Widerrist anheben

Rund um die klassische Reitkunst

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Max1404
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Beitrag von Max1404 »

@cubano: der korrekt schwingende Rücken ist ein Kriterium. Es ist einfach das typische "das Pferd vor sich haben".

Erst mal: ein gerollkurtes Pferd hat immer den Widerrist unten, in Verbindung mit einem sehr statischen Rücken, der auch dann nicht mehr loslässt, wenn das Pferd in die Aufrichtung geholt wird. Das führt dann unter anderem zum so beliebten Stech- oder Strampeltrab, wobei es dabei oft so aussieht, als ob der Widerrist oben wäre (weil manche so extrem untertreten), allerdings bewegt sich dabei im Rücken nichts (sehr sitzbequem, selbst im starken Trab) - wenn man das mal gefühlt hat, kennt man den Unterschied zu einem wirklich schwingenden Rücken!

Das Thema Widerrist anheben kann man über "klassisch-deutsches" Reiten von hinten nach vorne erreichen; dann erreicht man es automatisch über Versammlung und vermehrte Hankenbeugung nach mehreren Jahren guter Arbeit.

Man kann es aber auch erreichen über die Einwirkungen mit der Hand und die Formgebung nach baucher'schen Methoden (ist weiter vorne ausführlich beschrieben, wie es geht). Hochinteressant, wie ich finde, jedoch bedarf es einen sehr guten Reiter, um da keine Fehler zu machen. Ich traue mir das nicht zu bei einem jungen Pferd.
Ich vermute, dass durch die langsame Bewegung oder das Anspannen der richtigen Muskeln im Halten die Muskulatur (vor allem die Tiefenmuskulatur?) nach einigen Monaten gut aufbauen kann. Vielleicht auch schonender als in den dynamischen Bewegungen?
Interessant ist auch, was PK daraus gemacht hat, um dieses System auch schwächeren Reitern zugänglich zu machen: er verbindet nämlich die hohe Hand mit der "Konditionierung", dass sich das Pferd nach vorwärts-abwärts dehnen soll. Damit vermeidet er die Fehler, die aus falscher Anwendung der Baucher'schen Lehre entstehen können (Handaufrichtung, durchfallender Rücken).

Und an emproada zur Frage nach dem Warum? Weil man als Ergebnis ein Pferd mit Hankenbeugung auf der HH mit natürlich aufgerichter Hals-Schulterpartie haben will. Und das erreicht man eben auf verschiedene Wege (wobei der Baucher-Weg der ist, der viel leichter zu irreparablen Fehlern führen kann).
Viele Grüße
Sabine
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Junito
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Beitrag von Junito »

Ich bin jetzt auch mal mutig und versuche, etwas zu dem Thema einzustellen:

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Wir kommen da grade aus der Schaukel. Er war da sehr schön vor mir. Heißt das nun, er hat den Widerrist angehoben?
Pferde sind wie guter Sekt - es braucht Zeit und Erfahrung, damit sie perlen können.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Max, "Konditionierung" stimmt nur bedingt. Er nutzt - genau, wie es Baucher tat,- oder die deutschen Klassiker über manche Schenkelimpulse tun/taten- bestehende Reflexe.
Und er lehrt die Hand "aktiv"- sprich lerning by doing und nicht learning by hoping and waiting. Die Hand eines Reiters wird nach seiner Auffassung nur geschickt, wenn sie übt und sich in richtiger Weise betätigen lernt. Nicht, indem ma sie still hält und wartet, daß das Pferd "Hallo" sagt. Den er ist der Meinung, wenn die Hand nicht geschickt ist- was sie wiederum nicht wird, wenn man nicht lernt sie zu benutzen- daß das Pferd niemals "Hallo" sagt. Mal ganz überspitzt formuliert....

Cubano, seit wievielen Seiten wird jetzt erklärt, was Wiederrist heben ist ? Wie oft stand jetzt schon da, daß es nicht dasselbe ist wie ein schwingender Rücken ? ... Oft!
Grüße S&P
Phanja

Beitrag von Phanja »

Phanja, die Bewegung Wiederrist heben ist genaugenommen das Gegenteil vom menschlichen Brust raus.
Ich glaube, du hast mich missverstanden - vielleicht hab ich mich auch nicht gut ausgedrückt. Ich meinte eben nicht "Brust raus" nach vorne, sondern Brust anheben nach oben.
Und dass dasn anatomisch nicht direkt vergleichbar ist, ist mir schon klar. Ich wollte ursprünglich chica ein Bild geben, mit dem sie etwas anfangen kann :wink:

Ich glaube übrigens, dass "Widerrist anheben" nicht zwangsläufig als Übung etabliert sein muss, um es zu erreichen. Ich denke, dass ein angehobener Widerrist zwangsläufig das Ergebnis einer korrekten Ausbildung ist ...
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Guten Morgen,
S&P – das mag sein, dass Du schon gefühlte 1000 Mal erklärt hast, dass Widerrist heben nicht das Gleiche ist, wie Rücken oben. Allerdings bezog sich meine Frage auch keineswegs auf eines Deiner Postings, sondern auf dies hier von Esge…
Die Antwort auf meine Frage hat mir allerdings heute Morgen Max schon gegeben – das Pferd vor sich haben. Leuchtet mir ein, geht eben auch nur mit gewölbter Oberlinie…

esge hat geschrieben: "Rücken anheben" KANN dasselbe sein, wie Widerrist anheben. Ich sage auch gern "Mittelpositur des Pferdes anheben", damit es nicht so isoliert klingt.
Aber was leider auch sehr gern als "Rücken oben" bezeichnet wird, ist die oben festgespannte LWS-Partie des pferdes. Die, die die schönen Spanntritte erzeugen kann und gern mit Schwung verwechselt wird.
Gerade bei Reitern, die quasi ständig davon reden, dass der Rücken des Pferdes "oben" sein müsse, sehe ich das überwiegend. Hier wird das positive Auf-Ab-Schwingen, das richtig ist, durch ein Mitte-Hoch-Stoßen ersetzt. Der rücken wird dauerhaft oben festgesetzt, was natürlich auch nicht hilfreich ist, sondern mal wieder eine Perversion. Gern in Kombi mit Rollkur und Co...
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chica
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Beitrag von chica »

Phanja hat geschrieben:Ich meinte eben nicht "Brust raus" nach vorne, sondern Brust anheben nach oben.
Und dass dasn anatomisch nicht direkt vergleichbar ist, ist mir schon klar. Ich wollte ursprünglich chica ein Bild geben, mit dem sie etwas anfangen kann :wink:
OT - ich hab grad Shakira vor Augen :D Aber ich verstehe langsam was ihr meint. Wenn es das Gefühl ist, das ich meine, das ihr meint usw... erreiche ich das doch an sich auch auf dem herkömmlichen Weg, wenn ich das Pferd korrekt von hinten nach vorne reite. Drum bin ich jetzt einfach wieder stiller Mitleser und freue mich auf weitere Fotobeurteilungen.
LG Ines
................................................
"Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart."
(Noël Pierce Coward)
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Gast

Beitrag von Gast »

chica hat geschrieben:... erreiche ich das doch an sich auch auf dem herkömmlichen Weg, wenn ich das Pferd korrekt von hinten nach vorne reite.
Stimmt :)

chica hat geschrieben:Drum bin ich jetzt einfach wieder stiller Mitleser

Dito.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Ein Pferd geht erst korrekt "von hinten nach vorne", wenn der Wiederrist oben ist. Erst dann kann es "nach vorne" ausbalanciert umsetzen. Es ist die Voraussetzung für ECHTE Schwungentfaltung. Erst dann kann die Bewegung nach vorne oben kanalisiert werden.

Ist dies noch nicht der Fall, führt vorwärts zu eilen. Auch eine korrekte v/a -Dehnung - geht erst, wenn der Wiederrist oben ist.

Und ja, man kann das selbstverständlich ganz klassisch deutsch erarbeiten. - zumindest bei "normalen" Pferden.

Das sieht man doch bei marquisas Bildern sehr schön. Und sie reitet klassisch deutsch .
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emproada
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Beitrag von emproada »

@Max: das Warum war mal so in den Raum gestellt, da ich finde dass durch die Bezeichnung "Wiederrist anheben" oftmals der falsche Eindruck entstehen kann. Wie Susanne sagte, man will ja nicht nur isoliert ein Körperteil betrachten sondern hätte schon gerne den gesamten Rücken.
Viele Grüße Tina
Gast

Beitrag von Gast »

saltandpepper hat geschrieben:Ein Pferd geht erst korrekt "von hinten nach vorne", wenn der Wiederrist oben ist. [...] Auch eine korrekte v/a -Dehnung - geht erst, wenn der Wiederrist oben ist.

Andersrum wird, wie so oft, ein Schuh draus ..
Durch "von hinten nach vorn" kommt das Pferd automatisch vorne hoch, was zwangsläufig eine Dehnungshaltung (im Gegensatz zur Streckungshaltung) erst möglich macht.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

"oft" , ja, oft auch nicht. Es kommt eben drauf an. Und über "Streckhaltung" und " Dehnungshaltung" kann man diskutieren. Hier gehen ja die Meinungen gelegentlich auseinander. Wie wäre es mit Bildern zu beiden Begriffen ? Dann reden wir nicht aneinander vorbei und müssen die Begriffe nicht großräumig einkreisen. :wink:
( kleiner Seitenhieb : nur für die, die nicht so viele Worte schätzen... :lol: )

emproada, da hast du sicher recht, nur in dieser Diskussion ging es eben um genau diesen Teil. Ein ganz bestimmter kleiner Ausschnitt, der betrachtet wird.
Ähnlich wie man beim Überthema " Schenkelhilfen" , auch eben genau nur über den "verwahrenden Schenkel" diskutieren kann.
Gast

Beitrag von Gast »

saltandpepper hat geschrieben:.. müssen die Begriffe nicht großräumig einkreisen.
Sorry, ich seh' da keinen Einkreisungsbedarf.
Dehnungshaltung geschieht aktiv, innerhalb eines vorgegebenen Rahmens, mit aufgewölbter Oberlinie. Streckung ist passiv ... naja, lang eben.

Aber wenn's Dir hilft, such ich bei Gelegenheit mal nach Bildern.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

das ware nett
le_bai
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Beitrag von le_bai »

sabrell hat geschrieben:
saltandpepper hat geschrieben:Ein Pferd geht erst korrekt "von hinten nach vorne", wenn der Wiederrist oben ist. [...] Auch eine korrekte v/a -Dehnung - geht erst, wenn der Wiederrist oben ist.

Andersrum wird, wie so oft, ein Schuh draus ..
Durch "von hinten nach vorn" kommt das Pferd automatisch vorne hoch, was zwangsläufig eine Dehnungshaltung (im Gegensatz zur Streckungshaltung) erst möglich macht.
diese aussage sehe ich kritisch, je nach typ pferd gibt es zu genüge tiere, die sich unter dem reiter mit sehr aktiver HH (und isoliert betrachtet sogar hankenbeugung) bewegen, und trotzdem mit der VH wie in einer hangematte zwischen den schultern baumeln. gerade in "als dehungshaltung bezeichnend" - vorn recht tief kommend, mit geöffnetem genick - fallen sie auf die schultern.
aus meiner sicht ist es auch physikalisch nicht ganz logisch, vorwärtsbewegung hat keine zwangsläufige "hebung" zur folge. für hebung muss ich tragkräfte entwickeln. und die kommen nicht nur durchs vorwärts zustande. aber bitte berichtige mich, wenn ich dich falsch verstanden habe!!
auf jeden fall führen diese faktoren für mich persönlich dazu, dass für ein anheben der mittelpositur neben dem vorwärts, der entspannung der oberlinie (dem sitz) auch die hand eine schlüsselposition bildet. sie ist für mich DER finale (und feinste) impuls für nicht nur vorwärts, sondern auch heben.
leider kann ich mich aufgrund mangelnder praxiserfahrung auch nciht so gut ausdrücken :roll:
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

le_bai hat geschrieben: diese aussage sehe ich kritisch, je nach typ pferd gibt es zu genüge tiere, die sich unter dem reiter mit sehr aktiver HH (und isoliert betrachtet sogar hankenbeugung) bewegen, und trotzdem mit der VH wie in einer hangematte zwischen den schultern baumeln. gerade in "als dehungshaltung bezeichnend" - vorn recht tief kommend, mit geöffnetem genick - fallen sie auf die schultern.
Davon würde ich auch gerne mal ein Foto sehen. Ich habe noch nie ein Pferd mit einer wirklich ehrlichen aktiven HH gesehen, das vorne zwischen den Schultern hängt. Meine Erfahrung ist die, dass ein Pferd schöner und größer wird, wenn es "von hinten nach vorn" geritten wird. Wenn ein Pferd vorne zu tief kommt und quasi den Widerrist hängen läßt, dann stimmt es meiner geringen Erfahrung nach von hinten nicht.
Aber ich möchte mich gerne eines Besseren belehren lassen! :wink:
Talent bedeutet Energie und Ausdauer. Weiter nichts. (Heinrich Schliemann, Entdecker Trojas)
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