Zur Diskussion gestellte Ritte die gefallen

Rund um die klassische Reitkunst

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Paula

Beitrag von Paula »

Finchen, du weißt ja selbst ,dass Richter nicht beurteilen wer sein Pferd besser herausbringt, mehr aus ihm rausholt, weil sie oft das Pferd in der Prüfung zum ersten mal sehen..
Aber dein Gedankenspiel ist schon mal verfolgt worden und keine Lösung gefunden worde, guckst du:

2.Anfragen über die Beurteilung bei Dressurprüfungen,veröffentlicht in der St.Georg von 1925,Heft 11

"Bevor ich meine Anfrage beginne,möchte ich ausdrücklich bemerken,dass diese Zeilen nicht im entferntesten eine Kritik ,sondern vielmehr eine Bitte um Belehrung meinerseits bedeuten sollen.Am Sonntag,den 24.Mai 1925, kam in Bad Mergenheim eine Dressurprüfung Klasse S zum Austrag.Ich bin überzeugt, daß die Richter vor eine recht schwere Aufgabe gestellt waren, wenngleich einige unplazierte Pferde von allein ausschieden.Deutschlands bestes Dressurmatrial war zur Stelle, und ich mit vielen, die sich mit Recht oder Unrecht einbilden, etwas von Dressur zu verstehen, mit dem Richterspruch grundsätzlich einverstanden.
Hierbei muß aber den objektiven Beobachter ein kleiner Haken auffallen, den ich als Richter auch nicht ohne weiteres zu überwinden vermag, und dieser besteht in der Bewertung des Gesamtbildes gegenüber den positiven ,reiterlichen Leistungen.

Es ist kolossal schwer, wenn nicht unmöglich für einen Reiter, dem heute nur ein Dienstpferd zur Verfügung steht,mit Kanonen wie Auer und Christoph sich zu messen, und es drängt sich mir die Frage auf: Wer hat nun die bessere reiterliche Leistung hinter sich, derjenige der sein Dienstpferd, so wie es nun mal ist, so weit fördert, daß es allen Anforderungen im höchsten Maße genügt, oder derjenige, der sich erlauben kann, zu suchen, was er braucht und auf von Natur bestehendem, hervorragenden Gang und Schwung aufbauen kann?
Die größten Koraphäen werden mir zugeben müssen, daß man Gang und Schwung nur fördern kann, nicht aber anreiten, wenn keine Naturanlage vorhanden ist.

Ich komme nun zum Kernpunkt und präzesiere:
Leutnant Schwabl hat herausgeholt, was möglich war, und hat –das steht außer Zweifel-bei der maßgebenden Vorprüfung unter anderm die beste Kurzkehrtwendung und bei weitem die korrekteste Pirouette gezeigt, und diese dürfte den schwersten Prüfstein gebildet haben.
Ebenso ist über jeden Zweifel erhaben, daß Auer u.Christoph bestimmt, Liebherr bedingt, ein weit erfreulicheres Gesamtbilde abgaben als Upatz und das dank ihrem Gebäude und ihren Naturanlagen, wenngleich sie alle drei bei der Vorprüfung in den o.g.Lektionen Fehler gemacht haben, die bei Upatz wegfielen.

Wie ist hier nun gerecht zu bewerten? Richter sind auch Menschen; kann natürlicher Gang und Schwung, die selbstredend das Gesamtbild sehr verbessern, höher gestellt werden als positive, reiterliche Leistungen bei weniger günstigen Gebäude?

Wie kann man den Übelstand abhelfen, besseren Leistungen eines qualitativ niedrig stehenden Pferdes die entsprechende Geltung zu verschaffen gegenüber qualitativ höher stehenden Tieren, die nur für den wirklichen Eingeweihten geringe Fehler zu verzeichnen hatten, und so dem Fleißigen und passionierten, weniger bemittelten Reiter nicht vor den Kopf zu stoßen, sondern ihm die Passion erhalten?
Für Belehrungen stets dankbar"
B.Ch.
Baron B.Ch.(Richter für Dressur-und Springprüfungen)
Zuletzt geändert von Paula am Mo, 21. Mai 2012 22:48, insgesamt 1-mal geändert.
Paula

Beitrag von Paula »

Fjordi ist der erklärte Liebling, wie mir scheint und völlig zurecht wie ich finde!
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Paula hat geschrieben:Finchen, Aber dein Gedankenspiel ist schon mal verfolgt worden und keine Lösung gefunden worde, guckst du:
Ne, ich gucke nicht, vielleicht war es dir nicht aufgefallen, aber genau das hatte ich geschrieben!? :?
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Paula, wenn "dein Fuchs" an einem Hufbeinbruch verstarb, liegt der Verdacht nahe, daß er im Vorfeld eine Hufrollenentzündung über viele Jahre mit sich herumgetragen hat. Dies bereitet einem Pferd massive Schmerzen. Schmerzen äußern sich bei vielen Pferden in der Art, daß sie hochexplosiv und hysterisch wirken.

Zum Thema weggerittene Gänge :
Natürlich kann man ein Pferd binnen weniger Monate aus einem tanzenden Elfchen in eine plumpe Sumpfkuh verwandeln. Sehe gerade eine solche, in mir einen jähen Würgreiz auslösende Metamorphose eines atemberaubend wundervollen Pferdes in einem Stall, in dem ich Unterricht erteile... ( nein ! :wink: - nicht das Pferd eines meiner Schüler- nicht die Preisklasse meines Klientels "g") . Ich gebe dem armen Tier noch 3-4 Monate , bevor es durch ein "besseres" ersetzt wird. Vielleicht bekommt man es dann für kleines Geld... ( hoffend gen Himmel schielt) . Aber, neulich riß er sich an der longe los und rannte frei in der Halle rum.... ES IST NOCH ALLES DA !!!

Wenn aber die einzige Kunst beim Reiten dieser Pferde sein soll, die Gänge unter dem Sattel nicht zu zerstören, kann irgend etwas an der Zielsetzung nicht stimmen... :roll:
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Irgendwer hatte hier vor einigen Tagen mal bemerkt, dass er/sie der Meinung ist, dass die auf Schnelligkeit gezüchteten Vollblüter sich eher weniger zur Dressur eignen.
Besagter Auer kam von der Rennbahn und war beim Verkauf in keinem guten Zustand. Er hatte das Glück, bei Stensbeck zu landen ... :wink:

@S&P: ooooch, nun komm schon! :wink: Mir blutet so das Herz, wenn ich herrliche 4jährige sehe, von denen ich denke, sie wären genau meine Kragenweite, und sie dann 1-2 Jahre später nicht mehr wiedererkenne, weil sie laufen wie 25jährige Schulgäule ... und auch auf der Koppel, weil sie überall total verspannt sind ... :cry: Ich denke schon, dass es eines der Ziele sein sollte, den natürlichen Gang zu erhalten und zu fördern. Eines von vielen. :wink:
Viele Grüße
Sabine
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esge
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Beitrag von esge »

Darum finde ich es halt nach wie vor auch viel lohnender, sich über Losgelassenheit Gedanken zu machen. Losgelassenheit allein ist zwar nicht alles, andersherum aber ist alles ohne Losgelassenheit gar nichts.

Paula, der Auszug aus dem Leserbrief der St. Georg von 1925 ist aus heutiger Sicht fast schon sybillisch zu nennen.
Loslassen hilft
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Finchen hat geschrieben:
Paula hat geschrieben:Finchen, Aber dein Gedankenspiel ist schon mal verfolgt worden und keine Lösung gefunden worde, guckst du:
Ne, ich gucke nicht, vielleicht war es dir nicht aufgefallen, aber genau das hatte ich geschrieben!? :?
Guten Morgen,
stimmt Finchen… :wink:
Dennoch ist das ein ausgesprochen interessanter historischer Beleg. Dafür nämlich, dass es exakt die Problematik, über die wir uns heute bisweilen die Köpfe heißreden, auch schon in den sogenannten "guten alten Zeiten" der Reiterei gab – die Reiter der qualitativ besseren Pferde hatten offenbar auch damals schon bisweilen ihre Vorteile.
@Max: Für mich ist und bleibt das sogar eine Quintessenz der Dressur-Reiterei. Also den natürlichen Gang des Pferdes zu erhalten und zu verbessern.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Cubano hat geschrieben:
Finchen hat geschrieben:
Paula hat geschrieben:Finchen, Aber dein Gedankenspiel ist schon mal verfolgt worden und keine Lösung gefunden worde, guckst du:
Ne, ich gucke nicht, vielleicht war es dir nicht aufgefallen, aber genau das hatte ich geschrieben!? :?
Guten Morgen,
stimmt Finchen… :wink:
Dennoch ist das ein ausgesprochen interessanter historischer Beleg. Dafür nämlich, dass es exakt die Problematik, über die wir uns heute bisweilen die Köpfe heißreden, auch schon in den sogenannten "guten alten Zeiten" der Reiterei gab – die Reiter der qualitativ besseren Pferde hatten offenbar auch damals schon bisweilen ihre Vorteile.
@Max: Für mich ist und bleibt das sogar eine Quintessenz der Dressur-Reiterei. Also den natürlichen Gang des Pferdes zu erhalten und zu verbessern.
Na SOO hatte ich ja auch geguckt - aber nicht um mich belehren zu lassen... sondern eher als Bestätigung. Ich sehe es halt so, dass man da nie wirklich auf einen grünen Zweig kommen wird/kann. :wink:

Der an Max gerichtete Passus bringt es ja auf den Punkt, weswegen mir wohl die allermeisten Videos mit BB-Schülern nicht gefallen. :wink:
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Beitrag von esge »

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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Cubano hat geschrieben:@Max: Für mich ist und bleibt das sogar eine Quintessenz der Dressur-Reiterei. Also den natürlichen Gang des Pferdes zu erhalten und zu verbessern.
Ich bin zwar nicht Max ( mit dem Blümchen hinterm Rücken grinst) , aber ich meine zu diesem Punkt : " Genau ! " Wobei die Betonung ganz klar auf " VERBESSERN " liegt.
Die Idee sollte es sein, das natürliche Potential zu fördern, zu verbessern und die Fähigkeiten sich entfalten lassen- optimieren.
Nur das "Nicht zerstören" scheint mir als Ziel ein wenig wenig ( :twisted: kleine Wortspielerei)

Esge, ohne jetzt unken zu wollen :wink: , auch bei dem "kleinen Totti" muten die Bewegungen ein wenig unnatürlich an. Die Nase des Pferdes wäre doch deutlich weiter vorne wünschenswert, ob dies allerdings zu einer Optimierung des Ausdrucks im Gang führen könnte sei dahingestellt. :lol:
Gegen Ende der Vorstellung läßt der Ausdruck und die Dynamik deutlich nach :lol:
Ich finde auch die "Richter" höchst entzückend !!!
Hut ab vor der Kondition des kleinen Reiters !!! :D
Zuletzt geändert von saltandpepper am Di, 22. Mai 2012 08:07, insgesamt 2-mal geändert.
Paula

Beitrag von Paula »

esge hat geschrieben:Mal sehen, was ihr hiervon haltet.

http://www.youtube.com/watch?v=9kWueDsI ... re=related
"Go for gold!" fällt mir dazu ein.

Zum Fuchs S&P, ich dachte auch da muss wohl schon eine Schädigung vorgelegen haben...Und sicher ist möglich dass er Schmerzen hatte und deshalb so kirre war.
Ich kenne aber genügend andere Pferde die Schmerzen haben und keinesfalls sich gebärden wie eine Mischung aus Rodeopferd und Rennpferde, also das ist auch Veranlagung WIE ein Pferd mit Schmerz umgeht,glaube ich.. Und das Pferd hat bis dahin nicht gelahmt...oder sich geschont.
Zuletzt geändert von Paula am Di, 22. Mai 2012 08:13, insgesamt 1-mal geändert.
esge
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Beitrag von esge »

Zumindest kann man eigentlich viel angenehmer im Wald reiten, wenn man nicht vor hat, das Potenzial des pferdes auch zu verbessern.

Paula, ehrlich? also ich finde, dass das Pferd wieder mal einen bösen falschen Knick hat, dass die Piaffen gehopst sind und dass gegen Ende der Vorstellung ganz klar Konditionsmängel zu Tage treten.

Mit S&P überschnitten. Aber er hats doch wunderbar getroffen, oder?
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Paula

Beitrag von Paula »

Esge, ich finde du bist zu streng, für mich ist der Gesamteindruck so großartig, dass ich darüber hinwegsehen kann.Außerdem geht es über die meiste Zeit hinweg mit dem Genick am höchsten Punkt.Mir gefällt es sehr!
horsman
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Beitrag von horsman »

interessante Anfrage da vom Baron B.CH. von 1925.
Was war denn die Anwort, falls es eine gab?

Die einzig konsequente Antwort auf diese Frage lautet :
Dressurreiten kann man nicht im Wettstreit messen. Punkt und aus. Warum um alles in der Welt muss(te)man hier zwanghaft nach Eitelkeitbefriedigung suchen? Konnten die sonst nix, wo sie sich mit messen können fragt man sich? (Schwimmen, Rudern, Weitsprung, Gewichtheben, etc.) Nu ham wa den Salat, und ein riesen Markt hat sich darum gebildet. Dieses goldene Kalb lässt sich heute wohl kaum noch schlachten.
First a relaxed mind, then a relaxed horse.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Ach Horsmän, immer dieselbe Leier ... auf einem Turnier geht es um deine persönliche Leistung an diesem Tag, um diesen deinen Ritt und die Qualität der Ausbildung deines Pferdes. Das kann man durchaus bewerten, es schadet auch überhaupt nichts, das von jemand Außenstehenden kritisch überprüfen zu lassen. Und natürlich kann man das mit den gleichartigen Ritten anderer vergleichen, ein guter Richter wird es fair und durchaus wohlwollend tun, die meisten tun das auch. Wenn du den Vergleich mit anderen nicht aushältst, musst du es halt bleiben lassen (was du ja wohl auch tust). So what?
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