Wie anfangen mit ängstlichem/schreckhaften Pferd?

Alles was ihr vom Boden aus mit Eurem Pferd machen könnt

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bubi9191
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Wie anfangen mit ängstlichem/schreckhaften Pferd?

Beitrag von bubi9191 »

Hallo,

seit knapp einem halbem Jahr habe ich einen 10jährigen Oldenburger Wallach.

Als er kam, war er auf der Stallgasse völlig unentspannt, sobald man die Boxentür öffnete war er in der hintersten Ecke verschwunden, raschelnde Tüten verband er nicht mit Leckereien sondern mit Gefahr.

Mittlerweile sind wir soweit, dass er sich beim Longieren entspannen kann (unter dem Sattel nur bei einem einzigen Reiter - einem 8jährigen Mädchen, welches mit Ausbindern nur ein bisschen Schritt, Trab, Galopp reiten), dass er auf seinen Namen guckt und kommt.
Vorsichtig und etwas misstrauisch ist er nach wie vor.

Ich möchte nun mit Bodenarbeit anfangen.
Mit der Zeit möchte ich auch Schrecktraining machen, dafür ist es aber momentan noch zu früh.
Nun ist es leider so, dass er sehr guckig ist und sich sehr schnell ablenken lässt, d.h. unkonzentriert ist.
Mir gelingt es durch Leckereien die Aufmerksamkeit wieder auf mich zu lenken, nicht jedoch nur durch Arbeiten mit ihm.

Ich habe das Gefühl, dass er momentan noch meint, er müsse mir zeigen, wann etwas gefährlich ist.
Ich möchte ihm aber nach und nach klar machen, dass ich ihm schon sage, wann etwas gefährlich ist.

Das Pferd ist sehr unsicher und hat sicher auch nicht die besten Erfahrungen gemacht.

Momentan üben wir 'Kopf tief' (wobei ich nicht weiß, ob ich das richtig mache. Ich stelle mich neben ihm, anfang habe ich mich in die Hocke gesetzt und wenn er runter kam gabs das Kommando 'Down' und ein Leckerchen. Mittlerweile beuge ich mich nur etwas vor, zupfe leicht an den Zügeln, er senkt den Kopf, ich gebe das kommando und belohne ihn).
Ich möchte in naher Zukunft auch anfangen zu clickern mit ihm.
Außerdem üben wir Gehorsam beim Führen und Fressgehorsam (d.h. ich habe Futter in der Hand, er bekommt es erst wenn er sich abwendet).

Leider kann ich das alles nur mit Trense üben, mit Halfter ist er mir einfach zu unsicher, da er noch gar keinen Grundgehorsam hat und halt sehr schreckthaft ist.

Es erschwert es noch, dass ich 1,68m bin, er 1,69m und er kann sich so unglaublich groß machen (sein Kopf ist immer in Wolen-Kuckucksheim wenn er irgendwohin guckt, gerne suche ich davon ein Bild raus).

Würdet ihr das erstmal so weiter handhaben?

Jeder Gang zur Weide und von der Weide zurück ist anstrengend, immer muss man damit rechnen, dass er einen Sprung zu Seite oder gar auf einen zu macht! (Wenn er sich erschreckt vergisst er die Menschen!) Sobald man seine Stimme erhebt wird er sehr ängstlich, haut ab.
Ebenso kann ich ihn schlecht am kurzen Strick führen, da wird er unruhig und hibbelig. Besser am längeren Strick neben einem her (nehme an, er kann keinen Druck ab!).

Beim Reiten ist er ebenso. Lässt sich leicht ablenken, konzentriert sich nicht, guckt viel und lässt sich schwer überzeugen. Er würde nur losbocken oder Ähnliches, wenn er sich erschreckt zuckt er zusammen und sammt alle 4 Hufe in den Boden. Wenn er etwas gruselig findet und guckig ist, macht er einfach einen Bogen drum. Stellen kann ich dann nur mit aller Kraft, weil er sich dann so festbeißt um hin gucken zu können und das möchte ich eigentlich nicht.
Er wurde jahrelang richtig schlecht geritten, kennt kein v/a, traut sich nicht an die Hand ranzutreten oder sich zu entspannen.

Das Pferd ist übrigens mehrfach Physiotherapeutisch durchgecheckt, allerdings lasse ich jetzt eine weitere Physio kommen, um mal eine 2. Meinung einzuholen.
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Ich finde was Du machst hört sich sehr sinnig an, das würde ich auch weiter so fortführen und evtl. noch mit Stangen oder Pylonen ausbauen - bist Du mit der Arbeit von Geiter oder dem Longenkurs von Babette Teschen vertraut?

Persönlich würde ich noch einen Schritt weitergehen und zur Physio auch noch einen Heilpraktiker holen, da mir eine Unterstützung mit Homöopathie, Schüsslersalzen, Bachblüten oder ähnlichem sinnvoll erscheint, das muß individuell entschieden werden.
Wenn Du etwas von Tierkommunikation hältst - nur zu. Auch das kann zur Besserung beitragen.
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
bubi9191
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Beitrag von bubi9191 »

Hallo,

ja, leider bin ich nur - wie gesagt - in dem Bereich sehr unerfahren, muss mir vieles selbst aneignen/anlesen.

ja, den Longenkurs mache ich bereits mit meinem Pony, bei dem Großen sind wir aber noch nicht so weit, da geht nicht einmal der Grundgehorsam und wir müssen erstmal einen passenden Kappzaum finden - er lässt sich ungern etwas stramm anziehen.

Geiter sagt mir gerade nichts, da werde ich mal nach googlen.
Stangen und Pylonen bauen wir ein, die findet er - erstaunlicherweise - langweilig.

Er ist anatomisch auch nicht einfach (langbeinig, dabei kurz, gerader Rücken, Axthieb, hoch angesetzer Schweif bei gerader Kruppe), was das Reiten nicht einfacher macht.
Er ist jedoch eigentlich Springpferd und macht dies auch sehr gut.
Erstaunlicherweise findet er Sprünge überhaupt nicht gruselig (selbst wenn ein Wassergraben drunter liegt, oder feste Sprünge) sondern guckt immer nur in der Gegend rum (d.h. auf dem Turnier hat er auch nie Angst vor Sprüngen sondern nur vor allem drum herum).
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Kleenes
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Beitrag von Kleenes »

Ich würde auch erstmal so weitermachen, meiner war ja anfangs auch recht guckig und hat einen gerne mal angerempelt wenn er erschrocken ist. Bin auch viel mit ihm Spazieren gegangen, nachdem der erste Grundgehorsam auf dem Platz geklärt war. Da hat er gelernt das er mir auch vertrauen kann wenn er was "Böses" sieht.
Wenn er keinen Kappzaum mag könntest du es vielleicht auch mal mit Knotenhalfter versuchen? Das akzeptiert meiner ganz toll und man hat mehr Einwirkung als mit Stallhalfter.
Butterfly1
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Beitrag von Butterfly1 »

Mein Jungspund war, als er zu mir kam und danach noch gute 2 Jahre ein absolutes Panikpferd ohne jedes Vertrauen zum Menschen. Er klammerte sich an andere Pferde, die ihm Sicherheit gaben, wenn er in Panik geriet (v.a. ohne Begleitpferd) war er völlig kopflos, nicht zu beruhigen, verletzte sich häufig selbst in seiner Panik. Heute bezeichne ich ihn als "normales ruhiges Pferd", allerdings beobachte ich in der Vereinshalle immer wieder, wie er total erschrickt und rückwärts in den Anbindestrick zieht, wenn fremde Menschen, v.a. Männer (und wenn sie noch so harmlos und friedfertig sind) auf ihn zugehen und ich nicht in seiner Nähe bin. Hoffe er findet da irgendwann noch mehr Selbstsicherheit.

Was ihm alles geholfen hat:
Ganz eindeutig mein Pony, das mir blind vertraut und ihm unendlich viel Ruhe vermittelt hat. Anfangs war mein Pony immer mit dabei, am Anbindeplatz, in der Halle, im Gelände, bei der Bodenarbeit, egal wo, egal was, das Pony kam mit, auch zur Zuchtschau, in die Klinik usw. Fast 1,5 Jahre lang. Als er mit der Zeit sicherer wurde habe ich mein Pony immer erst als 2. zum Putzplatz geholt, als das ohne große Panik ging, hab ich dazugenommen, dass das Pony als 1. vom Putzplatz ging und er warten musste usw. Immer ein bisschen mehr, gerade soviel wie er noch verkraften konnte. Hast du vielleicht so ein "Hilfspferd" im Stall, das deinem Pferd Sicherheit gibt, die Ruhe selbst ist und dir helfen kann?

Einen großen Fortschritt brachte das Clickertraining (hier waren unterschiedlich Leckerli nochmal wirksamer als immer die gleichen, hatte immer 5 verschiedene Sachen in der Tasche). Kopf-senken, wie du es schon machst. An angsterregende Sachen sich hintrauen. Aus einer Paniksituation rausfinden und ruhig werden durch Kopf senken. Bei der Handarbeit machte ihm die Gerte Angst, also brachte ich ihm bei, der Gerte zu folgen (Renvers/Traversalen ala Branderup), inzwischen geht das Renvers auch mit treibender Gerte. Verladen mit dem Clicker,.... Und es war echt der Clicker, ich habe davor schon mit Leckerli gearbeitet, aber erst der Clicker ließ den Angst-Knoten platzen!

Eine andere Variante fürs Kopf senken probieren, gerade wenn das Pferd "Kopflos" ist kriegt man den Kopf durch Halfterzupfen, Anfassen/Antippen am Hals/Genick nur schwer zum Senken, v.a. wenn das Pferd groß ist :wink: Eine Trainerin zeigte mir einen anderen Ansatz: Ich gerühre das Pferd mit dem Gertengriff o.ä. in der Gurtlage unterm Bauch, das Pferd senkt daraufhin den Kopf. Am Ende genügt es, wenn man nur hinzeigt. Die Trainerin war jetzt nicht vom Clickern überzeugt, sie berührte also das Pferd hinter den Vorderbeinen am Bauch, zupfte parallel dazu am Halfter und gab Stimmlob bei richtiger Reaktion. Wenn das Pferd mit der Zeit verstand änderte sie die Taktik, dass sie das Pferd mit der Gerte nervte (nicht schlagen!), bis es den Kopf senkte, dann hörte sie sofort auf. Ich habe das mit dem Clicker kombiniert, also das Stimmlob durch Click/Belohnung ersetzt. Und als das auch in eher unruhigen Situationen saß hab ich mit dem "nerven" begonnen, wenn er mich ignorierte. Funktioniert auch in hektischen Situationen, wenn das Pferd es kennt und weiß, was du erwartest (z.B. Junghengst an der Hand in der Zirkelmitte stehend, Stute galoppiert auf dem Zirkel außen rum). Hat den Vorteil, dass du immer stabil und gelassen fest auf der Erde stehst und durch evetuelles Gehampel von deinem Pferd nicht beeinträchtigt/gefährdet wirst. Aber wie gesagt, es muss erst in entspannten Situationen funktionieren und dann gaaaaaaaaanz langsam dem Stressfaktor erhöhen.

Dann hast du schon gemerkt, dass dein Pferd mehr Führseil braucht, um sich sicher zu fühlen. Ängstliche Pferde müssen schauen dürfen, brauchen Platz und Raum. Wenn dann immer gleich das Seil zu Ende ist, es einen Ruck ins Maul bekommt, du aus dem Gleichgewicht kommst usw ist das wenig hilfreich, werdet ihr beide noch unsicherer. Mein Führseil ist fast 4m lang, schau dich mal beim Westernbedarf um, die haben häufig brauchbare Seile, die gut in der Hand liegen. Der typische Halfterstrick ist viel zu kurz und nicht griffig genug für ein panisches Pferd.
Schau, ob du zumindest im umzäunten Bereich mit einem Strickhalfter oder einem Halfter mit Führkette (verschnallt nach Tellington) arbeiten kannst, dann bekommt dein Pferd nicht immer einen Ruck ins Maul wenn es den Kopf hochreißt. Und trage unbedingt IMMER Handschuhe!
Wenn dein Pferd sich vor etwas ängstigt lass das Seil locker, rede mit dem furchterregenden Gegenstand, zupfe immer wieder am Halfter, ob dein Pferd dir folgen möchte. Sei am Anfang damit zufrieden, dass es etwas, das ihn ängstigt nur anschaut ohne wegrennen zu wollen, mehr nicht. Wenn das geht mach einen Schritt drauf zu, mehr nicht. Mein Jungspund ist inzwischen so weit, dass er furchterregende Dinge unbedingt anstupsen möchte, denn dafür gibts ja eine Belohnung *ggg* und außerdem kann nix passieren, denn Frauchen ist dabei und erzählt, dass das ja mal wieder voll spannend ist und überhaupt kein Grund zum Angst haben. Und vor 2 Jahren hat er mir noch fast den Arm ausgekugelt, weil er 2 Silageballen am Wegesrand so furchterregend fand... Oder wenn er erschrickt (z.B. an der Longe in der Halle wenn draußen was passiert), dann rast er nicht los wie andere Pferde, sondern macht sich groß, stellt den Schweif und kommt zu mir in die Mitte getrabt, denn bei mir ist er ja in Sicherheit (wenn er könnte würde er dann auf den Arm wollen *g*).

Arbeite nach Möglichkeit in einer Umgebung, in der er sich sicher fühlt, seine Box, seine Koppel, sein Paddock.... Da kannst du ganz entspannt sein, weil er im Falle von Losreißen niemanden gefährdet. Wenn er dort mit "gefääääääääährlichen" Sachen gelernt hat dir zu vertrauen könnt ihr euch raus wagen...vorher finde ich es zu riskant. Wenn du selbst merkst, dass du unsicher wirst erzähl ihm was. Erzähl ihm, dass das ganze total harmlos ist und es keinen Grund gibt sich zu fürchten. Und erzähl das dem ängstigenden Gegenstand, rede mit dem Gegenstand, fass ihn an usw. Dann traut sich auch dein Pferd hin.
Der Clicker gibt übrigens auch dir Sicherheit, nicht nur deinem Pferd. Mich hat er immer ungemein beruhigt, weil ich wusste, dass ich endlich was in der Hand hatte, mit dem ich mein Pferd "runterfahren" konnte.
Und hab Geduld. Am Anfang macht man 1 Schritt vor und 3 zurück, das dauert und dauert und man denkt, das geht ja gar nicht vorwärts. Und irgendwann löst sich der Knoten, das Pferd merkt, dass es dir vertrauen kann, wird selbstsicherer und es geht mehr Schritte vorwärts als rückwärts. Das wird, aber braucht gaaaaaaaaanz viel Zeit :wink:



Achja, ich fand dieses Buch ganz hilfreich http://www.amazon.de/Pferdetraining-mit ... 045&sr=8-2 leider vergriffen und ich hab mein exemplar letztens verkauft.
Schau auch ruhig andere Methoden an, vielleicht ist von Susanne Lohas ein Lehrgang in deiner Nähe (zuschauen allein bringt schon extrem viel!), sie kann ich sehr empfehlen bei Pferden, die "anders" sind. Habe bei ihr sehr viel über Körpersprache gelernt, das wiederum hat mir mit meinem Jungspund sehr geholfen.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Grund"gehorsam" hat man automatisch, wenn ein Pferd lernt den Menschen als einen "Partner" zu akzeptieren.

Beginnen würde ich daher absolut mit - ggf. angeleiteter - Freiarbeit. So kannst du am ehesten dem Pferd verständlich machen, dass du ein ernstzunehmender und auch verläßlicher Partner bist. Das schafft Vertrauen und Respekt gleichermaßen, du löst damit das Guckige zum Teil und auch das respektlose dich Anrempeln, wenn etwas "angsteinflößendes" sich irgendwo auftut.

Es wird sehr oft unterschätzt, wieviel man mit pferdeverständlicher Freiarbeit erreichen kann, was bei Konditionierung durch Wiederholungen, Leckerli etc. wesentlich länger dauert. Pferde sind Herdentiere und vertrauen einem sicheren Pferdepartner - wieso sich das nicht zunutze machen und selber ein wenig "pferdiger" aus Pferdesicht sein!? :wink:
padruga
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Beitrag von padruga »

Ich glaub ich würde mit dem Pferd erst mal auch einfach nur ausgiebig viel spazieren gehen, ohne irgendwelche Anforderungen, einfach nur so zum Spaß. Mit irgendwelchen kleinen netten Ziele unterwegs (ruhige "Fresswiese", paar Äpfel am Boden die man zuuufällig unterwegs trifft...) Wenn er gucken mag, gucken lassen. Kopf sein lassen wo er ist, gar nicht rum machen. Kette ins Halfter statt Kappzaum. Mindestens 4-5 m Leine. Dann ausprobieren welche Strategie am ehesten hilft bei seiner Panik. Manchmal hilft einfach locker weitergehen, manchmal vielleicht eher stehen bleiben und ihn "gelassen lassen", manche Pferd wieder fühlen sich nur bei einer straffen und selbstsicheren Führung sicher, manche mögen aber genau das nicht. Manche brauchen volle Aufmerksamkeit, anderen wieder tut genau das nicht so gut.
Ich würde erst mit irgendwelchen speziellen Übungen, beginnen, wenn sich das Pferd, auch in kritischen Situationen, mehr an dir schon orientiert. Dann fällt dir/euch alles danach sehr viel leichter und du "hast ihn" z.B. dann auch in der Halle bei der Arbeit wenn etwas Ungewöhnliches ihn erschreckt.
Wichtig finde ich auch manchmal, alle Ratschläge die man gehört hat wieder in den Hinterkopf verschwinden lassen zu können, um "aus dem Bauch raus" dann besser aufs Pferd hören zu können. Man reagiert dann oft passender.
Zuletzt geändert von padruga am So, 07. Okt 2012 21:28, insgesamt 1-mal geändert.
Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Hier sind ja schon tolle Ideen und Erfahrungen eingebracht worden.

Mein Kleiner ist auch sehr skeptisch und ängstlich. Freiarbeit war die erste Zeit total wichtig, um uns aufeinander einzustimmen. Dabei stellte ich fest, dass er eine viel feinere Körpersprache braucht als jedes andere Pferd vorher. Der cm mehr Schulterdrehung, Vorneigung oder Aufrichtung reicht. Bei Ihm muss ich außerdem alle Bewegungen langsamer machen. Alles darf ich nur andeuten. Kaut er oder wendet den Kopf ab, muss ich sofort die Hilfe beenden oder abschwächen.

Beim Führen vertraut er am meisten, wenn ich in der ersten Dominanzposition gehe, also deutlich vor ihm, wie eine Leitstute. Das gelingt recht gut, wenn ich den Führarm nach hinten strecke. Dann rückt er mir nicht auf die Pelle. Bei Führposition auf Schulterhöhe fühlt er sich komplett allein gelassen und meint Frauchen zeigen zu müssen, dass es hier gefährlich ist. Er beobachtet extrem fein meine Körperhaltung. Wenn ich angespannt und zackig gehe, übernimmt er das "eins zu eins". Bei Stressfaktoren muss ich mich zwingen, betont "latschig" zu gehen, locker in den Gelenken, Kopf und Schultern fallen lassen, leicht nach vorn gebeugt mit minimalem Muskeltonus. Und schwups fällt auch sein Hals. Damit haben wir schon so manchen verblüfft. Als wenn bei dem Hibbeltier simultan ein Schalter umgelegt wird.

Das optimistische Zugehen auf den Schreckauslöser, Pferd im Abstand folgen lassen, ohne es zu drängen, ist auch bei uns die beste Methode. Oder wenn er losspurten will: mich vor ihn stellen (falls das noch geht), groß machen (Grenze bilden), Luft anhalten und dann ausatmen, alle Spannung raus, etwas zusammensinken, warten dass er es nachmacht, loben. Auf die Weise haben wir einen Losspurt-Signalpunkt (offenes Hallentor) für immer unschädlich gemacht.

Als Kappzaum empfehle ich einen mit festem, angepassten Naseneisen. Der hält auch lose verschnallt sehr gut. Mit Halfter hatte Herr Pferd sich anfangs öfter losgerissen. Mit Kappzaum aber noch nie.

Wie schon geschrieben, jedes Pferd istanders. Du bist ja ordentlich herausgefordert im Moment. Hab viel Geduld, probiere viel aus, beobachte ihn viel. Viel Kreativität und viel Glück! Es lohnt sich bestimmt. Irgendwann hast Du ein Pferd, was vielleicht nie der große Held wird, aber Dir IN seiner Angst vertrauen kann und ganz fein zu händeln ist.
bubi9191
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Beitrag von bubi9191 »

Hallo ihr Lieben,

vielen Dank erstmal für eure ausführlichen Tipps, Hilfestellungen und Erfahrungsberichte!

Ich habe mir am Freitag gleich einen Clicker geholt und gleich damit angefangen.
Das klappt auch ganz gut. Wenn er auf dem Weg zur Wiese oder von der Wiese zurück wieder anfängt sich groß zu machen und zu verspannen zuppel ich am Halfter, halte meine Faust hin und mittlerweile weiß er, dass er, wenn er die berührt, eine Belohnung kriegt.
Natürlich ist es momentan noch so, dass er dann häufig nur kurz berührt, Leckerlie kriegt und dann wieder guckt.

Aber er darf ja gucken, ich möchte nur, dass ich die Aufmerksamkeit immer wieder auf mich lenken kann.

Ich habe ein sehr nervenstarkes, ruhiges Pony, die beiden stehen zusammen auf der Weide, werden auch zusammen runtergeholt.
Bei diesen Wegen ist er in Begleitung des Ponys deutlich gelassener, sonst eher nicht (d.h. in der Halle ist ihm egal ob dort ein weiteres Pferd ist oder nicht).

Leider ist jetzt ja das Wetter so schlecht, denn im Wald entspannt er erstaunlich gut und daher waren wir auch oft einfach entspannt eine Runde Schritt im Wald vor/nach dem Reiten oder auch einfach so.
Da ist er quasi wie ein anderes Pferd.

Ich denke ich werde von euch allen etwas annehmen: Vermehrt spazieren gehen, schauen wie da der Unterschied ist, wenn ich mein Pony mithabe oder nicht.
Weiter am Clickertraining arbeiten, Kopfsenken und entspannen damit erarbeiten so gut es geht.

Ansonsten habe ich aber auch vor, weiterhin Bodenarbeit und Führtraining in der Halle zu machen, einfach, damit ich mich auch sicherer fühle im Umgang mit ihm.

Mein Pony z.B. erschrickt auch mal, aber der weiß z.B. dass er mich nicht umzuspringen, umzurennen oder hinterher zu ziehen hat und so weiß ich, dass er dann auch mal zuckt, n Sprung zur Seite macht, aber gleichzeitig aber immer in meiner Nähe bleibt. Das war ja auch nicht immer so.

Mit dem Großen habe ich sicher noch viel Arbeit, aber ich halte euch auf dem Laufenden :)
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Na das ist doch spannend - wenn er sich dem offensichtlich souveränerem Pony anschließt und sich "anstecken" läßt, dann weißt du doch dass du dessen Rolle einnehmen kannst. Beeindrucke dein Pferd durch deine Führungsfähigkeit (in der Freiarbeit super zu machen) und es wird dir 1. mehr vertrauen und dich 2. mehr respektieren. :wink:
bubi9191
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Beitrag von bubi9191 »

Wollte nur kurz berichten, dass wir jetzt 2x Doppellonge gemacht haben und er das erstaunlich gut annimmt :)
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