"So ein Stinkstiefel!" - unmotiviert, unkooperativ

Infos und Fragen rund ums Thema "wie Pferde denken"...

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Svada
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Beitrag von Svada »

Ja, wenn ich ihn wie beschrieben lang genug "nerve", wobei ich lieber "bitte" dazu sage. Er kaut aber generell weniger als andere Pferde, die ich reite, das stimmt. Er ist wohl 2007 von der Bahn gekommen, wurde "angeritten" und die Vorbesitzerin hat ihn 2008 gekauft und schon auch nochmal etwas gefördert. Soweit ich weiss war sie auf vielen Kursen und hatte ihn auch dressurmässig in Beritt - konventionell halt, nicht klassisch-barock oder dergleichen.
Normalerweise sollte erst das also schon lang genug kennen...
xelape

Beitrag von xelape »

Hallo…

weil du gestern noch nachgefragt hast, wie du arbeiten sollst, wenn er noch nicht "da" ist..
Dann besteht eine Einheit eben aus erarbeiten…
Hilft ja nix - aber auch da würde ich deutlich kurz fordern, dann wieder langlassen wenn er eben nachgegeben hat usw.
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Für mich sind hier eine Reihe von Ungereimtheiten enthalten, die in Summe eventuell Teil des Themas sein könnten:
Svada hat geschrieben:Er lernt recht schnell
Das ist für mich die Basis damit das hier
Wenn ich nun eine bereits bekannte Lektion abfrage - beispielsweise das Füßchen heben auf Gertentouché - dann tipp ich ihn links an, er hebts, c+b, ich tick das andere Bein an, er hebts, c+b, ich ticke das linke wieder an - keine Reaktion
klappt - was es anscheinend auch tut.
Und gleichzeitig eine Möglichkeit, wieso es ggfs. nach einmal nicht mehr kommt:
er findets gut, wenn ich mit neuen Dingen ankomme
Er hat ja gezeigt daß er weiß was Du willst und findet es unnütz/doof das noch zig Mal zu wiederholen?

Es gibt auch noch eine weitere Möglichkeit - er hat einfach keine Lust "wasauchimmer" mit Menschen (hat nichts mit Dir zu tun, bitte nicht persönlich nehmen!) zu machen. Vielleicht auch oder eben wegen seiner Erfahrungen auf der Rennbahn wo er 6 lange Jahre zwangsweise tun musste was gefordert wurde. Du schreibst Du hast ihn von einem längeren Koppelaufenthalt geholt - vielleicht hat er da ja "sein" Leben für sich entdeckt? Er mag es wohl, gut untergebracht zu sein und wenn man sich um ihn kümmert (kraulen), aber dann ist halt eventuell auch gut.
Paßt einem zwar mitunter nicht ins Bild, sollte man aber einfach mal gedanklich durchspielen, da man zu oft auf die "Nutzung" des Pferdes fokussiert ist als auf das "Sein". Da hilft eigentlich nur eine Änderung der eigenen Erwartungshaltung.
Ich hoffe Du verstehst was ich sagen will.
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
Julia
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Beitrag von Julia »

Hm, mal ein ganz anderer Ansatz...hast Du mal ein Blutbild machen lassen? Klingt für mich ein wenig nach Zinkmangel. Würde ich einfach abklären lassen....
Liebe Grüße, Julia
Svada
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Beitrag von Svada »

Dann hatte ich über den Zeitraum alles doppelt und dreifach da, was Rang und Namen hat - Osteo, Dentist, Sattler, Heilpraktikerin, sogar TK... alles ohne Ergebnis, bzw. nur mit positiver Rückmeldung: er wär top in Form, Sattel passt super, Zähne prima, Hufe fast schon perfekt, Blutbild vorzeigefähig.
Zweimal machen lassen, einmal paar Wochen nachm Kauf, einmal jetzt im Juni. Alles im grünen.

@Ottilie: Den Gedanken hatte ich auch schon. Aber du hast recht, gefallen tut er mir nicht sonderlich.
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Blumee82
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Beitrag von Blumee82 »

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die blütigen Pferde, wie du ja auch bestätigst, relativ gescheit sind und gerne "geistig" beschäftigt werden. Die Blüter (allerdings Galopper) die ich geritten habe, haben sich tatsächlich gerne unter dem Reiter gelangweilt und von, ich suche mir etwas um mich zu beschöftigen bis zur Trantüte war fast alles an Varianten dabei. Neue Aufgaben haben da immer für Motivation gesorgt. Allerdings waren die bei weitem nicht so lang auf der Bahn sondern wurden nach 2-4 Jahren schon aussortiert.

Wenn ich nun diesen Ansatz weiter verfolge und du beim Reiten immer und immer wieder die gleichen Ansätze abfragst, weil sie eben Grundlagen sind, ist er vielleicht wirklich unterfordert und gelangweilt. Er kann es ja grundsätzlich. Vielleicht mal Übungsabläufe ändern, andere Aufgabenfelder mit einbauen oder die Herangehensweise an Aufgaben variieren. Neue Reize setzen... Hütchen, Tonnen, leider mag er ja (noch) keine Stangen, usw auslegen ohne sie zB ins Training einzubauen.
Wie reagiert er denn, wenn du Aufgaben aus dem Dressurtraining ins Gelände verlegst?
Je komplizierter und aufwändiger das Instrumentarium an Leder und Metall, desto größer der Stümper, der es bedient."
François Robichon de la Guérinière
Svada
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Beitrag von Svada »

Danke für den Input. Das kann natürlich schon auch sein... ich bin durch mein vorheriges Pferd natürlich auch sehr an Rituale gewöhnt, bei dem musste es streng nach Schema F ablaufen und ja nix am Plan verändern, sonst war Megapanik angesagt. Vielleicht hab ich das noch zu sehr drin? Das kann man selbst echt schlecht beurteilen.

Beim Ausreiten ist er ja sehr brav, ausreiten ist bei uns viel Kletterei (landschaftlich bedingt) und ganz ehrlich hab ichs noch nie versucht im Gelände irgendwas besonderes abzufragen. Spasseshalber mal Volten um Bäume oder so Zeug natürlich schon, aber ich wär noch nie drauf gekommen man ein Schulterherein oder Kruppherein im Gelände abzufragen. Fragt mich nicht warum... Vielleicht auch ein Überbleibsel vom Vorgänger, der mir wohl den Vogel gezeigt hätte ;)
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

super. das könnte ja ein ansatz sein. erzähl uns mal , wie es weiter geht...
vielleicht lässt sich das unaufgeregte reiten nach BB auch ein bisschen mit trailhindernisschen koppeln oder so
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Meg
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Beitrag von Meg »

ottilie hat geschrieben:
Es gibt auch noch eine weitere Möglichkeit - er hat einfach keine Lust "wasauchimmer" mit Menschen (hat nichts mit Dir zu tun, bitte nicht persönlich nehmen!) zu machen. Vielleicht auch oder eben wegen seiner Erfahrungen auf der Rennbahn wo er 6 lange Jahre zwangsweise tun musste was gefordert wurde. Du schreibst Du hast ihn von einem längeren Koppelaufenthalt geholt - vielleicht hat er da ja "sein" Leben für sich entdeckt? Er mag es wohl, gut untergebracht zu sein und wenn man sich um ihn kümmert (kraulen), aber dann ist halt eventuell auch gut.
Paßt einem zwar mitunter nicht ins Bild, sollte man aber einfach mal gedanklich durchspielen, da man zu oft auf die "Nutzung" des Pferdes fokussiert ist als auf das "Sein". Da hilft eigentlich nur eine Änderung der eigenen Erwartungshaltung.
Ich hoffe Du verstehst was ich sagen will.
Sehr schöner und wichtiger Beitrag, alle auf Leistung gedrillten Pferde haben wahrscheinlich einfach irgendwann den Kaffee auf. Das sollte man auch respektieren.
Whenever I feel blue, I start breathing again :-)
knowi
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Beitrag von knowi »

Hei Svada,

Nur eine kleine Anregung, da ich selbst auf dem Gebiet keine Expertin bin. Aber ich entdecke gerade hier: http://www.pferdsein.de/ ein ganz neues Universum. Clickertraining à la Marlitt Wendt und Viviane Theby (letztere hat einen sehr spannenden Youtube-Kanal).

Bei beiden scheint mir das Besondere zu sein, dass ausschließlich mit Signalen gearbeitet wird, die bei fehlender Reaktion von Seiten des Pferdes allerdings nie verstärkt werden. Die Idee ist grob gesagt, nich positive und negative Verstärkung zu mischen, da sich beide sonst gegenseitig abschwächen.

Konkret verstehe ich das so: Nerve ich bei Nichtreaktion auf ein Gertentouché und lobe dann bei erfolgter Reaktion, bliebe das Lob durch das vorherige Nerven negativ belastet. Das Nichtreagieren und das Nerven durch den/die AusbilderIn werde hingegen auf lange Sicht gleichermaßen auch mit den kurz darauf folgenden Lob verbunden - beides, die Wirkung von Lob und Nerven würden sich somit wechselseitig abschwächen.

Eventuell könnte genau das erklären, weshalb beim 3. Mal bei Deinem Traber trotz lob und anfänglich guter Ausführung dann die Reaktion und Begeistern ausbleibt.
Über ausschließliche positive Verstärkung liesse sich vielleicht die Aufgabe noch positiver aufladen, sodass die Motivation größer wird (weil der Profit entsprechend toll und ausschließlich angenehm ist ist) auch beim 3. (und dann vielleicht auch beim 5.) Mal zu reagieren.

Ich habe selbst noch ganz wenig dazu gelesen und ausprobiert. Aber u.U. könntest Du bei den beiden hilfreiche Ideen finden. In meinen eigenen Erfahrungen merke ich, dass es eine sehr große Umstellung bedeutet Reaktionen nicht mehr auf Druck zu erhalten sondern durch freies shapen, feine Signale die nicht gesteigert werden (und damit Verbunden: viel Geduld) und kluge Übungsabläufe. Die Motivation die sich dadurch bei den Pferden einstellt ist allerdings extrem genial :D :D :D

Gibt zahlreiche Bücher und Videos zum Thema. Vielleicht hast Du Lust mal reinzuschauen.
Jedes Werden in der Natur, im Menschen, in der Liebe muss abwarten, geduldig sein, bis seine Zeit zum Blühen kommt.
Dietrich Bonhoeffer
Svada
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Beitrag von Svada »

Danke schön, das werde ich mir mal ansehen :) Die Seite kenne ich gar nicht und auch die Namen sagen mir nix, aber es klingt durchaus interessant.
Hast du noch Buchtipps dazu?
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

bücher von viviane theby oder marlitt wendt lohnen sich. sind die beiden, die auch oben genannt sind
Svada
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Beitrag von Svada »

Ich habe mir gestern diese Seite angesehen und viel gelesen. Am Wochenende ist wieder ein Kurs bei einem sehr guten Trainer (kein BB), den ich auch fragen werde.

Und naja... sonst hab ich mich schon mit dem Gedanken konfrontiert, es einfach sein zu lassen und ihn vielleicht wirklich von der Arbeit zu entlassen - auf die Weide schicken und vielleicht hin und wieder ausreiten. Wenn er das so möchte, auch wenn das absolut nicht mein Ding ist (ich mag ausreiten gar nicht, ich tus nur der Abwechslung halber). Hergeben kommt ja nicht in Frage, aber meine Erfüllung wirds auch nicht sein. Wenn es sich finanziell ausgeht, such ich mir evtl. wieder eine RB nur zum Reiten oder so.
Ich hab mir das alles noch nicht zu Ende überlegt und das sind jetzt auch ziemlich wirre Gedanken.

So hart es sich anhört, aber ich hab mir wirklich hauptsächlich ein Pferd gekauft, weil ich es reiten möchte, weil das mein Hobby ist und ich dieses ausüben will. Und weil ich selbst entscheiden möchte, wie ich es reiten will (sonst wär ja eine RB ohne Verantwortung und mit geringeren Kosten die Lösung gewesen).
Wenn er nun nicht mehr geritten werden will, dann ist die sehr teure Anlage mit den vielen Trainingsmöglichkeiten für mich nicht rentabel. Und zum angucken hab ich ihn ja auch nicht geholt. Das ist also absolut nicht, was ICH will - wir beide hätten da also einen gewaltigen Interessenkonflikt, bei dem ich zurückstecken muss, weil ich ihn auf keinen abschiebe. In den sauren Apfel muss ich dann wohl beissen. Ich hoffe immer noch, dass es nicht darauf rauslaufen wird. :(
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Och, Svada,


nicht die Flinte in's Korn werfen, das wäre doch schade!

Falls es eine Frage von Unterbeschäftigung ist, dann beschäftige ihn doch mit mehr, nimm die Basics als gegeben an und fordere ihn, bring Abwechslung in die Routinen, keine Lektionen mehr als zweimal wiederholen, nie an der gleichen Stelle etwas fordern, rege ihn zum Mitdenken an.


LG Ulrike
knowi
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Beitrag von knowi »

Hei Svada,

Als Buchtipp vielleicht v.a. dieses hier: "Im Dialog mit dem Pferd: Belohnungslernen - der Schlüssel zu Motivation und Vertrauen" von Marlitt Wendt. Ich hab's selbst noch nicht komplett gelesen, daher bin ich vielleicht auch nicht die richtige für einen Buchtipp, aber ich könnte mir vorstellen, dass das ganz gut passt.

Mir selbst wurde außerdem noch dieses hier empfohlen: "Clickerfitte Pferde" von Vivane Theby. Ich habe bisher noch nicht reingeschaut, aber es klingt auch sehr gut. Ich kann meinen wegen seines Knieschadens nicht mehr wirklich "arbeiten" (wenn man so will) und da bin ich immer froh, wenn ich noch auf ein paar gute Übungen stoße wie ich ihn dennoch beweglich halten und v.a. unterhalten kann ;)

Dabei fällt mir noch ein Punkt zum Thema Motivation ein. Meiner steht jetzt seit einem Jahr in einem neuen Stall, in einer 10er Herde, auf wirklich großen Weiden, auf denen sie im Frühling, Sommer und Herbst 24h verbringen (im Winter dann im Offenstall). Er war schon immer ein sehr motiviertes Pferd, aber seitdem er dort steht ist es sogar möglich mit ihm auf der Weide zu arbeiten ohne dass er ständig das Bedürfnis hat wegzulaufen und Gras zu fressen. Das macht er manchmal, aber dann reicht es ihm eben und wir üben ein andermal weiter - meistens bleibt er aber über richtig lange Zeiträume einfach da und möchte immer wieder etwas Neues machen. Das hat sich mit der Umstellung wirklich sehr radikal verändert, ich staune immernoch jedes Mal :)

Ich glaube so etwas ähnliches steht auch bei Marlitt: Dass Motivation quasi checklistenartig funktioniert. Sind die Grundbedürfnisse möglichst gut befriedigt muss sich das Pferd nicht mehr zwingend um diese kümmern, wenn es mit Dir unterwegs ist. Die Motivation sich auf die gemeinsame Arbeit einzulassen wird damit automatisch größer.

Ich weis nicht ob Dir das hilft. Aber als Beobachtung fand ich das sehr interessant.

Hattest Du denn beim Durchschauen der Seite das Gefühl, dass das interessant für Euch sein könnte?

Alles Gute und Liebe Grüße,
Knowi
Jedes Werden in der Natur, im Menschen, in der Liebe muss abwarten, geduldig sein, bis seine Zeit zum Blühen kommt.
Dietrich Bonhoeffer
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