Immer nur "lieb, lieb"

Rund um die klassische Reitkunst

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Jen
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Beitrag von Jen »

Sinsa, das ist nicht besonders idealistisch. Es ist Realität: Du willst etwas vom Pferd, also musst du dich in den Hintern kneifen und reiten lernen. Das selbe gilt für den Umgang. Und es gilt noch mehr wenn du Pferd(e) ausbilden willst. Und je mehr Erfahrung man ansammelt, desto leichter geht alles. Sprich, wenn etwas nicht leicht geht, muss man in dem Bereich mehr Erfahrung sammeln. Wirklich, es ist nicht so kompliziert. Das einzige Problem dabei ist, dass Mensch sich eingestehen können muss, Fehler zu machen. Das ist ja grundsätzlich nicht tragisch. Wir alle lernen ja täglich dazu. Wenn man aber jahrelang die gleichen Fehler macht, dann ist es weniger gut. Vor allem, wenn diese Fehler sehr unangenehme Folgen provozieren. Wie Pferd beisst, schlägt, reisst sich los, steigt nicht in Hänger etc. Das Problem ist, diese Fehler erkennt man bei sich selber oft nicht. Deshalb wurde eingangs ja auch zu einem Kurs/Unterricht geraten. Es tut allen gut, gewisse Dinge immer wieder bei sich zu hinterfragen, wenn etwas nicht so klappt, wie gewünscht. Mich zB treibt diese Selbstkritik (nicht Selbstgeisselung ;) ) an, besser zu werden , an mir zu arbeiten und neues dazu zu lernen. Ich finde es ganz erstaunlich, auf wieviel Widerstand dies zu treffen scheint. Gehe ich doch davon aus, dass sich in einem Forum besonders interessierte und weiterbildungswillige Leute treffen.
Liebe Grüesslis, Jen
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Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

jen,


irgendwie verstehe ich sinsa und Dich recht gleich, nur ist sie jetzt etwas abgewichen von ihrer konsequenten Linie, indem sie sagte, das Perfektion in der Konsequenz für sie zu viel ist. und auch nicht alles zu jeder Zeit perfekt sein muss.


Das kann ja Jeder entscheiden, wie lang es braucht bis ich eingreifen will weil für mich eine Grenze erreicht ist, oder wie sehr es mich nervt, von der Linie gedrängt zu werden, um bei diesem Beispiel zu bleiben.


Wenn ich wirklich zu jedem Zeitpunkt alles will, dann ist es sowohl für mich als auch für das Pferd nicht mehr sehr beglückend, dann wird die Beziehung starr.

Das ist für jedes Lebewesen starr und starr will wirklich keiner in seinem Leben sein, also wird, denke ich, mal das Pferd beginnen, sich was Neues auszudenken.


In unseren Beziehungen einigen wir uns immer auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, der kann für Aussenstehende schon sehr hoch sein für Andere noch ganz den Anfang darstellen, aber für meine Beziehung das Richtige sein, von dm aus ich dann weitergehe oder den ich so lasse, weil wir uns dann miteinander wohlfühlen.



Zumindest verstehe ich das so.


LG Ulrike
Motte
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Beitrag von Motte »

Jen hat geschrieben:Ich finde es ganz erstaunlich, auf wieviel Widerstand dies zu treffen scheint. Gehe ich doch davon aus, dass sich in einem Forum besonders interessierte und weiterbildungswillige Leute treffen.
Echt? Wo siehst du denn hier viel Widerstand?

Ulrike - 👍
Danke, so sehe ich das auch! Ich fände es beengend, beängstigend und hindernd, mir das Ziel der Perfektion zu setzen. Oder so gut sein zu wollen, wie ein Hubertus Schmidt. Dafür bin ich zu sehr Realist, dafür brächte ich gar nicht die Rahmenbedingungen mit. Ich will in meinem (!) Rahmen, unter meinen persönlichen Rahmenbedingungen, möglichst stressfrei und easy mit meinem (!) Pferd umgehen.
padruga
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Beitrag von padruga »

Sinsa, ich sehe das ähnlich wie du:
das man fein ist, fein reagiert und auch feine Antworten erwartet, bedeutet nicht, dass man wirklich jedes Millimeterchen in jeder Sekunde auch "ahndet". Fein ist man ja in allem, was man macht. Ich kann z.B. sehr fein auf meinen eigenen Tanzbereich reagieren und dann unterschiedlich bei Nähern oder Betreten reagieren. Ich kann natürlich schon die Andeutung einer Überschreitung ahnden und somit korrigierend eingreifen. Ich kann aber auch zeigen, dass ich das wohl registriere, bei sonstigem Wohlverhalten aber nicht ahnde. Oder es ist mir schlicht egal weil ich gerade in Stimmung bin meinen Tanzbereich zu öffnen oder, ich freue mich, weil mein Kumpel vorbeikommt ich der mich gleich Kraulen wird oder, oder....
Man kann sehr feine und gut erzogene Pferde haben auch ohne ständig konsequent zu sein oder jedes Anfragen eines Pferdes strikt zu unterbinden. Man muss nur konsequent und klar in sich selber sein wann man es zulässt (und diese Stimmung auch ausstrahlt) und wann man das nicht möchte (und dann aber auch ganz klar und konsequent ist). Ich finde Pferde können das schon unterscheiden, zumindest die eigenen. Ich genieße ich es immer mehr, den Pferden sehr viel Mitspracherecht zukommen zu lassen. Ich merke dass sie auch achtsamer mir selber gegenüber werden, nicht mehr so auf meine Körperbewegungen sondern eher auf meine Gedanken, Wünsche, Gefühle und Stimmung achten. Daher spüren sie meistens recht gut, wann ich z.B. ein Schubbern an mir nicht erlaube und wann ich in der Stimmung bin und dann kommen die auch und machen Sachen, wo anderen Leuten die Haare zu Berge stehen würden. Sie müssen auch nicht immer und augenblicklich automatisch ausweichen wenn ich mit der Schubkarre komme (was sie meist eh machen). Aber ich brech mir keinen Zacken aus der Krone wenn ich sie dann einfach auffordere und nicht gleich ihr Stehenbleiben als Unachtsamkeit ahnde. Ausnützen tun die meine "Inkonsequenz" eigentlich nicht. Auf der anderen Seite wissen sie aber, wenn ich nein sage meine ich das auch, und anrempeln oder anderer Blödkram ist auch nicht drin, da kann ich sehr beherzt reagieren (wie hier jemand irgendwo so nett beschrieben hat mit dem Hexenbesen und dem Scheitel...) . Es ist aber fast nie nötig. Durch ihre hohe Aufmerksamkeit mir gegenüber merken sie schnell, wenn ich etwas nicht will und meist sputen sie dann schon bevor ich mein mahnendes Räuspern aufgesetzt habe.
Zuletzt geändert von padruga am Sa, 02. Aug 2014 18:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Ich habe nie von Perfektion gesprochen. Im Gegenteil, ich habe mehrmals erwähnt: wenn man kein Problem hat, dann ist ja gut! Aber das Thema dieses Threads ist: "wann kann/will/muss ich durchgreifen". Das heisst es taucht ein Problem auf. Die Frage war: wie reagiere ich auf dieses Problem.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Jen hat geschrieben:Ich finde es ganz erstaunlich, auf wieviel Widerstand dies zu treffen scheint. Gehe ich doch davon aus, dass sich in einem Forum besonders interessierte und weiterbildungswillige Leute treffen.
Nur weil es hier bisweilen eine von Dir abweichende Meinung gibt (die ohnehin nur in Detailfragen stattfindet), finde ich es schon ziemlich schräge, deshalb darauf zu schließen, dass man nicht sonderlich interessiert und weiterbildungswillig sei.
Das was Du zur Pferde-Erziehung anmerkst, sind für mich absolute Standards, mit denen ich die Grundregeln kläre. Richtig spannend wird der Umgang mit dem Partner Pferd nämlich erst dann, wenn ich mal schaue, wie weit ich den starren Regularien die Du nennst, einen gewissen Spielraum hinzufügen kann, ohne dass mein Pferd deshalb respektlos und unerzogen wird. Da geht es nämlich dann nicht mehr darum, dass Pferd in seinen Gemeinsamkeiten mit allen anderen Pferden zu betrachten, sondern ganz individuell.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Cubi, nein ich habe nie von starren Regularien gesprochen. Ganz im Gegenteil!
Liebe Grüesslis, Jen
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Jen, doch in meinen Augen schon, siehe Dein Posting zum Thema Führen. Ein Thema, das Du offenbar grundsätzlich nach ein und den gleichen Regeln durchführst - das sind für mich de facto starre Regularien. Das bedeutet nun keinesfalls, dass mich ein Pferd anrempeln oder überholen oder sonstiges darf, was zu meiner Zeit mit Hengsten ziemlich blöde gewesen wäre, hätte ich das zugelassen. Aber: solange sie nicht hampeln und drängeln dürfen sie gern auch von der Weide passagieren, wenn es ihnen Freude macht. Das durften sie übrigens auch, als sie noch ihre Cojones hatten und wir im Stall an anderen Pferden vorbei mussten. Wobei immer eins feststand und auch von jedem Pferd verstanden worden war: Die grundsätzlichen Regeln sind einzuhalten.
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Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Ich finde, in dieser Diskussion wird nicht genügend unterschieden zwischen zwei Punkten:

1. Kenne ich ein Pferd noch nicht gut oder habe ich ein junges Pferd, bin ich erheblich aufmerksamer und konsequenter und setze die Grenzen enger als bei denen, die ich seit Jahren in- und auswendig kenne, und mit denen die Grenzen ausgelotet sind. Mit den "Alten" kann man auch mal etwas lockerer umgehen, und es funktioniert trotzdem. (Aber Vorsicht: nicht zu nachlässig sein, denn auch die können einen überraschen!) :wink:

2. Hat man einen (unerfahrenen und unsicheren) Pferdebesitzer, dann muss man ihm natürlich Hilfestellung, Anleitung und Regeln in der Art und Weise, wie Jen das beschrieben hat, an die Hand geben, damit er sich verbessert. Diese Art der Anleitung haben natürlich erfahrenere Pferdebesitzer nicht nötig, sie können ganz anders mit bestimmten Situationen umgehen. Im Gegenteil: es kann sogar sein, dass sie gewisse Punkte ablehnen, weil sie eine ganz andere Souveränität im Umgang mit Pferden haben als unerfahrene Menschen.



Pferde gehen ziemlich ruppig miteinander um, da wird gerempelt, getreten, gebissen mit allem was geht, wenn es darum geht, ein anderes Pferd zurechtzuweisen, das gewisse Grenzen übertreten hat und das sich geweigert hat, auf die zuvor reichlich ausgesendeten "feinen" Signale zu reagieren. Sie arbeiten mit verschiedenen "Eskalationsstufen".
Auch interessant: die meisten Menschen erkennen nicht, wer Chef oder Chefin in der Herde ist. Das ist meistens nicht der, der auffällt und Show macht oder am größten und kräftigsten ist. :wink:


Jen hat geschrieben: Ich finde es ganz erstaunlich, auf wieviel Widerstand dies zu treffen scheint. Gehe ich doch davon aus, dass sich in einem Forum besonders interessierte und weiterbildungswillige Leute treffen.
Jen, gerade weil ich Dich in dieser Diskussion gut verstehe und mit Dir in vielen Punkten auf einer Linie bin, finde ich es schade, dass Du so etwas schreibst.
Viele Grüße
Sabine
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sapiko
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Beitrag von sapiko »

also ich unterschreibe bei Jen.

Und ich kann Dich, Jen auch verstehen, dass Du Dich über den Widerstand wunderst, ich wundere ich da auch. mal als unterstützung für Dich.

naja, so ist das aber wohl einfach bei forendiskusionen. trotzdem spannend, toller thread.


LG sapiko
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Jen
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Beitrag von Jen »

Danke Max und sapiko! Dann weiss ich, dass ich mich nicht komplett unverständlich ausdrücke ;)

Cubi, nein, beim Führbsp ging es nicht ums Führen, sondern ein Beispiel unter viiiiielen, wie man Verhalten im Ansatz erkennen und KLEIN korrigieren KANN. NICHT MUSS. das Führen ist schlussendlich gar nicht der Punkt! Sondern, dass man vielerlei Möglichkeiten hat, Fehlverhalten (!) im Ansatz zu unterbrechen, so dass es nicht (regelmässig) eskaliert. Das ist beim Reiten genau gleich. Wenn ich das Pferd über die Schulter fallen lasse verliert es die Linie und drückt zB (eine von vielen Möglichkeiten) aus dem Zirkel raus. Wenn ich erst reagiere, wenn das Pferd bereits drei Meter neben dem Hufschlag ist, muss ich diese drei Meter aufwendig korrigieren. (Viele unerfahrene Reiter fangen dann an am Zügel zu ziehen, am Schenkel zu klopfen, im Sitz zu verdrehen etc) Wenn ich im Ansatz korrigieren kann, bevor das Pferd die Linie verlässt, dann muss ich kaum einen cm korrigieren. Unter Umständen sieht man das von aussen gar nicht! Um das geht es! Wenn ich ein PROBLEM habe, muss ich darauf hinarbeiten, dass dieses Problem nicht entsteht. Was ist so schwierig daran zu verstehen, dass es im Umgang genau gleich ist, wie beim Reiten? Und dass auch im Umgang, wie beim Reiten, eine gewisse Körperbeherrschung nötig ist?
Liebe Grüesslis, Jen
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Motte
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Beitrag von Motte »

Jen, das ist ja alles richtig und das bestreitet doch auch niemand?

Frage zu der von mir beschriebenen Verlade-Session:
Was hättest du gemacht?
So ganz praktisch jetzt mal.
sinsa
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Beitrag von sinsa »

@Jen es mag durchaus sein, das es hier nicht Deine Intention war einen Perfektionsanspruch und ein ausschließliches orientieren an Idealen zu beschreiben. Bei mir kommt aber bei dem was und wie Du es schreibst genau das an. Das muss ja nicht jedem so gehen - mir aber geht es so.

Deshalb erwähnte ich, dass das das erste war, indem sich hier alle einig waren:
Man muß seine Linie schon klar abstecken und sich entsprechend verhalten, wenn man Grenzen setzen möchte die nicht überschritten werden sollen.
Also im Extrembeispiel: Man sollte nicht vom Pferd ausgehendes Steigen heute hinnehmen, weil es so lustig ist und morgen dafür in exakt der gleichen Situation dem Pferd eine über den Pelz brennen.
Da rennst Du, soweit ich das hier gelesen habe, offene Türen ein.
Sie schließen sich in meinem Fall aber wieder, je mehr Du rangehst und Beispiele anführst, die sich rein an Idealen orientieren (Pignong/Hubertus Schmidt) und die die Schuld immer und in allen Fällen dem Menschen zuschreibst und die eigentlich so wie Du sie formulierst nur theoretisch sein können

Es schadet sicher nicht, sich an idealen zu orientieren - man muß es aber auch umsetzen können. Das reine kopieren bringt einem da aber nichts, denn der weit größte Teil am Umgang mit Mensch und Tier findet auch heute noch vom Menschen rein unbewußt über Körpersprache statt. Auch der Mensch ist noch immer in der Lage Stimmungen und Spannungen einfach nur "zu sehen" und sie auch zu zeigen.
Ab hier wird es nur ein wenig schwierig. Na klar kann ich mein Pferd beim Führen immer und jederzeit bewußt beobachten und korrigieren und ich kann auch lernen, wer sich in welchem Fall wo zu befinden hat. Was mir dann aber unter Umständen noch immer fehlt ist die dazu passende Körpersprache. Fehlt mir diese, werde ich auch die nächsten 20 Jahre noch das Pferd stets und ständig korrigieren müssen. Aus dem simplen Grund das meine Körpersprache nicht richtig zu meiner Handlung passt.
Ich stehe also eventuell mit meinem Körper an der richtigen Stelle z.B. vor dem Pferd und das Pferd wird dennoch weiterlaufen, weil mein Körper nicht das gleiche Aussagt, wie meine Position. Was dann fehlt ist die Authenzität.
Die Position sagt "Stopp" der Körper sagt: "kann sein, dass Dich das daran hindert weiter zu laufen - muss aber nicht."

Ich kann also bewußt trainiren an der richtigen Position zu sein, meine unbewußte Körpersprache ist da aber nicht ganz so einfach zu trainieren.
Hier kommen noch Intuition und unbewußtes umetzen dazu.
Aber auch wenn man beides noch so sehr trainiert, passieren immer wieder Dinge, die man einfach nicht unter Kontrolle hat.

Da Du es angesprochen hast, mache ich mal ein Beispiel aus dem Hundebereich. Ich bin als Kind mit Tieren aufgewachsen. Unter anderem auch mit Hunden. Sowohl ganz normale Familienhunde als auch Jagdhunde im tatsächlichen Jagdeinsatz. Man kann davon ausgehen, dass ich einigermaßen die Grundregeln im Umgang mit Hunden kenne.
So lief ich eines Tages in der Stadt rum und an einem Baum waren zwei Hunde angebunden. Ein kleiner Wuschelmix und sein Kumpel der Rottweiler.
Ich habe keine Angst vor Hunden, auf Grund des Rottis aber sicherheitshalber zugeseshen, dass ich entspannt aber nicht zu nahe neutral an ihnen vorbei gehe. Weder agressiv noch unterwürfig. Mit dem Erfolg, dass mir der Rotti im Ellenbogen hing.

Man kann nun fabulieren, was man in einer perfekten Welt besser gemachct haben könnte - man kann es aber auch einfach registirieren und feststellen, das man eben doch nicht immer perfekt sein kann.

Daher rührt mein "Widerspruch" gegen Deine Formulierungen.
Nein, ich glaube nicht, dass man wirklich alle Fehler die man sich nur denken kann, wird vermeiden können und mir fehlt bei Deinen rein logischen Argumentationen der gesamte Teil der unbewußt abläuft und der gehört für mich völlig selbstverständlich dazu.

Das ist beim reiten lernen nicht anders als im täglichen Umgang.
sehr viel kann man gerade am Anfang ganz bewußt trainieren damit es irgendwann zu einem intuitiven und (fast) schon unbewußten Handeln werden kann. Das Ergebnis wird aber nicht zwangsläufig eine Perfektion aufweisen. Manchmal ist der Boden völlig plan und man stolpert eben doch.
sinsa
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Beitrag von sinsa »

Cubano hat geschrieben:
Jen hat geschrieben:Ich finde es ganz erstaunlich, auf wieviel Widerstand dies zu treffen scheint. Gehe ich doch davon aus, dass sich in einem Forum besonders interessierte und weiterbildungswillige Leute treffen.
Nur weil es hier bisweilen eine von Dir abweichende Meinung gibt (die ohnehin nur in Detailfragen stattfindet), finde ich es schon ziemlich schräge, deshalb darauf zu schließen, dass man nicht sonderlich interessiert und weiterbildungswillig sei.
Das was Du zur Pferde-Erziehung anmerkst, sind für mich absolute Standards, mit denen ich die Grundregeln kläre. Richtig spannend wird der Umgang mit dem Partner Pferd nämlich erst dann, wenn ich mal schaue, wie weit ich den starren Regularien die Du nennst, einen gewissen Spielraum hinzufügen kann, ohne dass mein Pferd deshalb respektlos und unerzogen wird. Da geht es nämlich dann nicht mehr darum, dass Pferd in seinen Gemeinsamkeiten mit allen anderen Pferden zu betrachten, sondern ganz individuell.
Das unterschreibe ich doch mal :D

Und ich möchte noch ergänzen:
Ich habe in meinem Leben schon sehr viele Tiere unterschiedlicher Rassen gehabt und bin mit noch mehr Tieren umgegangen. Nicht eines davon war im Umgang ein echtes "Problem"tier.
Einige waren eher schüchtern und ängstlich oder hatten sonstige "Auffälligkeiten" aber keines davon hat gebissen, getreten, gekratz oder war sonstirgendwie "gefährlich".
Es kann natürlich sein, dass ich da rein von Glück und Zufall lebe, da alle diese Tiere sich sehr gut erzogen zeigten.
Es kann aber auch sein, dass es dafür tatsächlich auch gute Gründe gibt.
Ein redcht wahrscheinlicher Grund ist, dass ich mir keine Brocken auflade, die größer sind als ich schlucken kann. Genau aus dem Grund "reicht" mir ein völig "normaler" 08/15 Umgang mit Grenzen und Freiräumen und ich finde mich ehrlich gesagt auch nicht lernunwillig oder desinteressiert, wenn ich für mich beschließe, das es durchaus ausreichen kann nicht so toll wie Pignon und Hubertus Schmidt zu sein sondern nur wie Lieschen Müller, die einen entspannten Umfang mit ihren Tier in ihrer Freizeit pflegt und mich von "handelsüblichen sowie normalbegabten Ausbildern" anleiten zu lassen.
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Spielnase
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Beitrag von Spielnase »

Liebe Jen, danke für deine tollen Beiträge!!! Ich stimme dir zu!

Bei einigen deiner Beispiele wirst du ein wenig falsch verstanden, was aber wirkliche eine typische "Forums-Krankheit" (nicht bös gemeint!) ist :wink:

Wie z.B. der Pignon-Vergleich. Für die meisten bis alle Fälle ist nunmal der Mensch daran Schuld, wenn in der Pferd-Mensch-Kommunikation etwas schief läuft. Der Grund kann dafür sein, dass er in einer bestimmten Situation widersprüchliche Signale gibt oder aber insgesamt sein Verhalten inkonsequent ist (oder, oder, oder ....). Das steht hier wohl auch nicht zur Debatte, sondern da sind sich doch alle einig?

Da man das aber ab und an im turbulenten Alltag kurz vergisst, hilft es sich genau dann zu überlegen, ob ein Pignon mit meinem Pferd jetzt in dieser Situation auch "durchgreifen" müsste, weil er dem Pferd die Schuld geben würde. Dieser Gedanke hilft dann sich selbst wieder auf den Teppich zu holen, die Situtation zu abstrahieren und reflektieren und so kann man weiter an sich arbeiten und muss nicht unfair dem Pferd gegenüber werden.

(Hilfe, war das zu kompliziert ausgedrückt?)

Und zu dem Beispiel von Max, dass sich Pferde untereinander auch zum Teil ruppig verhalten:

Ja das stimmt, aber die Verallgemeinerung ist doch sehr gefährlich!
In einer Herde gibt es so viele unterschiedliche Freundschaften und Feindschaften. Das ruppige Verhalten sieht man meistens nur bei denen, die sich eh nicht so gut leiden können oder die gerade etwas austragen wollen. Unter sehr eng befreundeten Pferden sieht man seeeeeeehhhhhr feine ja fast zärtliche Signale/Körpersprache (selbst dann, wenn Futterneid oder ähnlich Provozierendes aufkommt). Die haben es nicht nötig sich gegenseitig vor den Bug zu ballern, sondern da reicht ein Blick, ein Ohren-Anlegen maximal.

In der Pferd-Mensch-Beziehung hat man ebenfalls die Wahl (Vorsicht: jetzt extrem ausgedrückt), ob man aus Sicht des Pferdes als ein cholerischer aggressiver Diktator angesehen werden möchte, vor dem das Pferd zwar Respekt hat ihn aber auch fürchtet, oder (wie Rashid es beschreibt) als "sanften vertrauensvollen Fürher", mit dem es gerne seine Zeit verbringt und bei dem es sich sicher fühlt. Natürlich gibts dazwischen auch jede menge Abstufungen.
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