiten und "aufzuwecken" (wie kann sich durchaus täglich ein wenig ändern, das muss man dann ins GEfühl bekommen) ist er mit sehr wenig Aufwand zu reiten
=> es stellt sich also langsam aber sicher (ja, auch mal mit Rückschritten, die mich auch immer wieder auf eine harte Geduldsprobe stellen, ich gebs zu :roll: ) Leichtigkeit und beginnende Durchlässigkeit ein
Sei deines Pferdes Gang unter dir wie die Bahn eines Sterns.
In deiner fühlenden Hand,deinem schwingenden Leib,deinem schwebenden Herzen liegt Kurve&pfeilgerader Weg,liegt Anfang&Ende,liegt die unermessliche Poesie der Bewegung,liegt die lebendige Kraft.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Unter wirklich guter natürlicher "Rittigkeit" verstehe ich mehr, als 'nur' leichte Hilfen. Dazu gehört für mich schon das ganze Paket, v.a. eine natürliche Durchlässigkeit und Geschmeidigkeit, welche die Bewegung von hinten nach vorne durchlässt, dass das Pferd nicht nur willig und motiviert ist, sondern auch von Körper und Psyche das umsetzen KANN, was von ihm verlangt ist. Klar kann ein guter Ausbilder im Rahmen der Möglichkeiten, ein wenig begünstigtes Pferd soweit und so gut ausbilden, dass es rittig wird. Das ist dann mE aber eher unter 'ausgebildet' als unter 'natürlicher Rittigkeit'. Und da glaube ich schon, dass es da erhebliche Unterschiede in der Zucht gibt, sprich die Voraussetzungen angeboren sind. Nur...auch die müssen geritten und ausgebildet werden. ;)
Liebe Grüesslis, Jen
***
Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

summer hat geschrieben:...
=> es stellt sich also langsam aber sicher (ja, auch mal mit Rückschritten, die mich auch immer wieder auf eine harte Geduldsprobe stellen, ich gebs zu :roll: ) Leichtigkeit und beginnende Durchlässigkeit ein
Na das ist doch das allerwichtigste - es gibt eine positive Tendenz, das macht dann sicher wieder Lust und Mut es weiter zu probieren! Klingt gut, weiter so! ;-)

Ich kann auch bestätigen, dass Energiesparmodelle absolut gibt - die werden rittiger mit der für sie richtigen Arbeit, aber sie sind und bleiben wie sie sind - aus meiner Sicht gehört zum Thema Rittigkeit doch auch ganz viel vom Charakter.
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