Pferd weist Mensch zurecht - gibts das?

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Abeja
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Pferd weist Mensch zurecht - gibts das?

Beitrag von Abeja »

Folgendes ist mir kürzlich passiert: Ich wollte mein Pony aus dem Auslauf holen. Als ich mit dem Führstick ein bißchen wedeln wollte, um einen anderen Isi vom Tor wegzutreiben und uns Platz zu machen, erwischte ich meinen versehentlich an der Nase. Nun tut der leichte Führstrick sicherlich nicht weh, Hrolfur zuckte aber trotzdem ziemlich zurück ob dieses unerwarteten Signals. Ich entschuldigte mich bei ihm und führte ihn hinaus. Auf dem Weg zum Anbindeplatz grüßte ich kurz im Vorbeigehen eine andere Einstellerin. Auf einmal bekam ich von meinem Hrolfur von hinten einen Nasenstüber, aus der Sicht des Pferdes sicherlich recht sanft.

Sowas hat er erst einmal gemacht, das war vor Jahren, als ich mich mal mit jemand anders festquasselte und er auf Gras still stehen musste, ohne grasen zu dürfen. Da verlor er irgendwann die Geduld und stupste mich mit der Nase. Sowas verlange ich übrigens normalerweise nicht mehr von ihm, wenn mich jemand anquatscht, sage ich "Gras" und erlaube meinem Pferd, solange zu grasen. (Das Kommando "Gras" bedeutet bei uns: Du darfst die Nase zu Boden nehmen und fressen.)

Zu dieser oben beschriebenen Situation: Kann es sein, dass er mir sagen wollte "Konzentrier dich gefälligst, du hast vorhin schon nicht richtig aufgepasst!"? Denken Pferde so komplex, bzw. in solchen Kategorien? Was meint ihr? Zwischen dem versehentlichen Signal mit dem Strick und dem Quatschen mit der Einstellerin lagen sicherlich einige Minuten. Man sagt ja, wenn mehr als 10 Sekunden vergangen sind, stellen Pferde keine Zusammenhänge mehr her. Ich hätte sonst keine Erklärung, warum er mir diesen Nasenstüber verpasst hat.
Liebe Grüße Birgit
Fleur18
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Beitrag von Fleur18 »

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Pferde so reagieren.
Mein Hafi hat mich z. B. auch "voll im Griff". Er weiß genau, dass es nach dem Reiten ein Leckerlie gibt und er weiß ganz genau, dass ich die immer dabei hab (in meiner Jackeninnentasche)
Letztens bin ich in der Halle abgesessen und hab mit einer anderen Reiterin geratscht. Als er nicht gleich das Leckerlie bekommen hat, hat er mich gleich am Arm angestuppst. Als ich aber nicht reagiert habe, hat er mir ganz scheinheilig den Reißverschluss aufgemacht, um an die Belohnung in der Innentasche zu kommen :D
liebe Grüße aus Bayern :)
Julia

”Wer immer mit dem Strom schwimmt, wird die Quelle nie erreichen!"
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

@Abeja:
auch wenn es sonst noch nicht vorgekommen ist, sehe ich das nicht im Zusammenhang mit der Führstrick-Situation vorher, sondern eher als einfaches Ungeduldigsein zB.
Wenn ein Pferd einen Menschen maßregeln will für ein Verhalten, dann tut es das in der entsprechenden Situation und dann findet es dafür im Zweifel auch deutlichere "Gesten". :wink:

@Fleur:
die Situation die du schilderst ist aber für meine Begriffe eine ganz andere als die geschilderte von Abeja. Bei dir war es konditioniert, dass es zum Zeitpunkt x ein Leckerli gibt, das Pferd hat dies eingefordert.
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
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Abeja
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Beitrag von Abeja »

@Finchen: Also du würdest es schon als "maßregeln" bezeichnen, aber ohne Zusammenhang zur vorherigen Situation?

Nicht, dass ich mir da nun sonderlich einen Kopf mache deswegen, es interessiert mich nur, mehr über das Verhalten meines Pferdes zu lernen, und mehr davon zu verstehen. Und auch, zu verstehen, was er mir mit diesem Nasenstüber eigentlich sagen wollte. Aber wahrscheinlich war´s wirklich nur Ungeduld, obwohl so ein Verhalten überhaupt nicht zu ihm passt. Aber unsere Pferde sind ja auch nicht immer jeden Tag gleich...
Liebe Grüße Birgit
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Nein, ich denke eher eine Maßregelung fällt deutlicher aus. :wink:

Aber um das wirklich beurteilen zu können ist so vieles wichtig zu wissen, das muss man sehen, denke ich... wie ist die Stimmung des Pferde, die gesamte Haltung, der Ausdruck in dem Moment und in der Situation vorher als ihr zusammen gegangen seid, wie ist sonst das Miteinanderkommunizieren, wie genau hat das Pferd agiert... ich würde das nicht beurteilen wollen, wenn ich es nicht sehen kann.
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Möglicherweise saß nur eine Fliege auf der Nase?
Finde die Situation etwas schwer beurteilbar weil Du ja nicht gesehen hast, was hinter Deinem Rücken vorgeht.
Einen Zusammenhang mit der Koppelsituation würde ich nicht herstellen.
Es grüsst ottilie
~~~~~~~~~
Wo die Kraft anfängt, hört das Gefühl auf (Moshe Feldenkrais)
Yvonne

Beitrag von Yvonne »

Ehrlich gesagt finde ich, Du interpretierst da viel zu viel hinein, Abeja...

Solche Zusammenhänge gibt es eigentlich bei Pferden nicht, wenn, dann reagieren sie sofort. Z.B. ein Pferd droht, das andere weicht, oder kontert...

Und ehrlich gesagt, ich dulde solche Respektlosigkeiten bei meinen Pferden nicht. Kein rangniedrigeres Pferd würde es sich erlauben, ein ranghöheres anzustubsen... Und der Mensch sollte immer ranghöher sein...

Das Pferd wird einfach ungehalten / ungeduldig gewesen sein, weil es warten musste und Deine Aufmerksamkeit jemand anderem gegolten hat.
le_bai
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Beitrag von le_bai »

Pferde reagieren im jetzt. Sie sind klar und einfach strukturiert. Sie wissen, dass du kein Pferd bist, können aber außer über Konditionierung nicht auf andere Art, als ihre Körpersprache , mit uns kommunizieren.
Sie denken nicht in "GEDANKENKETTEN"
das macht sie so großartig !!
alles andere ist Interpretation, mit der du Ihm unrecht tust.

Ihre Möglichkeiten der körperlichen Kommunikation sind sehr tiefgreifend und sicher nur teilweise erforscht - sie können uns auf sehr subtile Art extrem differenziert mitteilen, wenn wir dafür aufnahmebereit sind.
Aber an dem Punkt verlassen wir die Wissenschaft ;)

so ein nasenstubser gehört nicht überdacht :wink: . nur nicht zu kopfig sein, das verstehen Pferde ebensowenig, wie viele unserer Emotionen (Wut, Neid, Ungeduld, ...)
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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Ein Pferd weiß ganz sicher, dass du kein Pferd bist. In Folge dessen ist die Rangordnungsgrundgedanke für mich hinfällig. Klar ist, dass du Grundrespekt zu erwarten hast, den aber durch überzeugendes, würdiges Verhalten, nicht durch grobe Gesten. Das nur mal als mein Ausgangspunkt.

In der Situation war er genervt/ungeduldig und das nicht wegen dem Vorfall vorher, sondern weil du dich vielleicht in der Sekunde unkonzentriert verhalten hast. Denke nicht, dass er dich rügen wollte im menschlichen Sinne, sondern Aufmerksamkeit eingefordert hat.

Du kannst auf zwei Arten damit umgehen:

A) Es abstrafen und als groben Schubser werten, der unterbunden wird
B) Nicht überbewerten, weil harmlos und in Konzentrierter Arbeitsatmosphäre nicht vorkommt.

Ich entscheide immer Situationsbedingt wie ich
mir kleinen (!) Unmutsbekundungen umgehe. Mir ist wichtig, dass mein Pferd sich "äußert" und nicht stumpfsinnig Befehle und imaginärer Dominanz folgt. Er darf mitdenken und ich entscheide dann, was gemacht wird. Gibt glaube ich auch einen anerkannten Führungsstil der so aufgebaut ist ;-) Zu den alten Wutausbrüchen kommt es seitdem nicht mehr, bin ihm gegenüber aber auch zehnmal aufmerksamer, kann jede Stimmung erkennen und Eskalation durch ruhiges Agieren verhindern.

Was ich sagen wollte, ja die Maßregeln, aber prompt und gleich! Anders wäre, dass Beispiel Hintern zu drehen in der Box oder weglaufen, wenn man mit Sattel kommt, dass wäre der Stinkefinger für die Zusammenarbeit per
se :-D
Es grüßt Nadine

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so schwer wie die freiheit, so leicht ist der zaum der sie hält... (frei nach and one - krieger)
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Skyla
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Beitrag von Skyla »

Ich würde auch sagen, dass das immer von der Situation abhängt und nicht untypisch für ein Pferd ist. Meins tut das gelegentlich auch. Hängt ja auch immer von der Tagesform ab.
Wenn mich jemand fragen würde, was für mich Schönheit und Sanftmut vereint,

würde ich ohne zu zögern antworten: Ein Pferd
FNB
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Beitrag von FNB »

Ich muss das mal hochholen.

Mein Möppi geht ja öfters mal in der Therapie Stunde mit. Dort kommt eine Gruppe Jugendlicher, die alle das Problem Sozialkontakt etc haben. Die müssen und sollen sich natürlich mit sich auseinandersetzen und z.B. die Reihenfolge beim Reiten etc. selber besprechen. Öfters mal gibt das Gezeter und blöde Worte. Mein Möppi "maßregelt" die Gruppe ganz gezielt, wir dachten am Anfang, das wäre nur Zufall. Aber immer, wenn es nicht um das Thema geht, sondern ums "Prinzip" haut er mit seinem Huf einmal (!) sehr laut und fest an die Hallenbande und ist merklich unwirsch.
Es hat nichts mit der Dauer des Wartens zu tun, auch nicht mit der Lautstärke der Kinder.

Ähnliches macht er auch bei Unkonzentriertheit bei den Unterrichtsstunden.
Kiruna Karmina
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Beitrag von Kiruna Karmina »

Haha! :lol:

Was für ein genialer Mitarbeiter! :jump1:
FNB
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Beitrag von FNB »

Ja, das sagen die RL´s / Therapeuten auch. Ist faszinierend zu sehen.
Coni
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Beitrag von Coni »

Von meinem Pferd gibt es auch so einen Geschichte: Als ich ihn zum erstmals mit einer Freundin angeschaut habe war ganz klar, das ist ein wahnsinnig menschenbezogenes und neugieriges Pferd, er ist uns fast in die Tasche gekrochen, die anderen beiden Pferde auf der Koppel wurden regelrecht abgeschirmt damit jede Aufmerksamkeit von uns nur bei ihm landen konnte. Danach hat uns die Züchterin erzählt, dass vor uns eine Kaufinteressentin da war, die ihr eigentlich sympathisch war, aber als sie mit ihr auf die Weide gekommen ist hat Cadoux sich demonstrativ abgesetzt, also ein vollständig anderes Verhalten gezeigt. Damit wurde aus dem Kauf nichts (von der Züchterin aus). So wie ich mein Pferd inzwischen kennen, kann ich mir es gar nicht vorstellen dass er bei seiner Neugier so auf einen "unbekannten" Menschen reagiert. Wahrscheinlich wollte er auf mich warten...
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