Ritte die gefallen, bei denen das Pferd die Nase vorn hat

Rund um die klassische Reitkunst

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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

edit, da versehentliches Zitat...
Zuletzt geändert von saltandpepper am Di, 27. Jan 2015 09:38, insgesamt 1-mal geändert.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Ulrike hat geschrieben:Guten Morgen,


:)
Danke noch mal für diese weiterführende Erklärung.

Wenn ich meine Araberin an der Longe in guter Selbsthaltung longiere, mit lateraler Selbsthaltung und einem ausreichendem Vorwärts aus der Hinterhand,
dann dehnt sie sich sehr wohl auch, allerdings nicht in dieser tiefen Dehnung, das ist das, was mich so sehr erstaunt hat.
Diese ganz tiefe Dehnung wäre mir jetzt auch nicht recht, sie gehört aber auch nicht in mein Konzept.

Diese tiefe, getragene Dehnung erfordert auch bereits ein hohes Maß an "Tragkraft" im wahrsten Sinne. Und man kann auch zwischen tiefem ganz "hängen lassen" und "Tragen/Spannen" variieren ( wenn man kann) -Letzteres finde ich an der Longe noch deutlich kniffeliger als beim Reiten.

Die Nachteile der Gefahr der Vorlastigkeit und die Vorteile der freien Oberlinienmusklatur, wollen gut gegeneinander abgewogen sein. Und darauf zu Verzichten ist sicher eine Option- habe ich lange auch überzeugt getan- bis mich eben ein Pferd eines besseren Belehrte, das genau dieses Vorgehen brauchte. :wink:


Dieses Konzept wollte ich verstehen, deshalb habe ich nachgefragt, auch, was die Longenführung betrifft, die sich ja doch stark verändert, wenn der Arm kürzer ist als der Hals des Pferdes (im tgl. Leben ja GsD :lol: )


LG Ulrike
Gruß Heike
grisu
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Beitrag von grisu »

Pradier postuliert auch keineswegs ein "Nase tief, weils für alle Pferde passt." Er beschreibt in seiner Erklärung zur "L'extension d'encolure", wie es überhaupt zu der Entwicklung dieser Technik kam, die in der klassischen Dressur unbekannt war.

Im 19. Jh. nahm der Anteil der blutgeprägten Pferde in der Dressurreiterei zu. Zudem wurden zunehmend Wallache und Stuten genutzt. Diese Pferde hatten dünnere, längere und schwächere Hälse. Dies machte eine Methode notwendig, die diesen die Form, die Richtung und die notwendige elastische Widerstandsfähigkeit gibt, die für die Dressurarbeit notwendig ist.
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Laternenpferd
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Beitrag von Laternenpferd »

Hi! Ich lese hier schon lange still mit.
Ich möchte dir, saltandpepper, danke sagen für die anschauliche Erklärung und die Genauigkeit darin!
Es geht schnell, dass man Dinge mischt und du hast es in gute Worte fassen können!
Diese Fähigkeit geht mir nur allzu oft ab... :roll:
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Jen
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Beitrag von Jen »

Danke Heike, für die Präzisierung, meine Ausführungen waren sehr knapp, zu knapp (aber mit dem iphone gurkts mich an ausführlich zu werden, das Tippen ist so mühsam).

Bei Pradier ist die Kadenz in dieser tiefen Haltung sehr wichtig und dies fördert natürlich die HH-Aktivität und damit die ganze damit verbundene Muskelaktivität. Und auch die Anlehnung, damit eben der Widerrist gut aufgefächert wird und das Pferd nicht nur auf die Vorhand fällt. Ich finde das einen wesentlichen Aspekt, der vorher wohl etwas unterging. Er liess offenbar viel auf Zirkeln in wechselnder Grösse, liegenden Achten reiten etc. auch Stangen und kleine Gymnastiklinien wurden einbezogen, um die Pferde beweglich zu machen. Ganz klar ist das Pferd dabei etwas vorlastiger als in Versammlung, aber richtig gemacht überwiegt der Nutzen die Nachteile für die weiterführende Arbeit. Man darf schon nicht vergessen, der Herr war Tierarzt (u.a. in Fontainebleau), Osteopath, und auch Reitlehrer. Er arbeitete mit Reitern und Ausbildern bis in die höchsten Stufen und wusste schon, was er wie erreichen wollte. So ist es doch immer, dass man irgendwo Kompromisse eingeht, um ein bestimmtes (Zwischen-)Ziel zu erreichen, um dann von da aus weiter zu arbeiten. Er hat sich offenbar auch immer dagegen gewehrt, seine Art zu Arbeiten als eine "Methode" zu benennen. Ich denke, er war sicher viel individueller, als es wohl von den paar Videoausschnitten, die ja auch wieder selektiv sind, zu erkennen ist. Und so eben auch nicht mal schnell einfach so zu kopieren. Schade, ist er nicht mehr unter uns, ich hätte ihn gerne persönlich kennengelernt und ihm bei der Arbeit zugesehen.
Liebe Grüesslis, Jen
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grisu
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Beitrag von grisu »

Jen hat geschrieben: ...

Er hat sich offenbar auch immer dagegen gewehrt, seine Art zu Arbeiten als eine "Methode" zu benennen. Ich denke, er war sicher viel individueller, als es wohl von den paar Videoausschnitten, die ja auch wieder selektiv sind, zu erkennen ist. Und so eben auch nicht mal schnell einfach so zu kopieren. Schade, ist er nicht mehr unter uns, ich hätte ihn gerne persönlich kennengelernt und ihm bei der Arbeit zugesehen.
Er hat immerhin Bücher geschrieben, in denen er seine Vorgehensweise recht genau beschreibt. Leider gibt es die weder in englischer noch deutscher Übersetzung, was unter anderem erklärt, warum er den meisten Deutschen nicht bekannt ist.
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Jen
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Beitrag von Jen »

ja das stimmt und ich habe mir sogar schon überlegt, mir eines zu kaufen, trotz meines eher bescheidenen französisch. Wäre immerhin ein Grund die Sprache wieder mal aufzufrischen... höhö. Hast du die Bücher? Welches würdest du am ehesten empfehlen?
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grisu
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Beitrag von grisu »

Ich habe
"Mécanique équestre et équitation"

... und du hast Recht, es ist ganz schön hart, sich da durchzuackern. Zumal "normales" Französisch eben nicht ausreicht. Wenn mans dann mal nicht kapiert, dann hilft auch das Wörterbuch nurbegrenzt weiter, weil es eben (wie im Deutschen auch) eben Fachtermini sind oder bestimmte Wendungen, die sonst eine andere (oder keine) Bedeutung haben.
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Beitrag von le_bai »

Jen hat geschrieben:Wenn Zug auf das Nackenband kommt, werden die Dornfortsätze aufgefächert und die Wirbel hochgezogen. Das ist einfach eine mechanische Sache. Nur wenn dein Pferd kein Nackenband hätte, würde der Rücken tatsächlich hängen. Dann wäre er aber ein biomechanisches Wunder ;)
lediglich das gespannte nackenband kompressiert ab einem gewissen Punkt die wirbel des brustkorbes und je nach ausbildung der ventralen muskulatur sackt der brustkorb dadurch ab (oft wird das mit einem
hängen bezeichnet) - für ein ausbildungsergebnis wie in den videos zu sehen muss defintiv auch die, den brustkurb untenherum umgebende muskulatur gestärkt werden.
die tiefe haltung führt eigentlich eher zu einer überspannung des rückens, wo auch die belastung mit gewicht nur sehr, sehr dosiert und mit entsprechender aufbauarbeit erfolgen sollte.

ich arbeite während der decksaison (oder in anderen, das pferd mental mehr zu sammelnden Situationen) auch mit tief eingestelltem "(hengst)kopf" - jedoch an der kopflonge.

bei pferden mit sehr geringem tonus läuft man gefahr, zu destabilisieren. egal ob sie kurz oder lang sind ...

in gutem geläuf im gelände kann man eilige pferde auf diese art in einen sehr guten, energischen trab sowie sehr gesetztes angaloppieren bringen. jedoch ist das kräftemäßig extrem fordernd.
schnell läuft man gefahr, dass pferde anfangen, zu stoßen oder sich anderweitig zu entziehen, wenn man sie in dieser haltung überfordert. ausserdem benötigt das viel übersicht beim reiten.

aus meinem verständnis wurde diese methode an den militärisch geführten reitschulen wegen der gefahr der verunfallung (bei unerfahrenen reitern und/oder pferden) weitestgehend unterbunden. gänzlich unbekannt ist es definitiv nicht - dazu habe ich es schon zu oft in archiv-fotos gesehen. aber es wird nicht wirklich schriftlich erwähnt und scheint daher eher in die "zone : nicht vorbildhaft" zu fallen.

im zusammenhang mit den schönen ErklärBär-videos fällt auf, dass ab und an auch eine deutliche seitliche flexionierung zusehen ist.

keine allzu-unbekannte methodik, mittels stark seitlicher flexionierung abwechselnd die entspannung der unterlinie zu erzeugen.

mechanisch gibt es dazu auch hinweise bei LTJ - auf entsprechenden druckpunkt konditionierte pferde reagieren da gern auch sehr gut mit dem halsring.

es geht soweit, dass man sonst eher verspannte pferde mit einsetzen des gebisses direkt am unterhals locker schütteln kann, wo sie am halfter ODER AM KAPPZAUM massive widerstände zeigen.

ich denke diese methode ist in erster linie optisch ungewöhnlich.
teile dieser biomech. Theorie findet man ansonsten in vielen anderen Punkten wieder. schade, dass es offensichtlich fast nur aussterbendes Personal für evtl. fortbildungsmöglichkeiten gibt. ... aber schön, dass es hier erwähnt wird :D
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

wie gesagt, le_bai, Frau Cygon arbeitet mit den selben Effekten, wenn auch mit Hilfengebung nach anders gearteten Wirkungsprinzipien. Hinfahren, anschauen, lernen !
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Jen
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Beitrag von Jen »

Ina Cygon und Pradier unterscheiden sich aber laut meiner Bekannten, die an beiden Orten war, doch ziemlich in ihrer Arbeitsweise und damit aucv in der Wirkungsweise. Cygon zB arbeitet in dieser Haltung mit viel vorwärts, was aus gesundheitlicher Sicht mit Vorsicht zu geniessen ist.
Liebe Grüesslis, Jen
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Beitrag von Donna »

Warum ist das so Jen?hättest du Zeit und könntest 2 Fotos einstellen ,zur Verdeutlichung?Pradier/Cygnon?
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Jen
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Beitrag von Jen »

Keine Zeit für ausführliche Ausführungen und Fotos habe ich sowieso keine. Auch bin ich keine Expertin der beiden.
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Beitrag von Donna »

Aus gesundheitlicher Sicht mit Vorsicht zu genießen?dazu kannst du nichts schreiben?muss doch nicht sofort sein.Hier ist ja wohl niemand Experte,bez.solcher Themenbereiche.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Jen hat geschrieben:Ina Cygon und Pradier unterscheiden sich aber laut meiner Bekannten, die an beiden Orten war, doch ziemlich in ihrer Arbeitsweise und damit aucv in der Wirkungsweise. Cygon zB arbeitet in dieser Haltung mit viel vorwärts, was aus gesundheitlicher Sicht mit Vorsicht zu geniessen ist.
Der Unterschied innerhalb der Arbeit, ist meines Erachtens nicht sooo groß. Das Vorwärts kommt auch bei Cygon nach und nach -entsprechend der Tragefähigkeit, es geht bei ihr eher um das "Schwingen".
Die Technikdie die Haltung herbeiführt, ist allerdings wirklich ganz anders. Sie arbeitet über die vorrangige Dehnung von Halsheber und Trapezus,
Pradier eher über den Streckreflex, soweit man es sehen kann....
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