Die richtige Reitweise finden....

Rund um die klassische Reitkunst

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manuel
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Die richtige Reitweise finden....

Beitrag von manuel »

Hallo,

ich hänge momentan gerade etwas in der Luft, und weiß im Moment überhaupt nicht mehr wie ich reiten soll, bei wem ich reiten soll und wem ich überhaupt noch glauben soll...

Ich werd jetzt ein bisschen ausholen und es wäre super, wenn sich jemand die Mühe macht es zu lesen ;-)) und mir auch zu antworten :-)
Denn ich bin gerade wirklich überfordert!

Mein Pferd ist eine 17 jährige Württembergerstute, die schon einiges mitgemacht hat.
Seit einem Jahr nehmen wir Unterricht bei einem Branderup-Schüler und der Unterricht brachte immer wieder kleine und große Erleuchtungen für mich, es ging auf einmal um Dinge über die ich mir vorher nie Gedanken gemacht habe, Das FÜHLEN! Was macht die Hinterhand? Was macht mein Becken? Wie kann ich durch meinen Hintern das Pferd dazu animieren mit der Hinterhand mehr unterzuschwingen?
Das Pferd rannte mir auf einmal nicht mehr unter dem Hintern weg und ließ mich sitzen...
Alles in allem sind wir nach meinem Empfinden innerhalb des letzten Jahres wirklich vorwärts gekommen! Das Pferd ist nicht mehr so verspannt und hart im Maul wie früher, es gibt immer wieder Momente wo die Hinterhand schön unter den Schwerpunkt fußt und sie vorne leicht wird, hin und wieder gibt es sogar auch schon kurze Momente wo sich der Schwerpunkt schon etwas stärker nach hinten verschiebt und Kopf und Hals etwas höher kommen und sich der Rücken leicht aufwölbt. Wie gesagt, das sind aber eben immer nur Momente, oft ist sie eben schon noch fest im Maul und Hals und läuft auf der VH.

Dennoch habe ich bis vor etwa einem Monat nicht daran gezweifelt, dass ich jetzt endlich nach so vielen Jahren Herumsuchen auf dem richtigen Weg bin!!!

Jetzt habe ich aber vor etwa 4 Wochen ordentlich was auf die Mütze bekommen, nachdem ich zunächst eine Osteopahtin da hatte, die starke Verspannungen in den Schultern und der LWS feststellte, was mich schon ein bisschen schockiert hat.. Dass das Pferd nicht verspannungsfrei ist war mir klar, aber dass es dann doch so schlimm ist...
Daraufhin hatte ich einen Sattler da der meinen Sattel neu gepolstert hat und mir dann auch beim reiten zugesehen hat und mir dann sagte, dass das Pferd die ganze Zeit untertourig auf der VH rumlatscht, das Vorwärts fehlt, das Pferd völlig verspannt ist, den Rücken wegdrückt und ich alles in allem vom Sitzen und Reiten nicht wirklich ne Ahnung hätte...
Wieder daraufhin habe dann angefangen mir von einer Stallkollegin die bis S reitet über zwei Wochen hinweg fast täglich Unterricht geben zu lassen.
Sie hat zunächst viel an meinem Sitz gearbeitet, ich habe einen sehr langen Oberkörper und verdrehe mich oft etwas merkwürdig bzw habe nicht die nötige Spannung... Diese Arbeit hat mir auch gut getan.
Daraufhin hat sie verlangt, dass ich das Pferd stärker vorwärts reite= höhere Geschwindigkeit, um das Pferd vorne leicht zu bekommen, was im Prinzip dazu geführt hat, dass das Pferd wie früher ins Rennen gekommen ist und ich nicht sitzen konnte..
Dennoch gab es nach einiger Zeit (und nachdem die Stallkollegin auch mal drauf gesessen ist) auch hier kurze Momente wo ich sie an den Sitz bekommen habe und sie tatsächlich vorne leicht wurde. Und dann ist sie aber auch wieder gerannt...
Zwei Wochen später kam auch der Sattler zur Nachkontrolle und sagte, dass das Pferd schon besser läuft. Außerdem kamen von zwei anderen Einstellern die Rückmeldung, dass mein Pferd "dynamischer läuft" und "mehr aus der Schulter rauskommt".

Jetzt habe ich zwei teilweise völlig gegensätzliche Ansichten gehört, die vielleicht beide ihre Berechtigung haben, aber ich bin jetzt vollends verwirrt :shock: .

Hier mal eine kurze Gegenüberstellung was Lehrer Nr 1 und was Lehrer Nr 2 (ergo die Stallkollegin) sinngemäß (bzw wie ich es verstanden habe) sagen.

Vorwärts
1) Vorwärts bedeutet der Schwung der HH an den Schwerpunkt und hat nichts mit Geschwindigkeit zu tun. Es ist besser die HH in einem niedrigeren Tempo, in dem ich Sitzen kann, zum vorschwingen zu animieren. Durch vermehrten Schub bringe ich das Pferd nur noch mehr auf die VH, durch das Vorschieben bleibt die VH länger am Boden und wird demnach stärker unter den Körper gebogen
2) Vorwärts reiten bedeutet auf unserem aktuellen Ausbildungsstand schon erstmal eine höhere Geschwindigkeit, das bringt die HH zwar auch zu vermehrten Schub, aber aus der Schubkraft entwickelt sich dann die Tragkraft und das Pferd wird vorne leicht. Dass die VH länger am Boden bleibt ist nicht richtig, denn das Pferd nimmt die VH aus der Schulter heraus mit nach vorne.

Sitz
1) Man kann mich nicht in einen Sitz nach Schema F pressen, der dann vielleicht von außen betrachtet korrekt aussieht, ich aber in meiner Einwirkung eingeschränkter bin.
Es ist primär wichtig, dass ich mich wohl fühle, dass ich locker bin und einwirken kann. Ich soll darauf achten dass meine Schultern und Hüfte parallel zum Pferd sind und ich in der Hüfte mitschwinge.
Der Sitz entwickelt sich parallel zur gesamten Reiterei weiter und es ist nicht zielführend sich jetzt voll auf einen korrekten Sitz zu stürzen. Es ist nicht so tragisch, dass ich teilweise etwas im Hohlkreuz bin und meine Beine zu weit vorne liegen, das kommt mit der Zeit.
Und man kann auch nur seinen anatomischen Gegebenheiten entsprechend sitzen.
2.) Der Sitz ist das A und O!!!!!! Nur durch einen korrekten Sitz komme ich zu einer korrekten Einwirkung und es ist wichtig jetzt erstmal vermehrt am Sitz zu arbeiten


Hand und Bein
1.) Das Pferd löse ich am inneren Zügel, über das Fingerspiel, Ich habe einen kleinen Vogel in der Hand den ich nicht zerdrücken darf, der aber auch nicht wegfliegen darf.
Der äußere Zügel ist relativ lose, das Pferd soll von selbst an den äußeren Zügel herantreten, es ist falsch es über Paraden am äußeren Zügel an diesen zu bringen.
Das Bein benutze ich immer nur um die HH heranzuholen, ist sie da, lasse ich das Bein einfach nur hängen und beginnen am Zügel zu lösen, fällt die HH aus und wird das Pferd fest beginne ich wieder mit dem Bein... usw.
2.) Ich soll im aktuellen Stadium so gut wie nichts mit der Hand machen! Ich habe beide Zügel gleichmäßig aufgenommen und gehe mit beiden Händen federnd mit! Tendenziell liegt die Aufmerksamkeit aber eher auf dem äußeren und nicht auf dem inneren Zügel.
Ich hole mit dem Schenkel permanent die HH und reite das Pferd beherzt vorwärts bis es vorne leicht wird....

Seitengänge:
1.) Travers und Schulterherein in Schritt und Trab sind förderlich um das innere Hinterbein zu vermehrten untertreten zu bringen.
Ich soll in kurzen Intervallen mich immer wieder an die Seitengänge herantasten, wenn das Pferd fest wird fange ich im geradeaus wieder von vorne an
2.) Seitengänge sind aktuell nicht im Vordergrund. Ich soll liebe viel Zirkel-Verkleinern-Vergrößern reiten (die Begründung fällt mir gerade nicht mehr ein, müsste nochmal nachfragen)


So, ist jetzt doch wahnsinnig lang geworden, hoffentlich liest es überhaupt jemand ;-)
Mich würden eure Meinungen dazu brennend interessieren. Vor allem bezüglich "Vorwärtsreiten" und "Zügel"!
Und: Was haltet ihr allgemein von Bent Branderup?? Ich weiß, dass BB-Kritiker oft sagen, dass die Pferde bei seinen Schülern nicht genügend vorwärts haben, aber ist das wirklich so??

Ich bin vom Kopf her vollkommen durcheinander und weiß gar nicht mehr was ich tun soll, aber wenn ich auf mein Herz höre, möchte ich eigentlich doch gerne mit dem Branderup-Schüler weiterarbeiten!
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smilla
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Beitrag von smilla »

Ich verstehe dich sehr gut und kann nachvollziehen, wie es dir geht. Aber an den Punkt kommt man in der Reiterei sicherlich noch öfter. Und im Grunde musst du einfach selbst entscheiden, bzw. dein Pferd als Berater hinzu ziehen.

Hast du dich schon mal bei der BB-Schülerin filmen lassen? Was meinst du selbst zu dem, was du siehst? Kennst du andere Schüler, die weiter sind als du? Wie gefallen die dir?

Das sind sicherlich zwei verschiedene Ansätze, die du da kennengelernt hast, die beide ihre Berechtigung haben. Aber: sooo verschieden doch auch wieder nicht (Steinbrecht). Kannst du nicht mit deiner RL sprechen und sie fragen, ob sie das positive von RL2 nicht integrieren will? a<Und wenn sie das ablehnt, warum?
"Reiter und Pferd sind zu einer geistigen und körperlichen Einheit verschmolzen, sind zwei Herzen und ein Gedanke- die wunderbare Alchemie des Reitens hat aus den zweien in Wahrheit eins gemacht. Solche Kunst ist klassische Kunst!"
Seunig
horsman
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Beitrag von horsman »

Du bist in einem Konflikt, den wir alle mal durchmach(t)en.
Ein Reiterleben geht wohl niemals so ganz gradlinig. Da kommt jeder mal in Sackgassen und fragt sich, obs das jetzt ist. Und das ist auch gut so, denn es zeugt von Selbst-Reflektion.

Ich will Dir jetzt auch gar nicht zu dem oder dem raten (Klassisch vs. FN oder so).

Das einzige was immer hilft, ist sich das/die Pferde anzuschauen. Während der Arbeit und danach und nach einiger Zeit der Arbeit, wie es sich fühlt und entwickelt. Hat man einen Ausbilder, mit dem man über einen längeren Zeitraum zusammen arbeiten will, sollte man dies ebenfalls bei seinen Pferden tun. Dabei muss man die nat. Qualität der Pferde berücksichtigen. Ein guter Ausbilder macht aus einem schlechten, schwierigen Tier ein ansehnliches und schönes Pferd. Hat das Pferd schon eine hohe Grundqualität und Grundrittigkeit ist es leichter dies über eine gewisse Zeit einigermassen zu erhalten. Das sagt dann nicht viel über die wirklichen Fähigkeiten des Reiters aus.

Lass Dich dabei nicht von nat. Bewegungsqualität des Pferdes oder gar von besonders flotten Trabverstärkungen ablenken. Was zählt ist die Flüssigkeit und die Entspanntheit in der Bewegung, egal wie schnell oder langsam sie nun ist.

Schaut das Pferd während einer Reiteinheit überwiegend unzufrieden drein, ist was falsch. Natürlich kann es immer mal Momente geben, wo man etwas mehr fordert und das Pferd zunächst irgendiwe neg. angestrengt aus sieht. Das darf aber nur selten vorkommen und wenn überhaupt nur kurz sein.

Desweiteren kann man sich eigentlich immer recht gut auf das eigene Gefühl im Sattel verlassen, was man spürt.

Und eines noch: Turniererfolge alleine sagen NICHTS aus.

Viel Glück
Plondy
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Beitrag von Plondy »

Hallo Manuel,

ich kann Dich sehr gut verstehen, denn auch ich hatte diesen Punkt, bevor ich mich von der FN-Reiterei gänzlich verabschiedet habe.

Ich reite fast ein Jahr nach BB und werde immer glücklicher. Am Anfang war ich auch sehr verwirrt über die Unterschiede aber alle bei mir im Stall reiten nach BB und ich konnte die langfristigen Ziele/ Ergebnisse sehen, die mir sehr gut gefallen haben.

Auch wenn Gaston deutlich langsamer geht als früher, so hat er doch eine wesentlich schönere, rundere Hinterhand bekommen. Vergleich doch mal Fotos vorher/ nachher, das ist auch immer sehr interessant.

Lass Dir Dein Pferd von der RL vorreiten und schau, wie aktiv oder nicht aktiv Dein Pferd wirklich ist.

Viele Grüße Tanja
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Alkasar
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Beitrag von Alkasar »

Hallo,

das ist immer blöd, wenn man so in der Luft hängt und das kann es natürlich immer geben, denn es gibt einfach keine Methode X nach der alles immer funktioniert. Beim Lesen deiner Zeilen ist mir aber folgendes aufgefallen:

1. Was die Ostheopathin da gefunden hat kann eine sehr alte Sache sein. So etwas geht nicht einfach von selbst weg, auch nicht wenn man schon eine Weile "besser" oder anders gearbeitet hat.

2. Ein Sattler ist kein Reitlehrer. Er kann Dir vielleicht etwas sagen, zur Beschaffenheit des Rückens und natürlich zur Passform des Sattels aber was das Reiten angeht scheint er ja auch einer Bestimmten Richtung anzugehören, die aber sicher nicht die einzig Wahre ist.

3. Zum Thema Vorwärts
Ruhig reiten soll natürlich nicht latschen bedeuten. Ruhig und aktiv ist eher die Devise aber das weisst Du ja sicher selbst. Wenn dei Pferd bei mehr Vorwärts ins rennen kommt, ist das meist ein Balanceproblem. Sie kann wahrscheinlich den Schub aus der HH vorne gar nicht umsetzen. Vorwärts hat mit Geschwindigkeit überhaupt nichts zu tun! Und ein über Tempo gerittenes Pferd läuft auch auf der Vorhand, da hat RL 1 aus meiner Sicht völlig recht.

4. Zum Sitz
Natürlich ist das Ziel ein korrekter Sitz aber ich tendiere auch hier zur Meinung von RL 1. Was Du natürlich tun kannst, ist extra Sitzschulungseinheiten nehmen, wo Du dich nicht und Dein Pferd sondern nur um Deinen Körper kümmerst.

5. Hand & Bein
Aus meiner Sicht: keinesfalls ständig an die Hand herantreiben. Aber, ich würde schon mit dem äusseren Zügel Fühlung aufnehmen und ihn tief, ruhig und konstant dem Pferd anbieten.

6. Seitengänger etc.
Beide Übungen schließen sich doch nicht aus! Meiner Erfahrung nach sind Seitengänge hervorragend geeignet, und die Zirkelübung ebenso. Man kann sogar beides kombinieren. Z.B. im SH den Zirkel vergrössern bringt ein Pferd wunderbar an den äusseren Zügel.

So, ich hoffe, ich habe nicht noch mehr Verwirrung gestiftet. Zu BB kann ich nichts sagen, aber es wird den "klassischen" oder auch "klassisch-barocken" Reitern ja oft ein mangelndes Vorwärts vorgeworfen. Das ist natürlich Unsinn, denn echte Versammlung gibt es nur mit dem unbedingten Willen zum Vorwärts. Ich würde auf möglichst viel Fleiß in ruhigem Tempo achten und nur soviel fordern dass dein Pferd bei dir bleibt und dich vor allem sitzen lässt, sonst kannst Du ja auch nicht korrekt einwirken. Dann, wenn Du ein gutes Gefühl hast, kannst Du ja immer wieder antesten mehr Schwung zu verlangen, denn der kommt, wenn er korrekt geritten wird auch immer aus einer aktiven, zur Versammlung fähigen HH.

Hör auf Dein Gefühl, bleib bei Trainer 1 aber hinterfrage was ihr macht, probier auch ruhig mal etwas aus der anderen Richtung aus und höre wieder auf Dein Gefühl und Dein Pferd. Frei nach dem Motto von P. Pfister: Prüfe alles und behalte das Beste.

Viel Glück und viele Grüße
Claudia
„Wer nur zu seiner Freude reitet, aus Freude am Leben, aus Freude an Flur und Wald, aus Freude am Pferd, der ist ein König und ein Weiser.“ (aus: Vollendete Reitkunst, Udo Bürger, 1959)
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Jen
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Beitrag von Jen »

Hallo Manuel

ich behaupte mal, ich kenne beide Seiten mittlerweile ziemlich gut und ich kann dazu nur sagen: Beide Seiten haben recht. ;) Aber es kommt immer darauf an, in welchem Stadium man selber ist und in welchem Stadium das Pferd ist und an welchen Problemen gearbeitet wird.

Es ist halt meist so, dass es nicht ein schwarz-weiss in der Reiterei gibt: der erste hat recht, der zweite nicht und umgekehrt. Viel wichtiger finde ich, dass die Umsetzung dem Pferd-Reiter-Team angepasst wird. Es nützt mir nichts, wenn ich ein System anpeile, das ich nicht verstehe und nicht umsetzen kann. Deswegen frag dich doch mal selber:

Welchen RL kannst du intuitiv besser begreifen, was kannst du besser umsetzen, worauf reagiert dein Pferd zufriedener?

Noch was zum Sitz: Ich persönlich empfinde den Sitz auch als etwas sehr sehr zentrales, gleichzeitig darf man aber nicht in eine Schablone gepresst werden und nur eine äussere Form annehmen. Wenn der Sitz nämlich wirklich funktional gut sein muss, muss das fühlen gegeben sein. Aber um die präzisen und richtigen Einwirkungen geben zu können, muss der Sitz auch richtig platziert sein, d.h. wenn du zb. in ein Hohlkreuz fällst, dann machst du dir selber und das Leben deines Pferdes viel schwerer als nötig, weil du nicht richtig mitschwingen kannst und das etwas unangenehm für dein Pferd ist und es eher den Rücken wegdrückt. Wenn deine Beine zu weit weg sind, dann müssen sie einen weiten Weg zurücklegen, bis es zu einer Einwirkung kommt und das lässt erstens dein Bein unruhig werden und zweitens bist du immer zu spät in der einwirkung. Das heisst also ein Funktionaler Sitz ist immer ein (recht) schöner Sitz. Umgekehrt aber muss ein äusserlich schöner Sitz nicht zwingend ein funktionaler sitz sein, wenn die Form durch verspanntheit zustande kommt.

Ich selber war nie in einem richtig krassen Konflikt, weil ich immer versucht habe, möglichst viel von verschiedenen Seiten aufzunehmen. ich denke,d as ist typabhängig. Aber ich hatte in meiner Laufbahn immer mehrere Lehrer gleichzeitig, die z.T. einen etwas unterschiedlichen Fokus hatten. Anfänglich dachte ich auch manchmal, hey, das ist doch genau das Gegenteil. Erst mit der zeit hab ich begriffen, dass sich diese zwei Gedanken, die anfänglich so gegensätzlich erscheinen doch vereinbaren lassen.

Deswegen... was spricht dagegen, wenn du weiterhin bei BEIDEN Unterricht nimmst und beides miteinander zu integrieren versuchst. Anstatt gross "Aber...Aber...Aber..." zu denken, mach einfach das, was sie dir mitgeben und du wirst mit der Zeit merken, was dir besser liegt, was zu welchem zeitpunkt besser funktioniert, was bei welchem Problem zielführender ist und später kannst du auch auf die Gedanken des anderen wieder zurückgreifen. So kannst du die Ruhe, überlegtheit und Geschmeidigkeit des einen, mit der Kraft und Dynamik und Präzision des anderen verbinden.

Und wenn du denkst, dass du dein pferd damit verwirrst... mitnichten. Das Pferd soll lernen genau auf deine Hilfengebung zu hören und nicht einfach ein stures Programm abzuspulen. Also zb. wenn du vorwärts verlangst, dann soll es prompt vorwärtsgehen. Wenn du aber in einem ruhigen untertourigen Trab reiten willst, dann soll es auch in einem ruhigen, untertourigen Trab gehen. Beides hat seinen Sinn und beides kann zielführend sein. Und noch besser ist, wenn du jederzeit entscheiden kannst, was du willst. DANN ist dein pferd an den hilfen.
Liebe Grüesslis, Jen
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Sunknúni
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Beitrag von Sunknúni »

Ich würde auch dafür plädieren, dass du versuchst aus beiden Richtungen etwas für dich rauszunehmen. Und vielleicht dich selbst auch paralell in die Literatur anderer "klassischer" Reitweisen einzulesen.

BB mag ich persönlich auch nicht unbedingt, da er auch mir zu untertourig reitet. Mag für manche Pferde vielleicht passen, meiner würde verrückt dabei werden. Dennoch mag ich es ebensowenig, ein Pferd nur ins Vorwärts zu schicken, vor allem wenn es ins Rennen kommt. Also variieren.

Versuche wirklich mal für dich zu überlegen, was DU sinnvoll findest. Dauernd treiben oder nicht; in der Hand flexibel sein und auch mit dem Zügel arbeiten oder die Hand eher stehen lassen; ...
Vielleicht hilft dir das weiter. Und dann schau dich mal um, was es sonst gibt. Letztendlich sind viele Wege richtig (leider natürlich auch viele Wege "falsch") und man muss für sich und sein Pferd das Passende finden.
Ich persönlich finde inzwischen vieles bei Phillipe Karl, bei jemand anderes ist es Hinrichs oder Branderup oder oder oder...
Carmen
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Beitrag von Carmen »

Die Antwort ist ganz einfach: Hör auf dein Pferd. :D
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Filzi
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Beitrag von Filzi »

Hallo Manuel,.

darf ich dich gleich mal direkt fragen in welchem Stall du stehst und welcher Sattler diese Aussage getätigt hat?

Das interessiert mich nämlich wirklich!
"Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg." Mahatma Gandhi
manuel
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Beitrag von manuel »

Hey danke für die vielen Antworten :)

Den Rat mit beiden Lehrern weiterzuarbeiten werde ich befolgen!!
Habe wohl doch zu sehr in Schubladen gedacht und mich irgendwie im Detail verloren ;)

Rein intuitiv gefällt mir zwar der BB-Trainer etwas besser, aber dennoch hat mir die Arbeit am Sitz mit der anderen Trainerin auch etwas gebracht! Und auch da gab es ja den ein oder anderen lichten Moment.
Fliehendes Pferd
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Beitrag von Fliehendes Pferd »

Also ehrlich gesagt, halze ich das für Quatsch. Das ist zu konträr. Sei konsequent und verfolge eine Linie. Mach das, womit Du klar kommst. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich und ich sage mit Absicht nicht, wo meiner ist.
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smilla
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Beitrag von smilla »

Ist es wirklich zu konträr? Auch für Branderup ist doch Steinbrecht ein wichtiger Hintergrund. Ich würde es eher so sehen, dass man verschiedene Werkzeuge kennenlernt, auch mal abwägen kann, mit was man selbst oder das Pferd besser klarkommt. Und der Gedanke von Jen überzeugt mich absolut:
Jen hat geschrieben:Das Pferd soll lernen genau auf deine Hilfengebung zu hören und nicht einfach ein stures Programm abzuspulen. Also zb. wenn du vorwärts verlangst, dann soll es prompt vorwärtsgehen. Wenn du aber in einem ruhigen untertourigen Trab reiten willst, dann soll es auch in einem ruhigen, untertourigen Trab gehen. Beides hat seinen Sinn und beides kann zielführend sein. Und noch besser ist, wenn du jederzeit entscheiden kannst, was du willst. DANN ist dein pferd an den hilfen.
Ich glaube nicht, dass man es sich so unbedingt einfacher macht, aber das man davon profitiert, das glaube ich ;).
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Seunig
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Beitrag von Carmen »

Also ehrlich gesagt, halze ich das für Quatsch. Das ist zu konträr. Sei konsequent und verfolge eine Linie.
Ich finde das ehrlich gesagt auch. Schon im ersten Posting steht, dass die Lehrer völlig unterschiedliche Ansätze für die gleiche Übung verfolgten und auch andere Ergebniss sehen wollten. Das verwirrt das Pferd. Man kann sich zwar selbst aus jeder Reitweise etwas herauspicken, das einem sinnvoll erscheint, aber zwei verschiedene Reitlehrer mit verschiedenen Stilen halte ich für Blödsinn. Der eine sagt "Hü", der andere "Hott" und am Ende bist du und ist auch dein Pferd verwirrt. Du wirst an den Punkt kommen, wo du bei jeder Aussage eines der RL sagen wirst: "Aber XY hat das anders gesagt / getan.."
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Jen
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Beitrag von Jen »

Da ich selber bei sehr unterschiedlichen lehrer immer unterricht genommen habe, weiss ich, dass das auf den ersten Blick scheinbar so konträre so konträr gar nicht ist. Ich habe sehr viel davon profitiert. Es ist quatsch, dass das PFERD verwirrt wird. Wenn schon wird der Mensch verwirrt. Das Pferd soll lernen einfach das zu machen, was der Mensch von ihm verlangt. Völlig egal, ob es nun mal mit mehr Biegung oder mit weniger Biegung, mit mehr vorwärts, mit weniger vorwärts etc ist. Für das PFERD ist das überhaupt kein Problem!

Aber es liegt sicher nicht jedem Menschen, sich seinem Lehrer anzuvertrauen und auch einfach mal das zu machen, was er verlangt ohne jedesmal gleich nachzufragen. Da liegt viel eher das Problem.
Liebe Grüesslis, Jen
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Excalibur

Beitrag von Excalibur »

Ich glaube das Jen grundsätzlich recht hat. ABER: Ich glaube auch das sowohl Pferd als auch Reiter (oder von mir aus auch, zumindest einer von beiden)da schon ziemlich gefestigt für sein müssen.

Wenn das Pferd noch viele Probleme hat und gleiches auch für den Reiter geht, sollte man erst einmal einen Weg verfolgen. Den wenn der Reiter mit der Umsetzung noch Probleme hat und das Pferd auch noch nicht weiß was man genau von ihm verlangt und dann das Ganze auch noch immer unterschiedlich erklärt wird, kann das meines erachtens nicht gut gehen.

Weiß man als Reiter wo man hin will und kann gewisse Dinge (weil Biomechanich unsinn) für sich ausschließen bzw. nachvollziehen, sehe ich das genauso.

Reite auch gerne Lehrgänge bei Peter Aßmann mit, weil ich mir immer viel rausziehen kann. Das komplette System wäre aber nicht meins, da bleibe ich dann bei den Wienern. Doch ich habe dann auch immer mal wieder Pferde, bei denen Aspekte auch der französischen Reiterei zum tragen kommen.

Doch in diesem Fall wo das Pferd noch erhebliche Probleme hat und auch der Reiter würde ich mich Primär erst mal aucf einen Reitlehrer fokusieren. Vielleicht mal ab und an wo anders reiten und Elemente die Gefallen, dann in Rücksprache mit dem Reitlehrer in den Unterricht mit ein beziehen.

LG Nadine
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