Pferd schiebt Zunge über Gebiss

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messala
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Pferd schiebt Zunge über Gebiss

Beitrag von messala »

Hallo!!
seit ca. 2 Wochen schiebt mein Pferd immer mal wieder die Zunge übers Gebiss, er hatte das Problem schon mal vor Jahren als er leider von einem Bereiter "zu stark" geritten wurde.
Jetzt zeigt er es wieder und zwar immer dann wenn mir mein RL sagt ich solle den Zügel noch kürzer nehmen, dann fühlt es sich für mich so an, als ob er sich vom Widerrist her raushebt, teilweise auch mit "Spannungstritten" reagiert, tu ich das nicht und lass die Zügel nur um ca.ein paar Millimeter länger habe ich das Gefühl, dass er runder geht und vom Widerrist her abkippt. So habe ich das auch meinem RL erklärt, der wiederum meinte, daran "müssten" wir uns rantasten damit er noch geschlossener wird und hinten mehr Last aufnimmt.
Er hat auch das Gebiss höher geschnallt hat nix gebracht, reite nur mit Englisch verschnallt und mit einem anatomisch geformten Gebiss, habe schon viele Gebisse ausprobiert Problem taucht immer mal wieder auf.
Zähne sind gemacht, Physiotherapeutin war auch erst da konnte nix feststellen hat sich auch Zaumzeug und Gebiss angeschaut und sagt es passt.
Morgen kommt der Sattler weil evtl. zu eng, aber was kann ich noch tun sollte das Problem dann nicht behoben sein?
Ich reite derzeit einfach so wie ich es oben beschrieben habe mit ein wenig längerem Zügel und viel im leichten Sitz und leichttraben dann nimm ich ihn kurz auf und das klappt. :wink:
Vielleicht habt ihr noch Tipps die ich noch nicht kenn!!
Danke schon mal!
Mit reiterlichen Grüßen!!!
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Filzi
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Beitrag von Filzi »

Du hast dir die Antwort eigentlich schon selbst gegeben. Dein Pferd zeigt dir sehr deutlich, dass ihm die deutlich kürzeren Zügel momentan nicht gut tun. Etwas länger eingestellt mit deutlich angehobenem Widerrist klingt mir hier als Mittel der Wahl.

Ehrlich gesagt finde ich es vom Trainer ein bisschen komisch, das Gebiss höher zu schnallen anstatt das momentane Training genau zu durchleuchten. Klar, kann ein schlecht verschnalltes Gebiss (wie jede andere Ausrüstung auch) zu diesem Verhalten führen. Aber Zungenfehler sind meist feste Reithände.

Für mich klingt es, als könnte dein Pferd momentan nicht mehr "bieten" als die lockerere Einstellung die du instinktiv gewählt hast.

Weiteres könnte auch das Gebiss schmerzhaft auf die Zunge drücken, vor allem wenn du mit kürzeren Zügeln reitest. Um diesen Schmerz zu entgehen wird die Zunge darüber gestülpt.

Vielleicht mal einen anderen Trainer darauf schauen lassen. Komplett Aussenstehende sehen da oft wesentlich mehr.
"Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg." Mahatma Gandhi
Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Sehe ich auch so!
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

Filzi hat geschrieben:Aber Zungenfehler sind meist feste Reithände.
Das ist sicherlich teilweise richtig so, aber bei allen Bemühungen um eine feine Hand darf nicht vergessen werden, dass eine offene Hand auch gleichzeitig eine harte Hand ist.
Viele Reiter wollen möglichst fein und leicht reiten und reiten daher mit halb geöffneten Händen, sodass man überhaupt keine Kontrolle über das Zügelmaß hat. Eine korrekte Zügelfaust gehört zum Reiten dazu, nachgegeben wird aus dem Arm.

Was Zungenfehler oder Anlehnungsfehler generell betrifft bin ich heute mehr denn je der Meinung, dass diese ganz oft ihre Ursache in mangelnder HH Aktivität haben. Das Pferd will nicht ans Gebiss herantreten und nörgelt. Wenn der Reiter jetzt anfängt, vorne noch mit den Händen in wilde Aktivitäten auszubrechen, nörgelt es noch mehr. Den Vorschlag des RLs, hier den Rahmen mal freundlich zu begrenzen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass das Pferd an das Gebiss herantritt, finde ich nicht schlecht. Natürlich wird das Pferd maulen - es muss ja arbeiten. Aber das ist eben in dem Moment so. Wenn das Pferd gelernt hat, aktiv an den Zügel und an die beständige (nicht starre) Reiterhand heranzutreten, dann sind die Zungenfehler oft Vergangenheit. Natürlich nur sofern gesundheitliche Gründe ausgeschlossen wurden.
Talent bedeutet Energie und Ausdauer. Weiter nichts. (Heinrich Schliemann, Entdecker Trojas)
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Medusa888 hat geschrieben:
Was Zungenfehler oder Anlehnungsfehler generell betrifft bin ich heute mehr denn je der Meinung, dass diese ganz oft ihre Ursache in mangelnder HH Aktivität haben. Das Pferd will nicht ans Gebiss herantreten und nörgelt. Wenn der Reiter jetzt anfängt, vorne noch mit den Händen in wilde Aktivitäten auszubrechen, nörgelt es noch mehr. Den Vorschlag des RLs, hier den Rahmen mal freundlich zu begrenzen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass das Pferd an das Gebiss herantritt, finde ich nicht schlecht. Natürlich wird das Pferd maulen - es muss ja arbeiten. Aber das ist eben in dem Moment so. Wenn das Pferd gelernt hat, aktiv an den Zügel und an die beständige (nicht starre) Reiterhand heranzutreten, dann sind die Zungenfehler oft Vergangenheit. Natürlich nur sofern gesundheitliche Gründe ausgeschlossen wurden.
So sehe ich das auch, Medusa. Wunderbar zu beobachten bei meine kampfauenden Spanier. Sobald der hinten ranschließt, wird es vorn deutlich ruhiger und die Anlehnung verbessert sich kontinuierlich. Bei ihm kommt allerdings tatsächlich der Wahl des Gebisses eine entscheidende Rolle zu: Alles, was zu beweglich im Maul ist, macht ihn hektisch und unzufrieden. Deshalb reite ich dieses Pferd mit einer schlichten Gummistange.
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Nach der SdA unterwegs :-)
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ottilie
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Re: Pferd schiebt Zunge über Gebiss

Beitrag von ottilie »

messala hat geschrieben:seit ca. 2 Wochen schiebt mein Pferd immer mal wieder die Zunge übers Gebiss, er hatte das Problem schon mal vor Jahren
Dies zeigt auch, daß solche Reaktionen bei Streß immer mal wieder auftauchen werden - für mich auch ein Ausdruck, daß der Vorschlag
der wiederum meinte, daran "müssten" wir uns rantasten damit er noch geschlossener wird und hinten mehr Last aufnimmt
noch sehr viel feiner umgesetzt werden muß als das derzeit der Fall ist.
Klar kann man mal versuchen drüber weg zu reiten, allerdings sollte das dann auch nach relativ kurzer Zeit einen Erfolg zeigen, nicht daß der Zustand noch verschlimmert wird.
Obs für mich Mittel der Wahl wäre glaub ich allerdings eher nicht - ich würde versuchen Wege zu wählen um das vorn vorneherein zu vermeiden - ist ja doch ein ziemlich deutliches NEIN seitens des Pferdes, also ist der Reiter gefordert so lange zu probieren bis man einen auch für das Pferd angenehmen Weg gefunden hat.
Er hat auch das Gebiss höher geschnallt hat nix gebracht
Warum auch? Deswegen ist das Problem ja nicht gelöst nur weil ich mechanisch versuche es zu unterbinden.
Hoffe das Gebiß liegt mittlerweile wieder in der richtigen, alten Position.
Ich reite derzeit einfach so wie ich es oben beschrieben habe mit ein wenig längerem Zügel und viel im leichten Sitz und leichttraben dann nimm ich ihn kurz auf und das klappt. :wink:
Sehr schön!
Vielleicht kannst Du das peu á peu ausbauen, auch im Leichttraben schon mal kleinere Bögen reiten, stabilere Anlehnung suchen und dann wieder Zügel aus der Hand kauen lassen, Trab-Galoppübergänge reiten, eventuell auch mal Stangenarbeit einbauen?

Berichte doch ruhig, wie es Euch weiter ergeht!
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Ich möchte einfach mal völlig wertfrei und ungeordnet ein paar Gedanken aufschreiben:

Ich stimme Medusa und Cubano zu: sehr viele Anlehnungsprobleme haben ihre Ursache in der Hinterhand und sind wie weggezaubert, wenn das Pferd gut geschlossen ist.

Noch mehr Anlehnungsprobleme liegen aber am Reitersitz und einer daraus resultierenden zu starren/schlackernden/irritierenden/ungleichmäßigen Zügelführung.
Eine Sitzschulung finde ich auf jedem Niveau sehr hilfreich, denn ein zügelunabhängiger Sitz ist Voraussetzung, gerade wenn ein Pferd schwerwiegende Anlehnungsprobleme hat und kein Vertrauen zur Reiterhand aufbauen will oder kann.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass das Zungenproblem bei Deinem Pferd unter anderem psychische Ursachen hat, Du schreibst ja, dass Dein Pferd in der Vergangenheit zu hart angepackt worden ist.
Jetzt versuchst Du, ihn wieder mehr zusammenzustellen, und das ist eine Situation, vor der er möglicherweise Angst hat, weil sie schlechte Erinnerungen weckt.
Ich gebe in solchen Fällen gerne Bachblüten zur Unterstützung.

Zur Verschnallung des Gebisses will ich erst etwas sagen, wenn ich Bilder sehe, und zwar vorher und nach der Korrektur durch den RL.

Umstellungen und Veränderungen brauchen Zeit. Ihr arbeitet gerade daran, das Pferd besser zu schließen. Das ist anstrengend für das Pferd, und zwar körperlich und mental. Die mentale Komponente spielt gerade bei einem Pferd, das schlechte Erfahrungen gemacht hat, weil es zu früh zu schnell zu hart angepackt wurde, eine große Rolle. Dass es dabei auch mal übergangsweise nicht ganz so locker-flockig geht, finde ich ganz selbstverständlich. Und da finde ich den Ansatz des RL, sich vorsichtig Schrittchen für Schrittchen heranzutasten, eigentlich sehr richtig. Es heißt Vertrauen aufzubauen und ihm zu signalisieren: probier's doch mal, ist alles nicht so schlimm, wir machen nur das, was du wirklich leisten kannst.

Bei manchen Pferden kann es auch wichtig sein, nur 1-2x in der Woche (z. B. im Unterricht) "richtig" zu arbeiten und den Rest der Woche eher lockeres Programm zu machen. Andere können jeden Tag richtig lernen-lernen-lernen. Manche lernen spielerisch, andere lernen nur über viele Wiederholungen. Wichtig ist, das richtige Maß zu finden, um das Pferd motiviert zu halten und um es zu nachhaltigen Verbesserungen zu bringen.

Mich verwirrt Deine Angabe zum Zügel-kürzer-nehmen: wirklich nur Millimeter? Oder doch eher so 1-3 Zentimeter?
Viele Grüße
Sabine
Bild
messala
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Pferd schiebt Zunge übers Gebiss

Beitrag von messala »

Hallo an Alle!!
Vielen, vielen Dank für Eure ehrlichen vielen Feedbacks! :wink:

Ihr sprecht mir irgendwie alle aus der "Seele"!

Also ich hab manchmal das Problem teilweise die Hände nicht ganz geschlossen zu halten.

Ich werde meinen Unterricht, der derzeit einmal die Woche ist, bei meinem RL weiterführen, denn ich habe viel darüber nachgedacht und wie ja auch viele von Euch schreiben, ist es wohl doch so, dass mein RL uns da langsam ran bringen will, er sagt ja auch oft, Das Pferd gibt vor und dann machen wir das was geht!

Heute hatte ich den Sattler da, der versuchen will die Kissen, die evtl. das Problem sein könnten weiter nach unten zu verlagern, damit der Druck anders verteilt bzw. nicht mehr "vorhanden"' ist, dann wäre die Ursache auch ausgeschlossen bzw. abgestellt.Auch hat er gesagt, dass das Pferd ziemlich aufgebaut hat in den letzten 6 Monaten, was sehr gut ist, aber eben auch solche PRobleme mit sich bringen KANN, nicht alle reagieren darauf.
Er hat sich auch nochmal das Gebiss und Zaumzeug angeschaut und hat auch gesagt, NICHT höher schnallen und das 'Gebiss liegt optimal. Wieder eine "Baustelle" weniger. :lol:

Ich werde es jetzt einfach weiter so versuchen mit langsam ran tasten, wie eben schon geschildert, ich habe schon große Zirkel und Bögen mit rein genommen. Ich werde weiter berichten, ob es sich bessert, bisher macht er gut mit und ist sehr bemüht. Im Grunde arbeitet er ja "gerne" und will alles richtig machen, deshalb zeigt er wohl auch sehr deutlich wenn auch no so die kleinste Kleinigkeit ist.

Hoffe ich kann Euch weiterhin positiv berichten!!
Mit reiterlichen Grüßen!!!
messala
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Pferd schiebt Zunge übers Gebiss

Beitrag von messala »

So noch mal ein kurzer Bericht :)
Seit einer Woche reit ich mit andrem Sattel und er läuft besser!!
Mein "Programm" habe ich so weiter gemacht konnte vor 3 Tagen schon mehr "Dressurelemente" mit einbauen!
Mein RL ist auch mal wieder geritten. Mein Pferd ging viel gerader, williger er hat nur ein-/zweimal die Zunge drüber und das war bei einer ganzen Parade. Mein RL meint zwar immer noch, dass das Gebiss nicht passt aber ich bleib erst mal dabei und mach so weiter.
Meinen Sattel bekomme ich die Woche wieder und dann hoffe ich, dass es langsam immer besser wird!

:lol:
Mit reiterlichen Grüßen!!!
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