"Kein Blatt vor´m Mund"

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Moderator: Josatianma

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Josatianma
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"Kein Blatt vor´m Mund"

Beitrag von Josatianma »

"Kein Blatt vor´m Mund": Expertenwissen für Ihr besseres Reiten.
Ein Juwel als Lehrveranstaltung mit Dr. med. vet. Robert Stodulka, Eberhard Weiß, Christin und Wolfgang Krischke und 18 ausgesuchten Pferden im Europäischen Dokumentationszentrum für Reitkultur und Reitkunst auf Schloss Bückeburg.
Der Bestseller-Autor (u.a. "Die Medizinische Reitlehre") Dr. Robert Stodulka beweist gemeinsam mit dem langjährigen Schüler Egon von Neindorffs Eberhard Weiß sowie den Hofreitmeistern Christin und Wolfgang Krischke aus der Fürstlichen Hofreitschule anhand von achtzehn sehr unterschiedlichen Pferden, wie ein Reiter sofort sein Reiten verbessern und eines Tages zur Kunst perfektionieren kann."

So die Ausschreibung. Und da ich mir die Hofreitschule im Allgemeinen und Herrn Stodulka im Besonderen schon immer mal anschauen wollte, fuhr ich mit Collo und meinem Göga im Gepäck am 09.10.2009 von Karlsruhe nach Bückeburg. Nach acht Stunden gähnend langweiliger Autobahnfahrt kamen wir in unserem Quartier an, gingen noch gemütlich was futtern und Altbierbowle schlürfen und dann ins Bettchen.

Am 10.10.2009 fanden wir uns pünktlich um 10 Uhr in der Hofreitschule ein, die, wie auch der Marstall, auf dem Gelände zu Schloss Bückeburg liegt, das heute noch vom Fürsten zu Schaumburg-Lippe und seiner family bewohnt wird. Die Reithalle machte auf den ersten Blick einen recht kleinen Eindruck, was jedoch auf dem Umstand beruht, dass ein Teil für eine Zuschauertribüne grundsätzlich abgeteilt ist. Sie dürfte somit noch ca. 20 x 12 m betragen, war schön dekoriert, mit einem Pilaren und einer großen auf- und abschwenkbaren Leinwand ausgestattet.

Noch vor Beginn des Seminars hängte ich mich zuerst mal an Herrn Stodulka und bat um Signieren seiner Medizinischen Reitlehre, dem er sehr spaßig und locker nachkam.

Wir wurden dann vom Expertenteam des "Europäischen Dokumentationszentrums für Reitkultur und Reitkunst" *hechel*, ergo: Stodulka, Weiß und dem Ehepaar Krischke begrüßt. Ebenso wurden wir von Frau Sonntag - Wu-Wei-Verlag - willkommen geheißen. Nach kurzer Vorstellung mit Hinweisen zum Ablauf der Veranstaltung klärte uns Christin Krischke im ersten Programmpunkt über die Herkunft der barocken Reitweise auf. Dies geschah für mich überraschend in so herzlicher und lockerer Art, dass ich meine erste Erwartung, die Krischkes wären vermutlich ziemlich steife Menschen, sofort revidieren musste. U. a. folgten Erklärungen, warum Kandaren im Mittelalter derart lange Anzüge hatten und auch die Sporen sehr lang gehalten waren.

Als nächstes kam der Vortrag von Herrn Dr. Stodulka, für mich das Highlight der Veranstaltung: Es ging zwar hauptsächlich um die Vorstellung seines neuen Buches "Das Phänomen Francois Baucher", dem viele Bilder entnommen waren, die auf die Leinwand projeziert wurden. Allerdings erfuhr man auch vieles über die Biomechanik und die verschiedenen Abkauübungen und deren Auswirkungen von der Zunge über die Muskeln bis in den Rücken. Nebenbei gesagt habe ich dabei auch endlich einmal einiges über Baucher erfahren, nachdem ich Racinets Baucher-Buch schon ein paarmal angefangen, aber immer wieder wegen der umständlichen Ausdrucksweise zur Seite gelegt hatte. Vielleicht hat auch der Wiener Dialekt sein Weiteres dazu getan. Jedenfalls gab ich meinem Göga am Ende des Vortrags zwinkernd zu verstehen, dass ich jenes Buch gerne unter dem Weihnachtsbaum vorzufinden hoffe (allerdings: *schluck* 48 EUR!). Als Abschluss seines Vortrags zeigte Stodulka an einem der Hengste der Hofreitschule die Abkauübungen und auch das Übertreten an der Hand und beantwortete viele Fragen der Zuschauer.

Nun konnten wir Labiat, den Hengst des Celler Landgestüts beäugen und sehen, welche Fortschritte das Tier offensichtlich in der erst kurzen Verweildauer an der Hofreitschule gemacht hatte. Labiat wird Krischkes vom Landgestüt zur Verfügung gestellt und, zwar erst fünfjährig, aber schon weitergehend ausgebildet, an der Hofreitschule unter dem Gesichtspunkt der barocken Reiterei, der Légèreté, umgeformt. Der Hengst machte zunächst einen relativ unruhigen Eindruck, was jedoch darauf zurückgeführt wurde, dass er bislang in der Reithalle mit keinerlei Publikum konfrontiert war. Auf erstes Klatschen reagierte er mit Weghüpfen, jedoch forderte uns Wolfgang Krischke hier zu weiterem Applaus auf, damit sich das Pferd daran gewöhnen könne. Nach erster Bodenarbeit, Abkauübungen und Übertreten lassen an der Hand saß Wolfgang Krischke auf und zeigte sein tägliches Trainingsprogramm mit Labiat, das aus 2x täglich max. 20 Minuten (normalerweise inkl. Bodenarbeit) besteht. Hierbei kam es sodann zu ersten Fragen aus dem Publikum, welches bemängelte, dass zwischendurch keinerlei V/A geritten wurde. Die Fragen konnte Wolfgang Krischke jedoch konkludent beantworten und richtigstellen. Ein schöner Moment war der Schluss, als Labiat kurz halbe Tritte zeigte und ihn der Applaus des Publikums dann doch nicht mehr störte.

Hiernach wurden wir in die 1 1/2-stündige Mittagspause entlassen.

Nachdem wir in einer überfüllten Gaststätte kein Glück hatten und diese hungrig wieder verließen, mussten wir mit einem Yufka bewaffnet um 14.30 Uhr zurück in die Reithalle hirschen, um nun die Krischkes nebst Tochter auf drei ihrer Hengste zu bewundern: Einem Lipizzaner, einem Berber und einem Knabstrupper, letzterer reinweiß geboren. Gezeigt wurde der gemäß Aussagen von Krischkes bewährte Arbeitsrythmus: Lösen der Pferde in den Seitengängen im Schritt, dann im Trab und schließlich auch im Galopp. V/A wurde nicht gezeigt, was damit begründet wurde, dass die Pferde sich ja durch die Seitengänge links und rechts jeweils dehnen würden. Höhepunkt dieser Schau war ein Fechtkampf zwischen Christin und Wolfgang Krischke, bei dem sogar mein Göga glänzende Augen bekam - typisch Mann...

Anschließend wurden weitere Pferde in kurzen Reiteinheiten, kommentiert und unterrichtet von Christin und Wolfgang Krischke, vorgestellt: Ein Friese, ein Haflinger und ein weiterer Knabstrupper. Nebenbei bemerkt: Alle Pferde waren mit dem Deuber'schen Nachbau des Bückeburger Schulsattels ausgerüstet und trugen unterschiedlichste, sehr schöne Zäumungen. Von diesen Reiteinheiten ist mir vor allem der Hinweis Christin Krischkes in Erinnerung geblieben, dass man bei den Seitengängen innen sitzen solle, da sich das Pferd ja dorthin biegen muss und man durch die Belastung der innenliegenden Muskulatur ja ohnehin deren Kontraktion hervorruft - was mir sehr plausibel war. Hierzu solle man jedoch dergestalt umsitzen, dass man kurz aufsteht und sich - je nach Ausbildungsstand mehr oder weniger deutlich - nach innen setzt, also u. U. auch mal gute 5 cm.

Hiernach kam sodann der letzte Programmpunkt: Herr Weiß unterrichtete zwei Warmblüter und einen Frederiksborger - die Abstammung des letzteren kann man bis ins 15. Jhdt. zurückverfolgen. Hier muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich leider recht schnell abgeschaltet habe. Nachdem Herr Weiß über auf die große Leinwand projezierte Bilder einen kurzen Abriss der SdA gab, konnte ich dem anschließenden Unterricht der drei Pferde aufgrund seiner sonoren Stimme, die mich irgendwie an das monotone Unterhaltungsfernsehn der 50er Jahre erinnerte, nicht mehr recht folgen. Ich schaute mir lieber die Pferde an und stellte insbesondere zum Frederiksborger Überlegungen an, warum das Pferd zum einen immer wieder passig ging, zum anderen immer wieder deutlich tickte, aber keiner dies bemängelte.

Hiernach konnten sodann Fragen gestellt werden. Herr Weiß wurde auch zu seinem - auch in der Cavallo schon vorgestellten - Filz-Sattelpad mit Aussparungen an den Schulterbereichen befragt, hatte auch einige dabei, die gleich reißenden Absatz fanden; 75 EUR/Stück.

Abschließend konnte sodann das gesamte Team nochmals mit Fragen gelöchert werden, wobei auch negative Eindrücke angesprochen werden konnten: Eine Zuschauerin bemängelte z. B. offen, dass Krischkes Pferde nicht taktrein gelaufen wären. Ich fand es sehr gut, dass Krischkes hierauf zu erkennen gaben, dass sie sich die Videoaufnahmen des Tages durchaus auf diesen Hinweis hin genau ansehen werden.

Grundtenor des gesamten Seminars war jedenfalls sodann die Aufforderung, sich deutlich über jede Art der Pferdeausbildung zu informieren, hierüber selbständig zu urteilen und dann diejenige anzuwenden, die für dieses eine Pferd brauchbar ist. So gab z. B. auch Stodulka an, seine Pferde hin und wieder nach der Geitner'schen Dualaktivierung zu arbeiten. Überall dort, wo Missstände offenkundig sind, solle man diese ansprechen oder zumindest deutlich den Rücken zukehren.

Mir hat das Seminar grundsätzlich sehr gut gefallen. Auch konnte ich mir einige Anregungen mitnehmen und sogar mein Göga meinte, er könne vieles nun besser nachvollziehen. Ob ich nochmals eine derart weite Reise von Karlsruhe nach Bückeburg dafür unternehmen würde: Ich glaube nicht. Für ein nettes Wochenende hat es sich jedoch in jedem Fall gelohnt.

Ps.: Am nächsten Tag lief uns nach Schloss-, Mausoleum- und Marstallbesichtigung nochmals Christin Krischke über den Weg, worauf ich sie nochmals auf ihre Hinweise zum Aufstehen/Umsitzen befragte, weil ich mir vorstellen könnte, dass dies ein Einknicken in der Hüfte fördert. Dazu aber mehr im dazu eröffneten Fred.

AUTOR: Sylliska
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Hach ja... man sollte irgendwo in der Mitte Deutschlands wohnen, dann könnte man an allen interessanten Veranstaltungen teilhaben :roll:
Vielen Dank für den Bericht.

Kannst Du hierzu
...dass zwischendurch keinerlei V/A geritten wurde. Die Fragen konnte Wolfgang Krischke jedoch konkludent beantworten und richtigstellen
vielleicht noch die Antworten in etwa wiederholen?
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

Ja, vielen Dank für den tollen Bericht!

Das mit dem v/a würde mich allerdings auch brennend interessieren!
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Bernie
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Beitrag von Bernie »

Die haben auch einen Frederiksborger, Fotos hast Du keines eventuell? Muss ich mal googeln, wusste ich gar nicht. Schade, dass er passig ging.

Ich finde es aber gut, dass kritische Fragen kamen und eben direkt in der Veranstaltung Mängel angesprochen wurden, meist wird ja doch danach drüber diskutiert. So hat der Reiter/Ausbilder/Veranstalter gleich ein Feedback.

Ich stimme der Dehnung in den Seitengängen zu, aber deshalb ein korrektes v/a mit einem schönen Spannungsbogen über den Rücken abzulehnen, finde ich schade. Man nimmt sich selbst ein wichtiges Werkzeug. Kann man ein Pferd jederzeit korrekt! v/a reiten mit einem Suchen zur Hand hin, bildet man einen Rückengänger aus. Ohne diese Überprüfung der sofortigen Dehnung besteht die Gefahr des Selbstbetrugs. Das sind meine Erfahrungen. :wink:

lg

Bernie
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carnacat
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Beitrag von carnacat »

Bernie hat geschrieben:
Ich stimme der Dehnung in den Seitengängen zu, aber deshalb ein korrektes v/a mit einem schönen Spannungsbogen über den Rücken abzulehnen, finde ich schade. Man nimmt sich selbst ein wichtiges Werkzeug. Kann man ein Pferd jederzeit korrekt! v/a reiten mit einem Suchen zur Hand hin, bildet man einen Rückengänger aus. Ohne diese Überprüfung der sofortigen Dehnung besteht die Gefahr des Selbstbetrugs. Das sind meine Erfahrungen. :wink:

lg

Bernie
Das sehe ich auch so.
Und die Dehnung in den Seitengängen sehe ich mehr und mehr kritisch.
Ich sehe einfach zu viele Pferde die nur noch Arschirein und Arschiraus gehen können aber leider nicht in der Lage sind auf einer graden oder leicht gebogenen Linie sauber vorzufußen.
Man kann sich und sein Pferd mit dem Seitwärtsgekrebse ganz schön selbst betrügen.
Gegen einen ordentlichen Seitengang - auch und gerade zu Dehnungs- und Lösungszwecken - ist natürlich nichts einzuwenden.
Aber sehen tut man sowas SEHR selten.
Also das ordentliche meine ich.
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smilla
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Beitrag von smilla »

carnacat hat geschrieben: Man kann sich und sein Pferd mit dem Seitwärtsgekrebse ganz schön selbst betrügen.
Gegen einen ordentlichen Seitengang - auch und gerade zu Dehnungs- und Lösungszwecken - ist natürlich nichts einzuwenden.
Aber sehen tut man sowas SEHR selten.
Also das ordentliche meine ich.
Ich habe die im Moment auch ziemlich stark zurückgeschraubt. Wird zwar immer wieder mal angetetstet, aber es gibt noch soooo viel anderes zu Üben!
"Reiter und Pferd sind zu einer geistigen und körperlichen Einheit verschmolzen, sind zwei Herzen und ein Gedanke- die wunderbare Alchemie des Reitens hat aus den zweien in Wahrheit eins gemacht. Solche Kunst ist klassische Kunst!"
Seunig
Gast2

Beitrag von Gast2 »

sehr interessanter Bericht, vielen Dank.

Die Antworten zu dem v/a würden mich auch interessieren.
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-Tanja-
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Beitrag von -Tanja- »

ottilie hat geschrieben:Hach ja... man sollte irgendwo in der Mitte Deutschlands wohnen, dann könnte man an allen interessanten Veranstaltungen teilhaben :roll:
Vielen Dank für den Bericht.

Kannst Du hierzu
...dass zwischendurch keinerlei V/A geritten wurde. Die Fragen konnte Wolfgang Krischke jedoch konkludent beantworten und richtigstellen
vielleicht noch die Antworten in etwa wiederholen?
Also, im wesentlichen verwies er darauf, daß die Pferde ja durch die Seitengänge gebogen werden. Sie fangen im Schritt mit SH, dann Travers, Renvers und Traversale an und machen das gleiche dann im Trab und schließlich auch im Galopp.

Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, daß das hauptsächlich an der kleinen Reithalle liegt: selbst ein Knabstrupper dürfte die, sollte er schön locker V/A im Trab gehen, mit 5 Tritten durchquert haben. Und mit dem im Hintergrund fand ich das dann einleuchtend.

Collo? Weißt Du noch was dazu? Sach' doch mal was! :wink:
lg, Tanja

Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Sylliska hat geschrieben:sollte er schön locker V/A im Trab gehen, mit 5 Tritten durchquert haben
Öhm - sorry, aber V/A hat doch nix mit Tempo zu tun, oder bin ich jetzt total auf dem Holzweg? Die Halle ist so oder so zu Ende, ob nun nach 5 weiteren Tritten oder 7 versammelteren...
DAS ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar. Klärt mich jemand auf?
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-Tanja-
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Beitrag von -Tanja- »

ottilie hat geschrieben:
Sylliska hat geschrieben:sollte er schön locker V/A im Trab gehen, mit 5 Tritten durchquert haben
Öhm - sorry, aber V/A hat doch nix mit Tempo zu tun, oder bin ich jetzt total auf dem Holzweg? Die Halle ist so oder so zu Ende, ob nun nach 5 weiteren Tritten oder 7 versammelteren...
DAS ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar. Klärt mich jemand auf?
Aber durch ein V/A wird's doch durchaus etwas schwungvoller? Also zumindest bei mir bzw. bei Amor. Da holt kommt er schön "aus sich raus". Und deshalb dachte ich, daß das mit der kleinen Reithalle nicht gerade korrespondiert.
lg, Tanja

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Bernie
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Beitrag von Bernie »

:wink: also dass ein v/a jetzt eine 60-er Halle bräuchte, wäre mir neu. Ich reite sehr, sehr viele Übergänge innerhalb der Gangarten und man kann eine Dehnung nach vorne zB im Trab auf wenigen Metern entwickeln und wieder zurückführen.

Und je besser das Pferd ausgebildet ist, umso exakter gelingen diese Übergänge und sind punktgenau zu reiten. Da würde auch die kleine Halle reichen. Ich reite öfter auf 20x20, da wir uns die Halle teilen, das klappt einwandfrei WENN das Pferd vor dem Schenkel ist. Sonst nicht. :wink:

Und dass ein Pferd im korrekten v/a schwungvoller tritt....ähhm, das ist ja Sinn der Sache, unter anderem. Puuh, also das ist wieder so eine Geschichte, da verstehe ich die Skepsis gegenüber Barockreitern.

Aber ev. kommt es jetzt im Bericht anders rüber, ich möchte mir nicht vorstellen, dass die Krischkes ihre Pferde gar nicht schwungvoll über den Rücken reiten. Mein Frederiksborger wäre ohne diese Art zu reiten einfach nur hinter den Hilfen, die Symptome kann sich jeder vorstellen. Deshalb erstaunt mich diese Aussage, dass hier kein v/a geritten wird?

Sylliska, reiten sie wirklich jedes Pferd "gleich". Also bei jedem Pferd zuerst Seitengänge im Schritt, dann Trab, dann Galopp? Ohne Unterschiede? Ich stelle mir das schwierig vor, mal benötigt mein Pferd mehr Ruhe in der lösenden Arbeit, die bekomme ich gut mit vielen Biegungen und Seitengängen im Schritt rein. Manchmal klemmt er und benötigt viel frisches vorwärts, dann wieder eine Mischung aus vorwärts, Übergängen und Seitengängen, je nach Tagesverfassung bilde ich mein Pferd dahingehend aus, dass diese Schwankungen weniger werden, die natürliche Schiefe sich bessert (Pferd geraderichten) und es an meinen Hilfen ist.

Jeden Tag nach dem gleichen Schema lösen wäre für mich nicht denkbar! haben sie dazu ev. noch etwas gesagt?

lg

Bernie
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Ich glaube mich dunkel erinnern zu können, daß die Krischkes zum einen sagen, daß das Pferd ja beim Fressen in der v/a-Haltung sind und damit die entsprechenden Muskeln dehnen. Außerdem soll das v/a eine Errungenschaft der Neuzeit sein und früher gar nicht geritten worden sein.
Jeden Tag nach dem gleichen Schema lösen wäre für mich nicht denkbar! haben sie dazu ev. noch etwas gesagt?
Da haben sie an dem Seminar, an dem ich da war etwas zu gesagt: Die Pferde entwickeln dadurch eine Routine und werden in der Arbeit ausgeglichener. Gerade für junge Pferde ist die tägliche Routine in der Arbeit ein sicherer Rahmen. Zu dem Thema habe ich auch mal einen Thread aufgemacht.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
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-Tanja-
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Beitrag von -Tanja- »

Bernie hat geschrieben::wink: also dass ein v/a jetzt eine 60-er Halle bräuchte, wäre mir neu. Ich reite sehr, sehr viele Übergänge innerhalb der Gangarten und man kann eine Dehnung nach vorne zB im Trab auf wenigen Metern entwickeln und wieder zurückführen.
Nein, natürlich nicht. Hätte mich anders ausdrücken sollen: es findet doch eine Rahmenerweiterung statt. Und da hätte ich in der kleinen Halle Bedenken.
Bernie hat geschrieben:Aber ev. kommt es jetzt im Bericht anders rüber, ich möchte mir nicht vorstellen, dass die Krischkes ihre Pferde gar nicht schwungvoll über den Rücken reiten. Mein Frederiksborger wäre ohne diese Art zu reiten einfach nur hinter den Hilfen, die Symptome kann sich jeder vorstellen. Deshalb erstaunt mich diese Aussage, dass hier kein v/a geritten wird?
Das war auch die Frage einiger Zuschauer. Und Krischkes beantworteten dies so und ritten auch danach, daß eben eine seitliche Dehnung reiche. Schwungvoll gingen die Pferde durchaus, aber halt sehr gesetzt.
Bernie hat geschrieben:Sylliska, reiten sie wirklich jedes Pferd "gleich". Also bei jedem Pferd zuerst Seitengänge im Schritt, dann Trab, dann Galopp? Ohne Unterschiede? Ich stelle mir das schwierig vor, mal benötigt mein Pferd mehr Ruhe in der lösenden Arbeit, die bekomme ich gut mit vielen Biegungen und Seitengängen im Schritt rein. Manchmal klemmt er und benötigt viel frisches vorwärts, dann wieder eine Mischung aus vorwärts, Übergängen und Seitengängen, je nach Tagesverfassung bilde ich mein Pferd dahingehend aus, dass diese Schwankungen weniger werden, die natürliche Schiefe sich bessert (Pferd geraderichten) und es an meinen Hilfen ist.
Vor allem Wolfgang Krischke saß auf verschiedenen Pferden. Die wurden alle gleich gelöst. Sogar die Einheit mit Labiat ging in die Richtung, wenn sie auch sehr oft mit Abkauübungen durchsetzt war.

Das Bild vom Frederiksborger stell ich noch ein. Muß mal gucken, wie ich das hier reinfummle.
lg, Tanja

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heike61
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Beitrag von heike61 »

lieben dank für den bericht-- tanja

ich hatte so gehofft doch kommen zu können....aber leider :cry: :cry: :cry:


hast du auch bilder?


liebe grüße
heike
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Alkasar
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Beitrag von Alkasar »

Ich war gestern auf einem sehr interessanten Vortrag von Dr. Heuschmann wo es unter anderem natürlich auch um V/A ging und warum die "Barockreiterei" das nicht kennt bzw. früher nicht kannte.

Seine Theorie ist, das es schlicht eine andere Art ist, Pferde auszubilden. Schwung z.B. nicht unbedingt gewünscht ist, auch eine ausgeprägte Schwebephase nicht dafür aber maximale Wendigkeit und Durchlässigkeit. Auch treten viele so ausgebildete Pferde nicht zur Hand hin, sind allerdings sehr gut "am Sitz". V/A gab es im Barock eben nicht und deshalb machen es Krischkes wohl auch nicht. Wenn das Pferd insgesamt entspannt und nicht unter Zwang (also z.B. zusammengezpgen) und der Reiter gut sitzt ist diese Art zu reiten, lt. Heuschmann, keineswegs schädlich für's Pferd auch wenn es nicht so "über den Rücken" läuft wie wir uns das vorstellen.

Wie gesagt, seine Theorie. Allerdings schadet es natürlich keinem Pferd, korrekt über den Rücken zu arbeiten :D

Zum Tempo in der Dehnung: richtig gut wird'd meiner Meinung erst, wenn das Pferd sie auch halten kann, in ganz ruhigem Tempo. Schwung ist keine Frage der Geschwindigkeit. Wir haben nur eine 15&30m Halle und auch mit großen Pferden kann man hier selbstverständlich V/A reiten.
„Wer nur zu seiner Freude reitet, aus Freude am Leben, aus Freude an Flur und Wald, aus Freude am Pferd, der ist ein König und ein Weiser.“ (aus: Vollendete Reitkunst, Udo Bürger, 1959)
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