amara hat geschrieben:Gawan hat geschrieben:Noch zur Vorstellung, das Pferde von sich aus nur darauf aus sind, Energie zu sparen (ich frage mich, ob hier nicht menschliche Vorstellungen von Gemütlichkeit / Faulheit auf die Pferde projiziert werden): Mein Pferdl geht ja z.B. am Putzplatz meist auf Standby, und ist auch sonst eher ein Energiesparmodell, doch wenn der richtige Kollege dabei ist, kann er mit viel Energie und Ausdauer mit diesem spielen, bis er total verschwitzt ist. Auch bei wild lebenden Pferden üben ja zumindest die Junghengste, wie man mögliche Konkurrenten beeindruckt, zudem scheint in der Natur die offensichtliche Verschwendung von Energie die Damen zu beeindruckten, man schaue sich nur mal an, welchen Aufwand die Männchen teilweise betreiben.
Ich kann doch aber bitte nicht _ausgerechnet (??!)_ den Sexualtrieb - und im Spielen der Junghengste damit auch die Vorbereitung FÜR das Durchsetzen und Befriedigen sexueller Bedürfnisse - nicht mit einer Reiteinheit vergleichen???
Immerhin ist der Sexualtrieb direkt nach dem Überlebenstrieb der
stärkste Trieb, den Tiere haben. Dass die hierfür mal "den Hintern hochbekommen"
ist doch völlig nachvollziehbar!
Na ja, meiner hat ja mangels Eiern schon seit Jahren keinen (sichtbaren) Sexualtrieb mehr, spielt aber trotzdem mit Begeisterung mit manchen seiner Kollegen, strengt sich dabei deutlich an, nimmt dabei auch immer wieder mal Gewicht auf die Hinterbeine, obwohl er dazu seine Muskeln einsetzen muss. Der Unterschied zur Reiteinheit liegt für mich nicht in der Anstrengung (= Belastung des Kreislaufs + Arbeit der Muskeln), sondern darin, dass beim Reiten im Gegensatz zum Spielen die Bewegungsabläufe stärker fremdbestimmt sind, mehr reguliert werden, auch über längere Zeit in gleicher Form wiederholt werden etc., altmodisch ausgedrückt, mehr Disziplin verlangt wird.
amara hat geschrieben:Wohl keiner der Reithengste empfindet eine Reiteinheit aber stets als Vorbereitung zum Rangkampf, und wenn doch, dann hat man ein echtes Problem.
Wie weiter oben erwähnt hat meine RL in der letzten Stunde erzählt, wie ihr Hengst durch das Training gegenüber anderen Pferden selbstbewusster wurde, sie hat aber deswegen keine Probleme mit ihm bekommen, im Gegenteil. Warum sollte ein Pferd nicht merken, dass es durch die Übungen, die der Zweibeiner neben oder auf ihm von ihm verlangt, ausdauernder, beweglicher, geschickter wird? Setzt allerdings voraus, dass das Training auch wirklich diese für das Pferd positiven Folgen hat.
amara hat geschrieben: Ich finde es ja auch ok, dass ich Dinge tun muss, die ich ansich gar nicht so gerne mag. Und zu denen mich auch KEINER richtig motivieren kann. Ich tue sie halt, weil ich sie tue, weil sie jemand verlangt, und im allerbesten Fall finde ich später einen Benefit darin. *schulterzuck*
Mein Leben ist ja auch kein rosa Zuckerschlecken, und trotzdem finde ich, es geht mir gut, es macht mir Spaß, und ich tu auch mal Dinge, die ich nicht verstehe, die nicht Spaß machen, und die nicht motivierend sind. Ich find das nicht mal furchtbar schlimm.
Ich finde es ausgesprochen heikel, in dieser Form von einem selbst auf das Pferd zu schliessen. Das Pferd ist in keiner Weise moralisch dazu verpflichtet, zu tun, was wir von ihm verlangen, es hat ja keinen Arbeitsvertrag mit uns geschlossen; das Pferd in irgendeiner Form zu benutzen ist eine rein menschliche Idee, für die das Pferd nichts kann. Auf der anderen Seite ist es unsere moralische Verpflichtung, wenn wir schon das Pferd benutzen, dies so zu tun, dass das Pferd dabei zumindest keinen Schaden davonträgt, im Idealfall sogar davon profitiert, indem es z.B. körperlich stärker wird. Dazu sollten wir möglichst viel über Pferde, etwa ihre Biomechanik und ihr Verhalten, wissen, damit wir es so manipulieren können, dass am Ende das rauskommt, was wir gerne hätten, ohne das Pferd unnötig zu stressen. Apropos Stress, ich sehe es da ähnlich wie Phanja: Ich erwarte von den Pferden, mit denen ich umgehe, dass sie mich beispielsweise nicht anrempeln. Mir aus dem Weg zu gehen ist meiner Ansicht nach kein grösserer Stress als einem anderen Pferd aus dem Weg zu gehen. Wenn ich vom Pferd aber Dinge verlange, die im Grunde nicht pferdegemäss sind, etwa, eine Höhle zu betreten oder eine Last zu tragen, dann muss ich sehr sorgfältig vorgehen, weil ich sonst eine Art von Stress auslöse, mit der das Pferd als Pferd gar nicht richtig umgehen kann bzw. die im schlimmsten Fall traumatisch wirkt.
amara hat geschrieben:Auch Pignon sagt - die Kunst liegt im beständigen Wechsel zwischen Spiel und Arbeit. Und nicht im nur Spiel.
Schön ausgedrückt; leider arbeiten manche Reiter so verbissen mit dem Pferd, dass das Spielerische komplett verlorengeht ("Ich muss ja den ganzen Tag malochen, du nur eine Stunde, da musst du jetzt durch ...").