der richtige Dressursitz

Rund um die klassische Reitkunst

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ninischi
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Beitrag von ninischi »

@ Meg: Aus biomechanischer Perspektive ist die Lage des Oberkörpers passend zu dem Rest deines Sitzes, weil du so den Körperschwerpunkt genau über der Unterstützungsfläche (Steigbügel) hast und so - und nur so! - locker aufstehen kannst, ohne dich am Zügel hochzuziehen oder mit dem Oberschenkel zu klemmen und unnötige Muskelspannung aufzubauen.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

ninischi hat geschrieben:@ Meg: Aus biomechanischer Perspektive ist die Lage des Oberkörpers passend zu dem Rest deines Sitzes, weil du so den Körperschwerpunkt genau über der Unterstützungsfläche (Steigbügel) hast und so - und nur so! - locker aufstehen kannst, ohne dich am Zügel hochzuziehen oder mit dem Oberschenkel zu klemmen und unnötige Muskelspannung aufzubauen.
Da ich auf Socke ähnliche Größenrelation hatte und leider wohl beim Darius auch haben werde, interessiert mich das sehr:
ist dein Satz auf die Fotos konkret bezogen, also dass da die Lage passend ist? Beim Lesen habe ich erst ein Wort wie wichtig vermisst, dachte erst es ist ein allgemeiner Hinweis warum die richtige Positionierung wichtig ist.
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Vignir

Beitrag von Vignir »

Meg hat geschrieben:Auch, dass mein Brustbein nicht Richtung Hallendecke schauen soll. Allerdings habe ich durch die Korrektur jetzt noch das Problem, dass mein Oberkörper leicht nach vorne fällt. Aber immer noch besser als zu weit hinten... war irgendwie peinlich die Slow Motion Videos und Standbilder. Kann einen Kurs jedenfalls wärmstens empfehlen!
Ich kann Dein Problem mit dem nach-vorne-Fallen sehr gut nachvollziehen, das geht mir genauso. Ich denke, daß es an den Größenverhältnissen liegen könnte, denn ich bin ja relativ noch viel größer (1,79 m) für mein kleines Pony (1,35 m) und hab deshalb immer versucht, mich optisch kleiner zu machen (bevor hier jetzt jemand nach dem Tierschutz schreit: ich wiege <60 kg). Dieses Kleinermachen artet eben meist in nach-vorne-Kippen aus, was natürlich wiederum andere Probleme zur Folge hat. Zudem darf man nicht außer acht lassen, daß ein langer Oberkörper ja ein Hebel ist, der ein kleines Pferd eher mal aus dem Gleichgewicht bringt, als ein großes. Klar.

Ich hab deswegen ein wenig die Befürchtung, daß nicht alle Sitzkorrekturen überhaupt ausgeführt werden können (also jetzt in Fall: großer Reiter, kleines Pferd). Im Mai finden in meiner Nähe zwei Kurse mit EB statt und ich hoffe, daß ich noch als Zuschauerin reinrutschen könnte.
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

So, nun habe ich mal den Seunig aus dem Regal genommen

und sein Kapitel über den Sitz gelesen. Auch wenn G.M. Herrn Sehnig sicher nicht kennengelernt hat, sind sich beide gar nicht uneins.

Ich kann das, was G.M. mir gesagt und gezeigt hat, bei Seunig so nachlesen.

Man beachte aber: G.M. lehrt NICHT den Sitz, nach Seunig, er hat ihn für sich entdeckt und sich dann auf die Suche gemacht. In der Literatur.
Natürlich weiss er, das vor ihm so geritten wurde, das auch heute Reiter diesen Sitz haben und nach ihm auch Reiter zu diesem losgelassenen Sitz finden werden. Sein Ziel ist es, diesen Sitz bekannter zu machen, damit diese unsägliche Kraftreiterei der heutigen Zeit wieder abgelöst wird.
Es geht nicht um ihn. Sein Ziel, das Reiten wieder in Richtung Kunst und Harmonie zw. Pferd und Reiter zu verlagern finde ich ehrenwert.


LG Ulrike
horsman
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Beitrag von horsman »

Ein losgelassener sitz allein verhindert aber nicht die kraftreiterei, sondern dazu brauchts auch das abkommen von permanenter hilfengebung, was widerum auch das trennen von hand bein bedeudet.

Im übrigen wird ein losgelassener sitz vermutlich in jedem x-beliebigen buch übers reiten gelehrt oder etwa nicht?
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ninischi
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Beitrag von ninischi »

Finchen hat geschrieben:
Da ich auf Socke ähnliche Größenrelation hatte und leider wohl beim Darius auch haben werde, interessiert mich das sehr:
ist dein Satz auf die Fotos konkret bezogen, also dass da die Lage passend ist? Beim Lesen habe ich erst ein Wort wie wichtig vermisst, dachte erst es ist ein allgemeiner Hinweis warum die richtige Positionierung wichtig ist.
Allgemein ist es so, dass wir genau dann leicht und ohne Zuhilfenahme diverser (unnötiger) aufstehen oder auch stehen bleiben können, wenn wir mit dem Körperschwerpunkt über der Unterstützungsfläche sind.

Im Stehen auf dem Boden fällt das nicht so auf, da wir meistens aufrecht stehen und der Körperschwerpunkt sich dann etwa mittig im Körper befindet. Außerdem stehen wir dann auf dem ganzen Fuß, die Unterstützungsfläche ist also relativ groß. Deshalb kann man im Stehen etwas Vor- und Rücklage leicht ausgleichen (KSP bleibt über dem Fuß).
Im Steigbügel stehen wir nur auf dem Fußballen, das ist natürlich eine viel kleinere Fläche.
Auf einer Treppenstufe (bitte die unterste nehmen und Geländer in Griffweite haben) kann man das gut ausprobieren: Fußballen auf die Kante der Stufe stellen, so dass die Ferse etwas nach unten federn kann. Dann Knie und Hüfte leicht beugen - etwa so, wie es auf dem Pferd wäre. Um im Gleichgewicht zu bleiben, muss man automatisch den Oberkörper etwas vorneigen. Sonst kippt man zurück.

Das Prinzip ist auf dem Pferd das Gleiche - wenn das Halten des Gleichgewichtes auch dadurch etwas einfacher wird, dass wir ja das Bein am Pferd liegen haben und nicht nur im Steigbügel balancieren müssen :) .
Ist das so einigermaßen verständlich?
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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

Horseman: ja und nein. Der Sitz wird überall irgendwie erklärt, aber irgendwie kann ihn so recht keiner "richtig" erklären. Und dazu kommt, dass zwar fast in jedem Unterricht gepredigt wird: Absatz tief, Hände aufrecht. Aber kaum ein Anfänger oder mittelprächtiger Reiter erfährt etwas über Sitzbeinhöcker und wie er den fühlen muss. Dafür weiss jeder Reiter, dass er zum angaloppieren das äussere Bein zurückwerfen muss (jetzt mal übertrieben gesagt). Ich persönlich finde, dass kaum ein Reitlehrer in der Lage ist, mir den richtigen, unabhängigen, nicht klemmenden Sitz zu erklären. Und dann entsteht das, was man in den meisten Reithallen sieht: Reiten mit ganz viel Handeinwirkung, weil der Sitz nicht passt. Festhalten am Zügel, klammern mit dem Knie wegen Angst vor Kontrollverlust, wackelnde Köpfe, hochgezogene Absätze, Entenpopos etc.
Vielleicht betrifft Dich das nicht, weil Du vonAnfang an gut unterrichtet wurdest, aber ich denke, 60-70% aller Reiter haben nie einen korrekten Sitz gelernt. So, habe fertig &#128521;
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

@Ninischi:
Danke, ja, das war verständlich, und ich weiß jetzt, dass es nichts neues für mich war. :) Immerhin mit dem Leichttraben und der Balance habe ich keine Schwierigkeiten. Das sitzen ist dann meine Baustelle.

@Fortissimo:
grade recht aktuell kann ich aber berichten, dass zB von den Ritters und Claudia Weiser die Wichtigkeit der Sitzbeinhöcker und hilfengebung u.a. mit deren Hilfe durchaus gelehrt wird.

In wieweit nun wer wie konkret diesen einzigen "richtigen" Sitz beherrscht und lehrt kann ich nicht beurteilen. Auch weil mir die bisherigen Infos zu diesem einen besonders richtigen Sitz bisher viel zu allgemein sind. Da hoffe ich noch schwer auf Ulrike und detaillierte Infos zu ihrer Erfahrung bei GM
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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

Momentan ist es mir eigentlich ziemlich Schnuppe, wer den richtigen Sitz erfunden hat und wer die einzige Wahrheit für sich beansprucht. Fakt ist, dass ich in den letzten paar Tagen einige Aha-Erlebnisse hatte, weil ich mich viel intensiver als sonst mit meinem Sitz beschäftigt habe. Gezielt das Gefühl des Sitzbeinhöcker wahrgenommen, mit deutlicher bewusst gemacht habe, was genau welche Bewegung beim Pferd bewirkt. Nuno Oliveira war ausschlaggebend, dann der Sitz von GM, intensives Gespräch heute mit meiner Reitlehrerin und dann noch das Buch mit der Wanless Methode, das heute angekommen ist. Im Reitunterricht hatte ich heute das Gefühl, dass ich richtig liege. Ganz egal ob Seunig, GM, Klimke oder sonstwer
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Beitrag von horsman »

"Absatz tief" ist leider eine sehr dumme anweisung, die meist zwangsläufig zu sitzfehlern führt. Habs leidrr selbst 25 jahre songelehrt bekommen. Blöde militärdrill!

Besser: ohne bügel soll man lernen das bein samt fussspitze einfach wie pudding hängen zu lassen. Das macht man ne weile. Dann nimmt man die bügel ( korrekte länge wichtig!)auf und lässt das bein wie zuvor ebenso locker. Der absatz kommt dadurch wie von selbst, durch das Eigengewicht des beines nach unten. Et voila.
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Fortissimo
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Beitrag von Fortissimo »

Und wir haben damals ohne Bügel leichttraben müssen - et voila: klemmendes Knie :lol:
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Beitrag von Ulrike »

Guten Morgen,

näher als oben beschrieben, geht nicht, der Rest ist arbeiten und fühlen.

Die AhA Erlebnisse stellen sich ein.

Es geht hier auch in die falsche Richtung: Auch dazu habe ich was gesagt.


Ob dieser oder jener Sitz richtig ist, dazu ist das Reiterleben dda. Hinschauen, Hinfühlen, Entscheiden.


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ninischi
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Beitrag von ninischi »

Fortissimo hat geschrieben:Und wir haben damals ohne Bügel leichttraben müssen - et voila: klemmendes Knie :lol:
Oh ja. Wir auch. Super Sache. Man hat auch vollautomatisch die Klemmer super aktiviert, so dass man auf keinen Fall mehr mitschwingen kann. Ist doch alles prima. :lol:
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Beitrag von horsman »

@fortissimo
Auch ich habe ca 25 jahre von diversen unserer vereinsreitlehrer in den 80ern und 90 ern diese falschen anweisungen bekommen und von daher sitz und einwirkung nicht gut hinbekommen. Hab leider meine damaligen pferde damit mindestens gestört vielleicht auch " maltretiert". Der umschwung kam dann zum glück als ich mit seinerzeit noch jungen selbstvgezüchtezen pferd vollends in der sackgasse steckte (rücken röntgen wg unrittigkeit usw.) und ich einen ziemlich "radikalen" neuanfang mit einem rl aus der schule von oliveira begonnen hab den ich nach einigem suchen in der um die jahrtausendwende noch rel. Jungen klassikreitszene gefunden habe.Da fielen dann nach und nach endlich etliche groschen.
Dennoch hat es noch es ca 2 jahre gebraucht bis die alten sitzfehler und falschen reflexe halbwegs abgestellt waren.
Und ganz fertig ist man mit dem auch sowieso nie.
Zuletzt geändert von horsman am So, 30. Apr 2017 22:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Finchen »

Ulrike hat geschrieben:Guten Morgen,

näher als oben beschrieben, geht nicht, der Rest ist arbeiten und fühlen.


LG Ulrike

Also den Part mit Sitzbeinhöckern, Beine einfach locker fallen lassen und da auch lassen, reiten mit Gefühl für die Sitzbeinhöcker und aus dem Beckenboden heraus kann ich nachvollziehen. Hände tragen auch. Kannst du sagen, ob GM was zum Becken, der Bewegung, Mitschwingen (wie im Becken) gesagt hat? Daran scheitert es - gefühlt - bei mir zB. :?

Deine Erklärungen lassen jedenfalls erahnen, dass GM zumindest ein sehr geduldiger und unermüdlicher Lehrer ist, der wirklich sehr "am Sitz rumschraubt" und auf die Details achtet - das ist schon viel wert.


@horseman:
vielleicht bräuchte ich nicht fragen, wenn ich die Infos aus anderen Threads besser sortiert im Kopf hätte, wer ist oder war dein RL aus der Oliveira-Schule? Ich nehme an du meinst N.O.!?
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