Leichttraben - richtiger/falscher Fuß

Rund um die klassische Reitkunst

Moderatoren: Julia, ninischi, Janina

Benutzeravatar
*Claudius*
User
Beiträge: 225
Registriert: Do, 28. Feb 2008 12:44
Wohnort: Kirchheim u. Teck

Leichttraben - richtiger/falscher Fuß

Beitrag von *Claudius* »

Wann macht es Sinn auf dem "falschen" Fuß leicht zu traben? Gibt es Situationen, in denen ihr das bewusst macht?
Und warum ist der "richtige" Fuß denn der Richtige?

Ich meine, mich zu erinnern, mal gehört zu haben, dass das traben auf dem "falschen" Fuß auch englisch (oder französisch oder sonst wie...) traben genannt wird!?!? Weiß da jemand mehr zu?
Auch das unerfahrenste Pferd kann dem besten Reiter noch etwas lehren.
-----------------------------------
Das mir mein Pferd das Liebste sei,
sagst du oh Mensch, sei Sünde.
Das Pferd blieb mir im Sturme treu,
der Mensch nicht mal im Winde.
Benutzeravatar
Finchen
User
Beiträge: 8526
Registriert: Di, 19. Apr 2011 22:30
Wohnort: im Norden zwischen HB und HH

Beitrag von Finchen »

In diesem Thread war es schon mal angesprochen - vielleicht findet sich das u.a. etwas für deine Frage!?

http://www.klassikreiten.de/viewtopic.p ... ben#273087

Ansonsten kann ich beisteuern, dass mir als Hilfe fürs Angaloppieren auf der "schwierigeren" Seite empfohlen wurde vorher auf dem "falschen" Fuß zu traben - es hat geholfen. :wink:
Benutzeravatar
*Claudius*
User
Beiträge: 225
Registriert: Do, 28. Feb 2008 12:44
Wohnort: Kirchheim u. Teck

Beitrag von *Claudius* »

Danke für den Link Finchen.

Ich hab jetzt folgende Zitate gefunden
Auf dem inneren Hinterfuß leichttraben tue ich deshalb, damit das innere Bein beim Vorschwingen keine Last hat und ich das äussere beim Vorschwingen im Zuge des Einsitzens mit dem Schenkel besser in der Spur behalten kann.
Hier wird der "Effekt" des Leichttrabens nur auf die Hinterfüße bezogen. Welchen Einfluss hat das Leichttraben dann auf die Vorderfüße?
Also mal von der Tatsache abgesehen, dass z.B. in Ungarn auf dem anderen Bein leichtgetrabt wird…
Gibt es da eine Begründung dafür?
Irgendjemand muss sich das ja mal ausgedacht haben, warum man jetzt auf welchem Fuß leichttrabt...
Auch das unerfahrenste Pferd kann dem besten Reiter noch etwas lehren.
-----------------------------------
Das mir mein Pferd das Liebste sei,
sagst du oh Mensch, sei Sünde.
Das Pferd blieb mir im Sturme treu,
der Mensch nicht mal im Winde.
Benutzeravatar
Lirio
User
Beiträge: 343
Registriert: Mo, 08. Jun 2009 14:18
Wohnort: Graz

Beitrag von Lirio »

Ich trabe am falschen Fuß leicht, wenn ich in Konterstellung reite oder z.B. Konterschulterherein übe.
Benutzeravatar
Jen
User
Beiträge: 3007
Registriert: Mo, 25. Sep 2006 08:12
Wohnort: CH
Kontaktdaten:

Beitrag von Jen »

Hallo Claudius

Die Hinterhand ist der Motor des Pferdes, welche den Antrieb für die Vorwärtsbewegung bereitstellt. Wenn du dir die "Bauart" von HH und VH anschaust und sie vergleichst, so siehst du, dass die Vorderbeine gerade konstruiert sind, damit sie gut die Stützfunktion ausüben können, während die HH gewinkelt ist, was günstig für eine Schubfunktion ist. Wäre die HH auch gerade, dann könnte das pferd nicht so kraftvoll losspurten, wie es für ein Fluchttier nötig ist. Wären die Vorderbeine gewinkelt (wie zb. bei Reptilien, wie Krokodil), könnte es sich nicht so schnell fortbewegen und wäre eine zu leichte Beute.

Die ganze Ausbildung eines Pferdes zielt ja darauf ab, dass man die HH so gut kontrollieren kann, dass man den Motor des Pferdes in Griff bekommt. kontrolliert man den Motor, also die Hinterhand, kontrolliert man das ganze Pferd. Gleichzeitig möchte man es dem Pferd ja auch leichter machen, das Reitergewicht zu tragen. Man möchte, dass das Pferd gut untertreten kann, d.h. damit es mit dem Hinterbein weiter in Richtung des Reitergewichts greift und dann mit elastischen Gelenken durchfedert und die Kraft nach vorne oben transportiert. Das junge, unausgebildete Pferd schiebt in der Regel mehr vom Reitergewicht weg, als dass es das Reitergewicht trägt. Das nennt man "mit der Hinterhand rausschaufeln". Es fällt ihm nicht so leicht, frei mit dem Hinterbein vorzuschwingen.

Nun ist es so, dass auf gebogenen Linien bei einem Pferd mit einer korrekten Biegung das innere Hinterbein mehr trägt und das äussere Hinterbein mehr schiebt. Das bedeutet, das innere Hinterbein muss mehr Last aufnehmen, als es das Pferd einfach so von sich aus tun würde. Viele unausbalancierte Pferde legen sich ja in die Kurve und müssen sich mit einer Aussenstellung im Hals ausbalancieren, damit es sie in der engen Kurve nicht hinlegt. Dabei kommt aber das innere Hinterbein vermehrt in die unerwünschte schiebende Tätigkeit, anstatt dass es trägt.

Um es nun dem Pferd in der Ausbildung zu einer korrekten Stellung und Biegung nicht zu schwer zu machen, wird beim leichttraben das innere Hinterbein freigegeben, also nicht mit dem Reitergewicht zusätzlich belastet. So kann es leichter nach vorne durchschwingen und zu einer tragenden Tätigkeit finden.

Wird das Pferd in einer Konterstellung/Biegung gearbeitet, dann ist ja das "innere Hinterbein" immer dasjenige, welches INNEN an der Biegung ist, deshalb macht es dann auch Sinn auf dem "falschen Fuss" zu traben.

Zu dem Beispiel mit dem Angaloppieren:
Fällt einem Pferd zb. das Angaloppieren schwer, macht es Sinn, auf dem "falschen Fuss" leichtzutraben, damit der äussere Hinterfuss freigegeben wird. Die Fussfolge im Galopp ist ja: äusseres Hinterbein, dann Diagonale inneres Hinterbein-äusseres Vorderbein, und als letztes innerer Vorderbein. Deshalb muss man schauen, dass bei Schwierigkeiten beim Angaloppieren dieses äussere Hinterbein frei ist.
Liebe Grüesslis, Jen
***
Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
charona
User
Beiträge: 840
Registriert: Sa, 06. Jan 2007 13:05

Beitrag von charona »

Danke für die ausführliche Erklärung, Jen!
Benutzeravatar
*Claudius*
User
Beiträge: 225
Registriert: Do, 28. Feb 2008 12:44
Wohnort: Kirchheim u. Teck

Beitrag von *Claudius* »

charona hat geschrieben:Danke für die ausführliche Erklärung, Jen!
Da schließe ich mich an :)
Auch das unerfahrenste Pferd kann dem besten Reiter noch etwas lehren.
-----------------------------------
Das mir mein Pferd das Liebste sei,
sagst du oh Mensch, sei Sünde.
Das Pferd blieb mir im Sturme treu,
der Mensch nicht mal im Winde.
Benutzeravatar
*Krisi*
User
Beiträge: 437
Registriert: So, 07. Sep 2008 10:35
Wohnort: Niederösterreich
Kontaktdaten:

Beitrag von *Krisi* »

Jen hat geschrieben: ... Zu dem Beispiel mit dem Angaloppieren:
Fällt einem Pferd zb. das Angaloppieren schwer, macht es Sinn, auf dem "falschen Fuss" leichtzutraben, damit der äussere Hinterfuss freigegeben wird. Die Fussfolge im Galopp ist ja: äusseres Hinterbein, dann Diagonale inneres Hinterbein-äusseres Vorderbein, und als letztes innerer Vorderbein. Deshalb muss man schauen, dass bei Schwierigkeiten beim Angaloppieren dieses äussere Hinterbein frei ist.
ähm .. liege ich falsch, wenn ich behaupte, daß ich, wenn ich auf dem "falschen" Fuß leichttrabe, auf dem äußeren Hinterbein einsitze ?
Ich belaste/biege damit das äußere Hinterbein vermehrt. Und das Pferd ist dann froh, dieser vermehrten Belastung zu "entkommen" und galoppiert leichter an.
Benutzeravatar
Jen
User
Beiträge: 3007
Registriert: Mo, 25. Sep 2006 08:12
Wohnort: CH
Kontaktdaten:

Beitrag von Jen »

Krisi, dann kannst du gleich aussitzen ;) Aus dem leichttraben ist dann zb von vorteil, wenn man ein verhaltenes Pferd hat oder eines, das sich mit der vh hochzieht im galopp oder der reiter schlicht Mühe hat zum aussitzen und das Pferd stört etc. Es gibt Situationen in denen man das leichtreiten gut nutzen kann und andere, wo es nicht nötig ist. Das ist ja der ganze Witz an der Sache ;)
Liebe Grüesslis, Jen
***
Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
Benutzeravatar
*Krisi*
User
Beiträge: 437
Registriert: So, 07. Sep 2008 10:35
Wohnort: Niederösterreich
Kontaktdaten:

Beitrag von *Krisi* »

Ja, aussitzen geht natürlich auch :D

Ich meinte ja nur, daß wenn ich auf dem "falschen" Fuß leichttrabe, ich dann nicht das äußere Hinterbein freigebe, da ich dann ja draufsitze - verständlich jetzt ?
Benutzeravatar
Jen
User
Beiträge: 3007
Registriert: Mo, 25. Sep 2006 08:12
Wohnort: CH
Kontaktdaten:

Beitrag von Jen »

Moment, das vorschwingen gibst du frei und das ist entscheidend. Siehe meine erklärung oben im 1. Beitrag. Es ist eben nicht die schub- sondern die vorschwingphase, welche dem jungen pferd schwer fällt.
Liebe Grüesslis, Jen
***
Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
Maria Orange
User
Beiträge: 76
Registriert: Mo, 31. Jan 2011 15:33
Wohnort: Erzgebirge

Beitrag von Maria Orange »

Jen hat geschrieben: Zu dem Beispiel mit dem Angaloppieren:
Fällt einem Pferd zb. das Angaloppieren schwer, macht es Sinn, auf dem "falschen Fuss" leichtzutraben, damit der äussere Hinterfuss freigegeben wird. Die Fussfolge im Galopp ist ja: äusseres Hinterbein, dann Diagonale inneres Hinterbein-äusseres Vorderbein, und als letztes innerer Vorderbein. Deshalb muss man schauen, dass bei Schwierigkeiten beim Angaloppieren dieses äussere Hinterbein frei ist.
Das dies definitiv funktioniert durfe ich eindrucksvoll am eignen Leib & Pferd in einem Kurs mit Dr. Dörr 2011 erfahren. Ich habe diese Methode des Anzugaloppieren danach weiter geübt und den Eindruck gewonnen, dass dem Pferd 1. gut verständlich und 2. auch gut möglicht wird das Verlangte auszuführen. Wenn ich mich recht entsinne argumentierte Dr. Dörr ebenso wie Jen.
Malwas
User
Beiträge: 291
Registriert: Sa, 02. Apr 2011 17:00
Wohnort: Leipzig

Beitrag von Malwas »

Aber muss man vor dem Angaloppieren nicht erstmal aussitzen oder galoppiert man dann direkt aus dem Leichttraben an?

Ich habe irgendwie Schwierigkeiten mir vorzustellen, dass man beim Aufstehen etwas entlastet, denn das ganze Körpergewicht des Reiters ist ja immernoch da und verschwindet nicht irgendwohin. Für mein geistiges Auge verändert sich nur, dass das Gewicht in der Aufsteh- und Hinsetzphase etwas weiter vorne liegt, auf Höhe der Stiegbügelriemen, statt wie sonst weiter hinten, wo des Reiters Schwerpunkt liegt wenn er sitzt. Kann mir das jemand erklären? :lol:
Benutzeravatar
Cubano
User
Beiträge: 3727
Registriert: Di, 20. Mär 2007 19:34
Wohnort: Oldenburger Land

Beitrag von Cubano »

Malwas hat geschrieben:Aber muss man vor dem Angaloppieren nicht erstmal aussitzen oder galoppiert man dann direkt aus dem Leichttraben an?
Nö, man kann ruhig ein paar wenige Tritte aussitzen, das funktioniert dennoch. So wie Jen es beschreibt, habe ich es bei meinem Youngster auf der rechten Hand auch gemacht und damit das falsch angaloppieren prima in den Griff bekommen.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
Jolly
User
Beiträge: 165
Registriert: Mo, 10. Mär 2008 11:20
Wohnort: Lüneburger Heide

Beitrag von Jolly »

Ich grübel schon länger auf dem Thema rum und war lange der Meinung, dass das Pferd sein stärkeres Hinterbein dort hat, wo es mich auch lieber sitzen lässt, also rechte Hand = Leichtraben flüssiger, rechtes Hinterbein trägt besser. Nach der Erklärung von Jen (und auch einer Erklärung in einem anderen Thread) ist das stärkere Bein aber das schiebende, also das linke. Nach meiner Erfahrung ist bei einem Pferd, dass sich lieber auf der rechten Hand traben lässt, auch das rechte Hinterbein / linkes Vorderbein das Beinpaar, was in der Fessel deutlich weiter durchfedert, als das andere Beinpaar. Die Muskulatur ist auf der Diagonalen auch ausgeprägter, was aber ja irgendwie gegen die Annahme spricht, dass das Beinpaar schwächer ist. Versteht jemand, was ich meine, bzw. wo liegt mein Gedankenfehler?
Antworten