Stures Jungpferd

Infos und Fragen rund ums Thema "wie Pferde denken"...

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cascadena
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Stures Jungpferd

Beitrag von cascadena »

Hallo an alle,

ich bin auf der Suche nach Ratschlägen, mein Jungpferd entwickelt sich in eine Richtung, die nicht mehr schön ist.

Ich habe ihn nun 1 ½ Jahre und seitdem steht er in einem Aufzuchtbetrieb in einer Jungpferdeherde in einer Laufbox und ist tagsüber auf der Koppel.
Der Kleine ist ein Süßer, ist schmusig und freundlich und total cool. Er ist im Umgang lieb, läßt sich überall anfassen, Hufe auskratzen, putzen, mit dem Schlauch abspritzen, macht alles brav mit.
Leider ist er nicht nur cool, sondern auch extrem stur. Beim Laufen parkt er sich immer wieder, dabei bleibt er still stehen (meist auf drei Beinen) und sieht einen nett an.
Kommt eine Person von hinten, geht er weiter. Leider habe ich dort niemanden der hilft, es ist also immer Zufall wenn mal jemand kommt.(dort sind nur wenig Leute)
Druck am Strick hilft nur zwei, drei Schritte, dann steht er wieder.
Habs mal probiert mit einer Longe als Schlaufe, so dass ich Druck von hinten geben konnte, hat gar nichts gebracht, kam keine Reaktion.
Mit einem Möhrchen ist er zu locken, aber das kann ja nicht die Lösung sein.
Mit einer Gerte kann man ihn schon zum gehen bewegen, jedenfalls ein paar Schritte, aber das kann doch auch keine Lösung sein.

Wie kann ich dieses (selbstbewusste) nun knapp dreijährige Jungpferd zum Mitmachen bewegen?
Achja, habs auch mit Lob probiert (also wenn er brav war), das schien ihm relativ egal zu sein, außer es gab ein Möhrchen.

Hat jemand einen Tipp für mich?
sab
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Beitrag von sab »

Hallo,

wie willst Du ihn denn ohne Gerte in Bewegung bekommen / halten ? - ich würde die (lange !!!!) Gerte in die linke Hand nehmen und damit das Pferd antippen. Sollte keine Reaktion kommen, verstärkst Du es. Es muss schon so deutlich sein, dass das Pferd versteht, dass es nach vorne gehen MUSS. ich wäre da auch nicht zu zimperlich sondern würde mich schon energisch - falls nötig- durchsetzen, alles was jetzt schief läuft, wird Dir dauerhaft Ungemach bringen...

Leckerlies haben m.M.n. in der Situation nichts verloren.
LG


Sabine
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Gawan
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Beitrag von Gawan »

Fragen: Wie bewegungsfreudig ist er mit seinen Kumpels beim Auslauf? Was meinst du mit auf drei Beinen stehen? Schildert er mit einem Hinterbein?
"Der Reitlehrer sei unser eigenes Pferd" SGS
(und der Schüler zeige Geduld, Demut und Hingabe)
Draussen bin ich 4:0 unterwegs, in der Halle 3:1, manchmal 1:3.
Esprit05

Beitrag von Esprit05 »

Ich würde es auch so wie Sab machen und anschließend zusätzlich versuchen für ein paar mal einen Helfer mitzunehmen, der mit etwas Abstand hinterhergeht und ggf. eingreifen kann falls das Pferd auf deine Gertensignale nicht reagiert.

Notfalls mal einen Trainer hinzuziehen, falls du so nicht weiterkommst. Nicht dass sich dieses Verhalten richtig verfestigt, das ist sehr nervig :wink:
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cascadena
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Beitrag von cascadena »

Hallo,

erst mal vielen Dank für die Antworten.

Ja, das mit der Gerte ist ja derzeit auch das was ich mache, aber ich meine ja hier lediglich das Pferd irgendwo hinzuführen. Ja,ich habe immer eine Gerte dabei (und ich bin auch nicht zimperlich), aber ist das normal?
Er soll ja nur mitkommen....
Wo soll das hinführen?

Mit auf drei Beinen stehen meine ich, daß er ein Bein entlastet, er steht dann völlig entspannt da.
Er hat einfach keinen Bock mitzumachen. Da kann ich auch mit der Gerte draufhauen, er hat trotzdem (oder erst recht?)keinen Bock und er ist nur sehr schwer zu beeindrucken.

Achja, einen Trainer werde ich natürlich hinzuziehen, schätze aber er wird erst den Stall wechseln.
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Gawan
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Beitrag von Gawan »

Bleibt er auch so stehen, wenn ihn andere Pferde in der Herde zum Bewegen animieren wollen?
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padruga
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Beitrag von padruga »

Welche Beobachtungen hast du denn noch gemacht, wann er am ehesten stehen bleibt? Es muss ja nicht unbedingt mit Sturheit zu tun haben, sondern kann einen anderen/reellen Grund haben.
sab
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Beitrag von sab »

Hallo,

bleibt er auch stehen, wenn Du ihn zur Koppel hinführst ? Oder ist das eine Reaktion, wenn er weg von den anderen Pferden soll ?

Für mich klingt es - wenn wir jetzt mal eine schwere Lahmheit ausschliessen - für Ungehorsam. Ich gehe jetzt auch mal davon aus, dass Du keine Fehler beim Führen machst (z.B. dem Pferd in die Augen schauen- dann bleibt jeder stehen). Führen ist eine Basis-Lektion, dass muss er lernen. Ich würde mir auch eine Zweitperson holen, die Dir hilft, wenn das Pferd auf Deine Gertenhilfe nicht reagiert.

LG

Sabine
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Sehe es wie Sab, wenn er nicht stehen bleibt, weil er etwas sieht/beobachtet und sich zunächst nicht "traut", dann ist es ein Austesten, ob er mit der Masche durchkommt.

Mein Vorgehen wäre in letztem Fall dann auch eindeutig immer eine lange Gerte dabei zu haben und jede Verzögerung, also langsamer werden, statt sich deinem Tempo anzupassen, mit recht deutlicher Gertenhilfe zu ahnden, damit erst gar nicht ein Parken und große Aktion deinerseits erfolgen kann.

Um das Ganze zu unterstützen würde ich regelmäßig Tempowechsel gehen, ihn daduch frisch und aufmerksam machen, damit er erstens deutlich versteht, dass er sich leichtführig an dir orientieren soll (muss, sonst gibt es pieksige Konsequenzen :wink: ) und zweitens du schneller in deiner Reaktion wirst, besser wahrnimmst, wann es einen Hauch von Verzögerung gibt, um dann immer schneller reagieren zu können. Dadurch wirst du ihn einerseits etwas mehr begeistern, in Schwung bringen, zweitens ihm das Bummeln und Anhalten schneller verleiden. :lol:

Wichtig wäre aber zu sehen ob er wirklich absolut ungeachtet der Umgebung rein aus "Bequemlichkeit" stehen bleibt, klar, wenn er sich was für ihn gruseliges ansieht sollte er dazu Gelegenheit bekommen. Aber Achtung, pfiffige Nasen "finden" dann schnell auch mal etwas, wenn sie damit Beachtung und Pause bekommen. :wink:
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PetraH.
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Beitrag von PetraH. »

Für mich hört sich das an als würde Dein Joungster Deine und seine Grenzen testen. Wenn gesundheitliche Gründe ausgeschlossen sind würde ich erst einmal mit der Gerte anticken und wenn er keine Einsicht zeigt auch mal ein "Donnerwetter"folgen lassen. Und damit meine ich nicht das Pferd verhauen sondern lautstark kundtun das da etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. Ihm dann wieder anbieten mitzukommen und sofort loben wenn er es tut.
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Debja
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Beitrag von Debja »

Meine Stute galt als Jungpferd als stur und faul. Bis wir erkannten, dass sie ein stark blockiertes Kreuz-Darmbein-Gelenk hatte haben wir mit drastischem Treiben schon viel kaputt gemacht. Daher würde ich immer zuerst Blockaden ausschließen.

Wenn das sicher ist: Vielleicht hilft euch mal ein "Führtraining" bei dem jemand von außen beobachten kann ob es an der Führposition etc. oder Ungehorsam liegt? Eventuell ist sich dein junges Pferd noch nicht sicher ob Du (oder ein Mensch allgemein) eine vertrauenswürdige Führperson ist.
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cascadena
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Beitrag von cascadena »

Guten Morgen,

ja, ich sehe das ähnlich wie die meisten der Antwortenden hier, er testet seine Grenzen aus, was ja normal ist in dem Alter.

Mit seinen Kumpels ist er viel am spielen, beißen, steigen, eben das Hengstprogramm (er ist im letzten Oktober gelegt worden, die anderen aber noch nicht), das geht den ganzen Tag so. Soweit ich das beobachten kann, sind es aber meistens die anderen die anfangen.

@padruga: irgendwelche Krankheiten möchte ich mal ausschließen, er kann sehr wohl wenn er will.

@sab: von den Vermietern habe ich gehört, daß er morgens beim rausgehen auch manchmal unterwegs parkt. Er läuft auch sein Tempo, was durchaus sehr ruhig sein kann.

Gestern war ich wieder bei ihm. Ich hatte die kurze Gerte gegen eine lange Gerte eingetauscht und bin mit ihm auf den Reitplatz. Dort sind wir gelaufen, mit viel Richtungswechsel und das hat er alles vollkommen brav mitgemacht. Tempowechsel sind bislang nur minimal möglich, wir sind aber dran.

Ich werde versuchen ihn dort bald wegzuholen, in eine Anlage mit besseren Möglichkeiten (Roundpen) und vor allem einem Reitlehrer.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

cascadena hat geschrieben: Er läuft auch sein Tempo, was durchaus sehr ruhig sein kann.

Gestern war ich wieder bei ihm. Ich hatte die kurze Gerte gegen eine lange Gerte eingetauscht und bin mit ihm auf den Reitplatz. Dort sind wir gelaufen, mit viel Richtungswechsel und das hat er alles vollkommen brav mitgemacht. Tempowechsel sind bislang nur minimal möglich, wir sind aber dran.

Ich werde versuchen ihn dort bald wegzuholen, in eine Anlage mit besseren Möglichkeiten (Roundpen) und vor allem einem Reitlehrer.
RL bzw Trainer für Bodenarbeit scheint mir sinnig, Roundpen ist nicht das was du brauchst hingegen, aber zwingend eine größere Portion eigene Meinung in Verbindung mit Durchsetzungsmöglichkeit.

Wenn du schreibst "er läuft sein Tempo" und "Tempowechsel sind nur minimal möglich", dann läßt du dich von ihm zu sehr einschränken.

Das musst du ändern - DU gibts immer vor ob, was und wie lang, wohin und wie schnell gegangen wird. Punkt.
Natürlich kann ein Jungpferd das nicht von "Nichts", aber das gilt es zu erarbeiten. Und wenn er neben dir "herdödelt", dann ist die lange Gerte ja da um ihn zusammen mit (wichtig) deiner Körperspannung beim Beschleunigen ein wenig aufzuwecken.

Keine Sorge, wenn er zu Anfang dann mal einen flotten Hüpfer macht, besser so, und er lernt auf dich zu achten, sich deinem Tempo anzupassen, als dass du dich nach ihm richtest oder ihn hinter dir herziehen musst.

Es sind meist nur wenige (aber deutlich konsequente, Schludern gilt dann nicht, auch nicht "weil ich heute keine Lust dazu habe", dann lieber nichts machen!) Einheiten nötig. :wink:

Auf geht´s, zeig deinem Buben, dass du dich von ihm nicht um den Finger wickeln läßt, und wenn doch, dann nur in Dingen, die an eurer Beziehung nicht direkt seine Zweifel schüren. :)
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Mit Jungpferden muss man stets erheblich konsequenter umgehen als mit erwachsenen Pferden (die haben sich ihre Hörner nämlich schon abgestoßen :wink: ).
Das heißt: klare, eindeutig zu verstehende Ansagen, sofortige Korrektur beim kleinsten Fehler. Voraussetzung ist, dass das Pferd die Aufgaben erfüllen kann und dass es nicht mental oder körperlich überfordert ist.
Beim erwachsenen Pferd kann man mal ein Auge zudrücken. Bei einem Jungpferd darf man das nicht tun.

Ich habe möglicherweise überlesen, wie alt Dein Pferd ist. Magst Du das noch einmal posten?

Ich bin strikt gegen Arbeit mit einem jungen Pferd auf dem Platz, bevor es 3 Jahre alt ist. Ein Jungpferd soll Kind sein, es soll den Umgang mit dem Menschen lernen, es soll sich anbinden und putzen lassen, die Hufe geben, sich führen lassen, und möglicherweise auch schon mal den Hänger kennenlernen. Vorher sind sie mental nicht in der Lage, kreiseln auf dem Platz, Gehen über Stangen und Planen, etc. zu verkraften.
Möglicherweise empfindet manch einer meine Einstellung zu einseitig, aber Finchen kann bestätigen, dass mein kleines Fohli zu einem gut erzogenen erwachsenen Pferd herangewachsen ist. :wink:
Viele Grüße
Sabine
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Jen
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Beitrag von Jen »

Im Eingangspost steht knapp 3j.

Ich würde auch unbedingt einen erfahrenen Fachmann/Fachfrau beiziehen, der/die sich das vor Ort ansieht. Und nicht bis nach dem Umzug warten, wenn du ihn jetzt schon regelmässig rausholst (auch das würd ich nicht zu häufig). Jetzt legst du den Grundstein für seine gesamte Einstellung gegenüber der zukünftigen Zusammenarbeit mit dem Menschen. Es lohnt sich hier so wenig Fehler wie möglich zu machen. D.h. Nicht zu lasch, aber auch nicht im falschen Moment zu hart sein, sonst kann man die Motivation auch ins negative kehren. Ein Jungpferd, das bereits von Anfang an lernt sich zu wehren und auszuweichen, kann sehr schwierig werden. Ein erfahrener Pferdemensch kann durch geschickte und präzise Führung viele Probleme gar nicht erst aufkommen lassen. Leider unterschätzen das viele, das die ersten Schritte mit dem Jungpferd sehr wichtig sind und viele Probleme vermeidbar wären, wenn sie das Pferd gar nicht erst lernt. Sehr oft sind es nämlich Positions- und Führungsfehler vom Menschen.
Liebe Grüesslis, Jen
***
Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
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