Praxisbeispiele - die weitere Ausbildung

Rund um die klassische Reitkunst

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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Rusty072009 hat geschrieben:E

Vielleicht relativiert sich auch alles etwas dadurch, dass ich selbst sehe dass die Hinterbeine in dieser Szene im Trab noch zu langsam sind- das ist absolut überhaupt gar keine Frage! Hier gebe ich zu bedenken, dass wir überhaupt das erste mal, und das auf so engen Linien, traben.
Dies hier ist ein Anfang, es sind erste Versuche das Pferd in mehr als einem Schritt Trab Übergang zu reiten. Dies zeigt keine Arbeitseinheit, sondern das bisherige Ergebnis der Arbeit. Auf keinen Fall würde ich ihn so wie hier gezeigt weiter "arbeiten"- dies wäre, da bin ich ganz eurer Meinung, nicht zielführend.

Bn.
Diese Sätze relativieren für mich einiges, bzw wird mir wieder klar, dass du so unterschiedliches vielleicht wirklich gar nicht meinst und anstrebst als wir die wir hier sonst geschrieben haben. :wink:

Irgendjemand schrieb ja schon, das Ergebnis deiner bisherigen Arbeit hinsichtlich Reaktion des Pferdes auf deine Hilfen, Beweglichkeit und Bereitschaft die Seitengänge anzubieten, ist ja ohne Frage ein sehr gutes.

Dass du selber den Trab wie in dieser kurzen Sequenz nicht als ok fürs so weiter reiten empfindest, hatte ich bisher tatsächlich nicht verstanden, das leuchtet mir nun ein.

Irritiert bin ich nach wie vor von dem "schneller" in Bezug auf die HB. Schnelleres HB müsste ja schnellerer Takt gesamt bedeuten. Und schneller hat mit der "Positionierung" der HB ja nichts zu tun zwingend. Meinst du mit schneller auch ein mehr aktiv vor gen Schwerpunkt, ist das womöglich auch ein Missverständnis?

Ich hoffe jedenfalls, dass dich die Diskussion um die verschiedenen Punkte nicht gänzlich vergrault und du tatsächlich auch mal zeigst wie es weiter geht. Grade jetzt vor dem Hintergrund, dass du nicht anders als ich dachte den Trab so wie gezeigt für ganz normal im Training bezeichnest. :wink:
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Klassikfjord
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Beitrag von Klassikfjord »

Hm finde ich etwas befremdlich, Verständnis einzufordern aber dann keine Lust zu haben, sich genau zu erklären. Aber nun gut.
Ich finde den Takt auch gar nicht verkehrt. Deswegen würde ich den Teufel tun, die Hinterbeine "schneller" zu machen (wenn müssten ja dann ausserdem die Vorderbeine auch schneller werden?!). Fleissiger sollen sie werden, mit mehr Raumgriff. Indem sie sich mehr beugen und größer bewegen (ob nun nach oben = versammelt oder nach vorn = Raumgriff), aber eben nicht schneller. Daher hatte mich deine Formulierung irritiert. Ich verstehe unter schneller machen eher wegrennende Pferde mit klemmendem Rücken.
Nur meine Meinung. Ich wünsche dir viel Erfolg auf dem weiteren Weg!
Ponyreiter aus Überzeugung
Motte
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Beitrag von Motte »

Unter Hinterbein schneller machen, verstehe ich schlicht den Kontaktzeit mit dem Boden zu verkürzen. Bedeutet dann in der Folge, dass das Bein weniger hinten raus schiebt, sondern dazu animiert wird, eher - energiereicher - wieder unter den Schwerpunkt zu treten.
Das ist allerdings etwas, was selbst vielen Warmblütern schon schwerfällt (also das schneller gemacht werden), und auch bei denen oft echt an die Substanz (mit entsprechenden Folgen) geht.
Ob ein Kaltblut nun dazu tatsächlich in der Lage ist, ist fraglich - da sollte man nicht übertreiben oder Wunder erwarten.
Rusty072009
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Beitrag von Rusty072009 »

Die Erklärung von Motte ist korrekt. Es geht nicht um eine insgesamt Takterhöhung, sondern darum das Pferd zu einem früheren lösen des Hinterhufs vom Boden, und zügigeren wider vorgreifend zu veranlassen. Der weit hinten heraus schiebende Hinterhuf hat den Zweck, das Pferd mit möglichst großer Effektivität gegen das Brustblatt zu bringen und damit einen Wagen zuziehen. Biomechanisch, nach meiner Auffassung, quasi das genaue Gegenteil von dem was wir zum reiten benötigen. Je kräftiger und weiter der Rückschub, desto größer der Widerstand der Hinterbeine sich unter der Last zu beugen. Der Takt der Vorderbeine würde sich bei diesem Versuch nur dann erhöhen, wenn sich die Vorhand in der Folge nicht hebt. Dann würde das Pferd schneller werden (mehr Boden gewinnen), statt "langsamer" werden (Vorderbeine mehr nach oben heraus heben- weniger Bodengewinn).

Natürlich muss man hierbei die natürlichen Grenzen eines Pferdes akzeptieren und mit äußerster Vorsicht vorgehen. Bei allem Risiko bin ich dennoch der Ansicht, dass man ohne diese Arbeit eine sehr wertvolle Förderung unterlässt, vor allem auf dem Weg eines Pferdes mit denkbar schlechten Reitpferde-Voraussetzungen. Das ist der Grund, weshalb ich ihn seit 1,5 Jahren in nur sehr geringer Intensität und nur im Schritt arbeite :)
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Ja, Kaltis sind dazu in der Lage. U.a. ein Noriker zeigt grade im Ritterkurs schöne Verbesserungen im Trab was das angeht, und auch ein Haflinger profitiert seit einiger Zeit davon, nicht geritten, nur gelangzügelt.

Was das reiten nur im Schritt angeht verstehe ich die Intention und das gewünschte Ergebnis ist ja prima, aber ich bin zwiegespalten ob das wirklich im Gesamten tauglich ist, oder nicht Förderung im Trab (muss nicht geritten sein) besser ist um den Reiter gut tragen zu können. Da Rustys Pferd ja auch gefahren wird kann ich mir vorstellen wird das ausgeglichen, wäre sonst unter anderen Voraussetzungen vielleicht nicht so förderlich.

Wird der Bube auch im Trab gefahren eigentlich? Das hatte ich jetzt vorausgesetzt, muss ja nicht so sein.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

@Motte: Danke, so wird es klarer. Meinen doch das Gleiche, nur anders genannt.
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Rusty072009
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Beitrag von Rusty072009 »

Finchen: Ich bin da selbst zwiegespalten, und froh keine "Entscheidung" treffen zu müssen, da meine Pferde vorm Wagen definitiv genug Arbeit im "Vorwärts" haben. Das größte Problem welches ich durch diese ausschließlich versammelnde Arbeit im Schritt sehe, ist Herstellung/ Erhalt einer grundsätzlichen Fitness und Kondition der Pferde. Viele Pferde mit Lungen oder sonstigen Problemen brauchen zunächst vor allem erst einmal Bewegung. Ich empfehle deshalb immer, neben dieser Arbeit auch für Kilometer zu sorgen, wie auch immer. Wobei ich bei besser veranlagten Reitpferden auch gar kein Problem darin sehe, von Anfang an alle GGA auch zu reiten.

Ja, er wird auch im Trab gefahren, auch mal galoppiert- aber immer mit etwas Rücksicht auf seine Masse. Hier unsere beiden Pferde erst kurze Zeit im Zweispänner zusammen: https://youtu.be/nrk8eERF61M
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Beitrag von Motte »

Fein!

Allerdings: 2 Kaltis vor nem Marathonwagen - ich glaube, dabei musst du dir keine Gedanken über Ausprägung der Schubkraft machen. :-)
Den zieht so'n Tierchen doch auf 3 Beinen noch locker durch die Gegend ;-)
Rusty072009
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Beitrag von Rusty072009 »

Der andere ist doch kein Kalti! Rusty (rechts) ist ein WB Mix. Nichtsdestotrotz ist das im Zweispänner natürlich keine große Belastung für die beiden. Allerdings sind wir nur Ca 1/3 Zweispännig unterwegs, den Rest im Einspänner, weil ich da besser gymnastizierend Einfluss nehmen kann.
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Beitrag von Rusty072009 »

Perfekt passend zu unserer Diskussion hier, dieses Interview mit Bent Branderup zum Thema Schub/ Tragkraft: https://annaeichinger.com/schubkraft-branderup/
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Beitrag von Finchen »

Das Video macht bzgl. eures Ausreit-/-fahrgeländes neidisch! :D

Interessant fände ich zu schauen, wie sich der Bube in diesem Trabtempo unterm Sattel macht, das wirkt nach einem lockeren Wohlfühltempo, nicht wirklich Tempo forciert.
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Beitrag von Finchen »

Ich gestehe, das Interview macht mich persönlich in dem diskutierten Punkt nicht schlauer, aber das ist mein Empfinden, ich finde die Erklärungen nicht griffig.

Was meint er mit diesem Satz:

"Deswegen führt eine richtige Levade auch immer zu einer Verbesserung der Grundgangarten, während bei einer Pesade das Gegenteil der Fall ist."

Tatsächlich, was da steht, dass eine Pesade seiner Meinung nach die GGA verschlechtert?
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Beitrag von Rusty072009 »

Ja, wir haben ein tolles Gelände. Riesiges Wegenetz, viele Wege befestigt und bei jedem Wetter optimal, kaum Reitverbote, wenig frequentierte Wege. Mit solchen Möglichkeiten lässt sich wirklich auch gut und leicht draußen arbeiten!

Er geht diesen Trab genauso locker auch unterm Reiter- aber ich möchte ihn so nicht reiten. Ich finde dass Bent im verlinkten Interview sehr detailliert schildert, welche Annahmen dem zugrunde liegen.

Ohne es jetzt nochmal gelesen zu haben: ich denke er bezieht sich da auf die Gelenktätigkeit in Beugung (Levade) oder Streckung (Pesade).
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ninischi
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Beitrag von ninischi »

Auf die Schnelle würde ich das so erklären:
Bei einer Pesade werden durch das gestreckte Hinterbein andere Muskeln benutzt als beim gebeugten Hinterbein der Levade. Die Levade ist also automatisch ein Training für die Muskelgruppen, die bei der untertretenden, Last aufnehmenden Hinterhand benutzt werden und Ergo ein gutes Training zur Verbesserung der Grundgangarten.
Bei der Pesade werden durch das gestreckte Hinterbein eher die Muskelgruppen benutzt, die das Hinterbein hinten heraus schieben, was ja nicht unbedingt zur Güte der Grundgangarten zählt.

Rusty: Auf euer Gelände bin ich sehr neidisch. *schmacht*
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Beitrag von Finchen »

Heiliger Bimbam, ich habe Pesade mit Passade verwechselt und war doch mächtig erstaunt. :oops: :oops: :oops: Wie peinlich... :roll:


@Rusty:
was ist für dich an diesem Trab denn nicht ok für unter dem Reiter? Das Tempo hat ja mit Bewegungsqualität nicht unbedingt zu tun, aber einige Aspekte die auch du anstrebst (Vorschwingen des HB z.B.) fallen ja in sehr langsamen Tempo nicht unbedingt leichter.
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