Das richtige Arbeitstempo finden

Alles was ihr vom Boden aus mit Eurem Pferd machen könnt

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Etienne
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Das richtige Arbeitstempo finden

Beitrag von Etienne »

Hallo ihr Lieben,

mein Youngster dreht nun seine ersten Runden an der Longe. Im Schritt macht er das auch alles brav und es macht auf mich einen vernünftigen Eindruck. Aber der Trab... Von sich aus, ist Gigolo da sehr Ökonom und läuft mehr Jog als Trab. Wenn ich ihn etwas vorwärts treibe, kommt er mir allerdings ins Rennen, was auch nicht schön ist. Um es vorweg zu nehmen, ich treibe ihn nicht energisch vorwärts und Angst vor der Peitsche hat er auch nicht (Peitsche setze ich auch nicht ein).
Kennt jemand von Euch das Problem? Wie kann man einem Pferd helfen "sein" Tempo zu finden? An der Longe und später auch unter dem Reiter?
Was würdet ihr jetzt tun? Pferd schleichen lassen oder doch vorwärts treiben? Vielen Dank!

LG Sus
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Das kommt darauf an. 8)

Pico ist ja nun auch eher Ökonom und am Anfang der Einheit lasse ich ihn auch eher trotten und fordere nach und nach mehr.

Du schreibst, daß er seine ersten Runden an der Longe dreht. Da wäre mir wichtiger, daß er die Balance hält, als daß mein Pferd energisch vorwärtsläuft und wieder auf die innere Schulter fällt oder über die äußere Schulter wegrennt. Nach und nach, am besten an einer geschlossenen Zirkelseite etwas mehr Tempo fordern.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Etienne hat geschrieben:Angst vor der Peitsche hat er auch nicht (Peitsche setze ich auch nicht ein)
8) Ob das eine das andere bedingt?
Also nicht daß ich dafür bin, daß ein Pferd Angst vor der Peitsche hat, aber es sollte zumindest wissen, daß der Reiter/Longeur das Teil nicht zwecks Muskeltraining mit sich rumschleppt. Und daß es sehr wohl an den Pferdekörper heranreicht und den verlängerten Reiterarm darstellt. Das kannst Du ja auch üben, wenn Du ihn an der Hand bei Dir hast und dann mit der Peitsche leicht antippst und weichen lässt. So lernt er verstehen, was das Teil bezwecken soll.

Ansonsten wäre mich auch wichtig, daß das Pferd seine eigene Balance findet, und das ist meist in langsamerem Tempo besser zu gestalten. Ist halt ne Gradwanderung, aber da werdet Ihr sicher nach und nach mehr Gefühl dafür entwickeln.

Wie sieht es denn mit Bodenarbeiten aus? Könntest Du nicht neben ihm hergehen und ihn (energischer) traben lassen? Immer so eine lange Seite, damit es für beide nicht zuviel wird? Da lernt er dann ja auch, sich entsprechend zu bewegen.
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
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Etienne
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Beitrag von Etienne »

Energisch vorwärts muss er auch nicht, aber vielleicht so, dass es nicht aussieht wie jeden Moment "ausgehen". :D
Selbstverständlich spielt die Balance auch eine Rolle. Ich möchte ihn auch nicht "vorwärts hetzen". :wink:

EDIT Otti: Die Peitsche kennt er von der Bodenarbeit u.a. auch vom weichen lassen. Mit keiner Angst vor der Peitsche meinte ich das er nicht panisch darauf reagiert. An der langen Seite Mitlaufen könnte ich probieren! Danke!

LG Sus
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

Zum Thema Tempo kommt für mich der prägende Satz von Otto Bürger: "Zwischen Eilen und Verhalten liegt der Schwung."

Ich reite inzwischen im Trab fast unentwegt Tempi und variiere hier nur bei der Anzahl der Tritte. Drei Tritte voran, drei Tritte zurück, fünf Tritte vor, zwei Tritte zurück usw. Meine Erfahrung ist die, das das Pferd in dem für ihn richtigen Tempo wunderschön anfängt losgelassen im Rücken zu schwingen. Genause mache ich es an der Longe.
Die permanenten Tempi haben mein Pferd das richtige Tempo bei guter HH Tätigkeit selber finden lassen. Außerdem wird es hierdurch aufmerksamer für die reiterlichen Hilfen. Im Galopp arbeiten wir leider auch noch an dem Thema.
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Klara
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Beitrag von Klara »

Also bei meiner Kleinen war das am Anfang auch so (an der Longe und unterm Sattel) Mit zunehmender Balance hat sich das gegeben. Jetzt geht sie fast immer normal vorwärts. Platzbedingt sind aber ungewollte Tempounterschiede noch ein Thema für sich.
LG
Maren
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Traumdauterin
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Beitrag von Traumdauterin »

fairness war auch so eine trantüte, sie ist sowieso nicht besonders temperamentvoll und eher von der phlegmatischen sorte, aber gerade am anfang, so das erste jahr nach dem anreiten war es echt unerträglich. wie kann ein 3-jähriges pferd nur so faul sein? vllt wurde sie auch bei anreiten gleich versauert (hat irgendne tussi aus dem stall gemacht, nicht sehr sanft, bin sie dann 3 monate geritten, wurde später an eine ausm stall verkauft und dann durfte ich sie wieder reiten, nur zu erklärung :D)

sie hat ihre füße sowohl beim reiten als auch beim longieren kaum aus dem sand gekriegt, selbst im gelände war sie wie ne schlaftablette.

das hat sich dann mit der zeit stark gebessert, als sie dann langsam kraft und balance bekommen hat und lernte, die hh ordentlich einzusetzen. ökonomisch ist sie heut noch, aber ganz so schlimm ist es nicht mehr 8)

ich hab gelernt, mit dem anfangs etwas schleichenden tempo zu leben, viele übergänge gemacht etc. durchs galoppieren wurde sie meist etwas frischer.

vllt könntest du auch mit trabstangen/cavaletti arbeiten? das hilft im vllt, mehr aufzupassen, dass er die füße aus dem sand nimmt ;) und für abwechslung sorgt es auch. obwohl das vllt eher was für später wär, wenn er grad erst anlongiert ist.
Frage mich nach der Poesie in der Bewegung, Schönheit, Intelligenz und Kraft und ich zeige Dir ein Pferd.
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emproada
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Beitrag von emproada »

Das Problem ist halt, dass wenn sich ein Pferd von Anfang an ein falschen Tempo angewöhnt, es sehr schwer ist dies wieder zu korrigieren. Vor allem gewöhnt man sich als Reiter mit an das falsche Tempo und erkennt ohne Hilfe von aussen gar nicht mehr das etwas nicht stimmt.
Ich hatte bei meinen beiden Jungs beide Probleme mit dem Tempo, sprich einmal zu schluffig und einmal überritten. Bei Beidem hilft aber Stangenarbeit im Trab, da sie dadurch sehr gut den richtigen Takt finden.
Viele Grüße Tina
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Etienne
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Beitrag von Etienne »

@emproada

Genau DAS sind auch meine Bedenken und ich glaube von der Mentalität her, sind die Bedenken bei Gigolo durchaus gerechtfertigt. Sachen die sich einmal eingeschlichen haben, sind schwer zu korrigieren vor allem bei diesen erstaunlichen Dickkopf. :wink:

@Medusa

Sehr schönes Zitat und ein interessanter Ansatz!

LG Sus
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

Otto Bürgers "Vollendete Reitkunst" ist meine kleine Bibel und Muss-jederzeit-griffbereit-sein-Lektüre....

Tempi sind gerade für die Gewerkschaftsmitglieder unter den Pferden anfangs schwierig zu verstehen. Hier musst man vielleicht gerade am Anfang mal eine deutliche Reaktion auf "Vorwärts" verlangen. Aber eben nur ein paar Tritte und dann wieder ganz entspannt. Sobald sie es aber verstanden haben, ist es wie ein Spiel und sie lassen sich gerne für ein paar Tritte schicken, weil sie wissen, dass es dann auch gleich wieder langsamer wird.
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Colloid
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Beitrag von Colloid »

@Etienne: Das wievielte Mal ist er jetzt an der Longe? Das 3-4.?
Wie oft sollte er in seinem Leben schon einen Kreis laufen? 3-4 Mal?
Mein Eumel ist alles andere, als eine Schlaftablette, lief aber anfangs auch eher Jog und auch immer mal wieder, wenn er grade wieder überbaut ist und seine Griffel neu sortieren muss.
Das ist also ein Balanceproblem, gbt sich ergo mit der Zeit. ;)
Auch, daß er auf Treiben mit Rennen reagiert, kommt mir bekannt vor. Die Viecher müssen sich erst ans "geschickt werden" gewöhnen, anfangs ist de Reaktion eher "Huch, schnell weg", hier muss man sich halt ans richtige Maß rantasten und abwarten, bis sich das Pferd ans longiert werden gewöhnt hat.
Und mach dir keine Sorgen, von wegen "falsches Tempo", Feuer unterm Hintern kannst du ihm immer noch machen. :twisted:
Lieber erstmal mit Ruhe, damit er sich sortieren kann und ihr an den Baustellen Abstand, Gangart, Halten, Handwechsel (?) arbeiten könnt...

@Emproada
Das Problem ist halt, dass wenn sich ein Pferd von Anfang an ein falschen Tempo angewöhnt, es sehr schwer ist dies wieder zu korrigieren.
:?: Hä?
Vor allem gewöhnt man sich als Reiter mit an das falsche Tempo und erkennt ohne Hilfe von aussen gar nicht mehr das etwas nicht stimmt.

...wohl eher...

@Medusa: Der "Herr" ist grade die ersten paar Male an der Longe, findest du Tempiwechsel dann nicht etwas früh?
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

@Colloid
Die Frage ging ja auch über das Longieren hinaus. An der Longe zählt natürlich in erster Linie das Gewinnen von Gleichgewicht.

Was die Arbeit unterm Sattel betrifft würde ich das Spiel mit dem Tempo sehr früh einbauen. Viele junge Pferde kommen bei einem falschen Tempo - ob zu schnell oder zu langsam sei mal dahingestellt - schnell aus Takt und Balance. Oft helfen ein paar Schritte/Tritte frisch vorwärts oder etwas ruhiger geritten um das Gleichgewicht wieder zu finden.
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emproada
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Beitrag von emproada »

@Colloid: was stimmt denn Deiner Meinung nach an meinem Satz nicht? Alles was sich falsch angewöhnt wurde ist hinterher wieder schwieriger zu korrigieren, egal ob beim Pferd oder beim Reiter.
Viele Grüße Tina
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Beitrag von Etienne »

@Colloid
Jupp, was das longieren betrifft steckt die Sache noch arg in den Kinderschuhen. Wir haben das allmählich von der Bodenarbeit hergeleitet. Ein paar Kreise musste er also schon öfter gehen, aber von Balance kann man natürlich noch nicht sprechen.

Ich habe eher den Eindruck, dass der Herr so arg langsam läuft, weil er nicht mehr machen möchte als er denn muss. Holprig, stolprig oder in irgendeiner Form eirig sieht Monsieur dabei so gar nicht aus. Ich glaube es liegt auch etwas an seiner Mentalität. Macht sich auch schön bemerkbar, wenn "seine" 10 Minuten Arbeitszeit um sind. Dann meint er nämlich jetzt fertig zu haben und gar nix mehr machen zu müssen. Hat zwar bis jetzt nicht funktioniert, aber nachfragen kostet ja nichts. :P
Versteht ihr was ich sagen möchte? Ich möchte ihn jetzt nichts anerziehen worauf er sich später meint berufen zu können, mag ihn aber auch nicht überfordern. :?
Langsam traben aus Balancegründen ist das eine, aber ich habe manchmal das Bedürfniss ihn anschieben zu wollen! *sichdasgradbildlichvorstellt* :lol:

LG Sus
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emproada
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Beitrag von emproada »

@Etienne: das ist halt immer schwierig festzustellen, wann es Balanceprobleme sind und wann ein Pferd ein langsames Tempo anbietet um sich einfach nicht anstrengen zu müssen.
Bei meinem Hafi war eindeutig immer letzteres der Fall und hätte man ihn gelassen wie er wollte oder will, würde er wahrscheinlich irgendwann schnarchenderweise umfallen. :wink:
Viele Grüße Tina
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