Wo liegt der Fokus?

Rund um die klassische Reitkunst

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zimtstern

Wo liegt der Fokus?

Beitrag von zimtstern »

Hallo zusammen!

Ich habe eine Frage, die ich hier einfach mal in den Raum werfen möchte.
Und zwar: Wo liegt der Fokus bei der Ausbildung und dem Arbeiten von euren Pferden.
Ganz salopp gesagt, kann man ja grob sagen, dass die Franzosen das Genick haben wollen, dann "haben" sie das Pferd. Die Deutschen möchten die Hinterbeine haben. Ein bekannter Ostheopath sagt, dass er den Brustkorb oben haben will, dann kann man das Pferd richtig reiten.

Dann gibt es solche, die sehr viel seitwärts unterwegs sind, solche, die auf Tempo machen, damit die Balance kommt, einige wollen, dass die Pferde zuerst alles im Schritt/Trab erarbeiten, bevor es ans Galoppieren geht.
Etc. pp.

Was ist euch besonders wichtig und warum?
Ich freue mich auf viele durchdachte und konstruktive Antworten :-)
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Also, ich will ALLES !!! :lol:
Das Hinterbein und das Genick, damit der Brustkorb oben ist oder den Brustkorb oben und das Hinterbein, damit ich das Genick bekomme oder das Genick und den Brustkorb oben, damit ich das Hinterbein habe.
Wo ich ansetzte, kommt ganz auf das einzelne Pferd an.
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Moin,


das ist ja nun eine sehr weitgefasste Frage!

Also, mir ist es wichtig mein Pferd durch gute Gymnastik geschmeidig und gesund zu halten.
Dazu soll es einen klaren Kopf bewahren und erhalten.

Meine Gymnastik, die ich mit meinen Pferden erarbeite, beginnt und endet immer mit dem Fokus auf dem Hinterbein, obwohl ich jetzt mal sagen würde, das mir die Wiener Schule beigebracht wird.

Wo der Kopf sich befindet, ist relativ zweitrangig, denn arbeite ich richtig, dann wird auch der Hals schön und der Kopf findet seine richtige passende Haltung zu meinem Gereit.
Nur unter dem Arm, da gehört weder der Kopf des Pferdes noch der des Reiters hin. :D

Im Grunde genommen arbeite ich in den Seitengängen, in den Gängen an sich und am Boden immer auf das eine Ziel hin: ein gesundes Pferd bis in das hohe Alter reiten zu können.
Wie weit das dann geht, hängt von meinen Fähigkeiten und der meines Pferdes ab.

Wie erfolgreich ich jeweil bin, liegt vielleicht nur im Auge des Betrachters

LG
Ulrike
Wiebs

Beitrag von Wiebs »

saltandpepper hat geschrieben:Also, ich will ALLES !!! :lol:
Das Hinterbein und das Genick, damit der Brustkorb oben ist oder den Brustkorb oben und das Hinterbein, damit ich das Genick bekomme oder das Genick und den Brustkorb oben, damit ich das Hinterbein habe.
Wo ich ansetzte, kommt ganz auf das einzelne Pferd an.
Das kann ich nur unterschreiben!
Ich kann es natürlich noch lange nicht, habe aber zumindest den Anspruch :lol: und auch wenn mein Erfahrungsschatz noch relativ klein ist, bin ich mir doch sicher, dass niemals EIN Weg für alle Pferde gleich gut funktionieren kann, egal wie schlüssig er für sich ist.

Und jedes Pferd braucht auch immer wieder einen anderen Zugang - mal muss ich ans Genick, mal an den Brustkorb, mal ans Hinterbein.

Der Fokus ändert sich also eigentlich ständig, während das Ziel (was ja auch von Mensch zu Mensch oder Pferd zu Pferd oder Reitweise zu Reitweise durchaus unterscheidet) dasselbe bleibt.


Als Beispiel meine Stute:
Tempo ist ihre Lösung für alle Probleme - also keine sonderlich sinnvolle Idee für die Arbeit mit ihr (zumindest erstmal noch).
Seitengänge, wenn sie nicht absolut sauber erarbeitet sind, helfen ihr dabei, sich noch kreativer aus den Anforderungen zu schlängeln - also auch das bisher nur vorsichtig eingesetzt.
Ich versuche, ihr Genick und ihre Hüfte vorsichtig mobil zu machen, während ich für die Biegung unbedingt über den Brustkorb gehen muss (also nicht: Erst Stellung, dann Biegung; bzw. nur bedingt) und im Sattel auch an mehr Raumgriff ausschließlich über den zuerst angehobenen Brustkorb komme.

Meine RB vorher hat aber von Mobilmachung aller Art (Seitengänge und Tempo) sehr profitiert...
(Mein Ziel ist bei beiden Pferden dasselbe.)
esge
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Beitrag von esge »

Natürlich will jeder ernsthafte Reiter alles. Trotzdem hilft es, ab und an bewusst den Fokus zu verändern. Vor allem wenn man sich irgendwo festgefräßt hat.
Beispiel: viele wissen wie schwer mir die fliegenden Wechsel gefallen sind. Immer hieß es “Hinterbein schneller machen“ . Hat uns nie weiter gebracht. Den letzten Durchbruch brachte hingegen “Genick hoch und leicht“
Natürlich hätte das allein und isoliert es auch nicht gebracht. Aber im richtigen Moment war der Fokuswechsel entscheidend.
Loslassen hilft
Rusty072009
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Beitrag von Rusty072009 »

Ich finde du Frage sehr schwer zu beantworten.

Mein Ziel ist die größtmögliche Schulung meiner Pferde in den Grundgangarten bis hin zu den schulmäßigen Gängen und allen Lektionen die sich daraus ergeben. Mein Fokus liegt darauf, was ich wovon wieviel in welcher Menge bei den unterschiedlichen Pferden benötige um dies zu erreichen. Manche brauchen erst mal eine langwierige Schulung zur Dehnung der Oberlinie, manche muss man entspannen und anderen fehlt die Energie, manchmal brauch man viel Stellung und manchmal weniger, manche brauchen viel Schulung zur Biegung der Hinterbeine, bei manchen braucht man viiiiel Zeit für geraderichtende Übungen, manche arbeitet man auf der Stelle und andere immer wieder mit mehr Schub, manchmal nur in Seitengängen und manchmal nur gerade, manchmal mit Gebiss und manchmal ohne, manchmal in der Handarbeit und manchmal an der Longe.

Das Zielbild verändert sich nicht (größtmögliche Durchlässigkeit und Beweglichkeit auf der Hinterhand in allen Situationen, abhängig von den natürlich gegebenen Fähigkeiten des einzelnen Pferdes)- aber der Weg dahin unterscheidet sich von Pferd zu Pferd, von Tag zu Tag, von Gangart zu Gangart oder sogar von einem Moment auf den nächsten.

Gruß
esge
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Beitrag von esge »

Nochmal nachgedacht. Mein Ziel ist ein vielseitiges, fein zu reitendes Gebrauchspferd. Was ich brauche um dieses Ziel zu erreichen nehme ich.
Loslassen hilft
xelape

Beitrag von xelape »

esge, danke das lag mir auch auf der Zunge - und du hast gut kurz auf den Punkt gebracht.
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