Hengst wird Wallach, was nun?

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Medusa888
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Hengst wird Wallach, was nun?

Beitrag von Medusa888 »

Wir sind seit kurzer Zeit Besitzer eines vierjährigen Friesenhengstes. Ich bin weder überzeugter Hengsthalter, noch lege ich großen Wert darauf, einen Reithengst zu haben und ihn sein Leben lang von Artgenossen zu separieren, nur um mein Ego zu befriedigen. Für uns war immer klar: wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, dann wird aus dem Hengst ein glücklicher Wallach.

Dass wir ihn bisher nicht gelegt haben, lag insbesondere daran, dass er sehr schlecht bemuskelt war, sich beim Reiten ziemlich faul zeigte und auch wirklich unkompliziert und easy im Umgang war.

Jetzt sieht es anders aus. Er hat richtig Kraft bekommen, ist lebhaft und laut und das Reiten mit einer Stute in der Halle ist anstrengend geworden, weil er immer wieder antestet. Nun denke ich also, dass vielleicht der richtige Zeitpunkt für die Kastration gekommen ist. Ich freue mich auf einen stressfreien Umgang mit ihm und freue mich für das Pferd, wenn wir ihn in die Gruppe integrieren können. Trotzdem möchte ich diese Entscheidung gründlich abgewägt haben, bevor ich einen Termin mache.

Wie ist Eure Erfahrung mit "neuen Wallachen"?

- wie sehr bauen sie nach der OP ab?
- wie lange ist Pause angesagt?
- was kann ich tun, damit er so wenig wie möglich "vom Fleisch fällt"?
- sind sie danach "faul" geworden?
- haben sie sich im Wesen verändert?
- haben sie sich in ihrer Rittigkeit verändert?
Talent bedeutet Energie und Ausdauer. Weiter nichts. (Heinrich Schliemann, Entdecker Trojas)
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Colloid
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Re: Hengst wird Wallach, was nun?

Beitrag von Colloid »

Medusa888 hat geschrieben: - wie sehr bauen sie nach der OP ab?
Direkt danach wenig, auf lange Sicht allerdings schon etwas. Da meiner eine Kryptorchiden-OP hatte, hatte er da auch die größeren Nachwirkungen, die allerdings bei einer normalen Kastration ohne Vollnarkose nicht zu erwarten sind.
- wie lange ist Pause angesagt?
Nach normaler Kastration 2-3 Wochen.
- was kann ich tun, damit er so wenig wie möglich "vom Fleisch fällt"?
Er fällt ja nicht vom Fleisch...er entwickelt sich nur von einer Hengst- zu einer Wallach-figur und ich bezweifle, daß man daran was ändern kann...
- sind sie danach "faul" geworden?
Nein.
- haben sie sich im Wesen verändert?
Ja, etwas ängstlicher, aber wesentlich ruhiger und ausgeglichener. Noch genauso witzig und neugierig.
- haben sie sich in ihrer Rittigkeit verändert?
Kann ich nicht sagen ;)
Wobei ich auf meinem mit einer Stute in der Bahn nicht hätte draufsitzen wollen ;)
Und seine Motivation am Boden "zu arbeiten" ist eher größer geworden, was wohl aber eher am Alter (wird morgen 5 Jahre), als an der Kastration liegt.
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Kerstin-K
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Beitrag von Kerstin-K »

Hallo Medusa,

ich habe vor ein paar Jahren einen knapp 6-jährigen Oldenburgerhengst gekauft. Im Wesen war er - dank jahrelanger "Hengsthaltung" (Einzelhaft seit klein auf, kein Koppelgang, stets mit Steigergebiss geführt usw.) - ein Hengst, wie man ihn nicht haben möchte :cry: - völlig agressiv anderen Pferden gegenüber, Armani stieg z.B. beim führen durch die Stallgasse die Boxengitter hoch, er biss mich laufend in die Beine und ins Genick, er war NIE bei der Sache wenn andere Pferde in der Nähe/Halle/Koppel waren, weil er immer der Meinung war, den Verkehr regeln zu müssen. Kurz gesagt ist er bestimmt ein schlechtes Beispiel an vorbildlicher Hengsthaltung/Aufzucht/Behandlung, aber mit ihm zu arbeiten bedeutete immer nur Stress, eine Zurechtweisung nach der anderen, höchste Vorsicht usw. und hier eine Freundschaft aufzubauen war unmöglich. Also entschied ich mich für die Kastration - und das war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Zu Deinen Fragen :

- wie sehr bauen sie nach der OP ab?

Das war bei Armani überhaupt nicht tragisch. Die Kastration samt Heilung verlief super, ich möchte fast sagen, daß er gar nicht abgebaut hat. Er war aber auch ein kleines "Kampfschweinchen" 8)

- wie lange ist Pause angesagt?

Ich habe nur richtige 2, 3 Tage Pause eingelegt. Hier habe ich ihn laufen lassen, so wurde es mir empfohlen. Schon nach kurzer Zeit begann ich wieder mit der Bodenarbeit+Longieren (Geritten wurde er zu der Zeit nicht, da er gefährlicher Steiger war)

- was kann ich tun, damit er so wenig wie möglich "vom Fleisch fällt"?

Ich würde das Pferd beobachten, wenn er sehr abnimmt, das Rauhfutter erhöhen. Bei uns war es nur eine winzig kleine Gewichtsabnahme, die ganz schnell wieder angefüttert werden konnte.

- sind sie danach "faul" geworden?

Überhaupt nicht ! Arbeitstechnisch ist er das Pferd von früher, nur, daß er um einiges weniger Stress hat. Leider macht er unter dem Sattel oder an der Longe (... nicht, wenn ich ihn an der Hand arbeite) nach wie vor Wallache an.

- haben sie sich im Wesen verändert?

Ja, aber absolut zum positiven. Er hört auf mich, kommuniziert mit mir, er ist viel offener mir als Mensch gegenüber geworden. Ach - mittlerweile ist er eh ein toootales Herzchen im Umgang ! Aber ein "richtiger" Wallach ist er nicht geworden, er braucht nach wie vor eindeutige Führung, von unten und auch von oben, ich kann ihn nur wenigen Menschen in die Hand geben. Bei mir ist er völlig unkompliziert, bei andern Menschen könnte er nach wie vor gefährlich werden. Denke aber, das liegt eher an seinen Vorleben, als an der Tatsache, daß er spät gelegt wurde.

- haben sie sich in ihrer Rittigkeit verändert?

Das kann ich schwer beurteilen, da er schon als Hengst nicht einfach war (Steiger, Bocker, immer gegen den Menschen usw.). Von daher ist er natürlich um Welten besser geworden, was ich aber eher auf die Umstellung der Arbeitsweise uvm. schiebe. Er wurde einfach richtig übel geritten, immer mit Druck, einfach zusammengeknallt, und konnte auch als Hengst nie zeigen, was in ihm steckt. Jetzt als Wallach ist er traumhaft schön geworden und zeigt Bewegungen, die er als Hengst nie zeigen durfte.

Ich habe noch einen 5-jährigen Bayern-Hengst, bei dem ich auch gerade am Überlegen bin, ob es nicht besser ist, ihn zu kastrieren. Ich muss dazu sagen, daß ich ihn elendig krank bekam und deshalb eine OP nie zur Debatte stand, um ihm nicht noch mehr zuzumuten. Er ist im Umgang völlig unkompliziert, ich gehe z.b. am Halfter mit ihm spazieren, steht am Putzplatz neben rossigen Stuten usw. Bisher konnte er mit 2 anderen Wallachen auf die Koppel. Gerade in Moment wird er "Hengst" und aus Spiel wird Ernst, ich lasse ihn nur noch alleine raus. Er vermisst seine Koppelfreunde sehr, das merkt man sehr deutlich, will spielen und rennen, aber irgendwann schaltet er um und dominiert die beiden anderen sehr. Hm, schwierige Entscheidung - mal sehen...

Lieben Gruss
Kerstin
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roniybb
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..

Beitrag von roniybb »

Also!
Direkt nach der Kastration durfte ich ihn führen, damit die Schwellung schneller zurückgeht.
Abgebaut hat er überhaupt gar nicht, im Gegenteil, da er alsWallach erheblich ruhiger lebt, muss ich schauen, dass er nicht zu fett wird.
An seiner Rittigkeit hat sich nichts geändert, man führt einfach weniger Diskussionen während des Reitens, kommt schneller voran.
Und was ich für ne Angst um Mähne und Hals hatte...nix anders, Mähne auch jetzt nach 2 Jahren dick und lang und der Hals ist auch so schön geblieben!!
Das einzige was geblieben ist- er ist und bleibt Herdenchef!!! :oops:
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DinA
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Re: Hengst wird Wallach, was nun?

Beitrag von DinA »

Ich hatte mit den gleichen Überlegungen zu kämpfen - habe mich aber aufgrund des stetigen Abbaus im Frühjahr (gute 100-150 kg in wenigen Wochen) dann im letzten Herbst dazu entschieden....bisher ohne es zu bereuen!
Der junge Mann steht nun glücklich mit seiner kleinen Herde im Offenstall, freut sich (bedingt - da er grade eine Sehnenverletzung auskuriert) seines Lebens und uns blieb bisher der gesamte Frühjahrsstress erspart!
Ausser dass er - da ich ihn gerade nicht arbeiten kann - an Muskulatur abgebaut hat, ist alles bestens und beim alten!
Medusa888 hat geschrieben: - wie sehr bauen sie nach der OP ab?

Also ich würde das bei uns als minimal bezeichnen, 2-3 Wochen konnten wir nichts machen (er wurde aber auch genäht), danach leicht wieder aufbauen - also der hier übliche "Muskulaturabbau" - mehr nicht...

- wie lange ist Pause angesagt?

s.o. - je nach Verlauf der OP - denke aber 2-3 Wochen sollte man den Herren schon geben

- was kann ich tun, damit er so wenig wie möglich "vom Fleisch fällt"?

Heu, Heu, Heu... Am besten 24 Std!

- sind sie danach "faul" geworden?

Nicht mehr oder weniger als vorher auch... Eher sogar "effektiver" - als dass sie die "Energie" jetzt für die Arbeit nutzen können und nicht fürs Stuten-nachlaufen; Revier verteidigen, schreien und herumschauen :lol:
..und er frisst mehr (hat er ja nun mehr Zeit zu, wenn die genannten Dinge ausfallen) = auch hier mehr Energie zum "umwandeln"

- haben sie sich im Wesen verändert?

kein Stück - aber sie sind ja auch Friesen :D
Mein Kerlchen war vorher schon eine Seele und ist es noch!

- haben sie sich in ihrer Rittigkeit verändert?

auch nicht - siehe "faul" ... also -> alles gut :wink:
Viele Grüsse von Mari und Faun
...jeder Moment könnte der letzte sein; drum behandle was Dir lieb und teuer immer so wie Du Dir dann wünscht dass Du es behandelt hättest!
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Traumdauterin
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Beitrag von Traumdauterin »

wie lang dautert es denn, bis sich der hormonhaushalt normalisiert hat und sich das hengstige verhalten liegt?

die kastration von meinem zwerg ist mindestens schon ein halbes jahr her, er wurde beim züchter kastriert (3-jährig), weil er zu hengstig war.

er ist zwar im umgang sehr lieb, hat aber sein hengstiges verhalten noch nicht ganz abgelegt. kann das unter umständen dauern oder ist zu erwarten, dass er halt immer ein kleiner macho bleiben wird?
Frage mich nach der Poesie in der Bewegung, Schönheit, Intelligenz und Kraft und ich zeige Dir ein Pferd.
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Filzi
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Beitrag von Filzi »

Der Hengst, jetzt Wallach, meiner Freundin wurde 2 1/2 jährige gelegt, wenn ich mich richtig erinnere.
Abgebaut hat er nicht wirklich, er durfte im Schritt spazieren gehen, da er sehr stark verschwollen war.

Hengstig war er aber länger, ein richtiger Macho. Das hat sich auch erst jetzt gelegt, jetzt ist er viel ruhiger und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.
"Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg." Mahatma Gandhi
orest
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Beitrag von orest »

Hallo,

mein kleiner Shettywallach wurde vor 3 Jahren, als er zu uns kam gelegt, zu diesem Zeitpunkt ca. 3-4 Jahre alt.

- wie sehr bauen sie nach der OP ab?
Meiner hat "Hengstausdruck" verloren, ist aber aufgrund des Alters noch deutlich mehr Pony geworden, also breiter, mehr Muskulatur. Als Hengst hätte er vielleicht mehr Hals
- wie lange ist Pause angesagt?
Meiner wurde vom TA auf der Wiese kastriert, völlig unproblematisch, am nächsten Tag war er schon wieder ganz normal. Er war zu dieser Zeitpunkt noch gar nicht gearbeitet, bewegte sich ganz normal auf der Koppel.
- was kann ich tun, damit er so wenig wie möglich "vom Fleisch fällt"?
Das Problem hatte ich nicht...
- sind sie danach "faul" geworden?
Nein, das Temperament hat sich nicht geändert. Sehr feurig :D

- haben sie sich im Wesen verändert?

Ja, der kleine Kerl war dank Einzelhaltung als Jungpferd schlicht asozial. Heute ist er absolut verträglich und steht in einer gemischten Herde. Zurückgeblieben ist "Imponiergehabe" - wiehern, piaffieren etc. bei Stuten die ihm gefallen - nicht bei unseren eigenen, da reagiert er nicht selbst wenn sie rossig sind.
- haben sie sich in ihrer Rittigkeit verändert?
Der kleine wird nicht geritten, aber als Hengst war er sehr heftig, allerdings auch völlig unerzogen. Er biss, trat etc etc. Heute ist er absolut brav, wobei man natürlich nicht weiss, was eine gute Erziehung aus ihm als Hengst gemacht hätte.

Leider hat es ca. 1 Jahr gedauert, bis sich seine Hormone beruhigt hatten und er sich tatsächlich gegenüber anderen Pferden anders verhielt als als Hengst. Ein Zusammenstellen mit meinem großen Wallach ca. 2 Wochen nach der Kastration ging gar nicht. Dies gab toternste Hengstkämpfe mit meinem großen, der eigentlich durch und durch Wallach ist. Aufgrund des Größenunterschieds war das gar nicht zu verantworten. Er stand dann noch eine Zeit abgetrennt mit Sichtkontakt und nach einigen Wochen dann zusammen mit einer Shetty-Stute. Nach einem Jahr war er wie ausgewechselt und er und mein großer Wallach wurden die besten Freunde.

Gruß Tina
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Kerstin-K
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Beitrag von Kerstin-K »

Traumdauterin hat geschrieben:wie lang dautert es denn, bis sich der hormonhaushalt normalisiert hat und sich das hengstige verhalten liegt?

die kastration von meinem zwerg ist mindestens schon ein halbes jahr her, er wurde beim züchter kastriert (3-jährig), weil er zu hengstig war.

er ist zwar im umgang sehr lieb, hat aber sein hengstiges verhalten noch nicht ganz abgelegt. kann das unter umständen dauern oder ist zu erwarten, dass er halt immer ein kleiner macho bleiben wird?
Ich denke, das ist wirklich von Pferd zu Pferd verschieden. Ich habe einige Ponys, die sind sehr hengstig in der Herde, obwohl sie mindestens schon 9 Jahre kastriert sind (... solange sind sie bei mir, ich habe sie als Wallache gekauft). Einen Warmblüter habe ich, der wird seine Hengstmarnieren wohl auch nie ablegen, er ist wie oben beschrieben seit 4 Jahren kastriert. Und dann habe ich noch einen 5-jährigen, den ich als 3-jährigen kastrieren hab lassen, der war fast sofort ein eingefleischter Wallach.
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Patrizia
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Beitrag von Patrizia »

das ist individuell wohl bei jedem anders.

Unser Ben wurde 5-jährig kastriert, sah immer aus wie ein Hengst und tut das bis heute (er ist jetzt 13) und hat nicht im mindesten abgebaut. Seinem "Vergnügen" geht er bis heute gelegentlich nach, allerdings nur mit seiner Lieblingsstute und das auch nur, wenn sie ihn recht anbaggert. Wobei er das nur spielerisch beim Freilaufen draußen macht.
Faul war er nie, ganz im Gegenteil, er ist bis heute sehr lebhaft und spielt gern mit unserem jetzt 3-jährigen Noriker.
So wie er aussieht, hält ihn jeder auf den ersten Blick für einen Hengst, erst der Blick auf die Unterseite belehrt.

Unser Noriker (1-jährig kastriert) war als Jährlingshengst sehr angenehm und hat sich trotz der frühen Kastration gut entwickelt. Zeigt nach wie vor Bewegungen wie ein Hengst, was bei so früher Kastration eigentlich überrascht hat. Verhalten gegenüber Stuten allerdings wallachhaft brav, mehr als Flehmen ist da nicht.
Wenn nicht ausgerechnet seine beste Freundin meine kleinste Welsh-Pony-Stute wäre, hätte ich ihn wahrscheinlich Hengst gelassen. Aber das Risiko einer Kreuzung aus Noriker und Welsh-Pony wollte ich nun wirklich nicht eingehen.

Der Ponyhengst war schnell wieder fit nach der Kastration, der Noriker nicht. Er hat eine Woche danach (da war er ja schon wieder von der Klinik daheim) hoch gefiebert, ohne daß irgendeine noch so kleine Infektion da war. Wir haben alles untersucht, Blutwerte etc.... nix nachzuweisen. Wundheilung auch unauffällig. Tierärztin meinte letztendlich, er wäre von der Psyche her mit der Situation Klinik überfordert gewesen (ist halt ein Mamahansel, also auf mich bezogen und ich war ja nicht dort, sondern musste die anderen hier versorgen - außerdem hab ich ihn extra nicht besucht, weil mir klar war, daß er dann bloß noch hätte mit mir heimkommen wollen) und stand dort permanent unter Streß, obwohl er seinen Kumpan (gleichaltriger Haflinger wurde auch kastriert) dabei hatte.
Im Nachhinein betrachet, wäre wohl eine Kastration zuhause streßfreier gewesen.

Der Hafi übrigens hat das Hengsttypische abgelegt und ist ein hochbeiniger großer Wallach geworden. Auch von der Statur her wirkt er nicht mehr hengstig. War ja auch eine frühe Kastration.

Im Bekanntenkreis habe ich allerdings auch Wallache gesehen, denen man das Wallach-Sein auf weite Entfernung angesehen hat, nicht Fisch, nicht Fleisch, wie man so sagt...

Fazit: wirklich bei jedem anders
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Cubano
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Re: Hengst wird Wallach, was nun?

Beitrag von Cubano »

Medusa888 hat geschrieben: - wie sehr bauen sie nach der OP ab?
- wie lange ist Pause angesagt?
- was kann ich tun, damit er so wenig wie möglich "vom Fleisch fällt"?
- sind sie danach "faul" geworden?
- haben sie sich im Wesen verändert?
- haben sie sich in ihrer Rittigkeit verändert?
Moins,
Ende vergangenen Jahres habe ich meine beiden kastrieren lassen; der Braune war 4,5, der Weiße 13. Beide wurden – wie hierzulande üblich – am Stall kastriert, im Stehen, offene Kastration. Also Hardcore für deutsche Verhältnisse :D
Abgebaut hat der Braune überhaupt nicht, der Schimmel hat ein paar Kilo verloren, aber nicht dramatisch. Der verliert allerdings eh schnell Gewicht.
Dem Jüngeren habe ich sechs Wochen Pause gegönnt, dem Älteren acht. Allerdings habe ich beide am ersten Tag nach der OP schon geführt, und rausgestellt.
Faul geworden ist keiner von beiden.
Was die Wesensänderung angeht: Bei Fraxinus, dem Jüngeren, war der Hauptgrund für die Kastration, dass er Boxen- resp. Paddockläufer wurde – nur, wenn er eine Stute gerochen hat; Sichtkontakt hatte er nicht. Dieses Verhalten hat mit Tag Eins nach der Kastration aufgehört. Ansonsten ist er schmusiger, sensibler, aber auch etwas schreckhafter geworden – was aber im Rahmen ist.
Cubano hat sich vom Wesen her überhaupt nicht verändert. Der ist souvän und gelassen wie eh und je. Und das, obwohl er erst mit 13 gelegt wurde, und schon einige Fohlen gezeugt hat. Da ist überhaupt kein Unterschied festzustellen.
Auch in der Rittigkeit hat er sich nicht verändert, vielleicht ist er einen Tick kooperativer geworden (der Herr ist ein wenig schwierig, bisweilen :D). Zu diesem Punkt kann ich bei Fraxinus aktuell wenig sagen - der Herr flegelt. Normal mit fünf, und ich denke, das wäre auch so gekommen, wenn er Hengst geblieben wäre…
elfenglanz
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Beitrag von elfenglanz »

Mein Haflinger (Deckhengst) wurde mit 7 Jahren kastriert. 3 Wochen später haben wir ihn in die Herde geworfen (nur Wallache), er zeigte sofort kein hengstiges Verhalten mehr.

Ausdruck hat er verloren, als hessischer Körungssieger würde ihn nun keiner mehr erkennen. Aber ich denke er ist nun glücklicher.

Abgebaut hatte er kaum. Man muss aber sagen dass er schon als Hengst sehr unkompliziert war.

Es grüßt
Der Elfenglanz
Weißnase

Beitrag von Weißnase »

Kann mich den vorherigen Beiträgen anschließen.

Meine Weißnase ist jetzt Kumple von DinAs Schwarßnase - davor hat er ihn "gehasst"!

Die Stoffwechselumstellung hat allerdings sehr lange gedauert. Ich würde sagen gute 7-8 Monate. Damit meine ich jetzt nicht das Verhalten sondern bis der Körper wieder wusste was er ist...

Hormone: Nach 3 Monaten kam er in eine Wallachherde - in die er sich bis zum Schluß nicht eingegliedert hat. Er stand immer alleine und wollte zurück in den Stall. Im März sind wir umgezogen - unsere 3 Wallache in einen Aktivstall mit 5 anderen Wallachen. Es klappt bestens und er lernt gerade sich wie ein Pferd unter Pferden zu verhalten!

Ja, er hat an Ausdruck verloren - nicht aber seinen aufgeweckten Charakter! Ich würde auch sagen, er ist schreckhafter geworden - aber alles im Rahmen! Dafür aber wesentlich kooperativer. Ich habe meine Entscheidung KEINEN Tag bereut!
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

So, hier mal meine Erfahrungen der letzten 11 Tage.

Freitag, 16.04.2010 Kastrationstag

Die Kastration verlief soweit gut. Alles Weitere wird sich in den nächsten Tagen zeigen.

Samstag, 17.04.2010, Tag 1 nach der Kastration

Nur abends eben einen kleinen Besuch im Stall und 15 Minuten spazieren gehen mit Thymo.
Die Kastrationswunde ist so dick angeschwollen wie zwei Frauenfäuste. Aber die Schwellung ist ganz gut, das macht einen Darmvorfall noch unwahrscheinlicher.

Sonntag, 18.04.2010, Tag 2 nach der Kastration

Ich gehe die vorgeschriebenen 15 Minuten mit Thymo spazieren.

Die Kastration ist im Kopf von Thymo noch nicht angekommen. Er spackt ziemlich rum, inklusive Steigen und ausschlagen und die Wunde fängt für kurze Zeit an, schneller zu tropfen. Ich mache mir schon etwas Sorgen, aber wieder im Stall wird es sofort besser. Das Fenster bleibt sicherheitshalber trotzdem geschlossen.

Montag, 19.04.2010, Tag 3 nach der Kastration

Der Tierarzt ist mit Thymos Gesundheitszustand sehr zufrieden. Ab heute darf er 20 - 30 Minuten in die Führmaschine. Thymo darf jetzt auch duschen und die Wunde soll/kann mit kaltem Wasser abgeduscht werden. Wenn ich möchte, kann ich auch Schritt reiten. Aus Sicherheitsgründen spare ich mir das.

Dienstag, 20.04.2010, Tag 4 nach der Kastration

Thymo geht es gut. Die Kastrationswunde ist noch dick, aber weniger als die letzten Tage. Ich habe sie gekühlt und ihn für 30 Minuten in die Führmaschine gestellt. Thymo ist putzmunter, aber im Umgang finde ich ihn schon ein bißchen weniger dominant und büffelig. Donnerstag kommt wieder der TA. Dann werden wir sehen. Ich glaube nicht, dass ich mich da ohne vorheriges Ablongieren drauf setzen sollte.... :?

Mittwoch, 21.04.2010, Tag 5 nach der Kastration

Thymo geht es richtig gut. Die Schwellung geht weiter zurück und dürfte in 2-3 Tagen vollständig verschwunden sein. Ich würde mich nicht wundern, wenn mir der TA ab morgen wieder Trab und Galopp erlaubt. Das wäre auch ganz gut.....
Thymo ist sowas von munter, dass ich mich nicht draufsetzen würde, ohne vorher ablongiert zu haben.

Im Umgang finde ich ihn deutlich angenehmer. Er ist dem Menschen mehr zugetan. Der Gast in unserem Stall (vor zwei Wochen mit 11 Jahren gelegt) pöbelt ihn nach wie vor an, wenn Thymo vor seiner Boxe angebunden ist. Thymo findet das spannend und macht seinen üblichen Hengsthals, aber er ist nicht mehr so elektrisch und er wendet mir auch schnell wieder seine Aufmerksamkeit zu. Das war ja zu seinen Hengstzeiten unmöglich.

Donnerstag, 22.04.2010, Tag 6 nach der Kastration

TA ist mit Thymo sehr zufrieden. Ab heute darf ich wieder etwas traben, ab Montag wieder Galopp. Ab Montag darf er auch wieder raus. Ich habe ihn aber nur sehr kontrolliert am Kappzaum für etwa 15 Minuten longiert. Bloß nichts überstürzen. Er ist super spannig und geht sehr schlechten Schritt, im Trab macht er Schlauchgeräusche. Ansonsten ist er sehr nett im Umgang und läßt sich jeden Tag weniger vom dem Pöbel-Heinz ärgern. Der ist nun schon gut zwei Wochen Wallach und macht keinerlei Anzeichen irgendwie ruhiger zu werden.

Freitag, 23.04.2010, Tag 7 nach der Kastration

Ablongieren geht ja nicht, weil er dann sofort rumspackt. Also setze ich mich gleich drauf. Mut zur Lücke. Thymo ist mehr als spannig. Kaum sitze ich drauf macht er einen Riesenkatzenbuckel und gezwungenermaßen muss ich vorne richtig reingreifen, damit er nicht wie ein Irrer losschießt. Ich reite zwanzig Minuten Schritt und trabe vorsichtig an. Wieder Katzenbuckel, aber er bleibt bei mir. Für den Anfang bin ich zufrieden. Beim Reiten habe ich ein besseres Gefühl beim Schritt, als wenn ich ihn in die Führmaschine stecke.

Samstag, 24.04.2010, Tag 8 nach der Kastration

Thymo dusche ich heute nur wie jeden Tag ab. Mehr mache ich aus Zeitgründen nicht mit ihm.

Sonntag, 25.04.2010, Tag 9 nach der Kastration

Ich lasse Thymo in die Führmaschine und wollte anschließend "mal eben" mit Halfter und Longe (ohne Handschuhe) den Trab ansehen. Aber Thymo ist so grell, dass ich den Versuche sofort abbreche. Einmal steigt er mich an und keilt völlig übermütig in meine Richtung aus. Also ist der Versuch sofort beendet und Thymo steht zur weiteren "Ausnüchterung" wieder in der Führmaschine.
Montag darf er endlich wieder raus und dann kann er auch wieder galoppieren und ich kriege nicht jedesmal einen Herzinfarkt, wenn er anfägt rumzuspringen. Meine Sorgen, dass er zuviel Kraft verlieren könnte, sind derzeit völlig unbegründet.

Montag, 26.04.2010, Tag 10 nach der Kastration

Thymo platzt vor Energie und tobt sich richtig aus. Laut TA darf er ab heute wieder galoppieren, was er richtig ausnutzt. Erst nach 15 Minuten ist er ansprechbar und ich arbeite mit dem DIPO-Trainer noch ein paar Runden auf jeder Hand im Schritt und Trab weiter.

Anschließend lasse ich ihn zum ersten Mal seit 10 Tagen auf den Paddock wo er sehr ausgelassen rumtobt.

Dienstag, 27.04.2010, Tag 11 nach der Kastration

Thymo war noch auf dem Paddock zum toben. Aber ab heute nehme ich die Arbeit mit ihm wieder auf. Er wirkt etwas müde und das ist er auch. Im Trab gefällt er mir deutlich besser als zu seinen Hengstzeiten. Die Hormone lassen ihn in Ruhe und er dehnt sich (vorsichtig) an den Zügel ran, sodass ich mal annähnernd in eine v/a Haltung komme. Vorher hatte ich immer das Gefühl ich müßte ihn quasi müde reiten, damit er mal den Hals fallen läßt. Im Galopp läuft er auch bei durchhängendem Zügel mit dem Kinn auf der Brust und ich versuche ihn immer wieder etwas vorzuschicken, damit er sich vorne öffnet. Jetzt wo sein ganzes Machogehabe weg ist, bleibt ein junges Pferd übrig, was mit drei Jahren in viel zu kurzer Zeit "fertig" gemacht wurde (mit Kandare vor dem Wagen und mit Trense unter dem Sattel mit dem Kinn auf der Brust).

Kopfmäßig ist er jetzt mehr Wallach als Hengst.
Ich bin froh über die Entscheidung. Es ist alles entspannter und ich kann nun die Probleme mit ihm angehen ohne mir jedes Mal einen Kopf manchen zu müssen, ob jemand mit einer Stute in der Halle ist, ob ein Paddock frei ist, etc. In den nächsten Tagen wird er peu à peu mit seinem Boxennachbarn zusammen rauskommen und in spätestens vier Wochen in unsere Herde eingegliedert werden. Vielleicht auch früher.

An Hengstausdruck hat er verloren, das ist richtig. Aber viel von diesem Hengstausdruck kam auch von einer total verspannten Oberlinie und einem schicken Unterhals. Ich bin zuversichtlich, dass er auch als Wallach einen schönen und wachen und vor allem zufriedenen Ausdruck haben wird, sobald er hier seinen Platz im Leben gefunden hat.
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Lala
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Beitrag von Lala »

Sehr schön beschrieben.
Scheint ja die richtige Entscheidung gewesen zu sein.

Und glaub mir, der Ausdruck kommt wieder und in einem gesünderen Ausmass, sobald er anfängt durchs Training an den richtigen Orten Muskeln zu machen und sich durch eine bessere Körperbeherschung selbstbewusster zu bewegen. Ähnliches konnte ich bei meiner Stute beobachten (natürlich keinen Hengstausdruck *lach*), welche zu beginn ein rechtes Mauerblümchen war und nun immer mehr aufblüht
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