Was ist mit "Beizäumung" gemeint?

Rund um die klassische Reitkunst

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Manfred

Beitrag von Manfred »

Hi Medora,

dass wir zu schnell foranschreiten wurde mir ja auch schon vor Ort gesagt und ich habe auch wieder einen "Gang" zurückgeschaltet. Solche Hinweise nehme ich durchaus ernst.

Selbst wenn Antares soviel anbietet, muss ich ihm das ja auch nicht alles verbieten, sondern kann es auch mal annehmen aber eben nicht weiter vertiefen. Nur ein paar Schritte und dann wieder zurück. Das geht recht gut. Er wird auch schnell ungeduldig, wenn es mal nicht weiter geht und ich mich kurz mit der reitlehrerin unterhalte. Schon stampft er mit den Vorderbeinen und scharrt im Sand. Der will was tun und nicht nur rumstehen. Susanne meinte auch, dass ich ihn viel Abwechslung durch unterschiedliche Bahnfiguren bieten kann, also nicht Runde für Runde ganze Bahn, sondern ständige Wechsel usw.

Und das mit der gebisslosen Zäumung war ursprünglich ohnehin mein Plan, da ich um meine festen Hände wusste. Doch das wurde mir von sämtlichen Trainern ständig ausgeredet. Das Pferd sollte erst einmal lernen an das Gebiss heranzutreten. Da saß ich überhaupt noch nicht im Sattel (siehe mein Ausbildungstagebuch).

Im Sattel nun, muss es angeblich erst einmal beigezäumt werden. Das sind Anweisungen der jeweiligen Ausbilder und werden von mir lediglich hinterfragt. Gebisslos reiten könnte ich danach immernoch, wenn Antares diese Grundlagen erlernt und verstanden hat.

Doch mein Gefühl sagt mir, dass es sicher auch anders gehen könnte. Doch das wird mir eben nicht beigebracht. Das müsste ich dann wieder selbst herausfinden und ich möchte keine weiteren Experimente mit ihm machen, sondern vielmehr eine klare Linie fahren.

Und da bin ich nun wieder an einem Punkt angekommen, wo sich die Geister scheiden. Was hat es mit dieser Beizäumung denn auf sich? Warum muss sie sein und warum geht sie nicht auch ohne Gebiss. Wieso muss ich mein Pferd im Maul so wehtun, wenn ich doch nur möchte, dass er beim Reiten gesund bleibt und keine Schäden davonträgt?

LG
Manfred
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Medora
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Beitrag von Medora »

Es ist wie immer schwer, aus der Distanz zu sprechen - ohne Dich und Antares zu sehen.

Ich persönlich glaube jedoch nicht daran, dass man irgendetwas "muss". man kann immer wieder davon lesen, dass junge Pferde gebisslos eingeritten werden. Punkt. Und ja, es gibt auch welche, die davon abraten. Bleibt, wie immer, nur die eigene Entscheidung.

Wenn Du davon schreibst, "Antares im Maul wehtun zu müssen", läuft meinem Gefühl nach etwas falsch. Da geht es um Zwang - und das klingt so gar nicht nach Deinem Weg...

Vielleicht wäre es eine gute Idee, mal inne zu halten und Deine Ziele zu klären: was willst DU denn im Moment für Dich und Dein Pferd erreichen? Worum geht es Dir? Was willst Du lernen und was willst Du, was Antares lernt?

Ich bekomme an meinem Stall auch gerade die "normale" Ausbildung eines Jungpferdes mit. Während ich anfangs hin und wieder einen Blick drauf warf, um vielleicht etwas zu lernen und mitzunehmen, habe ich mich jetzt ganz klar entschieden, dass ich das so nicht will. Es gibt halt viele Wege (nach Rom :wink: ).

Medora
Manfred

Beitrag von Manfred »

Medora hat geschrieben:Da geht es um Zwang - und das klingt so gar nicht nach Deinem Weg...
Du sprichts mir aus der Seele. Das ist auch nicht mein Weg! Aber ich musste bei Antje auch erkennen, dass das Ausbinden mir den Schlaufzügeln an der Longe ihm sehr viel gebracht hat. Es war überhaupt nicht mein Ding, ihm das anzutun, doch es hat ihm letzlich sehr geholfen. Er hat seinen Kopf nicht mehr so weit oben getragen und den Rücken durchgedrückt. Auch sein Unterhalt ist schnell wieder verschwunden. Er hat auf diese Weise eine bessere Körperhaltung erlernt. Doch ich musste mich dazu überwinden und habe es auch immer nur kurze Zeit mit ihm gemacht.

Sicher wäre es auch anders gegangen, denke ich. Doch wer hätte es mir zeigen können? Trainer, die die klassische Ausbildung machen, gehen keine anderen Wege. Sie tun das, was sie eben gut können und darauf habe ich dann auch vertraut. Und Antares hat es nicht geschadet, denke ich. Ganz im Gegenteil, er geht jetzt sehr schön.

Meine Ziele sind in erster Linie mein Pferd so zu gymnastizieren, dass es mich viele Jahre durch das Gelände tragen kann und dabei gesund bleibt. Insofern möchte ich ihm einen Weg zeigen, wie er mehr last mit der stärkeren Hinterhand aufnehmen kann und eben nicht immer nur auf der Vorhand läuft. Bei meinem Gewicht würde das auch auf seine Bänder und Hufe gehen. Auch sein Rücken sollte keine Probleme durch mein Gewicht bekommen. Also habe ich mich für die klassische Reitweise entschieden, die von sich behauptet eben genau dies zu können.

Allerdings würde ich die Sache dann auch abblasen, wenn ich merke, dass dies nur über Schmerzen dem Pferd beizubringen ist. Dann gehe ich lieber wieder zu Fuß nebenher. Und dass ist kein Witz, denn ich habe meine Frau mit Antares schon über zwei Jahre zu Fuß bei ihren Ausritten begleitet. Da Paco ohnehin sich nicht gerne verausgabt, war das auch überhaupt kein Problem. Da sind wir auch immer Tete gegangen uns sie musste hin und wieder im Trab aufschließen. :wink:

Doch Antares wurde das zunehmend zu langweilig und er will immer mehr. Also nicht ich verlange all dies, sondern er fordert mich und das gefällt mir.

Wenn ich dich recht verstanden habe, lässt sich ein Pferd auch ohne Gebiss beizäumen, ja!? Wie funktioniert das, wenn kein Impuls über das Gebiss gegeben werden kann?

LG
Manfred
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Medora
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Beitrag von Medora »

Ganz ehrlich, die Frage, ob "man" ein Pferd auch gebisslos beizäumen kann, kann ich Dir so nicht beantworten. Es geht hier um Definitionen, die jeder ein bissl anders sieht - was genau ist Beizäumung, wozu braucht man sie usw.

Ich für mich ganz persönlich löse mich immer mehr von solchen Begriffen, weil solche Begriffe oft irre führend sind. Wenn ich mit den Leuten in meinem Stall über Beizäumung rede, meinen sie etwas komplett anderes, als manche Leute hier oder als ich selbst. Hier kommt Sprache an seine Grenzen und man kann eigentlich immer nur in der jeweiligen Situation schauen, was genau da gerade stattfindet - wie man es dann nennt, ist eigentlich wurscht.

Aber als Antwort auf Deine Frage: ja, ich glaube, dass man ein Pferd auch gebisslos "gut" (im Sinne von "gesund") reiten kann. Bei "gutem" Reiten geht es ja nicht nur darum, den Kopf in die richtige Position zu bekommen, sondern darum, dass das Pferd insgesamt eine Selbsthaltung entwickelt, mit der es den Reiter tragen kann.

Wofür setzt Du denn jetzt genau das Gebiss ein? Was ist jetzt konkret die Idee für den Zügeleinsatz, den Du als schmerzzufügend empfindest? Was soll Antares dadurch lernen/tun?

Was ich im Moment als kritisch bei Dir empfinde ist, dass Du eine Idee davon hast, was Antares jetzt lernen/können muss und dass das sozusagen im Direktangriff "eingerichtet" werden soll. Damit kommst Du aber schnell in die Schiene, das Pferd zu zwingen, wie Du selbst merkst.

Warum denn diese große Eile? Warum der Druck? Ich denke nicht, das es an dieser Stelle darum geht, sich zu entscheiden, ganz oder gar nicht zu reiten. Du bist doch mit ihm erst ganz am Anfang - Ihr habt noch sooo viel Zeit! Er kann jetzt schlicht und einfach noch nicht so laufen, wie Du das vielleicht als Ideal vor Augen hast. Und ihn da jetzt mit allen möglichen Mitteln reinzuzwingen, halte ich für kontraproduktiv.

Vielleicht gilt es, auch mal wieder einige Schritte zurück- oder in eine andere Richtung zu machen - Lernen ist in den seltensten Fällen eine gerade Aufwärtsbewegung.

Medora

PS: Vielleicht noch ein Gedanke: Ich lese gerade ein Buch von Bill Dorrance und Leslie Desmond, aus dem ich einen sehr schönen Gedanken mitgenommen habe: es darf nicht darum gehen, ein Pferd zu etwas zu zwingen, sondern es geht darum, ihm behilflich dabei zu sein, etwas zu lernen oder zu tun. "Behilflich" sein schließt ein gewaltvolles Zwingen aus.
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Medora hat geschrieben:Es geht hier um Definitionen, die jeder ein bissl anders sieht - was genau ist Beizäumung, wozu braucht man sie usw.
Und genau diese Definition muss / kann jeder für sich finden. Und dann kann das Ergebnis auch über gebissloses Reiten erreicht werden. Weiter stellt sich die Frage, ob du die Beizäumung überhaupt für deine Ziele benötigst, Manfred?

Wir haben hier im Forum genügend Beispiele für gute Arbeit mit dem Pferd ohne Gebiss. Durch das Reiten mit Halsring kann ich mein Pferd auch gymnastizieren und es zu einer vermehrten Lastaufnahme in der Hinterhand ermuntern. Ich kann meinem Pferd nur mit einem Kappzaum das SH beibringen.

Doch bei einem sorgfältigen Einsatz des Gebisses, was aber eben eine ruhige Hand des Reiters voraussetzt, wird dem Pferd kein Schmerz zugefügt. Doch trotzdem ist und bleibt für mich die Beizäumung ein Endpunkt in der Ausbildung, der bei einem Anfänger mit jungem Pferd nie am Anfang stehen sollte.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
Manfred

Beitrag von Manfred »

Hallo,

gewissermaßen sehe ich mich inzwischen wieder als einen Anfänger, obwohl ich schon über dreizig Jahre reite. Doch das auch nur, weil ich nunmehr ein junges Pferd selbst ausbilde und dabei völlig neue Erkenntnisse bekomme, weil meine Interessen / Ziele auf einmal auch ganz andere sind.

Interessant ist auch, dass ich erst jetzt auf verschiedene Fehler aufmerksam gemacht werde, die sich über die Jahre bereits gefestigt hatten.

Egal, wo wir immer zum Vorreiten waren, damit wir dort mit fremden Pferden ins Gelände gehen durften, es gab kaum etwas auszusetzen, bis auf das eine mal, wo ich gefragt wurde, warum ich das Pferd mit der Gerte beim Treiben anticke / "schlage".

So konnte ich dann nur zu der Erkenntnis kommen, dass diese Dominanz / Druck auf das Pferd ausüben, sich das Tier untertan machen, notfalls auch mit Gewalt, im Umgang mit Pferden völlig normal ist.

Zum Glück treffe ich immer mehr Menschen, die eine ganz andere Auffassung davon haben und diese mir viel sympatischer ist.

Mein Pferd hat mir dann auch noch bestätigt, dass es viele Wege gibt und die sanfteren ihm auch deutlich mehr Spaß machen.

Wenn es also möglich ist, das Beizäumen auch ohne gebiss hinzubekommen, dann würde ich es natürlich gerne versuchen.

Unter der Beizäumung verstehe ich inzwischen die Fortsetzung der Abkauübung. Damit stelle ich mein Pferd an die Zäumung und helfe ihm sich dennoch dabei entspannen zu können, seinen Kopf senken und stellen zu lassen, um eben besser gerade und gebogen laufen zu können.

Über die Abkauübung hat er ja auch gelernt dem Druck in den Leftzen nachzugeben. Er weiß nun, dass über das Gebiss auch mit ihm kommuniziert wird. Nur ist ihm diese Sprache noch zu heftig durch meine harte Hand.

Insofern macht es auch Sinn, eine neue Form der Kommunikation dafür zu finden z. B. über eine gebisslose Zäumung bis meine Hände feiner geworden sind.

Doch wie wird das sein? Welchen Impuls bekommt er dann als Ersatz für das Anheben der inneren Hand, wenn dies nicht mehr auf sein Maul wirkt? Wie erkläre ich ihm dann, was er in diesem Fall tun sollte? ... Warten auf die gewünschte Reaktion und dann clicken? Mir fällt nichts ersatzweise dazu ein. Und Halsringreiten habe ich mit ihm bislang noch nicht probiert. Undine fällt dabei aber auch völlig auseinander und läuft nur auf ihrer Vorhand. Die nimmt nicht einmal ansatzweise Haltung an, wenn ihr Kopf losgelassen wird. Da kann man schon von einem fünften Bein sprechen, welches plötzlich weg ist. Doch ein solches möchte ich Antares ja auch nicht angewöhnen. Doch wenn ich es mir recht überlegen, bin ich gerade genau dabei.

Also könnte ich auch behaupten, diese Beizäumung wird zum fünften Bein. Insofern mache ich da etwas mächtig falsch, denke ich. :roll:

Mit nachdenklichen Grüßen und vielen Dank, dass ihr mir zurück auf meinen Weg verhelft
Manfred

PS.
Leslie Desmond finde ich auch sehr interessant, Sie kommt jedoch aus dem Natural Horsemanship und verfolgt nun wieder einen ganz anderen Weg. Für mich wäre das zwar nicht neu, aber mit der klassischen Reitweise hat das wohl eher nichts zu tun, oder? Na ich kann sie mir mal anschauen, wenn sie nach Deutschland kommt.
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Medora
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Beitrag von Medora »

Hallo Manfred,

in der PN habe ich Dir ja schon geschrieben, dass ich, von dem, was Du schreibst, den Eindruck gewinne, dass Antares schlicht und einfach überfordert ist. Er spult ein Programm ab, aber er scheint noch überhaupt nicht verarbeitet zu haben, jetzt geritten zu werden.

Bevor Du also über Beizäumung & Co nachdenkst, würde ich jetzt erst einmal einen deutlichen Schritt zurückmachen.

Antares kann nur lernen, was Du ihm beibringen willst, wenn er offen dafür ist. So gestresst, wie Du ihn beschrieben hast, kommt Ihr beide schnell ins Kämpfen und Du wirst kaum die Leichtigkeit erreichen, die Du Dir wünschst.

Meine Anregungen wären:

1. Pause einlegen
2. Wieder zurück auf Los und in kleinen Schritten neu beginnen
3. Wenn wieder Ruhe im Pferd ist, lockere (kurze!) Reitsequenzen in Dehnungshaltung - bei Hochspulen abbrechen bzw. vorher erspüren und es gar nicht dazu kommen lassen.

Und dann, wenn das alles gefestigt ist und er wieder bei Dir ist, also erst wenn Du den Eindruck hast, dass er das Gerittenwerden wirklich verarbeiten kann, kannst Du weitermachen.

Das wäre zumindest meine Einschätzung (aus der Ferne, ohne Euch zu kennen, was natürlich immer heikel ist),
Medora

PS: Der Hinweis auf das Buch war nicht so gemeint, Dich auf eine Methode hinzuweisen oder einen Menschen - mir ging es allein um den Gedanken. Denn DEN kann man einfach in das, was man tut einbauen, egal welche Methode man gerade anwendet :D
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dshengis
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Beitrag von dshengis »

Manfred, vielleicht wunderst Du Dich jetzt, so wie ich mich gewundert habe, als Du in die Ausbildung von Antares Schlaufzügel eingeführt hast und Ausbinder.
Beides lehne ich vehement ab. Allerdings bilde ich auch kein Jungpferd aus. Trotzdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein gutes Pferd gegen die per Ausbinder und Co. erzwungene Haltung arbeiten wird, ein weniger Gutes nimmt zwar Form an, aber mehr auch nicht. Den Weg, über Abkauübungen und Stellung den Weg in die Tiefe zu zeigen, finde ich sehr viel logischer. Aber ich habe zugegebermaßen davon nicht viel Ahnung.

In Bezug auf die "Härte" einer Reiterhand beanspruche ich aber, ein bisschen Ahnung zu haben. Und darum wundere ich mich (wie auch Medora), warum Du einen Sperrriemen verwendest. Wie willst Du merken, ob Deine Hand Antares schmerzt, wenn Du das "Messgerät" ausschaltest???

Und Beizäumung? Das steht nicht auf Eurem Plan (oder sollte es nicht). Für mein Verständnis sollte für Euch vermehrt Ausreiten auf der Agenda stehen, damit Antares lernt, sich mit Dir auszubalancieren und Muskulatur ausbilden kann.
Ja, es steht immer die Frage, das Pferd zu über -oder aber zu unterfordern. Von wenigen Könnern abgesehen, müssen wir uns da ständig selbstkritisch hinterfragen. Aber letzten endes lernt das Pferd nur, was es (gerade) lernen kann. Die Kunst liegt wohl eher darin, genau das zu erkennen. Wer das kann, verdient meine volle Achtung. Für alle andern gilt: Versuch und Irrtum.
Wenn Dein Gefühl sagt, ich geh für Antares zu schnell vorwärts, dann solltest Du dem Gefühl vertrauen. Wer kennt Dein Pferd besser als Du? Und wer weiß besser als Du, was Deine Ziele sind?

LG A.
Manfred

Beitrag von Manfred »

Guten Abend,

und Danke für die Rückmeldung.

Wie gesagt, nicht alles, was in Antares Ausbildung geschiet entspricht meinen Vorstellungen. Davon abweichend befolge ich die Anweisungen der Trainer, die mein Vertrauen genießen.

So kam es zu den Schlaufzügeln (Ausbinder haben wir nicht benutzt) und so kam es auch zu dem Sperrriemen, den ich ebenfalls nicht wollte.

Wie anders sollte das Pferd an das Gebiss herantreten lernen beim Longieren, kurz vor dem Anreiten? Und wie sonst sollte beim Einreiten verhindert werden, dass Antares dem Druck des Gebisses ausweicht, als über einen Sperrriemen.

Er wurde insofern schon gezwungen, diese Hilfen anzunehmen, weil ich es nicht besser wusste und auf die Leute vertraut habe, die davon etwas mehr verstehen.

Doch nun sollte wirklich wieder Ruhe einkehren und Antares Zeit bekommen all dies erst einmal zu verarbeiten.

In der Zwischenzeit kann ich mit Susanne und Undine an meinen Händen weiterarbeiten.

LG
Manfred
Zuletzt geändert von Manfred am Di, 23. Jan 2007 07:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Medora
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Beitrag von Medora »

Manfred hat geschrieben: Wie anders sollte das Pferd an das Gebiss herrantreten lernen beim Longieren, kurz vor dem Anreiten? Und wie sonst sollte beim Einreiten verhindert werden, dass Antares dem Druck des Gebisses ausweicht, als über einen Sperrriemen.
Das Maul ist eines der wenigen Ausdrucksmöglichkeiten eines Pferdes, mit dem es klare Zeichen geben kann (Maul aufreißen, Zunge rausstrecken etc.). Es reagiert damit auf Druck und Schmerz. Die Idee, das Maul einfach zuzuschnüren, ist schrecklich menschlich - was ich nicht will, mach ich einfach "weg", dann ist es nicht mehr da. Könnte man das Schweifschlagen des Pferdes unterbinden würde man auch das tun...

Die Arbeit mit dem Gebiss, das "Herantreten", sollte doch möglichst ein vertrauensvoller Prozess sein. Wie aber soll ein Pferd vertrauen, wenn es a) wehtut und man ihm b) auch noch die Möglichkeit nimmt, das zu zeigen. Was damit passiert ist, dass das Pferd frustriert wird und sich verspannt und der Reiter kann erst recht doller einwirken, weil jetzt "sieht man ja nichts". Und damit bist Du mitten drin im Kampf, den so viele reitenden Menschen Tag für Tag mit ihren Pferden ausfechten... :(

Ein Pferd kann auch ohne alles lernen, die Hinterhand zu aktivieren, über den Rücken zu schwingen und auch sich die Biegung zu erarbeiten. Das sehe ich in der Freiarbeit mit Anthony, der sich inzwischen allein durch Körpersignale von mir langsam das Schulterherein erarbeitet. An der Hand gebe ich ihm eine Idee davon, wie er auf ein Gebiss reagieren kann, erarbeite aber die Seitwärtsdehnung des Halses und das nach-unten-strecken auch gebisslos (also mit Halfter, mit meinem Sidepullartigen Zaum und auch frei). Ich denke, es geht darum, ihm erst einmal nur die Ideen von Biegung und Dehnung so zu vermitteln, und das so, dass er sie im Idealfall als angenehm empfindet. Er darf sein Maul öffnen, darf mir zeigen, was für ihn "komisch" oder auch "unangenehm" ist, weil das doch ganz, ganz wertvolle Hinweise für mich sind! Kommunikation geht doch nicht nur von mir zum Pferd, sondern auch vom Pferd zu mir. Nur wenn ich Signale zulasse, kann ich darauf reagieren, nicht wenn ich sie einfach unterdrücke.

Natürlich kann es auch mal nötig sein, punktuell gegenzuhalten, um eine Grenze zu setzen oder einem Vorschlag mehr Nachdruck zu verleihen. Aber das sollten, denke ich, immer nur kurze Einwirkungen sein. Dauerdruck führt meiner Erfahrung nach zu nur noch mehr Dauerdruck und nicht zu Leichtigkeit.

Wenn ich zu reiten beginne, habe ich vor, die Dehn- und Biegeübungen behutsam im Stand und Schritt aufbauen und ansonsten werde ich ihn einfach erst einmal laufen lassen (denke ich, wie es kommt, werde ich ja erst sehen, wenn es soweit ist). Ein Pferd hat doch erst einmal so viel damit zu tun, dass da oben nun jemand draufsitzt - es muss sich vollkommen neu ausbalancieren, muss einen Weg finden, mit dem Gewicht und den Bewegungen, die der Mensch dort oben macht, klarzukommen, dass ich versuchen will, ihn möglichst wenig dabei zu stören - und jede "Hilfe" ist zunächst eine Störung. Erst wenn eine Grundsicherheit da ist, kann ich versuchen, ihm Vorschläge zu machen in Bezug auf Kopfhaltung etc.

Meine Vorstellung ist, dass ein Pferd sich das, was ich ihm vermitteln möchte, selbst erarbeitet und nicht, dass ich mittels Riemen eine Haltung vorgeben bzw. einen Ausdruck verhindere. Ich will ja auch beim Reiten ein Mit- und kein Gegeneinander.

Medora
Manfred

Beitrag von Manfred »

Guten Morgen

und nochmals vielen Dank Medora. Habe mir die letzte Nacht mehr oder weniger nur um die "Ohren" geschlagen und über diese Zwangsmaßnahmen weiter nachgedacht.

Undine hat ja eine Englische Trense, wo der Sperriemen zwei Finger breit vor dem Jochbein verläuft und nicht direkt vor dem Gebiss. Ich verschnalle ihn auch recht locker, sodass immer noch zwei Finger auf dem Nasenbein hindurchpassen. Sie kann so ihr Maul gut öffnen und eine Möhre fressen.

Bei der Hanoveranischen Trense wird vor allem das Gebiss fixiert, was Antares eigentlich mehr Ruhe im Maul geben sollte. Auch bei ihm habe ich für ausreichend Spiel gesorgt, sodass er noch Leckerlies fressen konnte.

Aber Undine bekommt ihr Maul weiter auf als er. Das sehe ich aber nicht immer, nur wenn sie den Kopf hoch und zur Seite nimmt, was kaum vorkommt. Ich habe es nur auf Fotos gesehen, wie sie manchmal, besonders bei Paraden sperrt. Das hat mich sehr erschrocken, denn ich hatte es nicht so im Gefühl.

Dagegen konnte ich die Zunge bei Antares sehr gut rumschlappern sehen. Aber wie weit er sein Maul dabei offen hatte ist mir auch verborgen geblieben. Und ich hätte schwören können, dass ich fast Nichts in der Hand hatte.

Außerdem habe ich mir, sehr zum Leidwesen von Antje, angewöhnt auch keine Fäuste mehr zu machen, sondern meine Hände offen zu lassen und nur mit dem Ringfinger zu spielen. Wenn das Pferd sich also die Zügel klauen möchte, hat es ein leichtes Spiel. Undine macht davon regelmäßig Gebrauch. Dann weiß ich auch, dass sie sich gerne etwas entspannen möchte und gebe ihr die Zügel hin, um sie danach wieder neu aufzunehmen. Antares macht das nicht und trägt seinen Kopf weiter in der vorgegebenen Haltung auch wenn die Zügel hingegeben werden.

Neines Erachtens kam die Zunge auch nur raus, wenn ich die Zügel etwas mehr angenommen hatte. Susanne hat mir nun geraten, nicht mehr anzunehmen, sondern eher nachzugeben, bei der jeweiligen Nickbewegung seines Kopfes, wobei die Verbindung jedoch erhalten bleiben sollte. Das ist sehr schwer, wenn man ohnehin schon das Gefühl hat, kaum etwas in den Händen zu halten.

Aber ich werde es der Trainerin bei uns auf dem Hof nochmals ohne den Sperriemen zeigen, damit sie mir sagen kann, wie weit sich sein Maul überhaupt öffnet (ohne Sperriemen). Eventuell könnte sie uns auch mal dabei filmen. Dann würde ich mir gewiss selbst ein besseres Bild davon machen können.

LG
Manfred
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kiki
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Beitrag von kiki »

@manfred

Ich verfolge ja schon länger deine Äußerung hier im Forum. ( Nicht abwertend gemeint ) :wink:
Auch wenn sie mir manchmal etwas zu lang sind. :roll: :shock: :P

Aber ich habe bei Dir den Eindruck Du misst mit zweierlei Maß.
Einerseits ( Bericht im Forum „der andere Umgang mit dem Pferd“ ) willst du ein miteinander mit dem Pferd
( laut eigener Aussage in Anlehnung an die Spilker, bist zwar keiner ist dir auch zu krass, aber die Richtung ) und andererseits verwendest Du Zwangsmittel ( Sperrriemen, Schlaufzügel ) die hier fast alle verpönen, nur weil deine RL dir das sagt. :oops: :roll: :wink:

Ich bilde mit meiner Freundin auch ein Junges Pferd aus, ich hatte anfänglich ebenso wenig Ahnung wie Du, aber ich habe stets kritisch hinterfragt, was wir da machen und was meine Freundin und auch meine RL da mit meinem Pferd macht.
Kann ich das mit meinem Wunsch der Ausbildung vereinbaren?

Ich kann dir jedenfalls aus eigener Erfahrung sagen, das man diese Sachen nicht braucht um ein junges Pferd Auszubilden, Prinz hat auch ohne Sperrriemen gelernt vertrauensvoll an das Gebiß heranzutreten und auch ohne Schlaufis sich richtig zu tragen. :twisted:

Die Arbeit vom Boden und auch später unter dem Reiter mit KZ hilft dabei sehr.
In sofern muß ich da medora und dshengis voll recht geben.
Lg Kerstin
Manfred

Beitrag von Manfred »

kiki hat geschrieben:Du verwendest Zwangsmittel ( Sperrriemen, Schlaufzügel ) die hier fast alle verpönen, nur weil deine RL dir das sagt. :oops: :roll: :wink:
Na, na Kerstin,

nun mal schön langsam mit den wilden Pferden. Hier im Forum schreiben auch einige Reitlehrer mit, deren Meinung für mich nicht ganz uninteressant ist. Sie benutzen aber noch ganz andere Zwangsmittel und Schmerzerzeuger wie Sporen z. B.

Aber es gibt auch welche, die sich davon deutlich distanzieren und deren Erfahrungen in mir noch mehr Interesse wecken.

Außerdem wäre ich auch nicht hier, wenn ich mir nichts sagen lassen würde und alles besser wüsste. Darum schenke ich auch mein Vertrauen den Ausbildern, die mindestens bereit sind etwas auf meine Wünsche einzugehen.

Wenn die mir sagen, dass sie keine andere Möglichkeit sehen, dann wissen sie es entweder auch nicht besser oder wägen ab, was für das Pferd in diesem Fall einfach besser ist.

Mit den Schlaufis hat Antje Antares tatsächlich in kurzer Zeit helfen können. Er hatte durch meine falsche / zwanglose Behandlung schon Verspannungen im Rücken und eine sehr starken Unterhals. All dies hat sich schnell wieder in die richtigen Bahnen gelenkt. Nicht auszudenken, was gewesen wäre, wenn ich ihn weiter frei dressiert oder am Kopf festgehlten hätte, so wie es im Natural Horsmanship gemacht wird. Selbst meine Versuche ihn nach Solinski zu gymnastizieren sind gescheitert.

Es mag durchaus Pferde geben, die das gut annehmen und keine Zwangsmittel benötigen. Doch bei Antares war es keine schlechte Idee, diese dann doch einzusetzen, auch wenn es meinen Vorstellungen nicht entsprach.

Wozu gehe ich denn zu ausgebildeten Trainern und bezahle viel Geld für deren Hilfe, wenn ich dann doch nicht tue, was sie mir empfehlen?

Und wenn ich deren Rat nun befolge, wird mir vorgeworfen, dass ich es nicht ausreichend hinterfragt hätte. Soll ich denn ihre Qualifikation in Frage stellen?

Wenn ich mich nicht zur klassischen Reitweise und die dazugehörende Ausbildung des Pferdes entschienden hätte, dann wäre ich sicher zu Imke Spilker gegangen. Doch an Antares habe ich gesehen, dass er eben doch einen gewissen Rahmen braucht und diesen Weg nicht ohne Vorgaben findet.

Sicher bin ich jetzt auch zu schnell forangeschritten, weil ich oft auf seine Angebote eingegangen bin, anstatt sie wieder zurückzustellen. Daher werde ich nun auch wieder zwei Schritte zurückgehen.

Aber ich lasse mir nicht sagen, dass ich mit zweierlei Maß messe, nur weil cih mich von meinem Weg etwas abgewandt habe, in der Hoffnung Antares es nicht so schwer zu machen, wie mir auch schon mehrfach bescheinigt wurde.

Für mich steht das Pferd immernoch im Vordergrund und wenn ich Fehler gemacht habe, dann werde ich diese auch wieder ändern. Wäre ich dazu nicht bereit, dann bin ich auch kein Schüler, der etwas lernen möchte.

Antje hat ganz klar zu mir gesagt, dass sie mir nur das beibringen kann, wovon sie überzeugt ist und womit sie sich auskennt. Dennoch ist auch sie nur ein Mensch und kann mal etwas übersehen oder etwas falsch einschätzen. Bei Antares lag sie jedenfalls gold richtig und ich werde auch weiterhin ihre Hilfe annehmen.

Ist schon krass, wie hier auf meine Annahme dieser Einschränkungen (Schlaufzügel und Sperriemen) reagiert wird, wo doch so über mich gewettert wurde, dass ich dem Pferd sonst zuviel Raum geben würde.

VG
Manfred
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kiki
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Beitrag von kiki »

@manfred vielleicht habe ich mich etwas schlecht ausgedrückt. :oops:
Der Kernpunkt worum es geht ist deine allgemeine Einstellung, nicht das sie immer schlecht wäre. :wink:
Du sagst immer du bist wer weiß wie Pferdefreundlich und willst deinem Pferd die Entscheidung überlassen und mit ihm zusammen eine Partnerschaft, aber was hat das mit Sperrriemen und Schlaufis zu tun? Darauf wollte ich hinaus!!! :twisted:
Und keine Diskusion, ob z.B. Schlaufis zur Korrektur auch mal bedingt eingesetzt werden können sinnvoll, Folter oder sonst was sind. :roll:
Du hinterfragst im Umgang im Bezug auf Pferdefreundlichkeit doch auch alles warum nicht die Anwendung von sagen wir mal „nicht so schönen Hilfsmitteln“ besser ausgedrückt? :wink:
Das was wohl auch dshengis damit meinte ( habe ich jedenfalls so verstanden ) , das er gehört hat, das gerade du mit deiner pferdefreundlichen Einstellung "sowas" verwedest.
Das meinte ich. o.k. :wink:
Manfred

Beitrag von Manfred »

Sorry, dass wir mal wieder etwas off topic sind,

aber ich habe es doch hinterfragt. Was meinst Du denn, welcher Diskusion sich Antje vorab gestellt hat und was sie selbst erleben musste, als sie Antares auch nur einen Schluafzügel ganz locker eingeschnallt hat. Der hat sich nach Kräften dagegen gewehrt und sie hat versucht es ihm dann auch sehr sanft zu erklären. Es gingen mehrere Stunden ins Land, bei denen er nur für ein paar Minuten damit konfrotiert wurde, bis er sie endlich akzeptiert hatte. Ist alles in meinem Tagebuch nachzulesen, wenn es dir nicht zuviel Text ist. :wink:

Und nichts anderes habe ich bezweckt, als hier zu hinterfragen, was es mit der Beizäumung auf sich hat, bevor ich Antares weiter "trangsaliere". Dem ging ebenfalls eine lange Diskusion mit der Trainerin auf unserem Hof voraus, die ich gebeten hatte mal zu schauen, wie wir uns inzwischen so machen, weil gerade sie der Meinung war, ich würde es Antares so unendlich schwer damit machen und ihn einfach auch zu lange im unklaren über die Bedeutung meiner Hilfen lassen. Da wäre etwas mehr Deutlichkeit angesagt usw.

Auch meine übertriebene Entlastung seines Rückens (reiten im Entlastungssitz leicht nach vorne gebeugt) war eher falsch, da dies seine Vorhand blockieren würde. Insofern habe ich mich aufgerichtet und seinen Rücken voll belastet. Das hat ihn überhaupt nicht gestört und er wurde auch noch etwas aktiver mit der Vorhand, welches diese Einschätzung des Profis wiederum bestätigte.

Nun werde ich mit ihr die Zäumung erneut durchgehen und wir werden auch die Trense umbasteln etc. (haben wir schon telefonisch besprochen). Sie riet auch nicht soviel zu machen, sondern erst einmal die Grundlagen zu festigen (steht alles in meinem Ausbildungstagebuch), womit sie ganz offensichtlich auch völlig richtig liegt.

Dann werde ich auch mal wieder zu Antje gehen (sie müsste den Messestress ja bald hinter sich haben). Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass auch sie zu der selben Erkenntnis gelangen wird, wie die Trainerin bei uns am Hof. Was zuviel ist, ist einfach auch zuviel und ich habe es inzwischen eingesehen. :cry:

LG
Manfred
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