Handarbeitskurs mit Oliver Hilberger

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Moderator: Josatianma

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chica
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Handarbeitskurs mit Oliver Hilberger

Beitrag von chica »

Handarbeitskurs mit Oliver Hilberger / 19.+20.09.2009 in 84437 Ramsau

Um es mit einem Wort zusammenzufassen: GENIAL !

Man muss vorausschicken, dass dies für mich der erste „klassische“ Kurs war, an dem ich selbst teilgenommen habe. Bisher habe ich zwar schon bei einigen „klassischen“ Reitkursen zugesehen sowie ganz früher an „englischen“ bzw. in jüngerer Vergangenheit an „isländischen“ Kursen sowie einem Bodenarbeitstag (Fahren vom Boden/Langzügel, Doppellonge) teilgenommen – aber eben noch nie selbst bei einem „klassischen“ Kurs mitgemacht. Die waren mir zum einen immer zu teuer und zum anderen fand ich sie immer irgendwie zu elitär bzw. mich selbst zu „klein“. Ich habe mich nie getraut da mit MEINEN Reitkenntnissen und meinem ISLÄNDER teilzunehmen, auch wenn noch so oft gesagt wird, dass das kein Problem sei.

Also habe ich mit meiner autodidaktischen Reiterei alleine weitergemacht. Habe mich viel von Gelesenem inspirieren lassen und dies und das ausprobiert. Irgendwann bin ich dann über Hilbergers Buch gestolpert und das hat mich fasziniert. Ich hab angefangen, die bebilderte Anleitung nachzustellen und siehe da: Das meiste hat funktioniert! Als dann in fahrbarer Entfernung ein Kurs mit Oliver Hilberger ausgeschrieben wurde, hab ich mich sofort angemeldet und bin erst auf der Warteliste und dann tatsächlich im Kurs gelandet. Mit gemischten Gefühlen, aber doch recht optimistisch bin ich am Freitag angereist und am Sonntag in absoluter Hochstimmung wieder heimgekommen.

Oliver ist einfach super nett, ganz am Boden geblieben und fühlt sich sehr in jedes Pferd-Mensch-Paar ein; die verschiedensten Kombinationen waren im Kurs vertreten, von zwei ungerittenen dreijährigen (Traber und Friese) über Spanier bis hin zu Warmblütern (und einem Isi) war eine abwechslungsreiche Bandbreite an Pferden vertreten; die Menschen waren ebenfalls von Einsteiger über Turnierreiter bis hin zu Barockprofis recht bunt gemischt (irgendwo dazwischen: ich).

Der Kurs umfasste je 4 Einzelstunden (30 Min.) sowie zweimal Theorie in der Gruppe.

In unserer ersten halben Stunde kam ich aus dem Staunen nicht heraus. Oliver sagte mir an, was er gern von uns sehen würde, ich habe mich einfach mal ganz unbedarft auf mein Gefühl verlassen und mir irgendwie einfach vorgestellt, was ich da machen soll: Und fast alles hat geklappt!

Mal sehen, ob ich es noch zusammenbekomme: An der langen Seite Schulterherein, umstellen zum Renvers, halbe Renvers-Wendung (die war recht wackelig, weil noch nie zuvor probiert) bis zur Mittellinie, dann Traversale bis zur gegenüberliegenden Bande. Puh ! So eine Abfolge hab ich noch nie gemacht, Schulterherein natürlich schon mal geübt, auch Kruppherein (Travers), aber Renvers noch nie, schon gar keine Renvers-Wendung und mit der Traversale waren wir auch nicht so sehr auf Du und Du. (Habe ich erwähnt, dass ich die letzten zwei Monate eigentlich nur ausgeritten bin… ?!!!) – Schrittpiroutte? Ich? Fjalli? Oh ja, es geht ! Naja - ansatzweise wenigstens...

Natürlich stehen wir noch ganz am Anfang und müssen noch sehr, sehr viel lernen. Aber ich denke, dass die Handarbeit – so wie Oliver Hilberger sie praktiziert – eine gute Möglichkeit für mich ist, Fjallis Muskulatur zu fordern und fördern, ihn beweglicher zu machen und nicht zuletzt um ihn ein wenig mehr aufzurichten. Und ihn dabei nicht von oben zu stören 8)

Mein Pony arbeitete extrem gut mit, achtete auf kleinste Zeichen von mir (die Umstellung von zB Schulterherein nach Renvers gelingt uns inzwischen ausschließlich durch Drehung meines Oberkörpers, faszinierend…) und beginnt bereits jetzt von selbst bei bestimmten Bewegungsabläufen, z.B. im Renvers, zu „wachsen“ und sich quasi ohne mein Zutun aufzurichten.

Sehr interessant (wenn auch rückblickend natürlich total logisch) war, dass das Pferd sofort mühelos umsetzen konnte, was ich wollte, sobald ich ein konkretes inneres Bild von der Übung hatte. Manchmal war mir ein Kommando zu schnell bzw. ich war unkonzentriert und habe mir nicht wirklich vorgestellt, wie das jetzt gleich aussehen soll – und dann kam nur Kabelsalat dabei raus und das Pony hatte ein Fragezeichen im Gesicht. Hab ich mich dann gesammelt, konzentriert und mir genau vorgestellt, was ich möchte und den Blick in Zielrichtung bzw. auf den gerade am meisten gefragten Körperteil gewendet – dann ging es wie von selbst. Ich bin total fasziniert. Mir war das mit dem inneren Bild ja schon lang bekannt, aber ich glaube heute war der Tag, an dem ich WIRKLICH verstanden habe, was das bedeutet. Großartig.

Großes Lob an den Kursleiter: Er hat es verstanden, sich auf jedes Pferd/Mensch-Paar gut einzustellen und allen während der zwei Tage Erfolgserlebnisse zu verschaffen - verbunden mit dem Ausblick, wie es weitergehen könnte und woran man arbeiten sollte. Oliver kann (finde ich) sehr gut erklären und strahlt eine gewisse natürliche Pferdekompetenz aus, der ich gerne folgen kann. Seine Liebe zu den Pferden und vor allem auch seine Begeisterung für diese Arbeit war einfach mitreißend und motivierend. Kurzum: Ein netter Mensch und noch dazu ein guter Ausbilder.

Fazit: Die Handarbeit ist eine äußerst spannende Arbeit, die meinem Pferd und mir zwar sehr viel Konzentration und Koordination abverlangt, aber auch sehr viel Spaß macht. Ich bin schon seit langer, langer Zeit nicht mehr so motiviert aus der Reithalle gegangen bzw. mit so viel Vorfreude hineinmarschiert.

Und mein Pferd… war mal wieder UNGLAUBLICH.


P.S.: Last but not least ein großes Dankeschön an die Hofbesitzerin für die sehr freundliche Aufnahme und superleckere Verköstigung - und an die Organisatorin für die gute Vorbereitung (und die idiotensichere Wegbeschreibung) :D

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Autorin: Everl
Zuletzt geändert von chica am Fr, 25. Sep 2009 08:04, insgesamt 1-mal geändert.
LG Ines
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Hört sich gut an - mal wieder was verpaßt... :roll:
Danke fürs Berichten!

@Coverke - vielleicht magst Du Deine Erfahrungen auch hierher kopieren?
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
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coverke
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Beitrag von coverke »

Gleich mal vorne weg - ich bin ungefähr sooooooooooooooooooooooo *mithändenzeig* stolz auf meinen Buben!!! :-*

Oliver Hilberger ist wirklich ein sehr empfehlenswerter, sympathischer, normal gebliebener Trainer. Es hat total Spaß gemacht, er konnte einen mitreißen und super erklären. Nicht nur was zu tun ist sondern auch warum!!

Freitag
Nach 3maligen Versuch ging Kasi dann doch in den Hänger und wir haben uns auf den Weg gemacht, den Friesen noch abzuholen. Der ging gleich ganz brav rein und schon waren wir auf der Straße. Nach ungefähr 1,5 Stunden kamen wir am Ziel an. Wir luden die Pferde aus, die die ganze Fahrt über wirklich total super standen, und brachten sie in die Boxen die schon für die beiden hergerichtet waren. Als wir die zwei versorgt hatten sind wir noch essen gegangen und haben uns danach unseren Campingbus zum schlafen hergerichtet.

Samstag
Ziemlich aufgeregt waren wir schon lange vor dem Wecker wach und haben erst mal die Pferde besucht. Wir haben sie gefüttert und haben dann selbst gefrühstückt. So nach und nach kamen die Kursteilnehmer und die Zuschauer und mir wurde ganz mulmig bei dem Gedanken, gleich als erste los zu legen.
Erst kam eine kurze Theorie Einheit und die Kursteilnehmer wurden gefragt, mit welchen Pferden sie da sind und warum.
Ich also rein in die Halle und da kam mir schon der erste Krawall entgegen: Kasimir das erste Mal in der Halle – so viele Leute – Geräusche von außen, er sieht sie aber nicht. Ich sag nur so viel, wir haben ziemlich gekämpft miteinander. Oliver hat Kasimir dann übernommen. Wirklich arbeiten konnte man mit ihm aber nicht. Da wir aber einen guten Abschluss wollten, war ich dann gleich mal Schuld, dass sich der ganze Tag um 15 Minuten nach hinten verschoben hat.
Es kamen dann die anderen Kursteilnehmer, die natürlich alle schon weiter waren.
Mittags gab es total leckeres Essen und wir sind alle an einem großen Tisch gesessen und haben uns unterhalten.
Nachmittags noch mal, ich versuchte eine andere Ausrüstung. Morgens hatten wir das Sidepull dran, da aber leider kein Backenriemen vorhanden ist, war das weniger gut. Nachmittags hab ich dann die Trense drauf – Katastrophe! Oliver hat mir dann seinen Caveson geliehen und schon funktionierte es.
Links rum konnten wir dann wirklich gut arbeiten und rechts rum gab es Kampf! Der Kampf sah so aus, dass er mich einfach weg drückte und ich kein Chance hatte ihn links zu führen geschweige denn mit ihm Handarbeit zu machen. Oliver nahm Kasimir dann und klärte mit ihm den Abstand zwischen Mensch und Pferd. Es hat bisserl gedauert und dann akzeptierte Kasimir die Grenze und auch bei mir war´s dann ok.
Resümee des ersten Tages von Oliver: Kasimir ist ein Pferd welcher die Verantwortung in ungewohnten für ihn extremen Situationen nicht gerne an mich abgibt. Da er jung ist und ich ihn auch erst 1 Jahr habe völlig ok. Ich soll nicht sauer auf ihn sein, sondern daraus lernen. Hätte er zuhause so wahrscheinlich nie gezeigt und ich wüsste nicht was in für ihn extremen Situationen auf mich zukommen kann!

Sonntag
Gleich um 8 Uhr waren wir dran. Wir mussten mittlerweile zu zweit in die Halle, da der Friese ohne Kasimir über die Box klettert... Ich hatte das Caveson von Oliver wieder drauf, Kasimir war wesentlich entspannter als am ersten Tag und war voll und ganz bei mir. Wir legten mit leichten Biegungen los und entwickelten weiter bis hin zum Schulterherein im schnellen und langsamen Schritt. Meine Aufgabe war es das Genick gut einzustellen, die Biegung nicht zu krass zu halten und ihn mit meiner Körperhaltung in die verschiedenen Seitengänge zu dirigieren. Ich sollte eine einfache Schlangenlinie zu mir gebogen machen und ihn beim zurückkehren auf den Hufschlag von mir weg biegen. Wir bekamen großes Lob – bis ich zur Hinterhand schaute, denn schon war Kasimir im Renvers. Daraufhin meinte Oliver das er sehr talentiert wäre und wenn ich es schaffe die Verantwortung komplett von ihm zu nehmen – was links ja schon klappt – dann werden wir mit viel Spaß weit kommen.
Nachmittags hatten wir dann noch eine Einheit und wir haben den Trab dazu genommen. Ich musste ihn im Schritt so weit vorbereiten, dass er von alleine antrabt, leicht gebogen und vom Genick her passend, danach in einem weitgreifenden Schritt übergehen. Und mein Bub machte das als würde er nie was anderes machen. Wir sollten im Schulterherein halten und im Schulterherein wieder los gehen – auch das ohne Probleme!!
Resümee von Oliver für Sonntag: Er hätte gestern nicht gedacht, dass wir heute zum wirklichen Arbeiten kommen. Für Kasimir ist es wichtig die passende Ausrüstung zu haben, weil er sich dann auf den Menschen konzentriert. Außerdem tut er sich noch schwer mir die komplette Verantwortung zu überlassen, ich soll aber konsequent dahinter bleiben und ich werde eine feines Pferd bekommen.

Wahrscheinlich gibt es nächstes Jahr wieder einen Kurs, Thema wird dann sein, die Handarbeit unter dem Sattel weiterzuführen.

Alles in Allem war das Wochenende eine große Erfahrung. Und alleine das die beiden Jungspunde so brav fast zwei Stunden im Hänger standen, in einem fremden Stall waren und die vielen neuen Sachen so toll gemeistert haben macht mich ehrlich gesagt schon glücklich.

Ich hab mich mit Oliver lange unterhalten: wäre ich mit Quidam dort gewesen, hätte ich wahrscheinlich mehr gelernt und mehr davon gehabt. Wäre aber vermutlich bei Kasimir zuhause dann gescheitert. Auch er meinte es war genau richtig so!
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Everl
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Beitrag von Everl »

Tja, so klein ist die Welt 8)

Hallo "Coverke",
gut zu wissen, dass Du auch "hier" bist, freu mich !
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-Tanja-
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Beitrag von -Tanja- »

Toll!!! *auchmachenwill* *neidischbin*

Den Hof kann ich auch nur empfehlen: supernette Leute und *schleck* supertolle Verpflegung. :D
lg, Tanja

Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
Aus: "Vollendete Reitkunst", Dr. Udo Bürger, 1959
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Abeja
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Beitrag von Abeja »

Vielen Dank für die beiden tollen Berichte. Habe das Buch auch, und Everl, dein Bericht war für mich natürlich besonders spannend, weil ich auch oft Hemmungen habe, mit meinem Isi und meinen bescheidenen Kenntnissen auf so einen tollen Kurs zu gehen :) , ich geh jetzt gleich noch deine Fotos anschauen! LG Abeja
horsman
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Beitrag von horsman »

freut mich für euch beide !

Motivation und gute neue Ideen und Übungen sind immer gut.
Mir hat die Arbeit an der Hand vom Boden aus auch sehr viel gelehrt, weil man Dinge sieht und erkennt und umsetzt, die im Sattel zunächst nicht gelingen wollen und man fragt sich warum nicht. Durch die Handarbeit findet man es heraus, so hilft es letztlich auch im Sattel weiter.

Das Buch werd ich mir demnächst auch mal anschauen, wenn ich es in die Finger kriege.
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

das klingt super, danke für die berichte
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