Kerstin Diacont: Reitstunde

Hier werden von uns neue Fachbücher vorgestellt

Moderator: Josatianma

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chica
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Kerstin Diacont: Reitstunde

Beitrag von chica »

Kerstin Diacont: Reitstunde - Die klassische Ausbildung modern vermittelt

ISBN-Nummer: 3-275-01536-2
Verlag: Müller-Rüschlikon
Preis: 19,00 €
Seitenzahl: 159
Auflage: 1
Format: Gebunden
Kategorie: Reiten, Köpergefühl
Jahr Erstausgabe: 2005

Klappentext:

Für jeden Reiter ist es wichtig, dass er sich optimal auf sein Pferd einstellt, bevor ers versucht, es zu beeinflussen bzw. zu korrigieren. Dazu gehört, dass er sich seiner eigenen Schwächen, Unzulänglichkeiten und Blockaden bewusst ist, sowohl auf körperlicher als auch auf psychischer Ebene. Denn nur, wenn er seine Körpersprache unter Kontrolle hat, wenn er wirklich weiß, was er tut und warum er es genau so tun muss, kann er auf Dauer eine harmonische Zusammenarbeit mit dem Pferd erreichen.

Zu Beginn des Buches findet der Reiter “Trockenübungen” ohne Pferd, die ihm helfen, die Zusammenhänge in seinem Körper besser zu verstehen. Wichtig ist dabei insbesondere die Beweglichkeit im Becken und das Wissen um die Vorgänge, die dort ablaufen, wenn der Reiter die “Bewegungsvorgaben” des Pferdes aufnimmt.

Auch bei der Ausbildung und Korrektur von Pferden legt die Autorin zuallererst Wert auf die Reduzierung von Druck und Kraft seitens des Reiters.


Rezensionstext:
Das Buch “Reitstunde - Die klassische Ausbildung modern vermittelt” von Kerstin Diacont baut auf die ersten beiden Bände “Wie sag ich´s meinem Pferd” und “Erfolgreich arbeiten mit Pferden” auf. Das Buch ist übersichtlich aufgegliedert und in einer angenehmen und leicht verständlichen Weise geschrieben.

Der erste große Abschnitt des Buches beschäftigt sich vor allem mit dem Bewegungsgefühl des Reiters und vermittelt viele Übungen zur Schulung des Körperbewusstseins. Mit Hilfe von vielen Fotos werden Übungen auf einem Stuhl gezeigt, die dem Reiter die Auswirkungen einzelner Bewegungen auf dem Pferd verdeutlichen sollen. In diesem Trockentraining kann sich der Reiter bewusst machen, wie sich das Gefühl in seinen Sitzknochen bei Kopf- oder Körperdrehungen verändert. Auch fehlerhafte Handhaltungen und ihre negativen Auswirkungen auf den lockeren Sitz werden genau beschrieben. Dieser Teil des Buches ist vor allem für Einsteiger oder Reiter, die ihr Körperbewusstsein verbessern wollen, geeignet. Es ist alles sehr klar und ausführlich beschrieben. Daran schließt sich ein kurzer Teil über den Sitz des Reiters auf dem Pferd an.

Im dritten und größten Teil geht Frau Diacont nun auf einzelne Bereiche des Reitens ein. Diese sind mit einer gleich bleibenden Struktur klar gegliedert und auf mögliche auftretende Probleme geht sie in Fallbeispielen immer wieder mit Lösungsansätzen gut ein.

Nach dieser Struktur wird nun der Sitz des Reiters mitsamt Sitzfehlern, das an den Zügel Reiten des Pferdes, die Resensibilisierung, die Seitengänge, die Taktreinheit der Gänge, das Rückwärtsrichten und die Versammlung erarbeitet.

Durch viele Fallstudien hat jeder Reiter die Möglichkeit sich selbst mit seinem Problem wieder zu finden, und auch einen Ansatzpunkt zur Verbesserung zu erhalten. Immer wieder geht Frau Diacont auf den korrekten Sitz ein. Vor allem ihre Fallstudien zum Thema “Zügelanlehnung” sind sehr anschaulich und es werden viele Tipps und Übungsreihen zur Verbesserung bzw. Problembehebung gegeben. Die von ihr vorgeschlagene Übung zur Resensibilisierung (Trab-Halt-Trab) ist in einzelnen Schritten sehr schön beschrieben, wobei ein Punkt bei mir großes Entsetzen ausgelöst hat: “Kommt immer noch keine Reaktion, nimmt der Reiter die Gerte in eine Hand, die Zügel in die anderen und zieht dem Pferd strafend eins über. Ich habe noch kein Pferd erlebt, was in diesem Moment nicht einen Satz nach vorne gemacht hätte” (S. 84). Gegen den gezielten Einsatz der Gerte mit ansteigender Stärke hinter dem Schenkel des Reiters habe ich nichts einzuwenden, die von Frau Diacont vorgeschlagene Methode ist jedoch genau das, was ich bei der Resensibilisierung und Ausbildung von Pferden überhaupt nicht sehen möchte. Vor allem weil bei dem Satz des Pferdes nach vorne der Reiter automatisch nach hinten geschmissen wird und dem Pferd mit dem Zügel im Maul ruckt - also automatisch wieder die Handbremse anzieht.

Im Bereich der Seitengänge ist Frau Diacont im Schulterherein / Renvers / Travers ein Fehler im Umgang mit den Begriffen Hufschläge und Hufspuren unterlaufen. Das Schulterherein / Renvers / Travers soll auf drei bis vier Hufschlägen geritten werden. Dies ist jedoch nicht möglich, da ein Hufschlag mit einer Pferdebreite definiert wird. Auch die Fotos, die das Schulterherein verdeutlichen sollen zeigen oftmals zu viel Abstellung und ähneln eher einem Schenkelweichen. Ihre anschliessenden Beschreibungen zu den einzelnen Seitengängen mit möglichen Übungsreihen auf dem Zirkel und Quadrat und die Fehlerbehebung sind wieder gut zu lesen und umsetzbar.

Insgesamt ist es ein ganz nett zu lesendes Buch. Wer sich jedoch mit der klassischen Ausbildung noch nicht beschäftigt hat, wird mit diesem Buch nicht weiterkommen. Der erste Teil mit den Übungen zum Körperbewusstsein ist für jeden Reiter, ob Anfänger oder Profi bestens geeignet. In der Beschreibung der Seitengänge fehlen leider die genauen Erklärungen der Hilfen für Travers und Renvers. Die Fallstudien können jedoch gerade ungeübteren Reitern helfen eigene Fehler zu erkennen und durch die Lösungsvorschläge zu korrigieren. Als eine ergänzende Reitlehre ist dieses Buch zu empfehlen, als Einstieg in die klassische Ausbildung eher nicht.

Verfasserin der Rezension: Josatianma
LG Ines
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"Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart."
(Noël Pierce Coward)
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