Muss man Barockpferde nicht/anders v/a reiten?

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Rosana
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Muss man Barockpferde nicht/anders v/a reiten?

Beitrag von Rosana »

Also ich habe den Titel jetzt etra ein bissel überspitzt formuliert, damit ihr auch alle schön hier reinschaut und was schreibt 8)

Aber die Frage ist schon ernst gemeint: Anlass ist die Frage eines Forumsmitgliedes zu den folgenden Bildern, warum ich mein (6jähriges) Pferd in dieser Reitstunde mit so viel Aufrichtung reiten sollte:
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Meine Antwort dazu war folgende:
Gute Frage! Genau weiß ich es ehrlich gesagt auch nicht, aber das war schon so die Haltung, die er (der Reitlehrer) richtig fand. Was mir dazu nur einfällt, ist dass er meinte, dass man bei Barockpferden mit dem v/a anders arbeitet, sie erst mehr zusammenstellt und daraus dann eine Dehnung entwickelt.
Dass das Pferd über den Rücken geht, war ihm natürlich schon ebenfalls ein wesentliches Anliegen.

Ich hatte am WE einen Lehrgang mit einer anderen Trainerin, die eine viel tiefere Halshaltung und einen weiter offenen Genickwinkel wollte. Deshalb bin ich nun selbst am überlegen, wie ich es denn nun weiter machen soll...
Wie seht Ihr das: Gibt es da Unterschiede, zwischen Pferden, die vom Gebäude her viel Aufrichtung mitbringen und Warmblütern? Bisher war ich auch der Ansicht, dass bei den Barocken die angebotene Aufrichtung oft zu schnell angenommen wird und man gerade bei ihnen sehr auf gutes v/a achten muss...
Oder ist das einfach auch ein Unterschied von verschiedenen Methoden/Richtungen? Wird/Wurde z.B. in der (alten) Wiener Schule diesbezüglich grundsätzlich anders gearbeitet als in der deutschen Schule? und kann man auch mit weniger v/a gute Ergebnisse erzielen, wenn man es denn richtig macht?

Bin gespannt auf eure Antworten!
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Brille putzt :wink:
Rosana, auf dem Pferd reitest Du Dein Pferd überhaupt nicht in Aufrichtung, sondern in einer vollkommen korrekten Arbeitshaltung.Gefallen mir übrigens sehr gut die Fotos, mal so am Rande
Eigentlich hat sich damit die Frage schon erledigt, aber noch mal zur Dehnungshaltung: Das ist in meinen Augen erstmal keine Rasse-, sondern eine Exterieurfrage. Ich hab ja nun selbst zwei PRE und einer davon hat eine sehr hohe, der andere eine weitgehend "normale" natürliche Aufrichtung. Der Braune wird übrigens tatsächlich über die Arbeitshaltung in die Dehnungshaltung geritten, weil er sonst höchstens den Hals fallenlässt, beim Schimmel gehe ich den klassischen Weg – warmreiten, in die Tiefe reiten, Dehnungshaltung…
Zur tieferen Halshaltung: Das kommt entscheidend darauf an, wie weit das Pferd da in Balance bleiben kann. Die nützt mir nämlich gar nix, wenn es weder die Kraft noch die Dehnungsmöglichkeit hat, damit die gesamte "Streckermuskulatur" da auch mitmacht. Im Klartext: Bei jüngeren Pferden bedingt die tiefe Halshaltung oftmals, dass sie nach hinten raustreten. Treten sie hinten richtig unter, kommen sie vorn automatisch hoch. Ist völlig normal und gibt sich mit zunehmendem Ausbildungsstand…
Deshalb: Tief ja, aber nur so viel, wie das Pferd das auch leisten kann.
Nachtrag: Ich hab ja nun rein gar nix gegen Dehnungshaltung. Aber gerade bei jüngeren und/oder untrainierten Pferden würde ich immer einen Wechsel zwischen Arbeitshaltung und Dehnungshaltung reiten. Schlicht, weil ihnen das leichter fällt.
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Rosana
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Beitrag von Rosana »

Cubano hat geschrieben:Brille putzt :wink:
Rosana, auf dem Pferd reitest Du Dein Pferd überhaupt nicht in Aufrichtung, sondern in einer vollkommen korrekten Arbeitshaltung.
Oh, ah, o.k. - interessant! Nun, es ist halt zumindest mehr Aufrichtung (und mehr durchs Genick) als ich es bei der anderen Trainerin machen sollte, da hieß es immer "Zügel länger", Nase vorlassen... Aber vielleicht sind das auch einfach unterschiedliche Wege?
Samstag habe ich dann zum zweiten Mal Unterricht bei meiner zukünftigen regelmäßigen RL, bin mal gespannt, wie sich das da einordnet... :shock:

Danke auch für deine weiteren Erläuterungen, das hilft mir schon weiter.

Weitere Meinungen?
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Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Unterschreibe bei Cubano. Für mich ist das eine gute Arbeitshaltung und völlig ok für ein 6jähriges Pferd (auch wenn die Lippis etwas spätreifer als die Warmblüter sind).
V/A mit aktivem Hinterbein und nicht auf der VH kann imho eigentlich nur ein Pferd leisten, das schon weiter ausgebildet ist. Alle anderen Pferde fallen unweigerlich völlig auseinander und auf die Vorhand, wenn man es mit dem V/A zu sehr übertreibt. Diese Pferde sind dann viel schwerer wieder zu schließen.
Deshalb ist das V/A am längeren Zügel ja eigentlich nur eine Übergangslösung (soweit ich mich erinnere, auch laut H. Dv. 12. Da war nämlich ein Pferd nach 2jähriger Ausbildungsphase auf L-Niveau).
Viele Grüße
Sabine
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Rosana: Das sind einfach zwei verschiedene Schuhe. Dehnungshaltung sollte in meinen Augen nicht die einzige Haltung sein, in der ein Pferd geritten wird. Sondern zum Aufwärmen und zwischendurch angewendet werden. Den Großteil der Dressurausbildung (bis man dann mal in Richtung Versammlung geht) absolviert ein Pferd halt in Arbeitshaltung…
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horsman
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Beitrag von horsman »

Seh ich auch so: diese Haltung ist eine ordentliche Gebrauchhaltung für die Arbeit. Die Beizäumung entspricht dem derzeitgen Verammlungsgrad. Passt alles und sieht recht gut aus. Natürlich sollte es zwischendurch auch kurze Momente geben, wo das Pferd den Hals nach v/a dehnen kann (in Schritt oder auch Trab), damit das Pferd die Kopf-/HalsHaltung zur Entspannung auch mal ändern kann.

Ebenso solche Haltung würde ich auch mit einem Warmblutreiten.

Wenn ich etwas anregen sollte, würde ich sagen, dass deine Schenkellage deutlich zu weit zurück ist. Die vordere Hosenkante gehört ungefähr an die hintere Gurtkante. So wie auf den Fotos kann das Pferd Dir keine "Biegung" um den inn. Schenkel geben.
First a relaxed mind, then a relaxed horse.
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Zur Beinlage: ist sie vielleicht bedingt durch den Sattel? Der hat ziemlich große Pauschen und scheint (soweit auf den Fotos erkennbar) den Oberschenkel sehr weit zurückzudrängen - mit dem entsprechenden Einfluss auf den Unterschenkel.
Viele Grüße
Sabine
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tamiro
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Beitrag von tamiro »

Hallo!

Ich finde die fotos auch sehr schön, man sieht auch, daß dein Pferd wirklich über den Rücken geht und ein schön aktives Hinterbein hat. Mir persönlich wäre aber die Einstellung vor allem auf Foto 2 und 3 doch etwas zu hoch für eine reine Arbeitshaltung.
In der reinen Arbeitshaltung ist für mich die Nasenspitze auf Höhe Buggelenk das Optimum. Aber da dies nun mal Fotos sind, und wir weder Tempo noch Takt oder Versammlungsgrad beurteilen können (die ja den Grad der Aufrichtung bestimmen sollten), ist das schwierig hier zu besprechen.
Aber ich würde die RL einfach fragen, warum sie den Kopf tiefer möchte!


Lg Sandra
LordFado

Beitrag von LordFado »

da gab es doch auch mal einen Thread dazu, der dieses "Nase auf Buggelenkshöhe" etc. stark relativiert hat, weil das eben eine Exterieurfrage ist, die man nie so pauschal für jedes Pferd anwenden kann - leider fällt mir der Name/Zusammenhang nicht ein grade.
Ansonsten schließe ich mich vollumfänglich Cubano an undschiebe die Beinhaltung nicht auf den Sattel sondern auf die momentane Übung/Situation - der Oberschenkel liegt ja auch gut - also Spaltsitz ists ja nun sicher keiner, ich würde das im Unterricht nicht korrigieren, wenn das Ergebnis so aussieht wie auf den Bildern!
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

LordFado hat geschrieben: undschiebe die Beinhaltung nicht auf den Sattel sondern auf die momentane Übung/Situation - der Oberschenkel liegt ja auch gut - also Spaltsitz ists ja nun sicher keiner, ich würde das im Unterricht nicht korrigieren, wenn das Ergebnis so aussieht wie auf den Bildern!
Moins,
sehe ich auch so. Auf dem ersten Bild ist die Lage der Beine in meinen Augen schon fast optimal für den Balancesitz, bei dem Schulter, Hüfte und Absatz eine Linie bilden. Auf den beiden anderen könnten sie ein Stückchen weiter vor. Aber das würde ich relativieren, wenn Rosana – mit Verlaub :wink: – mehr auf dem Hintern sitzen und den Oberkörper mehr in die Senkrechte bringen würde…andieeigenenasefasst :roll:
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

tamiro hat geschrieben:Mir persönlich wäre aber die Einstellung vor allem auf Foto 2 und 3 doch etwas zu hoch für eine reine Arbeitshaltung.
*unterschreibt*
Das Einzige, was mir hier zur "Vollkommenheit" "fehlt" ist die mehr untergesetzte, Last aufnehmende Hinterhand - aber das ist in dem Ausbildungsstand / Alter auch völlig ok und nur eine Ergänzung zu dem, was ich als Zielbild im Kopf hätte.
Rein von der Kopf-/Halspositur würde ich sehr wohl von Aufrichtung sprechen. Wo soll das denn noch hingehen, wenn das noch keine ist? Würde mich echt interessieren - auch wenn ich jetzt keine Diskussion um "was ist Aufrichtung" auslösen möchte, es geht ja um die Arbeit mit "barocken Rassen" :wink:
Es grüsst ottilie
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Beitrag von Coni »

Rosanna, als auch derzeit ein "Jungpferd" anreitende: reitest Du auf Kappzaum oder auf Hackamore (kann man nicht ganz erkennen)? Bildest noch garnicht mit Gebiss aus oder wechselt Du ab? Seit wann bist Du denn am "Anreiten"? Miner (7jährig aber est ein halbes Jahr unter dem Sattel) kämpfte stark gegen das Gebiss, abe ich dachte einfach er muss da halt durch. Es hat sich auch sehr verbessert, aber ich habe vor ein paar Tagen von normaler Wassertrense auf D-Ring umgestellt (ein Versuch eine eventelles Problem mit Einzwicken an den Ringen zu vermeiden) aber da hat dieses Wehren wieder wie am Anfang angefangen.

Tschuldig, ist zwar nicht genau das Thema des Threats, aber hängt doch irgendwie zusammen.
Coni
Paula

Beitrag von Paula »

Sorry,Rosana, die Beinhaltung dein ganzer Sitz ist nicht locker und ich vermute du konntest das Pferd auf dem Hier im Bild festgehaltenen Moment nicht sitzen? Die meisten Reiter wollen mit Lob korrumpiert werden , sagte einst ein weiser alter Mann. Du bist auf der richtigen Spur Rosanna du reflexierst und hinterfragst. Natürlich ist auf dem Bild eine Aufrichtung zu sehen, um es genauer zusagen eine Dressurhaltung, ob sie zu hoch aufgerichtet ist ? Wenn du zum Mitschwingen im Trab kommst , vom Pferd in die Bewegung mitgenommen wirst und du dann die Zügel hingeben kannst , bzw rauskauen und dein Pferd das Tempo beibehaelt, waere es OK...
Zuletzt geändert von Paula am Mi, 04. Mai 2011 08:24, insgesamt 1-mal geändert.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Hi, mir gefällt die Haltung - finde sie auch absolut nicht zu hoch. Sicher habt ihr ja in der Einheit auch nicht nur so gearbeitet, sondern eben auch immer mal wieder in v/a. Die Mischung macht´s.
Das Bein wäre für meinen Geschmack deutlich zu weit hinten, zumal es dabei deutlich fest am Pferd ist. Auf dem zweiten Bild scheint mir das Pferd daher auch mit dem zugewandten Hinterbein leicht diagonal zu treten. Was Max zum Sattel schreibt, kann ich mir auch vorstellen, die Pausche stellt das Knie sehr weit hinten fest und damit dann auch die Hüfte.
Was ich persönlich ungünstig hier finde ist das Glücksrad. Da man damit ausschließlich mit Druck von vorne auf der Nase wirken kann ( also rückwärts) , wirkt für mich die erreichte Beizäumung wirklich "beigezäumt" - also nicht über eine Verlängern der Oberlinie in der Aufrichtung erreicht, sondern eben über eine Zurücknehmen der Stirnlinie.
Das Pferd hat einen mächtigen Hals und nicht gerade ein leichtes Genick, daher besteht hier die Gefahr, die Ganasche zu beengen und auf die Ohrspeicheldrüse Druck auszuwirken.
Ich könnte mir gut vorstellen, daß das einer der Gründe ist, warum deine Trainerin dich immer mit längerem Zügel reiten läßt.

Das stellt für mich ein ganz klares Minus für diese Zäumung dar.
Gruß s&p
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Susanne
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Beitrag von Susanne »

Hallo,

für meinen Geschmack ist das Pferd zu hoch aufgerichtet und ich würde zumindest immer wieder Phasen reiten, in denen das Genick auf Höhe des Widerrists ist und die Nase leicht vor der Senkrechten ist. Was das Glücksrad angeht schließe ich mich s&p an.
Liebe Grüße
Susanne
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"Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind."
Albert Camus
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