Haltungsform Auswirkungen auf Aufwärmphase?

Rund um die klassische Reitkunst

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horido
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Beitrag von horido »

Finchen schrieb:
Da ich für meine Aussage nach Beweisen gefragt wurde:
meine Frage an die anderen, die eine ähnliche Sichtweise geäußert haben, wißt ihr was darüber, oder orientiert ihr euch auch "nur" an den Erfahrungen, die ihr zB bei bestimmten Erkrankungen und Einfluß regelmäßiger Bewegung darauf gemacht habt?

Hallo Finchen,
so wie Du sehe ich das auch. Ich kenne keine Studien über die Gelenksflüssigkeit, gehe aber wie Du davon aus, dass sie nicht sofort wieder verschwindet. Wenn sich also das Pferd 30 Minuten bewegt, dann 10 Minuten steht, dann wieder 10 Minuten rumläuft, 5 Minuten steht, 10 Minuten spielt und dann vielleicht 15 Minuten steht, gehe ich davon aus, dass die Gelenksflüssigkeit immernoch ein wesentlich höheres Level hat, als bei einem Pferd, dass aus einer Box kommt. Ist doch irgendwie logisch.

Ich beobachte unsere Pferde übrigens auch ausgiebig und gerne. Zerre sie also nicht einfach abends aus dem Aktivstall, setze mich drauf und galoppiere los. Und sie laufen echt viel. Mal dahin mal dorthin, dann wird wieder 5 Minuten geruht. Dann wird ein Freund, der geritten wurde zurückgebracht. Der muss begrüßt werden etc. Entscheidenend für das viele Bewegen ist meiner Ansicht nach eine größere Gruppe. Unsere Pferde standen vorher zu 2. in einem Offenstall mit ebenfalls großzügigen Platzangebot und haben sich da bei weitem nicht so viel bewegt. Und ich habe es bei der neuen Haltungsform vom 1. Tag an bei Reiten gemerkt, dass sie einfach lockerer waren und hatte vorher nicht das Gefühl, dass sie steif waren. Trotzdem war es ein Riesen-Unterschied.

Da ich die Pferde gerne beobachte, weiss ich übrigens auch, wann ihre bevorzugten Ruhe- und Spielphasen sind (die wechseln mit den Jahreszeiten). Bei uns im Stall wird auf dem Pferd eigentlich nicht "geschwätzt" (außer beim Ausreiten), aber dafür vor und nach dem Reiten am Aktivstall und da kriegt man einiges mit.
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Sunknúni
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Beitrag von Sunknúni »

Ihr diskutiert ja fleißig;-)

Das mit dem Berg und den Sehnen finde ich interessant - gibt es da noch mehr Meinungen. Für mich aktuell wichtig, da Juni vorne grad eine Sehnenentzündung hat, diese kleine Runde mit Berg (ich schätze mal etwa 50m mittlere Steigung) wie gesagt unsere Aufwärmrunde ist (ohne irgendeine Steigung geht bei uns nicht, schon der Stall selbst steht erhöht) und unsere Notfallrunde (wenig Zeit, Voltigurt drauf und besagte Runde reiten). Bis zur Steigung sind es übrigens gut 250-300m (leicht bergab - geht wie gesagt nicht anders). Das leichte Bergab macht uns da eigentlich mehr Probleme, weshalb ich da oft erst mal führe.

Zum Thema Seitengänge, Übertreten in der noch Lösungsphase: wenn man ein Arthrosepferd hat, kann man meist nicht nach 15min lostraben (wenn ich das mache, ist das ein steifes Geeiere!). Aber es bringt auch nicht viel, nach über 15min immer noch Runde um Runde am langen Zügel zu drehen - da schaltet meiner dann auch ab. Und meiner Meinung nach eignen sich (nach ersten leichten Biegungen auf Zirkel, einfache Schlangenlinie) sacht gerittene Seitengänge im Schritt durchaus. Sacht geritten heißt bei mir, dass das Pferd zwar Kontakt hat am Zügel, aber noch nicht aufgerichtet ist, dass ich eine geringe Abstellung wähle, dass ich den Seitengang (und damit meine ich in der Regel SH, evtl. ein paar Traversschritte) langsam reite, dass ich immer wieder nur einige Tritte verlange und dass ich ggf. abbreche, wenn mein Pferd Schwierigkeiten damit hat (je nach Tagesform geht er früher oder später besser seitwärts).

Hier auch mal Textstellen aus Stodulka: (Vom Reiten zur Reitkunst, S. 159f.)
"Seitengänge haben lösenden und versammelten Charakter zu fast gleichen Anteilen... Durch eine systematische, ruhige und losgelassene Arbeit mit Seitengängen im Schritt erspart man sich etliche Runden im Leichttrab in der ganzen Bahn und hat unmittelbar nach der Lösungs- und Versammlungsphase ein geines und gut gesetztes, flexibles und elastisches Pferd." "Kontraproduktiv ist ein übereiltes Seitwärtstreten." (S. 160) "Der weitverbreitete Irrglaube, dass Seitengänge in der Lösungsphase schädlich sind, hängt meistens damit zusammen, dass die Seitengänge Falsch, sprich zu schnell und ohne Losgelassenheit geritten werden." (S. 117)
Junito braucht inzwischen auf alle Fälle eine Schrittphase mit leichter Arbeit bevor wir traben. Mental wäre zwar Trab besser (da wird er wacher und aufmerksamer), aber wenn ich zu früh antrabe, ist das alles andere als ein locker und gut laufendes Pferd :roll: Und Galopp kann ich total vergessen - habe ich nicht gut genug vorgearbeitet (Schritt und Trabarbeit) und so die Hinterhand "geholt", fällt er komplett auseinander, kommt auf die Vorhand und ins Rennen. Da merke ich, dass die Schritt- und Trabarbeit wohl irgendwas bringen muss;-)

Hier nochmal Stodulka an anderer Stelle (Aufbau einer Trainingseinheit):
(S. 116ff.)
"Fünf Minuten Schritt am hingegebenen Zügel... In den näcshten 10 - 15 Minuten Schrittarbeit sollte das Pferd in kurzen Reprisen Schultherein, Travers, Renvers und Traversalen absolvieren. Auch Vorhand- und Hinterhandwendungen sollen hier schon im ruhigen Schritt eingesetzt werden. Der Wechsel zwischen Arbeitsschritt, versammelten Schritt und starkem Schritt kann die Rückentätigkeit deutlich verbessern. Mehrmaliges Rückwärtsrichten und erneutes Anreiten im Schritt fördern die Versammlung und das Abkippen des Beckens..."
Dann soll nach ihm 5 - 10min Trab kommen (inkl. Seitengängen), 3 - 5 min Galopp, danach Schritt am hingegeben Zügel. Evtl. nochmals neue Lektionen wiederholen und am Schluss das Pferd einige Runden locker abtraben und danach im Schritt beenden. Diese Zeitangaben sind für ihn minimale Angaben ("... dass sich die Gelenkschmiere sowohl bei Koppel- als auch bei Boxenpferden erst nach ca. 15 Minuten verflssigt und in den Gelenken verteilt...", S. 117) Er meint aber auch, dass es vom Pferd abhängig ist, und es Pferde gibt, die sich im Trab und Galopp besser lösen als in einer längeren Schrittarbeit.

So, und nun muss ich los zum Arbeiten ;-)
skywalker

Beitrag von skywalker »

So, jetzt misch ich auch mit :-)

Mein Pferd ist im Aktivstall, und es ist sehr unterschiedlich, wie wir aufwärmen.
Ich sage absichtlich WIR, weil das ist bei mir das ausschlaggebende. Ich glaube keiner hats erwähnt, aber tatsächlich sollte ja auch der Mensch vor dem Sport aufwärmen (tut ihr das auch so brav?). Ich richte mich daher hauptsächlich nach mir selbst und hoffe, dass es fürs Pferd ungefähr gleich passt.
Entsprechend unterschiedlich fällt das ganze aus. Im Winter bin ich total kalt und steif, logo. ich mache dann übungen an der Hand, Bodenarbeit, bis mir selbst warm ist. Dann ist Zeit für gefinkeltere Bewegunsmuster. Aber ehrlich gesagt, ob ich und das Pferd dabei anfangs vielleicht auch mal ein paar Seitwärtsschritte machen, darüber mach ich mir keine Gedanken. Ich achte eben drauf, welche Bewegungen mir im kalten Zustand gut tun, die tun dem Pferd hoffentlich auch nix Schlechtes. Und welche Beweung sich für mich im kaltzustand unangenehm bzw. holprig/steif anfühlt, die lass ich weg.
Gern spazier ich mit Pferd an der hand eine Runde um den Berg. Da gehts heftig bergauf un d bergab, aber anderes gibts bei uns nicht. Schon der Weg zum Viereck beinhaltet ein Stückerl bergauf, der STall liegt am Berg.

Jetzt im Sommer sind die Pferde auf rieseigen Weidestücken. Ich brauche 10 Minuten, um zu meinem Pferd zu gelangen, und dann müssen wir gemeinsam bergauf 10 Minuten zum Stall spazieren. also ich schwitz dabei gewaltig, daher geh ich davon aus, dass wir beide bereits dann genügend aufgewärmt sind. ich putze dann zwar noch, aber selbst danach ist mir noch ordentlich warm jetzt im Sommer. Dann gehen wir noch kurz Schritt, ich teste auf ein paar großen Wendungen, wie sich das Pferd bewegt, und dann tasten wir uns halt so an unsere Übungen heran.

Wobei mein "Arbeitsprogramm" sicher anders ausschaut als das des Durchschnittsreiters, oft gibt es bei mir überhaupt nur eine Schritteinheit. Manchmal wenn was besonders gut war machen wir Pause, lange Pause (ruhig auch mal 5 oder 10 Minuten). Im Stehen. Theoretisch müsste ich dann neu aufwärmen... Aber auch da richte ich mich nach meinem Gefühl; wenn mir im Winter beim Stehen kalt zu werden droht, mache ich sicher kürzere Pause bzw. danach wieder lange Schritt. Im Sommer habe ich dagegen kein Problem, nach so einer Stehpause relativ bald wieder loszugaloppieren.

Also wie gesagt, ich denke der eigene Körper ist doch ein guter Gradmesser, vorausgesetzt man macht genauso viel Bewegung wie das pferd bzw. die gleichen Bewegungsmuster - aber genau das versuch ich eben zu erfühlen, indem ich vieles einfach aktiv mitmache.
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