Piaffe - Positive Spannung oder Stress?

Alles was ihr vom Boden aus mit Eurem Pferd machen könnt

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Barbara I
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Piaffe - Positive Spannung oder Stress?

Beitrag von Barbara I »

Vor einigen Monaten hat meine Reitlehrerin begonnen, mit meinem Pferd und mir die Piaffe vom Boden zu erarbeiten. Zuerst hat sie mit meinem Pferd gearbeitet, und mich dann Schritt für Schritt angeleitet.
Gerade die Ansätze haben uns unheimlich geholfen in Richtung Hinterhandaktivität. Die ersten diagonalen Tritte waren weich, leicht, harmonisch.

Je näher die Arbeit einer „richtigen“ Piaffe kam, desto mehr ging nach meinem Empfinden die Harmonie verloren. Ich empfand die Spannung zu hoch. Es war mit unsicherem Gesichtsausdruck und Schweifschlagen verbunden, Klappern auf dem Gebiss, gelegentlichen Tritten nach der Gerte, und – nach und nach zunehmend – Passivität und Unmotiviertheit, bei der ich zuletzt an die Bezeichnung „learned helplessness“ denken musste. An diesem Punkt habe ich die Arbeit an der Piaffe abgebrochen.
Nun kann das bei uns damit zusammenhängen, dass ich selbst zu viele Fehler mache.

Je mehr ich mir jedoch die Piaffen auf Lehrvideos nahmhafter Ausbilder und "Reitmeister" anschaue, desto häufiger sehe ich Ausführungen, die mir nicht gefallen. Positive Beispiele finde ich wenige, und diese zeigen auch meist nur eine „kleine Piaffe“ oder halbe Tritte. Die Pferde sehen oft ver-spannt und unsicher aus. Ist das positive Spannung? Und muss man in der Lernphase der Piaffe auf Takt und Losgelassenheit verzichten?

Eine gewisse „Grundspannung“ sei für die Piaffe notwendig, soweit sind sich alle bisher von mir gehörten oder gelesenen Lehrer einig. Aber wo ist die Grenze zwischen Spannung und Verspannung?
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Janina
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Beitrag von Janina »

Ich denke, genau das macht die große Schwierigkeit einer wirklichen Piaffe aus.
Diese Gratwanderung zwischen: Wieviel positive Spannung brauche ich und ab wann dreht das Pferd so sehr auf, dass es vor lauter Stress keine sauberen Tritte mehr hinbekommt.
Also entweder "herumtänzelt" oder sich aktiv widersetzt (eben z. B. nach der Gerte treten).
Das ist bei uns auch immer noch ein gaaanz großes Thema, für das ich noch keine wirkliche Lösung habe :roll:
Grundsätzlich denke ich auch, sobald das Pferd sichtlich in Stress gerät, sollte man raus aus der Lektion und erst mal wieder die Losgelassenheit herstellen.

edit: Ich kann den Unterschied zwischen den unterschiedlichen "Spannungszuständen" schlecht beschreiben, aber wenn ich mir eine wirklich gute Piaffe vorstelle, muss ich immer an die "Neindorff-Piaffen" (z. B. der Lipizzaner an der Hand auf der DVD) denken: Die waren gesetzt, aktiv, aber mit ganz ruhigem Takt.
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summer
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Beitrag von summer »

ich denke, dass das auch zum teil mit der kraftentwicklung zu tun hat, oder? es dauert doch recht lange, bis das pferd die kraft für eine richtige piaffe erarbeitet hat.?

ich habe keine ahnung vom piaffe erarbeiten, bin auch noch lange nicht soweit, diese frage ist mir einfach so durch den kopf geschossen, als ich das gelesen habe.
Sei deines Pferdes Gang unter dir wie die Bahn eines Sterns.
In deiner fühlenden Hand,deinem schwingenden Leib,deinem schwebenden Herzen liegt Kurve&pfeilgerader Weg,liegt Anfang&Ende,liegt die unermessliche Poesie der Bewegung,liegt die lebendige Kraft.
Shergar
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Beitrag von Shergar »

Ich glaube es dauert einfach seine Zeit bis das Pferd dabei entspannt. Mein Pferd hatte vor allem Probleme den richtigen Takt zu finden. War er zu nervös, bekam ich etwas töltartiges und andererseits war er oft zu eingeschlafen, so dass die Hinterbeine zu wenig aktiv waren und es eher ein 4 Takt wurde. Es hat jetzt wirklich ein 1/2 Jahr gedauert - aber nun kann mein Pferd die Piaffe an der Hand und am langen Zügel zuverlässig und ohne Schweifschlagen ausführen (unterm Reiter hat er manchmal noch Probleme, aber auch hier ist sie schon fast zuverlässig). Ich glaube es ist ganz normal, dass man bei den höheren Lektionen viele Rückschläge verkraften muss. Eine Woche klappt es so gut, dass man behaupten möchte das Pferd kann es jetzt und nächste Woche geht garnichts mehr. Ich würde einfach stetig weiterüben und viel Loben, damit das Pferd irgendwann Freude an der Übung findet. Mein Pferd mochte die Piaffe erst auch gar nicht, aber seit er sie wirklich kann mag er sie sehr gerne, so dass ich ihn ohne alles nur mit Hand und stimmsignal piaffieren lassen kann. Probier doch mal die Gerte ganz tief zu halten. Mein Pferd empfand die Gerte ab Sprunggelenkshöhe einfach zu beunruhigend (teilweise zog er dann die Hinterbeine extrem hoch). Seit ich sie knapp über dem Boden halte ist er viel entspannter. Und ruhig oft übertrieben belohen - statt einem Leckerli ruhig mal 5, auch wenn die Leistung nur mittelmäßig war, das motiviert die Pferde es wieder zu versuchen und dann kann man die Ansprüche auch wieder erhöhen. Ich dneke ind er Lernphase kommt es immer zu Taktfehlern und Störungen, aber sobald der Takt gefunden ist sollte das Pferd die Piaffe entspannt, ohne Schweifschlagen und Nervosität zeigen. Das Pferd sollte aber auch in der Lernphase immer so entspannt bleiben, dass es nach der Übung ohne zappeln wieder ruhig steht.
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Barbara I
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Beitrag von Barbara I »

Deine Beschreibung deckt sich mit dem Vorgehen vieler Ausbilder. Und, ja, es kommen ja auch oft korrekte Piaffen dabei heraus.

Ich für mich persönlich verzichte dann lieber auf die Piaffe, wenn ich die Lernphase nicht ohne Stress und Nervosität gestalten kann.

... aber vielleicht gibt es ja auch "stressfreie" Wege? Über Einschätzungen und Erfahrungsberichte würde ich mich freuen.
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Janina
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Beitrag von Janina »

Okay, jetzt wird´s schwierig.
Zum einen denke ich, dass das Pferd "kurzfristigen Stress" (ja, ich weiß, das ist sehr schwammig formuliert) auch mal durchstehen kann, wenn man darauf bedacht ist, diesen eben nicht zu "etablieren".
Zum anderen denke ich, dass Stress aus den unterschiedlichsten Ursachen heraus entstehen kann.
Natürlich ist eine Möglichkeit Fehler seitens des Ausbilders und sei es wie gesagt nur ein ungeschicktes Timing. Da muss man für sich selbst entscheiden, ob man nun verzichtet, weil man das Gefühl hat, dem Pferd mit der Weiterarbeit zu schaden oder ob man sagt, man bleibt dran, versucht es.
Andererseits gibt es auch Pferde, die aufgrund ihrer Leistungsbereitschaft einfach wahnsinnig schnell in Stress kommen. Das dann aber nicht nur bei der Piaffe speziell, sondern generell.
Eine Kombination aus beidem kann natürlich auch vorkommen.
Die Piaffe quasi als "Zirkuslektion" einzuführen, kann eine Möglichkeit der "positiven Verknüpfung" sein. Bei meinem Schimmelchen war es z. B. so, dass er (obwohl grundsätzlich körperlich durchaus dazu in der Lage) mit der Piaffe enorme Schwierigkeiten hatte, insbesondere dabei aktiv genug zu bleiben. Touchierte dann jemand vom Boden, fing er massiv an nach der Gerte zu treten (der einzige, der das vermeiden konnte, war Neindorff *davorheuteimmernochwahnsinnigenRespekthabe*).
Ich habe ihm dann auch irgendwann mal die Piaffe als "Trick" beigebracht. Ab dem Zeitpunkt fand er sie ziemlich gut, bot sie teilweise als "Betteln" von selbst an und zeigte sie auch besser unter dem Sattel (das war auch keine "Super-Piaffe", nicht dass ihr jetzt einen falschen Eindruck bekommt, aber für seine/unsere Verhältnisse war ich damit vorerst zufrieden).
Jetzt kann man aufschreien, das sei nicht "reell", aber ich bereue es bisher noch nicht.
Im Gegenteil: Das erste, was er an Bewegung nach seiner Sehnenverletzung im Frühjar wieder gezeigt hat (bzw. zeigen konnte), war eine "Piaffe" in der Box und was war er da stolz, man konnte es ihm richtig ansehen. :D
minou
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Beitrag von minou »

Wie wäre es mit der Piaffe nach Philippe Karl? Aus dem RR fleißiges Antraben, wieder durchparieren, wiederholen. Wenn das dann ohne Stocken funktioniert, wird das Pferd vor lauter Eifer und positiver Spannung erste Piaffeansätze anbieten.

Klappt auch vom Boden aus prima!

LG
Carola
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Indem uns das Pferd sein Vertrauen schenkt, fordert es uns zu einer disziplinierten Reitweise auf. Charles de Kunffy
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Barbara I
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Beitrag von Barbara I »

@ minou, so haben wir angefangen. Da kamen dann auch die einzelnen schönen, leichten halben Tritte raus.
Vielleicht mache ich das einfach regelmäßig weiter, nur so weit, wie es noch locker und harmonisch ist, und schaue mal, was mein Pferd mir irgenwann mal anbietet - oder auch nicht.

Ich muss zu meiner Schande gestehen - nicht nur der Neindorff steht eigentlich in meinem Regal, sondern auch Philippe Karl (als Videokassette, muss ich erstmal entstauben :wink: )

Wenn ich mich recht erinnere, zeigen beide das "fertig" ausgebildete Pferd (oder?). Wer zeigt denn mal den "stressfreien Weg"?



PS. hier sind übrigens Fotos dabei von unseren anfänglichen halben Tritten, da war sozusagen noch alles gut :wink:
http://www.klassikreiten.de/viewtopic.p ... highlight=
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Janina
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Beitrag von Janina »

Also Neindorff zeigt das "Ergebnis", bei PK wird schon gezeigt, wie er die ersten Piaffetritte durch Übergänge erarbeitet.
Es gibt aber Pferde, für die ist diese Kombi Piaffe/Trab schon zu viel. Unser Luso z. B.! Schritt, Piaffe, Schritt ist für ihn schon besser geeignet, aber da muss man wieder aufpassen, dass er mit der HH aktiv bleibt :?
Sagte ich schon, dass das schwierig ist 8)
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Barbara I
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Beitrag von Barbara I »

Der nächste Philippe-Karl-Videoabend ist also schon geplant :wink: Danke!

Janina, aus reiner Neugier, wie hast Du die Trick-Piaffe erarbeitet, so wie Richard Hinrichs, dass Du die Hinterbeine einzeln abfußen lässt?
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Filou
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Beitrag von Filou »

Mein erster Reitlehrer hatte immer Wert drauf gelegt, dass sich Pferd und Reiter wohlfühlen. Erst, wenn man sich bei allem, was man machte, auch wohlfühlte, zeigte er einem, was man nun probieren könnte und ließ einen wirklich nur probieren.
Als Beispiel nehme man einen Reitanfänger. Wenn der sich im Schritt wohlfühlt und "Grundlenkung und Bremse" auch mit "Wohlgefühl" bedient und nicht mehr mit dem Gedanken "Ach, was hat der Reitlehrer da gesagt, was muss ich jetzt alles tun? Oh weh, ob ich das jetzt richtig mache?", dann fühlt er ins Traben hinein. Erst ein paar Tritte, wenn er das als angenehm empfindet, etwas mehr, empfindet er das nicht als angenehm, noch weniger oder mal an der Longe oder wie auch immer. Wichtig war immer nur, dass es als angenehm empfunden wird, damit weder Pferd noch Reiter verkrampfen. Und so hat er hochgesteigert über die Grundgangarten zu den weiteren Tempi und Lektionen. Anfangs meinten viele, die bei anderen Lehrern waren "was, Du galoppiest noch nicht mal?", aber man holte mir seiner Lehre schnell auf und überholte da, wo es kompliziert wurde.
Er hat uns eingeschärft, es mit unseren Pferden genauso zu machen und viel, viel Geduld zu haben, immer nur ein bisschen mehr, wenn das Pferd es leicht macht, wenn nicht, nochmal das probieren, was geht. Vielleicht ist das hier angesprochene diese Gratwanderung, zu erkennen, wo die persönliche Grenze des Pferdes bzw. auch des Reiters grade ist, wie weit er mit erarbeiten im Moment grade gehen kann, ab wann es eher kontraproduktiv ist - und das kann wohl nur jemand von außen einschätzen, der Person und Pferd wirklich gut genug kennt, da Erfahrung mit einfließen zu lassen.

Die Antworten in solchen Themen finde ich immer hochinteressant und diskutiere selbst gern in solche Richtungen, ob etwas davon zielführend ist und was, muss man aber meines Erachtens immer selbst einschätzen, was es halt in einer gewissen Weise schwierig macht, aber da einem im Leben nichts zufliegt (außer vielleicht ein paar Zufallstreffern), sollte das nicht so schlimm sein.
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Francois
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Re: Piaffe - Positive Spannung oder Stress?

Beitrag von Francois »

Barbara I hat geschrieben:...Die Pferde sehen oft ver-spannt und unsicher aus. Ist das positive Spannung? Und muss man in der Lernphase der Piaffe auf Takt und Losgelassenheit verzichten?

Eine gewisse „Grundspannung“ sei für die Piaffe notwendig, soweit sind sich alle bisher von mir gehörten oder gelesenen Lehrer einig. Aber wo ist die Grenze zwischen Spannung und Verspannung?
Hallo Barbara,

Nicht umsonst wird die Piaffe als Krönung der Dressurarbeit gesehen. Sie ist der perfekteste Ausdruck des reiterlichen Gleichgewichts. Die Arbeit an dieser Lektion spiegelt sich in der gesamtem höheren Dressur wieder. Ohne eine Leichtigkeit und Eleganz in dieser Übung werden andere anspruchvollste Übungen glanzlos. Das lässt erahnen, wie schwierig es ist diese Lektion zu lehren. Nicht alle Pferde sind gleich geeignet, psychische und physische Aspekte spielen eine große Rolle. Aber es gibt weit mehr Pferde mit Veranlagung für eine „perfekte“ Piaffe als Ausbilder, die dies bei solchen Pferden hervorbringen könnten.

In der letzten Zeit ist ein vermehrtes Interesse an dieser klassischen Lektion zu beobachten. Leider muss ich jedoch feststellen, dass es oft nur um das „Ergebnis“ Piaffe geht, weniger um die durch behutsame Arbeit erreichte Formung des Pferdes, die sich später in allen Bewegungen des Pferdes wiederspiegelt. Da sieht man Theoretiker, die ein Pferd in Kräfte-Diagramme pressen und definieren wollen, wie das perfekte Gleichgewicht auszusehen hat. Versuchen sich in Biomechanischen „Gesetzen“ und verkaufen Ihre „schnellere“ Ausbildungmethode. Ich verstehe Deine Unzufriedenheit Barbara ;-)

Jeder gute Ausbilder kennt die wichtigen physischen und psychischen Komponenten. Vor allem Letztere werden jedoch leider gerne vernachlässigt. Um eine Piaffe zu verstehen, sollte man betrachten, wann und unter welchen Umständen ein Pferd in Natur eine solche Lektion zeigt. Und genau darum geht es in der klassischen Dressur: Beobachtung und Vervollkommnung. Die Piaffe kann in Krisensituationen in großer Aufregung verbunden mit aggressiver Impulsion gezeigt werden. Sie kann aber auch in spielerischer Art und sexuellem Imponiergehabe erscheinen. Es ist in der Regel eine Vorbereitung für eine plötzliche und schnelle Bewegung. Das Pferd bereitet sich quasi mit jeder Muskelfaser für etwas neues vor und bringt sich in Spannung, ähnlich einem Sprinter im Startblock, der in Gedanken voll auf die folgende Bewegung fixiert ist. Das beantwortet auch die Frage, ob Spannung nötig ist. Nur sollte der Ausbilder wissen, ob er diese aggressive Spannung oder die spielerische Spannung haben möchte. Wie oft musste ich schon sehen, wie mit der Touchier-Peitsche dem Pferd diese aggressive, angstvolle Spannung erzeugt wird, die bestenfalls nur die natürliche Piaffe-Fähigkeit entlocken kann. Die Folgen für die gesamte Dressurarbeit sind in einem solchen Fall fatal. Ich nenne diese Art der Spannung negative Spannung.

Um eine positive Spannung zu erhalten, müssen erst Grundvoraussetzungen gegeben sein. Handarbeit ist sehr diffizil. Es reicht nicht, isoliert mit schablonenartigen Handeln an Effekten zu arbeiten. Ein Ausbilder muss sehr viel Erfahrung haben, wissen wie er zu welcher Situation dem Pferd begegnen muss und immer vor Augen haben, dass die Handarbeit später unter dem Sattel fortführbar sein muss.

Ich teile die Handarbeit gerne in Phasen ein. Die erste und elementare ist, dem Pferd Zeit zu geben zu lernen. Eine sichere Kommunikation mit dem Pferd muss etabliert sein. Nur wenn ich mein Pferd durch meine Körpersprache und Zeichen in der Bewegung beeinflussen kann, das Pferd mir vertraut, kann ich mit positiver Spannung Piaffe erarbeiten. Das Pferd muss geistig ausgereift sein und mir jederzeit seine Aufmerksamkeit schenken. Die Spannung möchte ich am Anfang eher mit dem Wort „Leistungsbereitschaft“ ersetzen. Und diese Leistungsbereitschaft erreiche ich mit Motivation und nicht mit Zwang. Wer ein Pferd motivieren kann, hat den Schlüssel zum Pferd (manche suchen den ja vergeblich im Maul ;-)) Es gilt das Pferd zu dieser Hochleistung einzuladen.

Wenn ich das Pferd motivieren kann, es „bei mir ist“ und versteht, was ich von ihm will, dann kommt die Zeit des Lernens. Hier wird die Piaffe geübt, ständig den Fokus darauf gerichtet das Pferd nicht zu überfordern. Man muss sich immer vor Augen halten, dass viele Pferde recht schnell ihre natürliche Piaffe-Fähigkeit zeigen. Geht man aber ans Üben und Formen des Pferdes durch die Piaffe, kommt man sehr schnell an Leistungsgrenzen. Das Pferd kann dann mit Verspannung reagieren, sich rausmogeln, z.B. in dem es seine Gelenke nicht beugt, seitlich heraustritt etc. Auch an dieser Stelle gibt es keine Schablone, einzig die Fähigkeit des Ausbilders aus seinem reichen Erfahrungschatz, die richtige Entscheidung zu treffen bringt das Pferd ohne große negativen Spannungen weiter. Negative Spannung in Kauf zu nehmen, also eine aggressive Stimmung zu tolerieren, ist bei Ausbildern zu beobachten, deren Können erschöpft ist. Eine solche Aggression kann zu unnötigen und auch gefährlichen Kämpfen führen.

Wenn das Pferd genug geübt hat, kommt das Ausführen, was wiederum auch die eingangs angesprochene Qualität der gesamten Dressur beeinflusst. An diese Phase kann sich später das Perfektionieren anschließen, sofern Pferd und Ausbilder das nötige Talent haben.

Man sieht also: es ist ein sehr langer Weg. Wenn man den vor Augen hat und weis, dass es keine Abkürzung gibt, kann man leichter Anforderungen zurückstellen und so Verspannungen auf ein Minimum reduzieren.

Ich bin bewusst nicht auf konkrete Methoden zur Erarbeitung der Piaffe eingegangen. Gerade hier zeigt sich wie individuell ein Pferd in seiner Psyche ist. Es gibt jedoch zwei grundlegend verschiedene Ansätze der Arbeit: Das in der klassischen Dressur nicht angestrebte, oberflächliches Anlernen mit Effekthascherei und die relle, durch Gymnastizierung erreichte Vervollkommnungen der vorhandenen Anlagen.


Viele Grüße

Francois ;-)
C'est dans la légèreté que repose l'équitation savante.
Wyona

Beitrag von Wyona »

@ Francois

Das ist eine super Erklärung der Thematik. Danke dafür.
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Barbara I
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Beitrag von Barbara I »

Wow, danke für diese Erklärung!

Deine Unterscheidung zwischen spielerischer und aggressiver Spannung ist eine sehr hilfreiche Erklärung :-)

Es muss also auch so gehen...
Und diese Leistungsbereitschaft erreiche ich mit Motivation und nicht mit Zwang
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Janina
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Beitrag von Janina »

Barbara I hat geschrieben:Janina, aus reiner Neugier, wie hast Du die Trick-Piaffe erarbeitet, so wie Richard Hinrichs, dass Du die Hinterbeine einzeln abfußen lässt?
Im Ernst? Ich stand neben ihm, habe geschnalzt und bin selbst "piaffiert" :lol: Er hat dann mitgemacht :D
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