Tabu Reitergewicht

Ratschläge rund ums Thema Gesundheit - die allerdings keinen Tierarzt ersetzen!

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Sascha
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Beitrag von Sascha »

Finchen hat geschrieben:Wenn man in dem Punkt mit sich selber grün ist, dann tangiert einen eine leichtfertige Aussage anderer auch nicht (sehr).
Das "sehr" relativiert es, aber es ist mMn trotzdem zu einfach gedacht.

Eine leichtfertige Aussage, zwei leichtfertige Aussagen, drei leichtfertige Aussagen usw., wie viele solcher Aussagen kann ein Mensch einfach abschütteln, ohne dass sein Selbstwertgefühl darunter leidet?

Was ich wichtig finde, ist erstens, sich ein Umfeld zu suchen, in dem man sich selbst wohl fühlt und unter Gleichgesinnten agieren kann. Auch hier kann Kritik geübt werden, aber sie ist dann nicht zerstörend und destruktiv, weil eben die gemeinsame Grundlage da ist.
Zweitens und das betrifft den Kritiker, sollte der Kritiker sich bewusst machen, dass sein Urteil keine Allgemeingültigkeit besitzt, er nicht Wahrheit und Richtigkeit kennt, sondern er nur seinen subjektiven Weltblick wiedergibt.

Da dies aber nicht jedem Kritisierenden gegeben ist, muss der Kritisierte lernen, mit solchen Menschen umzugehen, am Sinnvollsten wohl, indem er lernt, sie zu ignorieren und sich ohne solche Menschen ein Lebensumfeld zu schaffen, in dem er sich wohl fühlt. Aber dafür braucht es Stärke und die muss ein Mensch eben auch erstmal haben. Wenn du nämlich das Gefühl hast, dass dich alle Welt für alles nur kritisiert, dann hast du diese Stärke einfach nicht. Und dann kommen wir an den Punkt, an dem die Kritiker eben wirklich zerstörend agieren.
"Wir wollen dafür Sorge tragen, dass wir das junge Pferd nicht verdrießen und ihm seine freundliche Anmut nicht verleiden. Denn diese gleicht dem Blütenduft, welcher niemals wiederkehrt, wenn er einmal verflogen ist."
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Sitara
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Beitrag von Sitara »

Sascha hat geschrieben:Ich denke, jeder Mensch braucht doch ein gewisses Maß an Zuspruch und Lob und das hat doch gar nicht damit zu tun, dass man kein Selbstwertgefühl hat. Ein Selbstwertgefühl baut sich doch genau aus diesem Zuspruch auf und aus, während ständige negative Kritik es immer mehr abbauen.
Sehr richtig, so funktionieren Menschen (letztendlich genau wie Pferde) i.d.R. - Motivation durch Lob des bisher erreichten und Ermutigung, damit fortzufahren, statt draufzuhauen. Natürlich auch auffordern, noch ein wenig mehr zu geben, sich noch etwas mehr anzustrengen - aber erstmal immer mit Wohlwollen. Einfach öfter mal den guten alten Spruch "Was Du nicht willst, das man dir tu..." beherzigen...
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Sitara hat geschrieben:
Sascha hat geschrieben:Ich denke, jeder Mensch braucht doch ein gewisses Maß an Zuspruch und Lob und das hat doch gar nicht damit zu tun, dass man kein Selbstwertgefühl hat. Ein Selbstwertgefühl baut sich doch genau aus diesem Zuspruch auf und aus, während ständige negative Kritik es immer mehr abbauen.
Sehr richtig, so funktionieren Menschen (letztendlich genau wie Pferde) i.d.R. - Motivation durch Lob des bisher erreichten und Ermutigung, damit fortzufahren, statt draufzuhauen. Natürlich auch auffordern, noch ein wenig mehr zu geben, sich noch etwas mehr anzustrengen - aber erstmal immer mit Wohlwollen. Einfach öfter mal den guten alten Spruch "Was Du nicht willst, das man dir tu..." beherzigen...
Wenn man sich über die Bestätigung im Außen definiert, darüber sein Selbstwertgefühl steigert, dann ist das so. Dazu sollte man aber differenzieren können, wessen Aussagen man diese Bedeutung beimessen sollte. :wink:

Und im Ernst, wenn man zu dem steht was man tut, überzeugt ist, dass es in Ordnung ist, nicht selber doch im stillen Kämmerlein zweifelt, dann ist man nicht plötzlich von Selbstzweifeln zerfressen, weil unqualifizierte Außenstehende ihren Senf dazu abgeben.

Und DAS war mein Ansatz, weil hier als Beispiel genannt wurde, dass ANDERE dafür gesorgt haben, dass jemand sein Hobby weitestgehend aufgibt und beschreibt, wie sehr es fertig macht.
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
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Sitara
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Beitrag von Sitara »

Das ist sicher richtig - und wohl dem, der so gefestigt ist. Nur ist das 'dorthinkommen' für manche einfacher und für andere schwieriger. Ich glaube, daß der weg dahin leichter fällt, wenn man mehr positiven zuspruch erhält als kritik.
frieda
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Beitrag von frieda »

@finchen: DAS war mal eine kluge Aussage, danke! :)

LG frieda
le_bai
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Beitrag von le_bai »

Sascha hat geschrieben:
Finchen hat geschrieben:Wenn man in dem Punkt mit sich selber grün ist, dann tangiert einen eine leichtfertige Aussage anderer auch nicht (sehr).
Das "sehr" relativiert es, aber es ist mMn trotzdem zu einfach gedacht.

Eine leichtfertige Aussage, zwei leichtfertige Aussagen, drei leichtfertige Aussagen usw., wie viele solcher Aussagen kann ein Mensch einfach abschütteln, ohne dass sein Selbstwertgefühl darunter leidet?

Was ich wichtig finde, ist erstens, sich ein Umfeld zu suchen, in dem man sich selbst wohl fühlt und unter Gleichgesinnten agieren kann. Auch hier kann Kritik geübt werden, aber sie ist dann nicht zerstörend und destruktiv, weil eben die gemeinsame Grundlage da ist.
Zweitens und das betrifft den Kritiker, sollte der Kritiker sich bewusst machen, dass sein Urteil keine Allgemeingültigkeit besitzt, er nicht Wahrheit und Richtigkeit kennt, sondern er nur seinen subjektiven Weltblick wiedergibt.

Da dies aber nicht jedem Kritisierenden gegeben ist, muss der Kritisierte lernen, mit solchen Menschen umzugehen, am Sinnvollsten wohl, indem er lernt, sie zu ignorieren und sich ohne solche Menschen ein Lebensumfeld zu schaffen, in dem er sich wohl fühlt. Aber dafür braucht es Stärke und die muss ein Mensch eben auch erstmal haben. Wenn du nämlich das Gefühl hast, dass dich alle Welt für alles nur kritisiert, dann hast du diese Stärke einfach nicht. Und dann kommen wir an den Punkt, an dem die Kritiker eben wirklich zerstörend agieren.
Ich wundere mich sehr oft um die "Sensibilität" mancher Reiter auf Kritik.

Du bemühst dich um Alles, dir Mögliche in deiner Pferd-Reiter Konstellation.
Was, von Kritikern an dich Herangetragene, findet nahrhaften Boden - wenn du dich doch 100% um das Optimum bemühst?

Eigentlich sollte Kritik nur ein Prüfstein sein - gehe ich den Gedanken nach und ist die Kritik berechtigt ... oder ist sie unberechtigt, da ich die kritisierten Punkte selbst schon realisiert habe und sie als abweichend vom Optimum sehe.

Genauso wie mich selbst ein "ich-mach-doch-alles-Richtig-Standpunkt" auf fehlgeleitete Selbstreflexion hinweist, tut es die übermäßige Belastung von Kritik letztlich auch - auch das ist ein Hinweis, dass ich mich (in anderer Richtung) evtl. nicht angemessen selbst einschätze.
Insofern kann man eigentlich nur gestärkt aus Kritik gehen - in die eine oder andere Richtung ...
xelape

Beitrag von xelape »

Sorry Leute, aber ich glaube das was Nilpferd und auch Sascha beschreiben können tatsächlich eher Leute nachfühlen die genau das "Gewichtsproblem" haben.

Was man sich da manchmal anhören muss von diversen Menschen ungefragt fühlt sich beschissen an.
Da kann man noch so gefestigt sein, das verletzt einfach.

Ausserdem setzt man sich sowieso schon selber ständig mit dem Thema auseinander und hinterfragt gerade im Zusammenhang zum Pferd.
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Nilspferd
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Beitrag von Nilspferd »

Dass ich beschlossen habe, mein Pony nicht mehr zu reiten, ist allein mein Problem. Richtig! Mir ging es einfach nur darum, deutlich zu machen, wie sehr es Menschen verletzen kann wenn man ihnen quasi Ahnungslosigkeit und Egoismus unterstellt, statt einfach mal genauer hinzugucken und nachzufragen. Es wird immer pauschalisiert und geurteilt. Und ich bin mir eben sicher, dass die allermeisten übergewichtigen Reiter sich Gedanken machen und nicht willentlich und gedankenlos die Gesundheit ihrer Pferde auf's Spiel setzen. Und meistens geht es dabei eben auch um Tiere, die von ihren Besitzern heiß und innig geliebt und "gepampert" werden.

Letztendlich führen Diskussionen "ab wann ist man zu scher für ein Pferd" doch zu nichts, weil es immer eine individuelle Einzelentscheidung ist. Hab ich ein Pferd mit langem Rücken und kurzen Hals und dünnen Beinchen, dann kann ich dieses Pferd wahrlich nicht als Gewichtsträger einsetzen. Hat das Pferd einen kurzen Rücken und möglichst hohen Widerrist und kräftige Beine und Gelenke, kann dieses Pferd eben - soweit es gesundheitlich i.O. ist - mehr tragen als voriges. Und trotzdem kann bei den "Brocken" auch ein Pferd dazwischen sein, dass auch nicht für mehr Gewicht geeignet ist. Ich hab ein Kaltblut in Behandlung, das nur gefahren wird, aber den Rücken so "auf" hat dass der auch bei 60 Kg in die Knie gehen würde und ich habe schon mehrere Ponys unter den Fingern gehabt, die von großen und teilweise auch schweren (und in den Augen mancher sicher auch unästhetischen) Reitern geritten werden und nichts haben . Würde davon hier jemand Fotos posten, würden alle aufkreischen :roll:
Theorie ist, wenn man alles weiß und nichts klappt. Praxis ist, wenn alles klappt und keiner weiß warum. Oft sind Theorie und Praxis vereint: nichts klappt und und keiner weiß, warum.
Fiorella
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Beitrag von Fiorella »

Hi,

mich würde jetzt doch mal interessieren, was Leute bewegt, davon auszugehen, dass ungefragte und ohne Hintergrundwissen erteilte Kritik dem Empfänger so willkommen sein sollte, dass dieser sich damit auseinandersetzt?

Ich zum Beispiel habe wenig Probleme mit Kritik, wenn ich die Sachkunde, Ehrlichkeit, und Sachlichkeit meines Gegenübers einschätzen kann, und von dieser Person so viel halte, dass ich auf ihren Rat Wert lege. Dann bin ich übrigens auch nicht zu schüchtern, diesen Rat zu erfragen. Manche Menschen bezahle ich sogar dafür, dass Sie Ihre Sachkunde dafür einsetzen, mich kritisieren. ;)

Mir genügen diese Leute. Deren Kritik kann ich gut einschätzen, und sie bringt mich weiter.

Ungefragte Kritik von Fremden, über deren Kompentenz ich nichts weiss, und bei denen ich auch nicht weiss, was die Motivation hinter ihren Worten ist, empfinde ich persönlich ausnahmslos als aufdringlich und anmassend.

Ich würde jetzt also gar keinen Grund sehen, damit überhaupt umzugehen, ausser ggf. in Form einer Bemerkung über Höflichkeit.

freundliche Grüße,
Heike
grisu
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Beitrag von grisu »

Fiorella hat geschrieben:Hi,

mich würde jetzt doch mal interessieren, was Leute bewegt, davon auszugehen, dass ungefragte und ohne Hintergrundwissen erteilte Kritik dem Empfänger so willkommen sein sollte, dass dieser sich damit auseinandersetzt?
Beziehst du dich auf die von Nilpferd geschilderte Situation?
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

xelape hat geschrieben:Sorry Leute, aber ich glaube das was Nilpferd und auch Sascha beschreiben können tatsächlich eher Leute nachfühlen die genau das "Gewichtsproblem" haben.

Was man sich da manchmal anhören muss von diversen Menschen ungefragt fühlt sich beschissen an.
Da kann man noch so gefestigt sein, das verletzt einfach.

Ausserdem setzt man sich sowieso schon selber ständig mit dem Thema auseinander und hinterfragt gerade im Zusammenhang zum Pferd.
Dein letzter Satz ist für mich der wichtige Punkt:

es trifft einen - meiner Erfahrung von mir selber und aus dem Umfeld in dem ich damit zu tun habe (beruflich) - viel schneller, wenn es eh ein "wunder Punkt" ist.
Denn wäre es ein Thema, bei dem man völlig überzeugt ist richtig entschieden zu haben, richtig zu handeln, dann kann Kritik nicht so kratzen, wie wenn man eben selber schon usselig damit ist.


Ich hoffe Nilspferd (u.a.) fühlt sich dadurch nicht "angegriffen" - wie gesagt, aus eigener Erfahrung weiß ich sehr gut, wie arg man sich durch Außenstehende verletzt fühlen kann - auch wenn der Kopf sagt "lass sie reden"!
:?


Fiorellas Post dazu finde ich ganz wichtig - sehe ich absolut so, AUCH wenn ich weiß, dass es oft nicht gelingt (mir auch nicht!), das Gefühl ist einfach da, auch wenn der Verstand es für unsinnig hält. :wink:
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
cajujo
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Beitrag von cajujo »

Hallo Nilspferd, was mir jetzt nicht so einleuchtend ist, aber einigermaßen leid tut, Du hast dich mit euren Gewichtskonstellationen auseinander gesetzt, Du machst viel neben dem reiten, Du kräftigst dein Pferd, Du hast genug Ahnung um einschätzen zu können ob dein Pferd mit der Situation klar kommt und du kamst, bis zu der Begebenheit, zu dem Schluss; Ja, mit den flankierenden Maßnahmen geht es dem Pferd gut dabei, es hat Freude und keinen Rücken und sonstwie Schaden.
Nun gibst du die Deutungshoheit und Entscheidung über dein Tun in die Einschätzung anderer, die sich äußern oder du annimmst was sie denken.

Ganz allgemein sind mir Reiter oft ziemlich suspekt. Wie können sie davon ausgehen, das Optimale für ihr Pferd zu tun, Ahnung zu haben oder gar selbstlos zu handeln? Und dann wird in die Knie gegangen wenn jemand anmerkt, dass dem, aus welchem Grund auch immer, nicht so ist.

Mit diesem überhöhten Anspruch fängt die Unerhrlichkeit an, die Anderen die Möglichkeit gibt mit Kritik große Macht auszuüben. Ob berechtigt oder nicht.
- Wir reiten aus Egoismus und sind dabei selten altruistisch unterwegs
- Die einen mehr, die anderen weniger, haben wir keine umfassende Ahnung
- Die wenigsten reiten göttlich und was das ist, darüber lässt sich trefflich streiten
- bei den Allermeisten ließen sich die Haltungsbedingungen verbessern
- es wird sich des Körpers, der Psyche und des gesamten Lebens eines Geschöpfes bemächtigt und genutzt

Für mich ist die Frage nach der Haltung und der von mir eingeschätzten Lebensqualität, bedeutender wie die Frage des reitens. Hört sich hart an aber ich denke, ne Stunde "schlecht" geritten, hält das Pferd im allgemeinen aus ohne sein Leben als gequält zu empfinden.
(Ich bemühe mich trotzdem)

ALLES ganz supi, nur gesundheitsfördernd, lebensverlängernd und geeignet dem Pferd rosarote Glücksgefühle zu bescheren ist doch nie und wer diesen Anspruch hat sollte aufhören zu reiten.

Ich schreibe das etwas hart weil ich denke, ein bisschen mehr Milde mit Mitreitern und sich selbst täte uns allen gut und wenn es einem bewusst ist, das Nix perfekt ist, kann mit Kritik besser umgegangen werden und lässt einen nicht so leicht völlig verletzt, gekränkt und evtl auch von etwas Selbstmitleid angefasst im Regen stehen.
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Beitrag von Fiorella »

grisu hat geschrieben:
Fiorella hat geschrieben:Hi,

mich würde jetzt doch mal interessieren, was Leute bewegt, davon auszugehen, dass ungefragte und ohne Hintergrundwissen erteilte Kritik dem Empfänger so willkommen sein sollte, dass dieser sich damit auseinandersetzt?
Beziehst du dich auf die von Nilpferd geschilderte Situation?
Das ist eine Frage, die mich ganz allgemein umtreibt, die aber auch die von Nilspferd geschilderte Situation betrifft. Genauso betrifft das aber z.B. die Anmerkung ein paar Beiträge vorher zur "Sensibilität" beim Umgang mit Kritik oder, wenn ich mich recht erinnere, die Idee, die hier schon mal aufkam, dass es ein Zeichen von Zivilcourage sei, andere Leute auf ihre Probleme anzusprechen und sie darauf hinzuweisen dass sie z.B. dick sind. Gleiches gilt im übertragenen Fall ja auch für andere persönliche Probleme wie z.B. offensichtliche Angst eines Reiters.

Mich interessiert insbesondere, was man sich von dieser Form von Kritik davon verspricht, und was man damit bewirken will.

Denn es ist ja, gerade im Fall von Übergewicht, erst mal durchaus davon auszugehen, dass der Betroffene sein Problem schon selbst bemerkt hat.

Dann gibt es doch eigentlich zwei Möglichkeiten, wie solche Kritik ankommt:

Der-/diejenige hat sich mit der Sache bereits auseinandergesetzt, für und wider sachlich gegeneinander abgewogen, fachlichen Rat dazu gesucht, und sich begründet dafür entschieden, sich in seinem ganz individuellen Fall seinem ganz individuellen Pferd zumuten zu können.

Dann kann diese Form von Kritik nichts anderes bewirken, als das der/die Betroffene sich verletzt fühlt. Ändern wird sich dadurch also nichts, ausser das man einen Menschen traurig gemacht hat.

Der andere Fall wäre, der Betroffene ist dumm, ignorant, und sagt sich, dass es ihm/ihr egal ist wenn der Gaul früher verschleisst, Hauptsache Spass.

Auch in dieser Fall wird man erfahrungsgemäß leider nichts bewirken, ausser das man den Dummkopf vielleicht sogar wütend gemacht hat, und der/die es am Pferd auslässt.

Wem dient also diese Form von Kritik aus Sicht der Kritisierenden?

Das gilt übrigens natürlich NICHT für den Fall objektiv tierschutzwidrigen Verhaltens, welches ein Fall für den Amtstierarzt wäre!

Gruss, Fio
grisu
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Beitrag von grisu »

Ich frage nur, weil ich finde, dass die Situation, die Nilspferd beschrieben hat, nicht in die Kategorie "Unerwünschte Einmischung" fällt, über die du schreibst. Du schreibst
Fiorella hat geschrieben:Hi,

Ich zum Beispiel habe wenig Probleme mit Kritik, wenn ich die Sachkunde, Ehrlichkeit, und Sachlichkeit meines Gegenübers einschätzen kann, und von dieser Person so viel halte, dass ich auf ihren Rat Wert lege. Dann bin ich übrigens auch nicht zu schüchtern, diesen Rat zu erfragen. Manche Menschen bezahle ich sogar dafür, dass Sie Ihre Sachkunde dafür einsetzen, mich kritisieren. ;)

...

Ungefragte Kritik von Fremden, über deren Kompentenz ich nichts weiss, und bei denen ich auch nicht weiss, was die Motivation hinter ihren Worten ist, empfinde ich persönlich ausnahmslos als aufdringlich und anmassend.

Bei der von Nilspferd geschilderten Situation war es ja nun nicht so, dass die Sattlerin einfach mal so ihre Meinung gesagt hat. Wie ich das verstanden habe, war das eine Fortbildung, zu der diese Sattlerin explizit eingeladen war, um ihre Sachkunde einzusetzen, und sie wurde wahrscheinlich sogar dafür bezahlt.

Nilspferd hat Pferd und Sattel dabeigehabt, um von der Kompetenz der Sattlerin zu profitieren. Das Pferd zeigte tatsächlich eine Schmerzreaktion und die Sattlerin war extra eingeladen worden, um ihre Meinung abzugeben. Ob dies in einer adäquaten Form stattfand oder nicht, ist eine andere Sache, aber ungefragt war das nicht. Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, ob die Sattlerin nur über den Sattel hätte reden dürfen, aber das ist wohl nicht wirklich sinnvoll.

Ich kann verstehen, dass dies eine sehr unangenehme Situation war. Aber man setzt schon sehr viel Empathie bei einer fremden Person voraus, die eben das beurteilt, was sie sieht - und zwar, nachdem sie darum gebeten wurde.

Wenn diese Beurteilung von völlig falschen Voraussetzungen ausgeht, und die urteilende Person das auch noch unfreundlich rüberbringt, dann sollte man wirklich versuchen, sich davon frei zu machen (leicht gesagt, ich weiß, vor allem, wenn es einen ins Mark trifft und man sich einfach ungerecht abgeurteilt fühlt).

Übergewicht ist immer ein heikles Thema. Es ist schwierig, weil man es kaum ansprechen kann, ohne die betreffende Person zu verletzen. Niemand würde so empfindlich reagieren, wenn ihm gesagt würde, dass er zu lang für sein Pony sei, obwohl die Auswirkungen einer falschen Statik auf das Pferd auch nicht gut sind.
cajujo
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Beitrag von cajujo »

Der andere Fall wäre, der Betroffene ist dumm, ignorant, und sagt sich, dass es ihm/ihr egal ist wenn der Gaul früher verschleisst, Hauptsache Spass.
Was ist die Bezugsgröße zu früher?

Ich meine, dies ist der Generalvorwurf der ausgesprochen oder nur gedacht, immer wieder so vernichtend im Raum steht und ins Mark trifft. Auch bei Reitfehlern, Anreiten, Haltung und Reitweisen, welche nichts mit dem Reiterewicht zu tun haben.
Gibt es hierbei nicht auch die Fragen: In wie weit stört es das Pferd in seiner Lebensqualität und Wohlbefinden? Wird dem Pferd ein Zeitempfinden über seine Lebenszeit zugetraut? Ist nicht das hier und jetzt maßgeblich?
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