Stehenbleiben auf Kommando

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Wolke

Stehenbleiben auf Kommando

Beitrag von Wolke »

Ich habe seite ca. 1 1/2 Monaten eine fünfjährige Freibergerstute. Sie ist sehr neugierig, ein echter Kasper - und total verfressen. Das stellt mich am Putzplatz vor einige Herausforderungen. Bei der Züchterin war der Anbindeplatz schön gross und nichts stand in Reichweite der Pferde herum. Bei uns ist es dagegen etwas chaotischer und da ich nur Pensionärin bin, muss ich mich mehr oder weniger damit abfinden.

Ich habe nun die Situation, dass es nur eine Stelle gibt, wo ich sie gefahrlos anbinden kann, da steht allerdings auch immer ein Heuballen, den sie dann genüsslich verzehrt und das kann ich ihr so direkt vor der Nase auch schlecht verübeln. Das ist nicht weiter schlimm, nur richtig stillstehen bleiben lernt sie so in dem Sinn auch nicht. Alternative ist ein Platz, wo es alles mögliche zum Hervorziehen, Runterschubsen und Beknabbern gibt und nicht zuletzt einen Wasserhahn direkt neben dem Anbindering, wo ich befürchten muss, dass sie beim Herumhampeln dagegenschlägt und sich verletzt. Deshalb binde ich sie dort gar nicht an sondern lasse sie nur unangebunden stehen. Nur steht sie leider noch nicht so zuverlässig ... Besonders den Moment, wenn ich mich zum Auskratzen der Hinterhufe nach unten beuge, nutzt sie gern, um abzuhauen.

Langer Rede kurzer Sinn: Heute habe ich sie inmitten der anderen Pferde im Offenstall-Auslauf geputzt und Madame stand unangebunden wie eine 1 still. Wie bringe ich ihr nun das Kommando dazu bei und wie übertrage ich das in die ablenkungsreiche Umgebung des Putzplatzes?

Ich habe den Eindruck, mein bisheriges Training am Putzplatz fruchtet nicht recht, weil jedes Mal, wo es ihr doch gelingt, in die Nähe interessanter Gegenstände zu kommen, das für sie bereits eine Belohnung ist, viel mehr als meine Leckerli fürs Stehenbleiben.
Senselessme
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Beitrag von Senselessme »

Dazu kann ich auch mal was sagen, das hab ich nämlich schon mit einigen pferden durch :)
Ich hab das immer so gesehen, dass es fürs stillstehen keine alternative gibt, da hab ich nie mit leckerchen gearbeiten. Wenn sich das Pferd bewegt, ganz unaufgeregt wieder zurück an den Platz stellen. Wird ein Vorderhuf nach vorne gestellt, dann den wieder zurück schieben. Dafür sollte dein Pferd natürlich kennen, dass auch mal nur die Vorhand oder die Hinterhand zur Seite geschoben wird. Sprich vom Boden in der Halle oder am besten erst mal das Vor- und Hinterhand weichen lassen und auch da mal Stillstehen üben. Und natürlich rückwärts. Bei mir gibts das Kommando "Steh" dann nur noch, wenn ich weiter weg gehe und dann gibts auch noch Lob, wenn ich wiederkomme und Pferdchen da immer noch steht.
Im Moment diskutiere ich da mit meinem Pflegepferd auch wieder etwas, da ich da wohl zwischenzeitlich mal etwas inkonsequent war und jetzt darf ichs wieder ausbaden :D
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Guten Morgen,


bei meinem Jungen habe ich auch eine Weile konsequent üben müssen, der frisst auch gerne mal an der Rose und macht Kasperkram.
Darf er aber nicht, er soll stehen.
Da halte ich es mit senselessme, gleichzeitig habe ich aber auch einen langen Strick, mit dem ich sofort korrigieren kann, wenn ich mal nicht perfekt zum Pferd stehen kann, beim Hufeauskratzen z.B.

Diesen Strick immer in der Hand und mit Stimme kann ich ihn wunderbar am Ort halten, um ihn herumgehen, hinten arbeiten, etc.

Leckereien gibt es nur zu einem Zeitpunkt: wenn ich den Sattel aufgelegt habe und er still gestanden hat.
Das hat aber keinen pädagogischen Wert sondern ist meine Belohnung für irgendwas.
Die kleine Inkonsequenz im Alltag, sozusagen.




LG
Ulrike
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

danke für gute anregungen. arbeite auch grad an dem thema
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Sehe ich wie senselessme und Ulrike. Lob fürs Stillstehen in Form von freundlicher Stimmbestätigung, ebenso wie bereits kurz vor dem "Versuch" eine stimmliche Erinnerung in Form von Nein oder bei uns nur "na" oder "sst". Um verständlich zu agieren ist es hilfreich möglichst früh jede Sache zu korrigieren, die nicht gewünscht ist, heißt sehr gut aufs Pferd achten, dann sieht man bereits das Interesse ehe die Handlung ausgeführt wird. :wink:
Jede sorgsame Korrektur eines einzelnen halben Schrittes mit nur einem Huf zahlt sich absolut aus im Endeffekt - die gelingt nach kurzer Zeit schon "auf Zuruf" und wird dann bald nicht mehr oder nur noch selten nötig.
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
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Abeja
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Beitrag von Abeja »

Gibt es einen Grund, warum ausgerechnet das Stillstehen nicht mit Leckerlis belohnt werden soll?

Ich habe nämlich damit bei meinem jungen Pferd sehr gute Erfahrungen gemacht. Er hat mit Leckerlis ruckzuck das Stillstehen gelernt. Allerdings korrigiere ich auch ständig und behalte ihn im Auge, genau wie weiter oben beschrieben. WAs ist falsch an Belohnung?
Liebe Grüße Birgit
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Abgejagt,


"falsch" ist vielleicht das falsche Wort, in meinen trüben Augen ist es nicht zielführend.
Mir ist die Gefahr zu groß, das der Schmacht nach Leckereien, die Geduld beim Stehenbleiben zu sehr strapaziert.
Gehampelt aus Ungeduld KANN die Folge sein.

Außerdem belohne ich nichts, was als selbstverständlich gelten sollte, auch wenn es erarbeitet werden muss.


Wenn ich den Stolz sehe, den das Männeken zeigt, wenn er was richtig gemacht hat, dann ist das Belohnung pur, er belohnt sich mit seinem Gefühl von Stolz, ich mich, indem ich das sehen kann.
Leckereien würden diese Momente zerstören.


Und, ein freundliches Wort habe ich IMMER dabei, Leckerlies können auch aus sein.


LG
Ulrike
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Abeja
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Beitrag von Abeja »

Ulrike hat geschrieben: Gehampelt aus Ungeduld KANN die Folge sein.
Danke, das ist ein guter Hinweis, da muss ich mal verstärkt darauf achten. Überhaupt finde ich es immer schwierig, nicht ein konkretes Tun zu belohnen, sondern eigentlich das Gegenteil, nämlich das Seinlassen, weil das in meinen Augen immer viel schwerer für das Pferd zu verstehen ist.
Ulrike hat geschrieben: Außerdem belohne ich nichts, was als selbstverständlich gelten sollte, auch wenn es erarbeitet werden muss.
Ich habe nicht vor, den Rest meines Lebens Stillstehen zu belohnen :wink: Aber zur Selbstverständlichkeit führen viele Wege.

So, nix für ungut, hat mich nur sehr interessiert, was am Stillstehen so anders sein soll, als an anderem, was man sich zusammen erarbeitet.

@wolke: falls du gerne mit Belohnung arbeitest, könnte ein Weg sein, ihr beizubringen z.B. auf irgendeinem einem Teppich oder auf einer Matte still zu stehen und dann die Matte an den Anbindeplatz mitzunehmen. Kann aber gut sein, dass du dir dann einige dumme Sprüche von deinen Miteinstellern anhören musst. :wink:
Liebe Grüße Birgit
Wolke

Beitrag von Wolke »

Hmm Ulrike, aber Stehenbleiben egal wo du es verlangst, ist vielleicht für dich eine Selbstverständlichkeit, aber nicht für das Pferd.

Mit ständig zurückstellen habe ich bisher auch immer gearbeitet und bin gut gefahren damit. Nur beim eigenen Pferd überzeugt mich die Wirkung nicht recht.

Abeja, mir gehts genauso. Ich habe inzwischen noch den Tipp gelesen, zu loben, wenn man vom Pferd weggeht und es noch steht. Werde das maö versuchen.
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Wolke hat geschrieben:Hmm Ulrike, aber Stehenbleiben egal wo du es verlangst, ist vielleicht für dich eine Selbstverständlichkeit, aber nicht für das Pferd.
Wo habe ich das geschrieben?

Es geht doch erst mal um ruhiges Stehen, für Dich und mich am Ort des Putzens und Sattelns.
Das ist doch schon Aufgabe genug.

Stehenbleiben an jedem von mir gewünschten Ort ist eine Disziplin, die wir auch noch nicht erreicht haben.

Und es ist ja eine anzustrebende Selbstverständlichkeit, das sie stehenbleiben sollen, wenn sie geputzt und gesattelt werden sollen, ein Basic, sozusagen.
da muss man dann mehr oder weniger lange darauf hinarbeiten und irgendwann klappt es und wird zur Selbstverständlichkeit.


Abeja,

natürlich führen viel Wege zur Selbstverständlichkeit, deshalb ja auch mein kleiner :wink: , das es nur in meinen trüben Augen so ist.

Muss jeder seinen Weg finden.


LG Ulrike
Wolke

Beitrag von Wolke »

Vermutlich haben wir uns missverstanden. :wink:
Ich meinte, dass das Pferd erst einmal lernen muss, dass es irgendwo stehenbleiben soll, es sieht das nicht als Selbstverständlichkeit an. Und im Lernprozess können meiner Meinung nach Leckerli hilfreich sein um dem Pferd verständlich zu machen, was gefragt ist.
Wenn das Stehenbleiben einmal zur Selbstverständlichkeit geworden ist, bin ich dann mit dir einig, dass es nicht mehr belohnt werden muss.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Von nicht loben halte ich auch nichts, deshalb kommt nach einer notwendigen Korrektur immer ein Lob, wenn dann wieder das gewünschte erreicht ist. Da ich es mehr mit der Verständigung zwischen Mensch und Pferd halte, lege ich insgesamt nicht so viel Wert auf Leckerli, nutze sie kaum im Umgang. Wenn ein Pferd einem anderen signalisiert, dass es Abstand halten soll beispielsweise, dann belohnt es das auch "nur" mit Ausbleiben der deutlichen Konsequenz, die auf Missachtung der Forderung folgen würde. Daher widerstrebt mir einem Pferd den Abstand zu mir beispielsweise nahezubringen, indem ich ihm dann - wieder näher kommend - ein Lecker reiche. :wink:

Lob ist aus meiner Sicht viel zu oft mit Leckerli oder überhaupt einer aktiven Handlung verbunden. Menschlich nachvollziehbar, weit verbreitet, aber im Tierreich gar nicht "gängig".

Ist bei mir also nicht beim Stillstehen anders als bei anderen Dingen. :D
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Senselessme
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Beitrag von Senselessme »

Angeregt durch diesen Thread hier, habe ich heute auch mal ganz nebenbei stillstehen geübt. Nach der Arbeit im Roundpen hab ich sie einfach in der Mitte stehen lassen mit Kommando "Steh". Außen drum zu verführerisches Gras :twisted:
Während ich dann also den Hufschlag geharkt habe, musste ich während der ersten Hälfte sie viermal zurückstellen, das nächste viertel noch einmal und während des letztes Viertels blieb sie stehen :D
Dabei sind zwischen dem Schritt von ihr und der Korrektur durchaus mehr als 10 oder 20 Sekunden vergangen, sie hat trotzdem verstanden, was mich eigentlich verwundert hat. Ich bin ganz ruhig zu ihr gegangen und hab den jeweiligen Fuß zurückgesetzt.

Edit: Ganz vergessen, Lob gab es erst zum Schluss in Form von Kraulen und dann eben Halfter drüber und mitkommen Richtung Futter :D
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Das was du beschreibst ist ganz oft ein Zeichen dafür, dass man eben auch in Kommunikation oder nennt es Verbindung sein kann, wenn man weiter weg ist. Die innere Haltung dazu, Entschlossenheit, ruhiges aber verständliches Korrigieren von nicht gewünschtem Verhalten - dem ja auch ein Lob folgt, trotz fehlendem Keks :wink: (einfach wieder Entspannung gewähren, sich entfernen, keinen Druck ausüben, ggf. in Kombi mit sowas wie "so ist gut" o.ä.) ist für unsere Pferde durchaus verständlich. :) Und wenn man es so macht braucht man irgendwann nicht mehr bis ans Pferd gehen, aufrichten, die Spannung aufs Pferd richten und die "Korrektur" innerlich fordern - gerne mit Stimmzeichen als Hilfe (mindestes so nützlich für den Menschen wie fürs Pferd in der Situation) - reichen dann aus. Und dann ist man nicht mehr weit weg davon dieses "Spiel" rein mit Wechsel von Körperspannung, innerer Haltung mit dem Pferd spielen zu können, es folgen lassen, wieder auf Distanz halten, von sich wegschicken - ohne wie Rapunzel hüpfen und Arme schwingen zu müssen, in ganz feiner "Kommunikation". Ich mag das, sehr sogar. :oops:
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Edelstein
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Beitrag von Edelstein »

Von nicht loben halte ich auch nichts, deshalb kommt nach einer notwendigen Korrektur immer ein Lob, wenn dann wieder das gewünschte erreicht ist. Da ich es mehr mit der Verständigung zwischen Mensch und Pferd halte, lege ich insgesamt nicht so viel Wert auf Leckerli, nutze sie kaum im Umgang. Wenn ein Pferd einem anderen signalisiert, dass es Abstand halten soll beispielsweise, dann belohnt es das auch "nur" mit Ausbleiben der deutlichen Konsequenz, die auf Missachtung der Forderung folgen würde. Daher widerstrebt mir einem Pferd den Abstand zu mir beispielsweise nahezubringen, indem ich ihm dann - wieder näher kommend - ein Lecker reiche. Wink
bei Finchen unterstreich! Dazu kommt, dass ich Pferde wahnsinnig anstrengend finde, die dauernd ein Leckerchen fordern und nur darauf fixiert sind (weil sie es eben kennen, dauernd eins reingeschoben zu kriegen). Für mich ist die Arbeit mit dem Pferd kein Abrichten, wie beim Hund. Der Gehorsam ist irgendwie auf einer anderen Ebene.

Genau so, wie beschrieben, mit ruhiger aber konsequenter Korrektur und viel Lob bei korrektem Verhalten habe ich es mit meiner auch gemacht. Und die kann ich jederzeit überall abstellen. Gestern wollte ich sie in ihre Box laufen lassen, dummerweise hatte ich sie die letzten Tage immer noch hinterm Stall grasen lassen - also Halfter aus, Pferd in eiligem Schritt in die falsche Richtung losgeschossen, ich hinterher - ein deutliches "Brrrrt, Steh!" und die stand wie angewurzelt. Hin, Halfter an und artig in die Box geführt :lol:
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