Robert Stodulka: Vom Reiten zur Reitkunst
Gebundene Ausgabe: 239 Seiten
Verlag: Parey Bei Mvs; Auflage: 1 (6. August 2008)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3830441738
ISBN-13: 978-3830441731
Preis: 59,95 Euro
„Eine Ausbildung nach den Grundsätzen der klassischen Reitkunst, das heißt unter besonderer Berücksichtigung der individuellen physischen und psychischen Voraussetzungen des Partners Pferd, bedeutet zunächst Schulung und das Training des Reiters selbst. Dabei steht niemals das Erlernen von „Tricks“ oder von „Patentlösungen“ im Vordergrund – im tiefsten Kern ist die klassische Reitkunst wohl eine Frage der Persönlichkeit und des Charakters des Reiters selbst und ist daher unabhängig vom jeweiligen Ausbildungsstand von Reiter und Pferd“ Dieses Zitat aus dem Geleitwort von Ernst Bachinger (Leiter spanische Hofreitschule Wien) ist für mich eine der brillantesten Definitionen der klassischen Reitkunst. Genau wie das Buch von Dr. Robert Stodulka den Brückenschlag zwischen der Biomechanik des Pferdes und der Reitkunst schafft.
In seinem einleitenden Kapitel „Gedanken zur Ethik im Pferdesport“ zeigt er die Entwicklung der Beziehung zwischen Mensch und Pferd vor dem geschichtlichen Hintergrund. Angefangen zu den Zeiten, als man Pferden „… durch herbe und oft sehr drakonische Erziehungsmethoden Herr zu werden versuchte.“ (Zitat S. 1) bis zur heutigen Zeit und der im Regelwerk der FEI enthaltenen Präambel: „Das Wohlergehen des Pferdes habe stets über allen anderen Interessen von Reitern, Trainern, Funktionären und Züchtern zu stehen.“ (Zitat S. 3).
Das Kapitel „Ziel und Geschichte der klassischen Dressur“ informiert den Leser über die Herkunft des Wortes „Dressur“ und die vier Säulen der klassischen Reitkunst. Sehr interessant ist die Gegenüberstellung der Entwicklung in den einzelnen Ländern aufgrund der Spaltung der klassischen Reitkunst infolge unterschiedlicher reiterlicher Bedürfnisse. Des weiteren werden alle Hofreitschulen (Wien, die königlich andalusische Reitschule, das Cadre Noir und die portugiesische Hofreitschule zu Lissabon) vorgestellt. Den Abschluss bildet die Beschreibung der Begriffe Schul- und Campagnepferd.
Weiter geht es mit „Pferdegerechtes Training“. Es werden die Möglichkeiten und Grenzen der pferdegerechten Ausbildung durch die Anatomie des Pferdes beschrieben. Von dem Unterkapitel „Die französische Schule und die Skala der Ausbildung im Miteinander“ hätte ich mir eher erwartet, dass die Gemeinsamkeiten aufgezeigt und beschrieben werden. Herr Stodulka beschreibt sehr gut und anschaulich die vier Eckpfeiler der französischen Schule. Die Skala wird nicht in den einzelnen Punkten angegangen, sondern auf Basis dieser vier Eckpfeiler und deren Wichtigkeit beschrieben. Eingeleitet wird die „Gegenüberstellung“ von einem Plädoyer für Akzeptanz auf beiden Seiten und dem Hinweis auf potenzielle Schwachstellen in jedem durchdachten System.
Die nun folgende „Einführung in die Biomechanik“ sollte Grundlage für die Prüfungen der Reitabzeichen der FN werden. Die unterschiedlichen Ansätze der Biomechanik (junges Pferd, Dehnungshaltung, versammeltes Pferd, vom Zungenbein und Kiefergelenk, Stellung und Biegung, fehlerhafte Haltung) werden beschrieben. Die Erläuterungen sind gut nachvollziehbar und werden immer wieder in den Zusammenhang mit dem Reiten gebracht. Hier bezieht Herr Stodulka nun auch klare Stellung zur Hyperflexion und beschreibt die Auswirkungen dieser Methode auf das Pferd.
Wichtig sind auch die „Trainingsphysiologischen Grundlagen“, über die jeder Reiter bzw. Trainer Bescheid wissen sollte. Nach einem kurzen Exkurs in die Verhaltenslehre zum besseren Verständnis des Körperschemas nach Dolto wird dieses vorgestellt und erläutert. Bezugnehmend auf das Körperschema nach Dolto werden die Grundzüge der Muskelarbeit und des weiteren der Muskelermüdung beschrieben.
Der „Trainingsaufbau“ wird auf relativ wenig Seiten abgehandelt, enthält aber wichtige Informationen. Sehr interessant fand ich die Erwähnung einer amerikanischen Studie zur Entwicklung der Gelenkflüssigkeit: auch wenn das Pferd von der Wiese kommt, benötigt das Pferd ca. 10 – 15 Minuten Aufwärmzeit zur Verflüssigung der Gelenkflüssigkeit. Es werden die drei Phasen der Ausbildung (Adaptionsphase, Kraftaufbauphase und Ausdauerphase) beschrieben. Ein intensives Plädoyer für Pausen ist im „Aufbau einer Trainingseinheit“ enthalten.
Was natürlich nicht fehlen darf ist die Beschreibung der Hilfen. Im Gegensatz zum Sitz erhält die Hand eine sehr intensive Besprechung. Neben der Handhaltung und Position sowie der unterschiedlichen Kandarenführungen wird das Prinzip „Hand ohne Schenkel – Schenkel ohne Hand“ beleuchtet. In diesem Kapitel wird nun die Affinität von Dr. Stodulka zur französischen Lehre durch die Beschreibung des „Effet d’ensemble“ und des „Descente des aides“ sehr deutlich. Auch die Erläuterung der Zügelhilfen beruft sich auf die französiche Lehre. Die sehr anschauliche Abbildung und die anschließende Beschreibung führen durch unterschiedliche Reihenfolgen etwas zur Verwirrung. Auch dass der Sporn mehr als eine Einsatzmöglichkeit hat wird dem Leser nahe gebracht.
Das nun folgende Kapitel „Bahnfiguren und Lektionen als Grundlage der Trainingseinheit“ ist systematisch aufgebaut. Nach der Reihenfolge: Vorstellung der Bahnfigur, Ausführung laut FN, biomechanische Abläufe, Hilfengebung, Bahnfiguren vor dem Hintergrund des Ausbildungsstandes, Effekt und Kombinationsmöglichkeiten und zuletzt häufige Fehler werden nun die einzelnen Bahnfiguren besprochen. Diese umfassen vom Durchreiten einer Ecke, Volten und Zirkeln über die Seitengänge bis zur Piaffe und Passage alle bekannten Bahnfiguren bzw. Lektionen.
Das letzte Kapitel hätte meines Erachtens auch weggelassen werden können. Die Besprechung der Gymnastizierung ohne Reiter beinhaltet einen geschichtlichen Rückblick, vorbereitende Übungen im Stand (Biegeübungen), die Arbeit an der Hand, Arbeit an der Longe, Doppellonge und dem langen Zügel, Cavalettitraining und Gymnastiksprünge und zu guter letzt die Pilarenarbeit. Die Beschreibung der einzelnen Themen ist nach wie vor interessant, aber es fehlt komplett der biomechanische Hintergrund. Bei der Arbeit an den Pilaren entsteht ein wenig das Gefühl, dass es nur der Vollständigkeit halber aufgenommen wurde.
Das Buch „Vom Reiten zur Reitkunst“ gehört für mich zur Grundlagenliteratur, wenn man sich mit dem Lebewesen Pferd und dessen Ausbildung beschäftigt. Dr. Stodulka schafft es in einer angenehm zu lesenden Art, die biomechanischen Hintergründe und vor allem deren Wichtigkeit zu vermitteln. Trotzdem er Anhänger der französichen Reitweise ist, polarisiert er in keinster Weise, sondern kann eher das Verständnis für diese Reitweise fördern. Er eröffnet mir einige neue Aspekte und macht Lust, sich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen. Die Fotos und Abbildungen sind durchgängig gut. Ein leichtes Schmunzeln kann ich mir jedoch bei Fotos, in denen er nach unten schaut, nicht verkneifen, da dies seiner Aussage bei den Hilfen doch widerspricht. Der Text ist auch für „Anfänger“ auf dem Weg der klassischen Reitkunst gut zu lesen und zu verstehen und kommt somit der Definition von Herrn Bachinger entgegen: die Schulung des Reiters.
Robert Stodulka: Vom Reiten zur Reitkunst
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Hallo,
habe das Buch bei Libri.de als Mängelexemplar für 31,95 gekauft. Wer bei Google sucht, findet evtl. noch einen Gutschein, den man einlösen kann. Ich habe einen für 5 € gefunden, der beim Kauf ab 30 gültig war. Somit hat es nur 26,95 gekostet.
Schaut mal, ob es noch weitere Exemplare gibt. Meines hatte nur eine kleine Delle am Einband.
Ansonsten ist das Buch super und eine tolle Ergänzung zur Irrwege .... vom Philippe Karl.
LG
Marion
habe das Buch bei Libri.de als Mängelexemplar für 31,95 gekauft. Wer bei Google sucht, findet evtl. noch einen Gutschein, den man einlösen kann. Ich habe einen für 5 € gefunden, der beim Kauf ab 30 gültig war. Somit hat es nur 26,95 gekostet.
Schaut mal, ob es noch weitere Exemplare gibt. Meines hatte nur eine kleine Delle am Einband.
Ansonsten ist das Buch super und eine tolle Ergänzung zur Irrwege .... vom Philippe Karl.
LG
Marion