Plötzliches Selbstbewusstsein

Infos und Fragen rund ums Thema "wie Pferde denken"...

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himbeerdoni
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Plötzliches Selbstbewusstsein

Beitrag von himbeerdoni »

Meine Connemarastute wird heuer im April 17 Jahre alt. Bis vor ein paar Monaten lebte sie in einer großen Paddockbox mit ihrer Tochter zusammen. Diese ist jetzt 6 Jahre alt und wurde vor ein paar Monaten verkauft. Vom Wesen her war sie eher dominat und ranghöher als ihre Mutter.

Nach dem Verkauf der Tochter wandelte sich mein Pferd zusehens. Sie war in der Herde immer rangnieder, auf einmal ist sie an zweiter Stelle. Sie entwickelt deutlich mehr Selbstbewusstsein, ist beim ausreiten auf einmal viel mutiger. Leider ist sie auch aufmüpfiger geworden. Hat die eine oder andere Unart entwickelt. Dadurcn das unser Reitplatz seit Wochen unbenutzbar ist, hat sie natürlich viel zu viel Energie, denke daher rührt das wahrscheinlich auch ein bisschen.

Ich bin einfach total erstaunt wie sehr ein Pferd ein anderes verändern kann, bzw. wie sich ein Pferd verändern kann wenn ein Pferd weg kommt. So sehr ich mich freue das sie jetzt selbstbewusster wird, so sehr ärgere ich mich auch das sie jetzt auf einmal anfängt zickig zu werden. Die schlimmste Unart ist, unser Reitplatz wurde mit neuen Hackschnetzeln aufgefüllt und ist jetzt sehr weich, das sie sich einfach beim betreten des Platzes hinwirft und sich wälzt. Dann gallopiert sie an der Loge wie eine Wilde los, so ca 5 Minuten, wirft sich wieder hin und dann schaut sie mich doof an. :evil:

Hat sowas von euch auch schon mal einer erlebt, ich meine das ein Pferd sich so verändern kann ?
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Dass ein Pferd "kuschiger" ist wenn ein anderes es regelmäßig "klein hält" ist nicht ungewöhnlich, ebenso, dass es dann doch etwas mehr ausprobiert forsch zu sein, wenn diese regelmäßige "Unterdrückung" wegfällt.

Das was du als Beispiele anführst würde ich aber eher nicht darauf beziehen, bis auf das Mutigersein im Gelände (mehr Selbstbewußtsein).

Wenn du sagst der Platz war nicht brauchbar und das Pferd nicht ausgelastet, dann ist es doch ganz normal, dass es dann deutlich spritziger ist. :)

Bzgl. zu forschem Verhalten dir gegenüber - falls das auch eine Rolle spielt: da bist du selbst gefragt deinem Pferd verständlich zu machen, wie deine Grenzen und Spielregeln aussehen.
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Julia
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Beitrag von Julia »

Ich erlebe hier seit 4 Monaten was ganz ähnliches. Meine Stute war immer eher rangniedrig. Auch schon beim Züchter und in dem letzen Stall wo wir standen. Seit 1,5 Jahren habe ich sie bei mir.

Nun ist mein Einstellerpferd seit 4 Monaten verkauft. Diese Stute war sehr dominant und leider recht unsozial dabei. Also steht meine Stute nun mit unserem Pony zusammen und sie blüht förmlich auf. Sie ist Chefin ( Ponymann hat an solch einer Position null Interesse ;) ) und zum Glück sehr fair dabei, aber trotzdem hat sie was das Selbstbewußtsein einen deutlichen Schub bekommen.
Natürlich wirkt sich das auch auf unseren Umgang aus und ich bin gerade nochmal neu gefordert Grenzen zu stecken und ihr zu beweisen dass ich nach wie vor als Führungsposition zu gebrauchen bin ;)
Liebe Grüße, Julia
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Filzi
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Beitrag von Filzi »

Sehr interessantes Thema!

Kann es im umgekehrten Weg sein, dass Pferde eher weniger Selbstbewusstsein ausleben wenn sie in der Herde eher klein gehalten werden?
Meine ist sehr ruhig seit längerem und beim Reiten oder sonstigen ungewöhnlich brav.
Sie wird in der Herde NICHT schikaniert aber generell recht klein gehalten Sie kommt zum Heu ohne Probleme, aber von der einen Stute wird ihr oft deutlich klar gemacht, dass sie nichts zu sagen hat. Andererseits schickt meine ihre Freundin auch immer wieder mal weg.

Prinzipiell würde ich sagen, dass die Herde stutenmässig ruhig ist. Zickenkrieg gibt es hier eher wenig, aber trotzdem dürfte meine eher klein gehalten werden?

Schlecht?
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himbeerdoni
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Beitrag von himbeerdoni »

Ah ist ja toll zu hören das andere etwas ähnliches erlebt haben.

Ich habe sie jetzt 5 Jahre und wir sind in dieser Zeit vielleicht 3 Mal näher zusammen gerückt weil sie meinte ihre eigenen Entscheidungen treffen zu müssen. Jetzt ist es echt so, das ich nochmal klarstellen muss wer hier wirklich der Chef ist. Hätte echt nicht gedacht, das eine Veränderung der Herde ein Tier doch so verändern kann.... :) Ob ich das gut finde, weiß ich noch nicht so genau. Fand ihr ruhiges und nie nachfragendes Wesen eigentlich immer sehr angenehm :lol:

@Filzi Ja ich denke schon, das Pferde die klein gehalten werden weniger Selbstbewusst sein haben. War bei meiner ja genauso. Mittlerweile geht sie in "aufregenden" Situationen im Gelände voran, und das wo sie bis vor ein paar Monaten der größte Schisser überhaupt gewesen ist.

Schikaniert wurde meine Stute auch nie, aber sie wurde halt einfach klein gehalten. Genau wie deine... 8)
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Filzi
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Beitrag von Filzi »

Hmmm kann sich das auf Dauer schlecht auf die Psyche meiner Stute auswirken? Wenn ja muss ich mir da was überlegen. Ich will nicht, dass sie sich klein fühlt!
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lalala

Beitrag von lalala »

Filzi:

ein anderer Gedanke - vielleicht ist sie aber auch einfach nur ruhig und ausgeglichen weil sie sich so wohl fühlt.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Filzi hat geschrieben:Hmmm kann sich das auf Dauer schlecht auf die Psyche meiner Stute auswirken? Wenn ja muss ich mir da was überlegen. Ich will nicht, dass sie sich klein fühlt!
Es ist ein Aberglaube, dass sich rangniedrige Pferde mit ihrer Position nicht wohlfühlen oder sogar psychische Probleme davon bekommen. Rangniedrige Pferde haben gar kein Interesse, sich in der bestehenden Herdenkonstellation weiter nach oben zu arbeiten – denen es gut da, wo sie sind. Bisweilen ändert sich das. Aber dann wird das Pferd selbst aktiv, in dem es versucht, an dem niedrigen Rang etwas zu ändern. Es ist also eine Illusion zu glauben, man müsse ein Pferd nur in eine andere Herde stellen und schon wäre es ranghöher. Das ist eines der wenigen Dinge, wo der Mensch (gottlob) keinen Einfluss drauf hat. Auch wenn es viele immer wieder versuchen.
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Julia
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Beitrag von Julia »

Um so ranghöher ein Pferd ist um so mehr Verantwortung hat es. Um so wieter hinten das Pferd in der Herde gegliedert ist um so mehr Schutz erfährt es auch.

Meine z.B. ist zwar einerseits deutlich selbstbewußter andererseits ist in manchen Situationen spürbar dass sie damit überfordert ist. So ist schon meine Hoffnung das das neue Einstellpferd die ranghöhere Position einnimmt, nur diesmal auf sozialere Art, damit meine auch ein wenig zu ihrer Ruhe wiederfindet.

Denn mehr Selbstbeußtsein ist sehr schön aber es ist auch deutlich dass ihr diese Sicherheit fehlt.
Liebe Grüße, Julia
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

@Filzi:
stimme den dreien vor mir zu, wenn sie selber mit dieser Position zufrieden ist, nicht ständig "kämpft" um sich voran zu bringen, dann ist es genau ihr Platz und alles ist in Ordnung. :wink:
Es gibt ja nun eindeutig mehr Pferde, die sich gerne führen lassen, als eine Herde strukturiert führen zu wollen - hat die Natur fein eingerichtet, würde ja sonst zu fürchterlich viel Streß geben.
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Abeja
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Beitrag von Abeja »

Mit meinem Wallach war es auch so. Als er noch jünger war und in der Herde rangniedriger, hatte ich es leichter mit ihm. Ich weiß nicht, ob einfach allgemein sein Selbstbewußtsein gewachsen ist, und er deshalb in der Herde aufgestiegen ist. Jedenfalls ist er mittlerweile sehr ranghoch in der Herde und seither auch mir gegenüber deutlich selbstbewußter geworden. Ich glaube, er hat sich darum nie bemüht (aber auch das gibt es wohl), er ruht einfach in sich und lässt sich nichts gefallen, was die Äußerungen von dir, Cubano, bestätigt, dass wohl die meisten Pferde von sich aus gar nicht so scharf auf die Führungsrolle sind.

Mein Pony ist zum Glück ein netter, anständiger Kerl, aber ich brauche seither deutlich mehr Energie und Konsequenz als früher, um meine Führungsposition zu behaupten und vor allem, manchmal mehr Respekt einzufordern.
Liebe Grüße Birgit
himbeerdoni
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Beitrag von himbeerdoni »

Ich schließe mich auch meinen Vorrednern an. Wenn dein Pferd Filzi sich wohl fühlt, ist denke ich alles Bestens. Denke auch das sich die meisten Pferde in dieser Rolle wohl fühlen.

Ich persönlich fand es besser, als meine Stute sich "einfach treiben" lies, und nicht groß denken brauchte.
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Filzi
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Beitrag von Filzi »

Das beruhigt mich natürlich, ich würde bis auf ihre Ruhe eigentlich nichts bemerken. Sie nimmt nicht ab, im Gegenteil, sie hat keinerlei Bisswunden oder sonstiges Plessuren. Prinzipiell ist sie einfach wesentlich ruhiger geworden.

Prinzipiell dürften die ranghohen keinerlei Gefahr von ihr sehen, denn sie darf oft Nase an Nase bei den Chefleuten mitessen! :)
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Lou mit Lucy
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Beitrag von Lou mit Lucy »

Interessant - bei meinem Pony ist es genau andersherum.
In ihrer Heimat"herde" aus drei Pferden war sie rangniedrigste, obwohl sie eigentlich ein eher dominanter und rüpeliger Charakter ist. Da war sie im Umgang mit mir eher anstrengend und tendenziell aufmüpfig.
Während meines Praktikums stand sie nacheinander je ca 2 Monate in 3 unterschiedlichen Kleingruppen, in denen sie jeweils unangefochten Chefin war. Im Umgang hatte ich ein superbraves, freundliches Mitspielpony. Sie wirkte so, als würde sie sich jetzt gerne mal ausruhen von der Chefposition und hatte kein Bedürfnis mehr, sich in unserer Zweierherde hochzuspielen. Vielleicht konnte sie sich auch einfach woanders abreagieren, denn leider habe ich ein solches asoziales Chefpferd, das seine untergebenen relativ viel ärgert und einschüchtert :roll: Da konnte sie das in der Herde ausleben und brauchte es bei mir nicht mehr.
So kann es also auch sein.

LG, Lou
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