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Rund um die klassische Reitkunst

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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

Wie wäre denn ein perfektes Exterieur, wenn man auf Langlebigkeit aussuchen würde? Eher das barocke Pferd? Das "moderne" Reitpferd? Araber? Haflinger? Isländer? Worauf sollte man unbedingt beim Pferdekauf achten? Mal unabhängig vom Charakter? Gibt es da Faustformeln?
Motte
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Beitrag von Motte »

Naja, das kommt auch wieder ein bisschen darauf an, wofür du dein Pferd "nutzen" willst.

Ein Tier was überbaut ist, wird als Dressurpferd ab L aufwärts deutlich mehr verschlissen werden.
Während das bei einem Fahrpferd beispielsweise nicht so dramatisch ist.

Was mir immer wichtig ist:
wie ist der Hals angesetzt, Ganaschenfreiheit, Beine (von vorne möglichst gerade ohne Fehlstellungen), Hufe, Fesselung nicht zu kurz und nicht zu lang, Zähne ok (auch ohne Fehlstellungen) Das Pferd muss "in sich" zusammenpassen. Ach ja - für mich auch ein ganz klares K.O-Kriterium: Pferde mit kurzer Maulspalte.
Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Motte hat geschrieben:Ach ja - für mich auch ein ganz klares K.O-Kriterium: Pferde mit kurzer Maulspalte.
Warum?
Ich frage, weil mein eines Pferd mit seiner sehr kurzen Maulspalte bestens mit dem Gebiss zurecht kommt, fleißig kaut und selbst ohne Reithalfter ein optimales "Maulverhalten" beim Reiten zeigt. (Er liebt sein Gebiss aber auch. Beim Abtrensen will er es kaum wieder her geben.)

Mein anderes hingegen hat eine lange Maulspalte. Das Gebiss liegt dadurch weiter hinten und stößt bei Einwirkungen gerne an die vorderen Backenzähne. Oder, wenn ich das Reithalfter mal, gut gemeint, etwas weiter schnalle, nimmt er es sogar zwischen die Zähne und beißt damit klirrend auf dem Metall herum. Das ist für die Zähne sicher nicht sonderlich förderlich.
Motte
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Beitrag von Motte »

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es da halt dann öfter mal zu Schwierigkeiten mit den Anpassung von Trense/Gebiss kommt, und gerne mal zu "Mauligkeit" führt. Genau wie Fehlstellungen beim Gebiss.
Das muss natürlich nicht immer der Fall sein - siehe deine Beispiele - aber die Gefahr ist halt größer.
Ich bin da halt pragmatisch veranlagt :wink:
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Tossi
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Beitrag von Tossi »

Motte hat geschrieben:.....
Es ist erstaunlich, wie viele junge (!!) Pferde heutzutage schon Chips oder sonstige Befunde in den Knochen haben. Das kommt ja nicht von nirgendwo....
......
Gutes Beispiel - das aber tatsächlich nichts aussagt. Heute werden die 3-jährigen schon komplett "geTÜVt" und mindestens 20 mal geröngt. Garantiert findet sich irgendwo ein Chip, der dann tatsächlich operiert wird - total absurd - weil das Pferd sonst nicht verkäuflich ist. Dabei hätte er dem Pferd vielleicht niemals Probleme bereitet und das OP-Risiko kommt noch obendrauf.

Ich wage zu behaupten, dass es früher genauso viele Gelenkchips gab - nur hat man sie nicht schon beim Jungpferd gesucht und dann machen sie halt erst irgendwann im Laufe der Jahre (oder nie) Probleme.

Und ein Pferd mit einer "2er Hufrolle" kann nächsten Monat lahmen oder noch 15 Jahre laufen....
Die Schönheit der Dinge lebt in der Seele dessen, der sie betrachtet. (David Hume)
Motte
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Beitrag von Motte »

"Jein", Tossi.

Sicherlich wurden Pferde früher nicht so "auf den Kopf" gestellt wie heute.

Ich spreche dabei aber von tatsächlichen Befunden, die schon wahrnehmbar sind.
Du findest heute kaum noch einen 3-jährigen (WB), der tatächlich "nix" hat. Also "nix" in Form von: keine Überbeine, keine Chips an kritischen Stellen, ohne Lungenprobleme. Und das finde ich wirklich bedenklich!

Beim 2er Hufrollenbefund bin ich voll bei dir - damit kann ein Pferd ohne Probleme alt werden.

Interessant finde ich das deshalb, weil eine Freundin von mir ausgediente Traber von der Rennbahn "handelt". Die werden alle in der Klinik geröngt, wenn sie die holt. Sie holt die erst mal zu sich, dann kommen die erst mal auf die Weide und werden dann zum Reitpferd ausgebildet. Das sind Pferde zwischen 4 und 15 Jahren - die älteren mit schon einigen Jahren Rennbahngeschichte hinter sich.
Erstaunlicherweise sind gerade diese Pferde knochenmässig ausgesprochen gesund! Da ist vielleicht mal einer mit Sehnenproblemen dabei - der kommt dann auf die Weide und da kann das ausheilen.
Aber an den Knochen (!) hat da bisher noch keiner was gehabt! Im Gegenteil - der behandelnde Arzt in der Klinik, wo sie röntgen lässt, ist immer höchst irritiert, wenn er da "ausgedienten" Leistungssportlern eine deutlich bessere TÜV-Klasse attestieren muss als ca. 80% der jungen/rohen Warmblütern.
Damit will ich mich jetzt nicht pro Trabsport aussprechen, aber irgendwas scheint doch in der WB Zucht gewaltig schief zu laufen, wenn schon junge Pferde so "angegangen" sind.

Und wenn dann noch einseitige/falsche "Nutzung" dazukommt, ist das Drama absehbar.
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Moin,


Leider weiß ich nicht mehr WO ich das gelesen habe, aber diese Chipgeschichten z.B. Sind Ausdruck einer falschen Aufzucht und Fütterung.

Die Fohlen werden im Winter geboren, bleiben dann in der Box und kommen meist kontrolliert auf zu kleine Weiden.
Immerhin sind sie ja eine Investition in die Zukunft, da darf es möglichst keine Weidezwischenfälle geben.
Im Winter dann, kommen sie im besten Falle in große Laufställe, die bieten aber auch keinen Auslauf.

Zu dem Ganzen dann ordentliche Fütterung, damit aus dem Spiddel ein Brummer wird.


Zack, da ist ein Chip immer in top!


LG
Ulrike
Nandor
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Beitrag von Nandor »

Sicherlich hat die in der Warmblutaufzucht doch oft bewegungsarme Aufzucht einen sehr, sehr großen Anteil der Misere.

Aber genetische Faktoren haben sicherlich auch einen großen Anteil. In den letzten Jahrzehnten wird doch im Prinzip nicht mehr auf Härte selektiert, sondern nur auf Potential im Sportbereich. Als Beispiel kann ja auf gute, harte Hufe ja kaum selektiert werden, wenn die Pferde zum Anreiten quasi automatisch beschlagen werden?

Dann muß man sich ja nur die Auswahl der Zuchttiere ansehen. Zumindest im bäuerlichen Bereich wurden ja häufig Zuchtstuten eingesetzt, die aufgrund von gesundheitlichen Mängeln (nicht nur durch Unfälle) nicht mehr in der Arbeit verwendet werden konnten.

Dann natürlich auch genetische Verarmung, da durch Linienzucht/Moden bestimmte Vererber eine große Dominanz im Zuchtgeschehen eingenommen haben.

Einsatz jüngere, moderner Hengste statt Althengste, die dann ihre Haltbarkeit unter Belastung und Langlebigkeit noch nicht beweisen konnten.

Auch ich kann in meinem Umfeld rein empirisch feststellen, daß die kleineren, unscheinbaren Pferde(Haffis,Connemaramix, Kleinpferde mit hohem Araberanteil, Polenmixe), die meist auch noch von eher schwachen Reitern genutzt werden, die geringsten Ausfallzeiten haben. Die Warmblüter haben gefühlt fast alle etwas(bäuerlicher Pensionstall).
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Traber sind auf Leistung und Härte selektiert. Da landet ja keiner in der Zucht, der vorzeitig kaputtgegangen oder nicht schnell genug war. Dann werden die zwar relativ früh, aber ohne Reitergewicht und auf recht festen Böden antrainiert (Trabrennbahnen haben ein viel härteres Geläuf als Galoppbahnen). Das ist sicher förderlich für die Knochendichte.

Die WB sind ja in der Aufzucht meist nicht nur mit zu wenig Platz und Bewegungsanreiz, sondern auch mit viel zu weichem Untergrund gestraft - selbst wenn sie in einem Laufstall stehen und vielleicht noch tagsüber auf eine Matschkoppel kommen.

"Meine" Züchter (halbwilde Haltung nur draußen, 300 Hektar Fläche "Berg und Tal", sehr steinige Böden) hatten in 25 Jahren mit 10-20 Fohlen jährlich noch nie einen Chip.
Nandor
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Beitrag von Nandor »

Und wenn der Chip vor der Auktion oder auch Körung entfernt wurde, dann sind die Pferde in der Röntgenklasse wieder top. Das muß wohl auch nirgends angegeben werden. Daher sind Statistiken zum Vorkommen von Chips, die dazu meist aus Daten von den Untersuchungen vor Auktionen und Körungen ermittelt werden, nicht besonders aussagekräftig. Hochveranlagte Youngster werden oft schon vor Anreiten voruntersucht und Chips entfernt, bevor sie Schaden anrichten können.

Ich war vor ein paar Wochen in einer Veranstaltung für Tiermedizinstudenten, da wurden diese Punkte vom Dozenten der Tiho Hannover als deutliche Kritik vorgebracht.

Lt. Aussage des Dozenten sind vermutlich sowohl bewegungsarme Haltung als auch Genetik für die vielen Chips bei Warmblütern verantwortlich.

edit wg. Grammatikfehler
Nandor
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Beitrag von Nandor »

Und es gab auch eine kleine Vergleichsuntersuchung bei Dülmener Wildpferden, bei denen auch quasi keine Chips gefunden wurden, die erwähnt wurde.
Motte
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Beitrag von Motte »

Nandor, Rapunzel - völlig richtig!

Ich weiß aus einem Landgestüt, dass ein wirklich angesagter Hengst aus der angesagten "D"-Linie regelrechte "Kunstwerke" als Eisen unter bekam, damit der überhaupt laufen konnte. Und sowas geht in die Zucht....
Das ist ein großes Dilemma, finde ich.

Im Grunde kann man als "Endverbraucher" eigentlich nur eins machen, wenn man nach einem Pferd Ausschau hält:

Man sucht sich möglichst keine "angesagte" Abstammung aus.
Man achtet auf "gesunde" Bewegungsqualität.
Man achtet auf den Geburtsmonat.
Man erkundige sich (wenn möglich) über die Haltungsbedingungen beim Aufzüchter.

Im Grunde ist es ja eh so, dass wir alle keine "Hochleistungsspezialisten" benötigen. Wir wollen doch alle einfach nur nette, feine Pferde haben, die einigermaßen gesund sind, klar in der Birne und rittig. Mit denen man dressumässig reiten kann, mal nen Parcour hüppen kann und die auch im Gelände gehen.
Also selbst mit diesen Kriterien kann man - wenn man es ordentlich macht - bis L unterwegs sein.
Da brauchts dann keinen Weltmeyer oder Donnerhall für....
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Da seh ich auch echt ein Problem auf mich zukommen, wenn ich dermaleinst nochmal ein junges Pferd kaufen will ... denn ich hätt schon gern einen guten Warmblüter - bin aber total versaut, was die Aufzucht angeht ;-)
Motte
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Beitrag von Motte »

...und wie kriegen wir jetzt wieder den Bogen zum Thema?
*überleg*...
:wink:
Nandor
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Beitrag von Nandor »

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