4-Takt-Galopp

Rund um die klassische Reitkunst

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Cubano
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Beitrag von Cubano »

horsmän hat geschrieben: komische Erklärung. Entweder haben wir nun "Reinheit der Gänge", dann auch in Pirouette, oder nicht. Was denn nu ??? Ich find es immer wieder erstaunlich, wie physikalische Tatsache, wenn sie nicht der vermeintl. dt. Reitlehre entsprechen, einfach weg ignoriert oder umgebogen werden :D .
Umgekehrt wird ein Schuh daraus, Horsmän: Die physikalischen Gegebenheiten sorgen erst dafür, dass es in der Pirouette zum Vierschlag kommen kann. Das ist doch nix anderes, als extrem verlangsamter Galopp auf der Stelle – und genau das ist in meinen Augen auch der Schulgalopp, verlangsamt, nicht versammelt. Und deshalb finde ich ihn, vor dem Gebot der reinen Gänge halt falsch. Und irgendwie muss ich schon ein wenig schmunzeln, wenn bei einem Turnierfoto auf der Stelle sämtliche nur denkbare Linien eingezogen werden, um den bösen Spochtreitern Taktunregelmäßigkeiten nachzuweisen, auf der anderen Seite aber ein Galopp, der nun per definition nix mit reinen Gängen zu tun hat, als Hohe Kunst gilt. Aber: Das ist mein ureigener, persönlicher Standpunkt :wink:
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horsman
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Beitrag von horsman »

hmm Cubano,
deine Erklärung für den 4-takt in der Pi. und im Schulgalopp ist ja soweit korrekt (deutlich vemehrte Lastaufnahme hinten - das ist für mich auch "versammelt" - was sonst). Warum aber siehst Du den 4-takt-Galopp in der Pirouette dennoch als ok an, während Du ihn im Schulgalopp für verwerflich, weil nicht "rein" findest?
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Horsmän: Weil es für Pferde biomechanisch quasi unmöglich ist, in einer engen Pirouette Dreischlag-Galopp zu leisten. Aber in einem Punkt hast Du völlig recht - dort wird der Reine Gang vernachlässigt. Muss für mich auch nicht zwingend sein die Lektion.
Beim Schulgalopp allerdings sehe ich halt die Gefahr des Verlangsamens über die Hand, s. auch Stodulka. Aber ich bin mit der Erhaltung der "normalen" Gänge reiterlich ohnehin völlig ausgelastet :wink:
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horsman
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Beitrag von horsman »

ja nu, die Gefahr, dass man nur verlangsamt anstatt gut zu versammeln ist ja immer da, nicht nur beim Versuch in einen guten Schulgalopp zu kommen.

Solange aber wirklich das Hinterbein der Diagonalbeinstütze vor dem Vorderbein auf fusst, kann es sooo schlecht nicht sein, denn de fakto hat die HH dann vermeht Last auf genommen.

Und ich denke, dass eine gut auf der HH gesprungene Pi. nur im 4-takt Galopp möglich ist, weil für eine "echte" Pi. (keine Arbeitsdrehung, wie sie zB Westenpferde ziegen) die Lastaufnahme hinten so groß sein muss. Dass man dann zusätzlich noch dreht, ist quasi nur "Nebensache", will sagen, wenn du es schaffst den Galopp so stark auf den Hanken zu behalten ohne zu drehen, dann hast du einen guten Schulgalopp.

Nur weil der Schulgalopp heut nicht mehr gefordert wird (was ja durchaus legitim ist) zu sagen er sei ohnehin schlecht, weil keine Reinheit des Ganges mehr, dann aber die Pirouette im 4-takt Galopp zu akzeptieren (weils anders gar nicht geht) ist aber doch nicht konsequent und an den Tatsachen vorbei. Aber gut, eine große Zahl von Richtern ignorieren dies wahrscheinlich, indem sie quasi übersieht, dass die Pi. im 4-takt gesprungen wird, weil sie sich dieses Phänomen nicht erklären können oder möchten . :wink:

Nur, damit man mal sieht, dass ich keinen Scheiss schreibe hier mal eine schöne gesprungene Pi. in klarem 4-takt:
http://www.boeckmann-pferde.com/cms/upl ... uattro.jpg
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Jen
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Beitrag von Jen »

ich finde auch dass es nicht konsequent ist. Den gleichen Galoppsprung einer Pirouette kann man ohne Drehung geradeaus machen. Warum sollte der Galoppsprung geradeaus gaaaanz schlecht sein, aber in der Drehung ist er ok?
Liebe Grüesslis, Jen
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Beitrag von ottilie »

Hm... wenn man den Galopp so stark verkürzt daß er einem Sprung in der Pirouette entspricht, landet man ja schon fast beim terre-a-terre, oder?
Es grüsst ottilie
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Beitrag von horsman »

@Jen
eben

nur noch mal zur Klarstellung, damit es nicht wieder falsch ...EDIT BY MOD... verwurstet wird (ich denke dann müßte es aber sitzen):
nicht jeder 4-taktige Galopp ist aber auf der HH. Es gibt auch den schlechten 4-taktigen Galopp auf der Vorhand. Dass mir keiner schreibt, der horsmän strebt im Galopp den 4-Schlag auf der Vorhand an :lol:

Wenn man das schon mal auseinander halten kann, ist man schon weiter als so mancher Grand Prix Richter :lol:

@Ottilie
und ja, der Übergang zum terre a terre ist dann nicht mehr weit.
Zuletzt geändert von horsman am Mi, 25. Mai 2011 13:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Man kann den Galopp aber durchaus sehr klar als Galopp erkennen und ist nicht mit dem Terre à Terre zu verwechseln.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Jen hat geschrieben:ich finde auch dass es nicht konsequent ist. Den gleichen Galoppsprung einer Pirouette kann man ohne Drehung geradeaus machen. Warum sollte der Galoppsprung geradeaus gaaaanz schlecht sein, aber in der Drehung ist er ok?
Nee Jen, da hast Du m.E. einen Knoten in der Logik :wink:
Bei der Pirouette hast Du keine Vorwärtsbewegung der HH, die bekanntlich auf der Stelle springt. Die Vorhand hat dazu einen deutlich größeren Weg. Das reißt die Fussfolge schlicht auseinander und es KANN zum Vierschlag-Galopp führen, der aber selbst laut FN auch in dieser Lektion als fehlerhaft gilt.
Für mich ist der Vierschlaggalopp übrigens ein Relikt aus reiterlicher Zeit, in der Schwung in der Ausbildung eines Pferdes nicht die Rolle spielte, die ihm heute (wie ich finde völlig zu Recht) zukommt.
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Beitrag von horsman »

oh, oh,
jetzt nicht auch noch den Schwung ins Spiel bringen :?

Übrigens gäb es da auch noch den Galopp rückwärts 8)
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Beitrag von esge »

Es würde mich wirklich mal interessieren, ob es ein einziges Pferd auf der Welt gibt, das es schafft, eine gesetzte Pirouette im Dreischlaggalopp zu springen. so richtig fototechnisch auseinander genommen - ich glaube nicht, dass das funktioniert.
Ich glaube ehrlich gesagt, es ist ein bisschen wie bei der Rippenbiegung: In echt gibts sie nicht. aber der Reiter bekommt vom Pferd das Gefühl, als ob es sie gäbe. Pirouette dito:
Mir persönlich wäre wichtig, dass die Pirouette noch den Eindruck eines echten Sprungs erweckt und nicht die Hinterbeine am Boden kleben bleiben, ein Fuß schraubt oder ähnliches. Das Pferd sollte außerdem jederzeit aus der Pirouette nach vorn zu galoppieren sein. Damit wären für meinen Geschmack alle Kriterien der Pirouette erfüllt.
Ob das pferd dies im Drei- oder vierschlag erledigt, ist in meinen augen Korinthenka...
Übrigens, wer wirklich schön in eine Pirouette einspringen will, muss zumindest die letzten Galoppsprünge davor so gesetzt und wenig raumgewinnend galoppieren wie die Pirouette selbst. Sonst wird der Einsprung gewürgt. Wer es RICHTIG gut kann, kann diesen ü
Übergang selbstverständlich im allerletzten Sprung vor der Pirouette erledigen. :wink: Aber einen Übergang muss es geben, sonst regiert die Hand.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Cubi, ich habe nun schon mehrere Ausbilder (auch im FN-Bereich!) gesehen, die genau diesen stark versammelten Galopp welcher für die Pirouette nötig ist, kultivieren. Totilas ist zb. ein Pferd, das einen fantastischen Galopp mit minimalem Raumgewinn zeigen kann, der hat Kraft ohne Ende. Ohne die Pirouette zu reiten. Das braucht (und trainiert) Kraft, Impuls, Hankenbiegung. Ich bin überzeugt, wenn man da die Fotoserie machen würde und Einzelbilderanalyse, dann käme da garantiert der eine oder andere 4-Takt Galopp raus! In natura sieht man's natürlich fast nicht, weil das derart schnell geht, wie in der Pirouette selber ja auch. Das sind so kurze Momente, dass man von Auge die versetzte auffussung fast nicht registrieren kann. Aber sie ist da, wie die Bilder beweisen.
Liebe Grüesslis, Jen
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Beitrag von Fliehendes Pferd »

in der Pirouette gibt es keine Schwebephase. Das ist bereits erwiesen. Zum Erarbeiten der Pirouette kommt man auch um den "Pirouettengalopp" nicht herum. Das Zurückführen auf gerader Strecke muss erst funktionieren. Danach kommt die Wendung. Das ist aber kein Galopp, der für irgendwas anderes taugt oder geübt werden müßte.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Jen hat geschrieben: Ich bin überzeugt, wenn man da die Fotoserie machen würde und Einzelbilderanalyse, dann käme da garantiert der eine oder andere 4-Takt Galopp raus! In natura sieht man's natürlich fast nicht, weil das derart schnell geht, wie in der Pirouette selber ja auch. Das sind so kurze Momente, dass man von Auge die versetzte auffussung fast nicht registrieren kann. Aber sie ist da, wie die Bilder beweisen.
Guten Morgen,
das ist vollkommen richtig und wurde durch Kamera-Untersuchungen bereits erwiesen: Es kann durchaus immer mal wieder zu minimalen und für das bloße Auge nicht sichtbaren Galoppverschiebungen in Richtung Vierschlag gehen.
Aber hier werden doch gerade Äpfel mit Birnen verglichen.
Der Vierschlag-Schulgalopp ist etwas, was kultiviert und ausgebildet wird, eine Verschiebung in Richtung Vierschlag dagegen ist etwas, was nicht gewünscht wird, aber dennoch passieren kann. Gewünscht ist in fast allen Reitweisen der klare Dreischlag-Galopp. Von daher fehlt mir in der aktuellen Diskussion ein wenig die Vergleichbarkeit…
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LordFado

Beitrag von LordFado »

könnte man sich darauf einigen, dass der erspürbare und sichtbare Vierschlag (wie zu Zeiten der alten meister, als es noch keine Fotoanalysen gab etwas anderes ist als der kaum/nicht sichtbare, den man nur durch Zeitlupenaufnahmen beweisen kann?

Alles, was mit dem bloßen Auge nicht sichtbar ist, zählt als Dreitakt! (Die ganzen alten meister wussten vor der Erfindung der Fotografie ja noch nichts von Zeitlupe und so...)
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