Heuschmann und Phillipe Karl in Verden

Rund um die klassische Reitkunst

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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Jen hat geschrieben:ich kann euch schon sagen, warum die aufwärtsparade so ein mächtiges Instrument ist: Der "Witz" der Aufwärtsparade ist nicht, dass sie etwa feiner wäre, oder dass sie dem Pferd "weniger Schmerzen" bereitet oder gar angenehmer ist. Das wissen wir alles nicht, wie es das Pferd tatsächlich empfindet. Die Lippen und die Zunge haben nämlich auch extrem viele Nerven und es ist überhaupt nicht so, dass das Pferd dort so viel unempfindlicher wäre. Das sind ja alles nur Mutmassungen, die einfach zum "Verkauf" der Methode dienen, aber nicht wirklich belegbar sind. Dass Pferde bei harter Hand die Zunge herausstrecken oder die zunge ja übers Gebiss legen spricht gegen die Theorie, dass die Laden so viel empfindlicher sind, als die Zunge, da das Pferd ja dann mit der Zunge ausweicht und den Druck voll auf die Laden abbekommt.

Die Macht der Aufwärtsparade liegt einzig und alleine in dem Öffnen des Maules. Jeder der ein Pferd schon mal zäumen musste, welches nicht freiwillig das Maul für die Trense geöffnet hatte, hat den Trick schon angewendet: mit dem Finger in die Maulecken, etwas nach oben drücken und voilà schon ist das Maul offen. Die Macht in dem Maulöffnen liegt darin, dass das Pferd in dem Moment nicht auf den Zügel liegen kann, sprich nicht gegen die Hand gehen kann. Wenn ein Pferd zb. sich auf der Trense festbeisst (zb. wenn es durchgehen will), dann ist das ein sehr wirksames Instrument. Da dieses Maulöffnen ein unwillkürlicher Reflex ist, kann man nicht sagen, dass das Pferd weniger wehrhaft ist. Es hat weniger Chancen sich zu wehren. Wie es diese Korrektur aber auch psychisch tatsächlich empfindet, bleibt uns wiederum Mutmassungen überlassen.

Ich habe oben bei meinen Beispielen auch Reiter gemeint, die mit hoher Hand reiten, diese aber völlig unwillkürlich und falsch einsetzen. Das richtet mehr Schaden an, als wenn sie die Hand einfach still und am Ort lassen (was ihnen dann auch sichtlich schwer fällt). Als Reaktion auf die unwillkürliche Hohe Hand reagieren viele Pferde mit verwerfen bis hin zu schlangenartigen verdrehungen des Halses, weil es eben gar nicht so sanft ist, sondern sehr unruhig und damit auch für die Pferde sichtlich unangenehm (abwehrverhalten).

Meine persönliche Meinung, die ich mir in den letzten Jahren so gemacht habe (kann sich vielleicht auch wieder mal ändern, wer weiss): Ich habe übrigens auch eigene Erfahrungen mit der PK-Methode gemacht (schon vor Jahren) und kann es für das "Normalpferd" mit dem "Normalreiter" mit den "normalen Problemen", die Reiter und Pferd halt so haben, nicht befürworten. Ich glaube erst ein sehr guter Reiter, mit sehr viel Gefühl und Wissen und Können kann mit dem Verbinden gewisser "Techniken" noch mehr aus einem bereits solide und gut ausgebildeten Pferd herausholen, als es vielleicht mit nur einem System möglich wäre. Aber ich persönlich würde niemals ein unbelastetes Jungpferd nach dieser Methode anreiten und grundausbilden.
Jen, das beschreibt exakt das, was ich über die Aufwärtsparade ebenfalls denke  - und was mein Schimmel mir vor einigen Jahren auch sehr deutlich gezeigt hat…
horsman
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Beitrag von horsman »

seh ich auch so.

Wenn das Pferd auch ohne Aufwärts-Arret leicht und prompt vom Zügel loskommt, was bei vielen Pferd an der main fixe auch der Fall ist braucht man den aufwärts-Arret nicht. Wenn aber nicht, tut er gute Dienste, mE wesentlich besser, als das Pferd über längere Zeit mit rel. großen Zügeldruck ohne Reaktion im Maul weiter zu reiten.

Nichts anderes sollte mein "Zügelgewicht"-Denkmodell ausdrücken.
Motte
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Beitrag von Motte »

orest -

an der Tatsache, dass PK heutzutage quasi nur noch über die hohe Hand und Abkauübungen definiert wird, ist er aber auch selber dran schuld.

Bei der Vorführung in Verden bestand der Großteil seiner Darbietung aus Abkauübungen an der Hand, Kringel führen im Kreis und Reiten im Schritt auf kleinen Volten mit immer wieder hoher Hand.

Ansonsten kann ich mich Jen nur vollumfänglich anschliessen.

Gruß
Motte
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emproada
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Beitrag von emproada »

Danke Jen für Deine Beiträge!
Viele Grüße Tina
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Jen
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Beitrag von Jen »

knowi hat geschrieben: Ich erwarte nicht von einer einzigen Person das Rundumpaket. Wenn ich mehr am Sitz arbeiten will, dann suche ich mir eben jemanden, der mir parallel genau da hilft. So viel Selbstständigkeit kann man doch erwarten, oder?
In jedem Buch klassischer Reitliteratur über Ausbildung steht ganz am Anfang ein Kapitel über den Reitersitz und dessen Wichtigkeit. Es ist nicht etwas, was man halt so nebenbei mal ein bisschen macht und sonst "richtig reiten lernt". Das geht so nicht. Es geht Hand in Hand. Es gibt das eine nicht ohne das andere!

Ich spreche auch nicht von ein paar "Sitzkorrekturen". Sondern ich spreche von einem grundlegend anderen, viel tieferen Verständnis von Sitz und Reiterhilfen. Nur aus einem losgelassenen und ausbalancierten Sitz können die Hilfen und dadurch die Lektionen so vorbereitet werden, dass man die Lektionen herauslassen kann. Dass die Lektionen also nur eine natürliche Folge vom Sitz sind. Das muss von innen her kommen und darf nicht als Schablone draufgesetzt werden. Kann es von innen her kommen, wird alles viel leichter und einfacher. Das ist noch schwierig in Worte zu fassen, weil man das wirklich mal spüren muss, um den Unterschied zu bemerken. Es geht genau darum, dass man eben nicht auf das Pferd aktiv "einwirkt". Sondern dass man sich selber so platziert und an sich selber so arbeitet, dass das Pferd sich unter einem so ausbalancieren kann, dass die Lektionen/Korrekturen/Hilfen etc. einfach eine logische Folge davon sind. Da sind solche "groben" Hilfen, wie aufwärtsparaden in den allermeisten Fällen etc. gar nicht mehr nötig! Und dann ist auch diese Diskussion über Aufwärtsparaden etc. völlig überflüssig. Weil es so dezent und selten gebraucht wird, dass es für niemanden wirklich störend ist. Und nur so ist für mich wahre Légèreté möglich.
Liebe Grüesslis, Jen
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smilla
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Beitrag von smilla »

Jen hat geschrieben:Sondern ich spreche von einem grundlegend anderen, viel tieferen Verständnis von Sitz und Reiterhilfen. Nur aus einem losgelassenen und ausbalancierten Sitz können die Hilfen und dadurch die Lektionen so vorbereitet werden, dass man die Lektionen herauslassen kann. Dass die Lektionen also nur eine natürliche Folge vom Sitz sind. Das muss von innen her kommen und darf nicht als Schablone draufgesetzt werden. Kann es von innen her kommen, wird alles viel leichter und einfacher. Das ist noch schwierig in Worte zu fassen, weil man das wirklich mal spüren muss, um den Unterschied zu bemerken.
Ja, und ich glaube genau das ist der Punkt: Du kannst noch so schön schreiben (und das TUST du!) und man kann es sich noch so schön im Kopf ausmalen, aber selbst erleben muss man es eben doch! Ich sitze oft vor deinen Beiträgen und träume, aber eigentlich hatte ich selbst höchstens ganz kleine Momente, die in diese Richtung gingen. Nunja, und wenn man eben nicht dieses Können und Einfühlungsvermögen hat, "braucht"/sucht man eventuell was anderes.
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knowi
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Beitrag von knowi »

Jen, das hatte ich auch nicht so gemeint. Ich merke immer mehr welche Möglichkeiten ein guter Sitz eröffnet und wieviel anderes er plötzlich ersetzen kann- jedoch bin ich im Moment nicht wirklich in einer optimalen Lage daran zu arbeiten und Erfahrungen zu sammeln, da mein Pferd kein Reitpferd mehr ist und ich ihn ausschließlich a.d. Hand arbeite. Trotzdem sehe ich die Wichtigkeit und die Möglichkeiten eines guten Sitzes und die bestreite ich auch mit keiner Zeile.

Aber ich sehe trotzdem die Notwendigkeit darin Dinge wie beispielsweise die DH so zu etablieren, dass sie jederzeit abrufbereit sind. Führe ich ein Pferd korrekt und geduldig an diese Anforderung heran und etabliere nach und nach ein Signal, dann geschieht das ganz unspektakulär und freundlich. Für mich hat das, genauso wie der Sitz – wobei ich schon verstehe, dass der Sitz nicht mit der Zügeleinwirkung zu vergleichen ist- etwas mit Kommunikation zu tun. Wie Tina schrieb „gemeinsame Vokabeln einer Sprache erlernen“. Und dann habe ich eben eine Kommunikation die es zulässt ein Pferd sofort in eine DH zu bringen, wenn es sich verspannt, sofort zu einer DH zu veranlassen, wenn es sich erschrickt und Panik bekommt, sofort eine DH abfragen kann, wenn ich die Tritte verlängern möchte (sei es für ein tatsächliches Tritte verlängern oder um ein sich kurz und fest machen i.d. Seitengängen zu verhindern oder was auch immer) etc. Es gibt für mich durchaus momente in denen ich auf den Punkt, ganz klar eine DH abrufen können möchte. "Sofort" klingt immer gleich nach Hauruck, aber nochmal: Wenn die Kommunikation stimmt ist das ganz weich. Das ist für mich nicht groß anders als wenn ich auf den Punkt hin angaloppieren möchte etc.

Ich finde generell schon: je größer der Wortschatz der gemeinsamen Sprache, desto besser, klarer und damit feiner ist auch die Kommunikation. Wenn ich neben „ja“ und „nein“ auch noch „vielleicht“ sagen kann, wird die Verständigung doch viel differenzierter.

Die Krux liegt für mich viel mehr darin ein gesundes Gleichgewicht herzustellen. Denn die von Herrn Karl vermittelte Technik ist mächtig und wirkungsvoll. Und da liegt es für mich nochmal in der eigenen Verantwortung Korrekturmaßnahmen nur dann einzusetzen, wenn sie tatsächlich nötig sind. Dass das schwierig ist, erlebe ich stets am eigenen Leib, aber ich habe das Bestreben dem Pferd nicht ständig nur zu korrigieren und zu manipulieren, sondern zu ermöglichen anstatt immer bloß vorzugeben, weshalb ich mich im Rahmen meiner Möglichkeiten auch wirklich darum bemühe.

Und um auf Herrn Karl zurück zu kommen, so hat er mir stets eingeschärft, dass es einer großen Selbstdisziplin und viel Arbeit bedarf um einen guten Sitz zu bekommen. Ich finde da steckt es doch schon drin: „Selbst“. Und da es eben wenige gibt, die die Technik die er vermitteln kann vermitteln, bin ich froh genau das bei ihm zu lernen. Und für den Sitz habe ich mir eben „selbst“ einen anderen „Spezialisten“ gesucht. Und habe versucht immer mehr dieses Gleichgewicht herstellen zu können - ich war sicher noch weit davon entfernt -ich habe wohl bisher auch eher nur erahnen dürfen wohin es wohl gehen kann- aber ich hab mich bemüht. Wie gesagt im Moment stagniert es ein bisschen, weil ich nicht reite, aber das ist trotzdem mein Ideal.

Smilla ich finde man sollte nicht vergessen, dass in der Regel bei jedem, ob er nun nach PK, FN oder sonstwie reitet das Bestreben dahinter steht pferdegerecht und gut zu reiten un nicht generell einer „Gruppe“ verallgemeinernd zuzuschreiben sie wolle den Weg auf Kosten des Pferdes abkürzen. Nur weil die „Großen“ das so nicht sehen können und sie sich deswegen die Köpfe anhauen müssen, müssen wir das doch nicht auch immer und immer wieder tun.

Liebe Grüße!
Anna
Jedes Werden in der Natur, im Menschen, in der Liebe muss abwarten, geduldig sein, bis seine Zeit zum Blühen kommt.
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Jen
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Beitrag von Jen »

hallo Anna

ich möchte nur kurz auf das "Abrufen der DH" eingehen: das mache ich ja auch. Schon beim rohen Pferd am Kappzaum. Dazu braucht es keine Abkau-Flexionierübungen. Dazu reicht es, dem Pferd etwas stellung zu geben und die Biegung kommen zu lassen. Es braucht kein Abbrechen im hals dafür. und was dann eben ganz wichtig ist, ist die Gertenhilfe in Kombination mit der Stellungsforderung am Kappzaum (welche NIE nach hinten wirken darf, sondern nur nach vorne/seitlich). Die Gertenhilfe, welche den Schenkel ersetzt. So dass das Pferd lernt auf ein Touché in Schenkellage den Bauch nach aussen nachzugeben und nach oben zu wölben und die Biegung kommt von alleine. Je besser das Pferd dieses Signal versteht (welches ja das Bein und damit zu einem gewissen Grad den Sitz ersetzt), desto weniger Hand brauche ich, ich kann die Longe passiv in einer weichen Verbindung halten und das Pferd biegt sich daran ohne sich zu verbiegen. Ich kann mich nur wiederholen: Ich bin der Überzeugung, dass dieses machtvolle Instrument der Hohen Hand in den allermeisten Fällen überhaupt nicht nötig ist, sondern eher das grosse Potential auch für Schaden hat (Pferde, die unstabil im Halsansatz werden und ständig verbogen gehen). Ich habe auch schon einige pferde an der Longe am Kappzaum gehabt, die flexioniert wurden. neben den "bespielten" Pferden ;) waren das so ziemlich die mühsamsten zum longieren, weil sie weder eine korrekte Biegung, noch eine korrekte Dehnungshaltung gezeigt hatten, sondern nur ein Abbrechen im Hals und dadurch massiv an stabilität verloren. Wenn dann noch ein Ausbrechen über die Schulter dazukam, dann juheee....

Ich war ja schon selber bei einem Kurs bei Bea Borelle und PK. Mein damals 5jähriges Pferd war danach eine Woche lang fast nicht mehr reitbar, weil so durcheinander und hektisch und Anlehnungsvermeidend (was er ja sowieso schon genug ist). Und obwohl er sonst alle Anforderungen und Lektionen zur Zufriedenheit erfüllte, wurde mir mitgeteilt: das sei ja schon gut, aber wenn ich weiter kommen wolle, dann müsse ich uuunbedingt diese Abkauübungen machen. Das war doch einfach Humbug. Und ich bin rückblickend sehr froh, habe ich nicht darauf gehört.

Für Korrekturpferde wie Steiger, Durchgänger etc. finde ich das ein sehr sinnvolles, machtvolles instrument, um das Pferd zu korrigieren. Aber in der normalen Ausbildung unnötig. Und m.E. verhindert das vielen Reitern auch das spüren im Sitz, weil sie so auf ihre Hand konzentriert sind.
Liebe Grüesslis, Jen
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Beitrag von heike61 »

Jen hat geschrieben:Sondern ich spreche von einem grundlegend anderen, viel tieferen Verständnis von Sitz und Reiterhilfen.

Nur aus einem losgelassenen und ausbalancierten Sitz können die Hilfen und dadurch die Lektionen so vorbereitet werden, dass man die Lektionen herauslassen kann.

Dass die Lektionen also nur eine natürliche Folge vom Sitz sind. Das muss von innen her kommen und darf nicht als Schablone draufgesetzt werden. Kann es von innen her kommen, wird alles viel leichter und einfacher. Das ist noch schwierig in Worte zu fassen, weil man das wirklich mal spüren muss, um den Unterschied zu bemerken.

oh ja ein sehr ,sehr wichtiger denkanstoss!
bitte an ausbilder/reitlehrer:
---mehr den reiter "bearbeiten", als das pferd..................................


gruß
heike

ps.: danke für deine beiträge, Jen
Wenn du weitergehst, ändert sich deine Perspektive!
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smilla
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Beitrag von smilla »

knowi hat geschrieben: Smilla ich finde man sollte nicht vergessen, dass in der Regel bei jedem, ob er nun nach PK, FN oder sonstwie reitet das Bestreben dahinter steht pferdegerecht und gut zu reiten un nicht generell einer „Gruppe“ verallgemeinernd zuzuschreiben sie wolle den Weg auf Kosten des Pferdes abkürzen. Nur weil die „Großen“ das so nicht sehen können und sie sich deswegen die Köpfe anhauen müssen, müssen wir das doch nicht auch immer und immer wieder tun.
Oh nein, Mensch, so habe ich das überhaupt nicht gemeint! Ich meine damit natürlich nicht speziell eine Gruppe (sondern z.B. auch mich selbst). Ich meine nur, dass das was Jen schreibt so toll und einleuchtend klingt, aber solange man das nicht gespürt hat, steht es halt nur auf dem Papier ;). Und ob man nun hier oder dort kaschiert, das ist doch egal. Verstehst du ein bißchen was ich meine? Ich glaube auch gar nicht, dass du so bescheiden mit deinem Sitz sein musst, wie du es manchmal schreibst.
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Nakim

Beitrag von Nakim »

Hallo Jenni,

Du faßt genau in Worte was ich denke. Es gibt bereits viele gute Lehrer, daß jeder der an sich arbeiten möchten und weiterkommen will dies kann. Dazu braucht es keiner "Korrekturtechnkien". Ich hatte ursprünglich geplant über Weihnachten Baucher und entsprechende Literatur zu kaufen und durchzuarbeiten. Jedoch nachdem ich etliche Videos/DVDS mit P.K gesehen habe, werde ich mir die Zeit sparen. Das entspricht nicht meinem Bild vom "feinen reiten in Harmonie" wo ich hin will. Gefällt mir einfach nicht. Weder bei der Korrektur noch vom Ergebnis. Ich kaufe mir statt einen "neuen" Podhayski" und arbeite weiterhin an mir und meinem Sitz.
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Ich werfe noch mal ein, daß die Abkauübungen eine Mobilisation des Unterkiefers bewirken soll, welche eine Lockerung der Muskulatur bis in den Halsbereich hinein bedingt, und die hohe Hand u.a. auch dazu eingesetzt wird, das Pferd aufzurichten... sprich den Widerrist hochzuholen (ob das auch bei PK so ist, weiß ich nicht, ich kenne es über Racinet).
Wer genaueres lesen will, dem seien die Bücher von Racinet empfohlen, der erklärt das sehr ausführlich. Auch in seinem neuen Buch sind hierzu mehrere Ausführungen gemacht worden.
Da sich hier bereits Gräben bzgl. dieser Reiterei auftun, macht es m.E. wenig Sinn, da weiter zu diskutieren. Wer es nicht gesehen und gefühlt hat, wird es nicht verstehen - das wurde auch hier im Forum schon zigmal durchgekaut.

Und klar - der Sitz ist sicherlich ein ganz ganz wichtiger Baustein, und wer erlebt hat, wieviel sich mit kleinen Korrekturen verändern lässt, der kann dem nur zustimmen.
Umso unverständlicher ist, daß es fast keine RL gibt, die hier ansetzen - auch bei den "großen" hab ich das selten bis nie erlebt. Worans liegt? Keine Ahnung. Vielleicht will man die Kundschaft nicht vergraulen, vielleicht denkt man, die Korrektur würde eh nicht innerhalb eines Kurses erfolgen, vielleicht guckt man mehr aufs Pferd. Jedenfalls ist das wirklich schade, denn ohne einen einfühlsamen geschmeidigen Sitz wird man in keiner Reitweise eine Verschmelzung mit dem Pferd erlangen.

ABER - ich glaube einfach nicht, daß man NUR durch den Sitz das Pferd zu Aufrichtung und Versammlung bringt. Zumindest hab ich dazu noch kein Beispiel gesehen, weder auf Video noch live.
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
LordFado

Beitrag von LordFado »

na ja - "NUR über den Sitz aufrichten und versammeln" ist wieder so ne Aussage - das erfolgt eben über die Hilfengebung im Allgemeinen. Wie jetzt egal welche Hilfen ohne Sitz gegeben werden sollen, frag ich mich jetzt dann doch?!

Es geht bei Sitzkorrekturen doch nicht NUR um Gewichtshilfen sondern (zumindest meiner Auffassung nach) um das Zusammenspiel der einwirkenden Hilfen und darum, sich nicht selbst bei der Hilfengebung durch mangelnde Körperbeherrschung zu behindern?!
tigeranni
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Beitrag von tigeranni »

Ich finde diese Diskussion sehr interessant und verfolge sie sehr aufmerksam!
Mich würde sehr interessieren,was ihr von der Ausbildungsmethode nach Bent Branderup haltet und wie sich hier die Argumentation des "Fürs und Wieder" verhält.
Vielleicht äußert sich einer auch dazu?
Würde mich freuen!
Motte
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Beitrag von Motte »

Ottilie -
ABER - ich glaube einfach nicht, daß man NUR durch den Sitz das Pferd zu Aufrichtung und Versammlung bringt. Zumindest hab ich dazu noch kein Beispiel gesehen, weder auf Video noch live.
Hmm. Wenn ich nen guten Tag habe, kommt mein Pferd "zurück", wenn ich nur die Wirbelsäule gerade mache und die Schulterblätter leicht anspanne. "Zurück" in der Form, dass ich das Gefühl habe, das Pferd wird vorne grösser und die Bewegung bleibt im Fluss. Für mich persönlich ist das erstrebenswerter, als wenn ich lediglich am Pferd arbeite.


Warum der Sitz oft nicht genügend geschult wird - keine Ahnung. Hat vielleicht auch viel mit "Betriebsblindheit" zu tun (wenn man jahrelang denselben Ausbilder hat, gewöhnt der sich halt auch an die Macken seiner Reitschüler). Ausserdem ist es unheimlich mühsam, am eigenen Sitz zu arbeiten. Vielleicht ist es deswegen auch nicht so populär :wink:

Gruß
Motte
Gruß
Motte
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