Laiengerechte Definitionen der "Klassischen Reitweise&q

Rund um die klassische Reitkunst

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bea
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Laiengerechte Definitionen der "Klassischen Reitweise&q

Beitrag von bea »

Hallo zusammen

Ich finde, Reiter haben es nicht immer ganz leicht, anderen zu erklären, was sie da eigentlich in ihrer Freizeit so treiben. Nicht-Reiter sehen selten ein, dass Reiten mehr ist als "auf dem Pferd sitzen" und auch viele Reiter aus diversen Sparten verstehen nicht, welche Gedanken man sich als "Klassiker" so macht und dass Reiten mehr sein kann als nur eine äussere Form. Letzteres finde ich häufig besonders problematisch, weil ich merke, dass meine Gegenüber mich wirklich nicht verstehen und wir auf keinen gemeinsamen Nenner kommen.

Ich habe mir selber nun so eine Art "laiengerechte" Definition vom Reiten zurechtgelegt, die drei verschiedene Arten von Reiten (damit sind nicht verschiedene Reitweisen gemeint!) unterscheidet:
1. Reiten im Sinne von Draufsitzen und sich irgendwie durch die Gegend tragen lassen
2. Reiten als Sport, vergleichbar mit Bodenturnen, wo es um äussere Form und korrekt aussehende Figuren geht, die dann auch benotet werden können
3. Reiten als sportliche Kunst vergleichbar mit Baletttanzen, wo es um das Gleichgewicht von Körper und Seele und um Ausdruck geht

Meine Frage zielt nun eigentlich darauf hin, wie ihr dieses "Problem" angeht. Wie versucht ihr, anderen Leuten (Nicht-Reitern oder auch anders-Reitern) eure Reitweise bzw. die Philosophie, die dahinter steht, zu vermitteln? Oder stellt sich euch dieses Problem nicht bzw. steht ihr da drüber? Was antwortet ihr auf die Frage, ob ihr Reiten könnt oder warum ihr trotz langjähriger Pferdeerfahrung immer noch Unterricht nehmt/nehmen müsst?

LG, Bea
Reiten heisst: sitzen - fühlen - denken.
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stromboli20
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Beitrag von stromboli20 »

Ich beantworte jedem, der mich frägt alles so gut wie ich kann. Von Einfach bis ins Detail. Es ist ganz interessant, weil man selbst mal nachdenken muss,was zum Teufel man eigentlich tut *g* Wenn mich niemand frägt,ist auch alles gut *freu*
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Alix_ludivine
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Beitrag von Alix_ludivine »

Hallo bea,

das ist eine sehr gute Frage und eine, die superschwer zu beantworten ist, ohne dass man gleich zu hören bekommt "machen wir ja auch.."..

Klassisch - hm, was ist klassisch.. Da bediene ich mich mal des Herrn Karl, weil er eine (für mich) logische und eindeutige Definition gefunden hat. Klassisch ist das, was in der Vergangenheit FÜR'S Pferd getan wurde, also jede Entwicklung, die positiv für's Pferd getan wurde, das ist klassisch. Also weg vom brutalen Reiten hin zum logisch denkenden und fühlend feinen Reiten.
Wie versucht ihr, anderen Leuten (Nicht-Reitern oder auch anders-Reitern) eure Reitweise bzw. die Philosophie, die dahinter steht, zu vermitteln?
Das ist schwierig.. Ich versuche das immer so zu erklären, dass ich nicht was mache, weil es so ist, sondern weil es mir pferdephysiologisch-logisch vorkommt und mein Pferd das gut findet :wink: Wenn Weg A nicht funktioniert, nehme ich Weg B und gehe eventuell einen Umweg über Weg C.. Eben nix machen, weil man es so gesagt bekommt, sondern weil man versteht bzw. weil man es versucht zu verstehen.. Also quer denken und nicht stur einen Weg gehen.
Und dann reite ich keine Lektionen um der Lektionen Willen, sondern ich gymnastiziere über Lektionen..
Und die Philosophie dahinter ist "pro Pferd"
Was antwortet ihr auf die Frage, ob ihr Reiten könnt
Darauf antworte ich "Nein, aber ich versuch's seid 17 Jahren.." :wink:
oder warum ihr trotz langjähriger Pferdeerfahrung immer noch Unterricht nehmt/nehmen müsst?
Also die Frage stellen meistens Nicht-Reiter und wenn ich dann denen erkläre, die Gymnastik des Pferdes und die verschiedenen Arten des Fühlens und Denkens.. Dann geben die meist von selber auf und meinen, dass das eine "Wissenschaft für sich" ist und das ist dann der Punkt wo ich sagen kann "Siehst Du und deswegen nehme ich Reitunterricht" :D

LG Alix
lalala

Re: Laiengerechte Definitionen der "Klassischen Reitwei

Beitrag von lalala »

bea hat geschrieben:
Meine Frage zielt nun eigentlich darauf hin, wie ihr dieses "Problem" angeht. Wie versucht ihr, anderen Leuten (Nicht-Reitern oder auch anders-Reitern) eure Reitweise bzw. die Philosophie, die dahinter steht, zu vermitteln? Oder stellt sich euch dieses Problem nicht bzw. steht ihr da drüber? Was antwortet ihr auf die Frage, ob ihr Reiten könnt oder warum ihr trotz langjähriger Pferdeerfahrung immer noch Unterricht nehmt/nehmen müsst?

LG, Bea
Meine nicht-reitenden Freunde verstehen sicherlich nicht wirklich, was hinter der Faszination Pferd steckt. Wer will, darf auch mal mitkommen und sich mal draufsetzen und merken, dass nicht alles so einfach ist wie es ausschaut - die meisten interessieren sich aber nicht wirklich dafür. Alle Haustierbesitzer können sich aber zumindest vorstellen, dass mehr als nur Sport dahinter steckt. Komischerweise stellen die Nicht-Reiter eigentlich kaum die Frage, warum man immer noch Unterricht nimmt. Das mag aber am Umfeld liegen - sich ständig weiterzuentwickeln gehört für viele einfach dazu (egal ob Hobby oder Job)

Bei den Reiterfreunden gibt es einige wenige, die sich auf einer ähnlichen Linie bewegen und viele die auch vieles nicht verstehen oder verstehen wollen. Ich habe es aufgegeben mich ständig erklären zu wollen...viele aus dem Turnierreiterlager verstehen nicht, dass ich das Stuti trotz einiger sehr guter Alternativen immer noch reite - sie sind aber auch überrascht und voll des Lobes, was wir mit Hilfe des "unpopulären RLs" und dem unkonventionellen Traininsplan aus dem Stuti gemacht haben. Die Entwicklung gibt unserem Weg recht und deshalb lasse ich sie reden - auch wenn es oft schwerfällt, wenn mal wieder abfällig vom "schlechten Pferd" geredet wird...wir sind als Team zusammengewachsen und das bemerken auch die, die genauer hinsehen...wir haben Vertrauen entwickelt und arbeiten nicht mehr gegeneinander und aus dieser Saison haben wir ein noch enormes Selbstvertrauen mitgenommen.Wir definieren unsere Erfolge halt nicht in Schleifchen, wir stecken uns kleine Ziele, Schritt für Schritt geht es voran...oberstes Ziel war es immer, das Pferd bestmöglich gesundzuerhalten und gemeinsam Spaß zu haben. Und es macht mittlerweile nur noch Spaß:egal ob Reiterspiele, Springen oder Geländeritte...

Ich finde es nett, sich mit den anderen auszutauschen und wer interessiert nachfragt bekommt auch Antworten. Es gibt eine Menge Leute,die ich menschlich in Ordnung finde, aber reiterlich sind sie für mich ein Graus - da missionieren oft nicht ankommt, versuche ich da das Thema Pferd zu vermeiden...
Zuletzt geändert von lalala am Di, 10. Okt 2006 19:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Larry
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Beitrag von Larry »

Hallo Bea,
zu deiner Frage, meist gar nicht mehr.
Die Nichtreiter wollen meist nicht wirklich tiefere Hintergründe wissen und die, die „anders“ reiten, machen es ja auch wieder aus ihrer Überzeugung heraus.
Das ich mal richtig Sport reiten (??) soll um zu sehen, was richtiges Reiten ist, ist die eine Sache, weswegen ich nicht mehr mit dem großen Teil der Englischreiter darüber rede.
Mit ausgebundenen Pferden ins Gelände zu gehen, sagt doch schon alles!!!

Und wenn es mir mal wieder über den Strich geht(eine kl. Ausbildung dauert halt etwas länger- bei mir), dann sehe ich mir deren Pferde an.
Die können zwar weit aus mehr Lektionen als mein Pony und ich(das ist leider Fakt) aber die Durchführung bleibt oft dem Pferd im Halse stecken und zwar nicht nur wörtlich- sondern in der bitteren Realität.
Wenn mich dann mal einer ernsthaft interessiert fragt, erkläre ich ihm, dass das wie mit der Kunst ist. Es gibt viele Wege..
Man muss schon für jeden Weg Materialien, Techniken, Einsatz und Auswirkung kennen.
Aber welcher Maler ist je mit seinem Bild fertig und hundert Prozent zufrieden. Er wird jeden Tag sein Denken und Handeln neu entdecken. Und so empfinde ich für mich das klassische Reiten. Ich habe hier das Gefühl mehr Wege gehen zu können und diese auch –arrogant ausgedrückt- schöner zu gehen.
Diese vielen, vielen Möglichkeiten sind dem heutigen "durchschnittlichen Englischreiter“ genommen worden!
Durch inzwischen immer weniger weit gefächerte Trainer in diesem Bereich bzw. dem Zwang dem Zeitfaktor zu unterliegen. Alles ist schnelllebig. Die klassische Ausbildung nicht.
So, und nun beende ich meinen Roman, obwohl ich eigentlich noch nicht fertig bin. Aber dieses Thema ist wie Politik und Glaube. Hier kann man nur durch Taten und nicht durch Worte überzeugen.
Und mein Pony und ich wollen ja noch was schaffen..wir sind ja nicht mehr die Jüngsten. :wink:
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pepe
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Beitrag von pepe »

Bei mir läufts ähnlich wie bei Larry: die Nicht- Reiter interessiert es nicht wirklich und die Reiter....nun ja, es gibt in unserem Stall GSD viele verschiedene Arten und Blickwinkel, da funktionierts das gut, ich frag den Andern auch öfter Löcher in den Bauch und dann wird lebhaft - aber freundschaftlich!- diskutiert.
Ich habe es aber schon oft erlebt daß ich in fremden Ställen für den Unterricht Publikum hatte. Da waren dann meistens welche aus der Lästerer- und Besserwisserfraktion dabei. Mit denen zu diskutieren ist schwer...Nasenriemen, Hilfszügel, Seitengänge, Stirnlinie....
Entweder die Leute kommen von selber oder garnicht. Ich hab keine Lust zu missionieren.
"Reiten Sie Ihr Pferd teuer!" -Richard Hinrichs
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Junito
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Beitrag von Junito »

Das Erstaunliche ist für mich, dass bisher eigentlich außer nur meinen Eltern und meinem Mann (alle Nichtreiter) in meiner "Reitkarriere" vielleicht 10 Mitreiter mal nachgefragt haben: Warum der ganze Aufwand "nur" fürs Freizeitreiten?

Nun betreibe ich das in der Art, seit ich mein Schimmelchen habe, also seit 10 Jahren. Ein Schnitt von Einem pro Jahr ist nicht gerade viel. Wer es aber wissen möchte, dem erkläre ich eben, dass ich einerseits mein Pferd gesunderhalten, andererseits eben wirklich mit ihm "verschmelzen" möchte. Das geht eben nur über diesen umständlichen Weg, mit vielen Umwegen und auch Rückschritten.
Viele verstehen das nicht oder wollen es auch nicht verstehen. Sie halten mich für eine Art Spinner. Mir wurde auch mehrfach angeraten, mir ein anderes Pferd zuzulegen. Aber das ist mir egal. Ich habe selten etwas so gemacht wie andere ("nimm doch mal Schlaufer, dann nimmt er die Rübe schon runter") und gelernt, Dinge nicht immer als das zu sehen, was sie sind.
Pferde sind wie guter Sekt - es braucht Zeit und Erfahrung, damit sie perlen können.
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chica
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Beitrag von chica »

Mich fragt keiner :P Im neuen Stall meinen wahrscheinlich ein paar, dass ich den Mund total voll nehme, dann aber draufsitze, wie der letzte Anfänger. Nun ja, sie kennen meine und Starlettas Geschichte nicht und wenn sie nicht nachfragen, kriegen sie auch keine Infos. Sollen sie denken was sie wollen.

Genauso geht es mir aber auch anders herum: Ich höre GSD langsam auf, zur lästernden Meute auf der Tribüne zu gehören (Ausnahmen bestätigen die Regel :roll: ) und gucke einfach nur zu. Und wenn ich etwas wissen will, frage ich. Leben und leben lassen. Berührungsängste gibt es eben überall - genauso wie Ignoranz und Besserwisserei.

Bei den Nichtreitern fällt es mir komischerweise ganz leicht, meine Faszination Pferd zu beschreiben. Die meisten erkennen dann schon am Klang meiner Stimme, dass das für mich etwas Herrliches und Unbeschreibliches darstellt. Dann drehen sie sich kopfschüttelnd weg und lächeln mitleidvoll :)
LG Ines
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"Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart."
(Noël Pierce Coward)
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Jen
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Beitrag von Jen »

Hi

ich versuche es auch so ähnlich zu erklären, wie du Bea. Ich mache dann auch mal den Vergleich zu einem Musikinstrument, das können viele eher nachvollziehen. So kann man zb. in 5min den Kotelett-Walzer lernen, genauso wie Touristen am Strand einfach auf dem Pferd rumhängen können. Aber ich möchte eben mehr, ich möchte nicht nur klimpern, sondern Musik machen! Und da es sich nicht um ein Klavier sondern um ein lebewesen handelt ist es halt gleich doppelt so schwer, da sich die Musik erst wirklich einstellt, wenn BEIDE Spass daran haben. Das hat bis jetzt den meisten eingeleuchtet ;)
Liebe Grüesslis, Jen
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Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
wiassi

Beitrag von wiassi »

Wenn ich gefragt werden erkläre ich meist, das mir mein Pferd mehr ist als ein bloßes Sportgerät was funktionieren soll und mir sein Wohlergehen und Spaß an der Geschichte genau so wichtig wie mein Vergnügen. Und das sieht man ihm an.

Zum Thema Unterricht bin ich dazu übergegangen auf Nachfrage von meiner "Trainerin" zu sprechen. Das man für Training Unterstützung braucht ist durch andere Sportarten bekannt und eher nachvollziehbar für Reitlaien.
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Celine
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Beitrag von Celine »

Meine nichtreitenden Freunde können mein Anliegen komischerweise eher verstehen als so manche anderen Reiter. Aber ich muss sagen, ich bin von vielen umgeben, die es genau so machen wie ich und alle ihren eigenen Weg gehen, Sportreiter kenne ich kaum. Ich steh ja jetzt auch in einem kleinen Stall, wo es keine Möchtegern-Ehrgeiz-Turnierreiter gibt.

Mit den anderen, z.B. vielen aus unserem alten Stall, diskutiere ich eigentlich nicht. Sollen die doch den Kopf schütteln, aber wenn sie nicht ernsthaft an uns interessiert sind, dann dräng ich meine Meinung auch nicht auf.

Am schwierigsten find ich unseren Haustierarzt. Der ist ein Freund von meinem Freund und behandelt die Pferde kostenlos, was natürlich super ist - einerseits. Andererseits hab ich von ihm mein Pferd, und er würde es gern als strampelnden Turnierstar sehen - ich geh jeder Diskussion aus dem Weg. Ich komm gegen ihn eh nicht an.
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